Erich Ludendorff

deutscher General und Politiker (DVFP, NSFP), MdR
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Erich Ludendorff (* 9. April 1865 in Kruszewnia bei Schwersenz, Provinz Posen; † 20. Dezember 1937 in Tutzing) war neben Paul von Hindenburg als Chef der Obersten Heeresleitung (OHL) der führende deutsche General des 1. Weltkriegs, Putschist, NSDAP-Reichstagsabgeordneter und Begründer der rechtsextremen Sekte Bund für Gotteserkenntnis.

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Erich Ludendorff

Leben

Jugend und militärische Karriere

Ludendorff wurde als Sohn eines Rittergutsbesitzers und Reserveoffiziers in der Nähe von Schwersenz (Swarzedz) in der Provinz Posen (heute Polen) geboren. Sein jüngerer Bruder war der Astrophysiker Hans Ludendorff. Der Vater kämpfte als Kavallerieoffizier in den deutschen Einigungskriegen (1866, 1870/71) und bestimmte Erich für die Offizierslaufbahn.

Als achtzehnjähriger Offizier begann dieser eine glänzende militärische Karriere, kam 1894 zum kaiserlichen Generalstab und leitete ab 1908 die militärische Planungsabteilung für den Angriff auf Frankreich nach den Vorgaben des Schlieffenplans. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs gelang Ludendorff als Brigadekommandeur im Alleingang den Berichten nach die Einnahme der Zitadelle von Lüttich.

Im Ersten Weltkrieg

Am 22. August 1914 wurde er Stabschef des späteren Reichspräsidenten Paul von Hindenburg und war an den Siegen in der Schlacht bei Tannenberg und der Masurenschlacht gegen die russischen Truppen beteiligt.

Nach der Entlassung Erich von Falkenhayns als Chef des Generalstabs am 29. August 1916 avancierte Ludendorff als 1. Generalquartiermeister neben Hindenburg zum eigentlichen Kopf der dritten OHL. Als vermeintlich einzige Garanten eines Sieges hatten beide eine nahezu unangreifbare Position und übten eine rücksichtslose, faktische Militärdiktatur aus, neben der die Stellung des Kaisers verblasste. Durch ihre Verkennung der militärischen Kräfte wurden sie zu Hauptverantwortlichen für die deutsche Niederlage.

Das von Hindenburg und Ludendorff durchgesetzte "Hilfsdienstgesetz" vom Dezember 1916 sollte Massenstreiks verhindern und die Arbeiterschaft bei der Stange halten. Ludendorff war auch Verfechter des uneingeschränkten U-Boot-Krieges. Dieser war als Antwort auf die britische Seeblockade gedacht, brachte aber letztlich die USA dazu, öffentlich auf Seiten der Alliierten in den Krieg einzutreten.

Im Osten erstrebte Ludendorff weitgehende Kriegsziele, die noch über das im Friedensvertrag von Brest-Litowsk Erreichte hinausgingen. Zur Destabilisierung der russischen Regierung ließ er eine Gruppe russischer Revolutionäre, darunter Lenin, aus der Schweiz über Deutschland nach Russland schleusen.

In der Frühjahrsoffensive 1918 wendete er die sogenannte 'Tiefeninfiltrationstaktik' an, die erstmals seit Beginn des Grabenkriegs einen wirklichen Durchbruch und operative Geländegewinne ermöglichte. Zu einem entscheidenden Sieg reichten diese Erfolge aber nicht, da es an Nachschub und Reserven mangelte. Angesichts der steckengebliebenen Offensiven an der Westfront sprach sich Ludendorff am 29. September 1918 für ein sofortiges Waffenstillstandsangebot an US-Präsident Wilson und - aus taktischen Gründen - für eine Parlamentarisierung der Regierung aus. Zivile Politiker sollten damit die Verantwortung für die Beendigung des Krieges übernehmen. Hierin lag der Keim für die Dolchstoßlegende.

Als er Ende Oktober eine Fortsetzung des "Widerstands mit äußersten Kräften" forderte, wurde er am 26. Oktober schließlich entlassen. Zu Beginn der Novemberrevolution floh er nach Schweden.

Kampf gegen die Weimarer Republik

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland spielte Ludendorff eine führende Rolle in national-reaktionären Kreisen und war sowohl am Kapp- als auch am Hitlerputsch aktiv beteiligt. In dem auf den Hitlerputsch folgenden Prozess wurde er aber trotz des schwerwiegenden Belastungsmaterials freigesprochen.

Von 1924 bis 1928 saß er als Abgeordneter für die NSDAP im Reichstag. 1925 errang er als Kandidat der NSDAP bei der Wahl zum Reichspräsidenten im ersten Wahlgang 1,1 Prozent der Stimmen. Nachdem Hitler seine Anhänger dazu aufgefordert hatte, für Hindenburg zu stimmen, trat Ludendorff im zweiten Wahlgang nicht mehr an.

Kurt Tucholsky meinte ihn, den Kriegstreiber, der über das Leben Hunderttausender Soldaten im Weltkrieg am Kartentisch entschieden, und der der Weimarer Republik die Dolchstosslegende beschert hatte, als er sein Propagandagedicht schrieb:

General! General!

Wag es nur nicht noch einmal!

Es schreien die Toten!

Denk an die Roten!

Sieh dich vor! Sieh dich vor!

Hör den brausend dumpfen Chor!

Wir rücken näher ran - Kanonenmann!

Vom Grab - Schieb ab- !

Verschwörungstheorien und Obskurantismus

Nach der misslungenen politischen Karriere erklärte der immer paranoider werdende Ludendorff sich verschwörungstheoretisch mit dem „Wirken überstaatlicher Mächte […] gegen mich“. Damit waren der Jesuitenorden, die Freimaurerei, das Judentum und die kommunistische Internationale, die sich, so wähnte Ludendorff, zusammengetan hätten, um Deutschland zu demütigen und zu knechten. Zu diesem Zweck hätten sie unter anderem schon 1914 die Morde von Sarajevo inszeniert, die russische Revolution, den Kriegseintritt der USA, den Umsturz vom 9. November 1918 und den Versailler Vertrag. Dass die einzelnen Gruppierungen in dieser angeblichen Weltverschwörung einander zum Teil spinnefeind waren, hielt Ludendorff nicht davon ab, immer mehr dergleichen konspirationistisches Garn zu spinnen. So verstieg er sich zum Beispiel zu der Behauptung, Mozart und Schiller seien von der "Tscheka des überstaatlichen Geheimbundes" ermordet worden. Forum für diese Verschwörungstheorien bot ihm der "Tannenbergbund", eine ariosophische Sekte, die er 1926 unter dem Einfluss seiner zweiten Frau Mathilde gegründet hatte.

Ludendorffs abstruse Phantasmen waren selbst den Nationalsozialisten zu viel, die ansonsten Verschwörunstheorien wie den Protokollen der Weisen von Zion nicht abgeneigt waren. Alfred Rosenberg vermutete, der ehemalige Generalquartiermeister sei psychotisch geworden, während Goebbels in seinem Tagebuch ätzte: "Diese Frau ist sein böser Geist". Am 5. Februar 1927 erging ein Rundschreiben an alle Gauleitungen der NSDAP, das parteioffiziell feststellte:

"Exz. Ludendorff ist nicht Mitglied der NSDAP und hat deshalb auf diese keinerlei Einfluss".

Hitler äußerte im selben Jahr auf einer öffentlichen Veranstaltung in Regensburg sogar die Vermutung, Ludendorff sei selbst Mitglied einer Loge. 1933 wurde der Tannenbergbund und seine Zeitschrift, Ludendorffs Volkswarte, verboten.

Ende und Nachleben

Tief gekränkt zog sich Ludendorff 1928 aus der Politik zurück. Da die Nationalsozialisten ihn aber als Helden des Weltkriegs und der "Kampfzeit" verehrten, blieb das Ehepaar Ludendorff persönlich unbehelligt, ja nach Hindenburgs Tod 1934 versuchten die Nationalsozialisten, sich mit ihm auszusöhnen und ihn als nationale Identifikationsfigur aufzubauen. Ihr Angebot, ihn zum Generalfeldmarschall zu ernennen und ihm ein wertvolles Rittergut zu schenken, soll Ludendorff brüsk abgelehnt haben. Schließlich traf er sich am 30. März 1937 mit Hitler, der alle publizistischen Beschränkungen aufhob und ihm gestattete, als Nachfolgeorganisation seiner Sekte den Bund für Deutsche Gotterkenntnis zu gründen. Doch für eine größere Rolle Ludendorffs im nationalsozialistischen Deutschland war es zu spät. Am 20. Dezember 1937 starb Ludendorff im Alter an seinem langjährigen Schilddrüsenleiden, auf das wahrscheinlich auch seine paranoide Persönlichkeitsveränderung zurückzuführen war. Die nationalsozialistische Regierung ehrte ihn mit einem Staatsbegräbnis.

Der Tannenbergbund überlebte den Zusammenbruch des Dritten Reiches und existiert auch heute noch unter dem Namen "Bund für Gotteserkenntnis" oder der Kurzbezeichnung "Ludendorffer".

Ein viel zitierter Brief Ludendorffs an Hindenburg vom 1. Februar 1933, mit dem er vorausgesagt haben soll, der eben zum Reichskanzler ernannte Hitler werde "unser Reich in den Abgrund stoßen", ist in den neunziger Jahren als Fälschung entlarvt worden.

Schriften

  • Meine Kriegserinnerungen 1914-1918, Berlin 1919
  • Sein Wesen und Schaffen. München: Ludendorff 1938.
  • General Ludendorff im Feuer vor Lüttich und an der Feldherrnhalle in München 1935 s. Fügner, Kurt [Verf.]
  • Ludendorff und der drohende Weltkrieg. Das nat.-soz. Problem. Lorch: Rohm 1931.
  • Deutsche Abwehr. Antisemitismus gegen Antigojismus. München: Ludendorff 1934.
  • Gefesselte Arbeitskraft. München: Ludendorff 1931.
  • Eine Auswahl aus den militärischen Schriften. Leipzig: Quelle & Meyer 1935.
  • Ludendorff, Erich, u. Mathilde Ludendorff Das große Entsetzen Die Bibel nicht Gottes Wort. München: Ludendorff 1936.
  • Französische Fälschung meiner Denkschrift von 1912 über den drohenden Krieg. München: Ludendorff 1935.
  • Feldherrnworte. München: Ludendorff 1938-40.
  • Ludendorff, Erich s. Geburtstag, Zum 75., des Feldherrn Erich Ludendorff am 9. Ostermonds, 1940. 1940.
  • Ludendorff, Erich, u. Mathilde Ludendorff Das Geheimnis der Jesuitenmacht und ihr Ende. München: Ludendorff 1934.
  • Schändliche Geheimnisse der Hochgrade. München: Ludendorff 1932.
  • Die politischen Hintergründe des 9. Novernber 1923. München: Ludendorff 1934.
  • Judengeständnis: Völkerzerstörung durch Christentum. München: Ludendorff 1936.
  • Ludendorff, Erich, u. Mathilde Ludendorff Die Judenmacht, ihr Wesen und Ende. München: Ludendorff 1939.
  • Meine Kampfziele. München: Ludendorff 1932.
  • Der totale Krieg. München: Ludendorff 1937.
  • Kriegführung und Politik. Berlin: Mittler 1923.
  • Meine Kriegserinnerungen 1914-1918. München: Ludendorff 1936.
  • "Dirne Kriegsgeschichte" vor dem Gericht des Weltkrieges. München: Ludendorff 1934.
  • Kriegshetze und Völkermorden in den letzten 150 Jahren. München: Ludendorff 1939.
  • Ludendorff, Erich, s. Laserstein, Botho Die Vollendung des künstlichen Juden durch Zwangsbeschneidung 1927.
  • Mathilde Ludendorff - ihr Werk und Wirken. München: Ludendorff 1937.
  • Das Marne-Drama. Der Fall Moltke-Hentsch. München: Ludendorff 1934.
  • Der Rettungsweg; Weg mit Goldwährung u. Börse. Hamburg: Ludendorff-Buchh. 1931.
  • Die Revolution von oben. Lorch: Rohm 1926.
  • Des Volkes Schicksal in christlichen Bildwerken. München: Ludendorff 1934.
  • "Tannenberg". Zum 20. Jahrestag d. Schlacht. München: Ludendorff 1934.
  • Tannenberg. Geschichtl. Wahrheit über die Schlacht. München: Ludendorff 1939.
  • über Unbotmäßigkeit im Kriege. München: Ludendorff 1935.
  • Urkunden der Obersten Heeresleitung über ihre Tätigkeit 1916-1918. München: Ludendorff 1922.
  • Vernichtung der Freimaurerei durch Enthüllung ihrer Geheimnisse. München: Ludendorff 1940.
  • Vom Feldherrn zum Weltrevolutionär und Wegbereiter deutscher Volksschöpfung. München: Ludendorff 1940.
  • Auf dem Wege zur Feldherrnhalle. München: Ludendorff 1938.
  • Ludendorff, Erich, u. Mathilde Ludendorff Weihnachten im Lichte der Rasseerkenntnis. München: Ludendorff 1933.
  • Weltkrieg droht auf deutschem Boden. München: Ludendorff 1930.
  • Mein militärischer Werdegang. Blätter d. Erinnerung an unser stolzes Heer. München: Ludendorff 1933.
  • Wie der Weltkrieg 1914 "gemacht" wurde. München: Völkischer Verl. 1924.

Literatur

  • James Cavallie, Ludendorff und Kapp in Schweden. Aus dem Leben zweier Verlierer, Lang : Frankfurt/a. M. u. a. 1995, 396 S., ISBN 3-631-47678-7
  • Hans Frentz, Der unbekannte Ludendorff, 1972
  • Donald J. Goodspeed: Ludendorff. - London 1966; dt. unter dem Titel Ludendorff. Soldat, Diktator, Revolutionär. - Gütersloh 1968
  • Lothar Gruchmann: Ludendorffs "prophetischer" Brief an Hindenburg vom Januar/Februar 1933. Eine Legende, in VfZ 47 (1999)
  • Andreas Schwab, Vom totalen Krieg zur deutschen Gotterkenntnis. Die Weltanschauung Erich Ludendorffs, Schriftenreihe der Eidgenössischen Militärbibliothek und des Historischen Dienstes, Nr. 17, Bern 2005
  • Bruno Thoss, Der Ludendorff-Kreis. 1919–1923, München 1978
  • Fritz Tobias: Ludendorff, Hindenburg und Hitler. Das Phantasieprodukt des Ludendorff-Briefes, in: Uwe Backes/Eckhard Jesse/Rainer Zitelmann (Hrsg.): Die Schatten der Vergangenheit. Impulse zur Historisierung des Nationalsozialismus, Propyläen Verlag Frankfurt/Main und Berlin 1990, S. 319 - 342 ISBN 3-549-07407-7