Professorin
Eine Professorin ist ein weiblicher Professor.
Geschichte
In 1733 hat die Universität Wittenberg als erste deutsche Universität die Dichterin Christina Mariane von Ziegler als poeta laureatus ausgezeichnet.
1787 hat die Universität Göttingen zum 50-jährigem Bestehen eine Professorentochter, Dorothea von Schlözer ohne Dissertation aber mit mündlicher Prüfung promoviert.
Regina Josepha von Siebold wurde 1815 an der Universität Gießen die Ehrendoktorwürde im Fach Geburtshilfe verliehen. 1817 wurde ihre Schwester Marianne Theordore von Siebold zum Dr. med. promoviert. Aber die Frauen wurden noch nicht an der Universität geduldet. Sie mussten sich außerhalb bilden und ihre Wissenschaft betreiben.
Ende des 19. Jahrhunderts wurden - durch Druck der Frauenbewegung - Frauen in einigen Ländern zum Studium zugelassen, z. B. in den USA, in Großbritannien und in der Schweiz (ab 1865 an der Universität in Zürich). Frauen wurden aber in der Regel nicht für studierfähig gehalten, weil sie kleinere Gehirne haben.
1891 beschloss der deutsche Reichstag, dass die Zulassung von Frauen eben Ländersache war, und 1899 wurden Frauen endlich als Gasthörer zugelassen.
1898 wurde die Philosophin Anna Tumarkin als erste Frau an der Universität Bern habilitiert. Sie war in Bern 1906 auch die erste Honorarprofessorin und 1909 die erste Extraordinaria. Tumarkin ist Europas allererste Professorin, die – im Gegensatz zur großen, bereits 1884 in Stockholm inthronisierten Dozentin Sofja Kowalewskaja – das Recht hatte, Doktoranden, Habilitanden zu prüfen und im Senat der Universität Einsitz zu nehmen.
Else Neumann promovierte als erste Frau an der Universität Berlin in 1899 im Fach Physik. Mathilde Wagner promovierte 1901 als erste Frau an der Universität Freiburg im Fach Medizin.
An der Universität Berlin wurde vom Pathologen Rudolf Virchow Sonderpräpierkurse für Frauen angeboten, weil sein Vater (ein Ordinarius für Anatomie) sich weigerte, Frauen in seinen Sezierkurse zu erlauben.
Obwohl 1918 beschlossen wurde, dass Frauen auch die Dozentenlaufbahn einschlagen könnten, wurde erst 1923 Margarete von Wrangell als erste Frau ordentliche Professorin an einer deutschen Universität. Die Chemikerin wurde auf den Lehrstuhl für Pflanzenernährung an der Universität Hohenheim berufen.
1921 wurde Gertrud Kleinhempel als erster Frau in ihrem Beruf als Leiterin der Textilklasse an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule Bielefeld in Preußen durch das Ministerium der Professorentitel verliehen.
Bis 1933 wurden nur 24 Frauen Professorinnen, obwohl mehr als 10.000 Frauen promovierten, vornehmlich in der Medizin.
Anteil der Professorinnen im Vergleich zu den Professoren
Anteil weiblicher Studenten und Professoren
Frauen sind unter den Professoren an den Hochschulen des deutschen Sprachraums unterdurchschnittlich stark vertreten, obwohl die Studentinnen bereits seit einiger Zeit an den meisten Hochschulen Deutschlands und Österreichs mehr als die Hälfte der Studierenden ausmachen.
Studentinnen in Deutschland (Ost- und Westdeutschland)
| 1992 | 1993 | 1994 | 1995 | 1996 | 1997 | 1998 | 1999 | 2000 | 2001 | 2002 | 2003 |
| 39,7% | 40,2% | 40,8% | 41,7% | 42,6% | 43,6% | 44,5% | 45,3% | 46,1% | 46,7% | 47,4% | 48,4% |
Promotionen für Frauen in Deutschland (Ost- und Westdeutschland)
| 1992 | 1993 | 1994 | 1995 | 1996 | 1997 | 1998 | 1999 | 2000 | 2001 | 2002 | 2003 |
| 28,9% | 30,6% | 31,2% | 31,5% | 31,1% | 32,1% | 33,1% | 33,4% | 34,3% | 35,3% | 36,4% | 37,9% |
Professorinnen in Deutschland (alle Besoldungsstufen, Ost- und Westdeutschland)
| 1992 | 1993 | 1994 | 1995 | 1996 | 1997 | 1998 | 1999 | 2000 | 2001 | 2002 | 2003 |
| 6,5% | 6,9% | 7,5% | 8,2% | 8,5% | 9,0% | 9,5% | 9,8% | 10,5% | 11,2% | 11,9% | 12,8% |
Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11: Bildung und Kultur, Reihe 4.4: Personal an Hochschulen, verschiedene Jahrgänge; zitiert nach BLK Heft 109: "Siebte Fortschreibung des Datenmaterials von "Frauen in Führungspositionen an Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen", 2003., Statistisches Bundesamt 2004.
Die Situation ist jedoch regional sehr verschieden und hängt stark vom Fachgebiet ab. In Studienrichtungen wie z.B. Theologie, Soziologie, Architektur und Medizin reicht der Prozentsatz der Frauen an den Hochschullehrern der höheren Ränge etwa an ein Viertel heran, während er unter den Assistenten auch höher liegt.
In technischen Fächern liegt er bei nur einigen Prozent - und dies trotz Förderung mit speziellen Programmen (z.B. Lise Meitner-Stipendien in Österreich und ähnlicher Programme in Deutschland).
Mögliche Gründe für die geringere Frauenquote
Die Gründe sind vielfältig und offenbar von länderspezifischen sozialen Geschlechtermodellen abhängig. Eine große Rolle dürften
- das (meist) bescheidenere Auftreten weiblicher Forscher sein, bzw. die traditionelle Einschätzung, dass ihnen keine großen Belastungen zuzumuten sind,
- geringere Bereitschaft und Energie, sich mit der nötigen Aggressivität ausschließlich der beruflichen Höchstleistung zu verschreiben,
- die Schwierigkeit, Partnerschaft, Kinder und hochqualifizierten Beruf zu vereinen. Es gibt in vielen Ländern auch im post-doc Bereich oft nur Stipendien ohne soziale Rechte wie Mutterschutz,
- die geringeren Chancen, sich vor einer allfälligen Berufung an eine Universität als Führungskraft (etwa in der Industrie) zu bewähren
- die große Konkurrenz und vielfach auch Eifersucht unter den Wissenschaftlern und die Schwierigkeit mancher Professoren, sich nach allfälligen Institutswahlen einer Kollegin unterzuordnen.
- die geringere Netzwerkbildung unter Frauen (Viele Studentenverbindungen sind immer noch reine Männerbünde)
Andererseits ist bekannt, dass Frauen im Regelfall einen etwas besseren Umgang mit Mitarbeitern und Kollegen haben und diesen mehr Freiheiten zugestehen können. Diese Fähigkeiten treten jedoch in den Bewerbungsverfahren oft gegenüber anderen Kriterien zurück.
Frauenförderung
An vielen Hochschulen gibt es deshalb "Frauenbeauftragte" und auch spezielle, gesetzlich vorgeschriebene Regelungen für Berufungsverfahren, die Bewerberinnen bei gleicher Eignung den Vorrang geben. An der Ruhr-Universität Bochum lautet z.B. ein Passus:
Jeder Berufungskommission soll mindestens eine stimmberechtigte Wissenschaftlerin, nach Möglichkeit eine Professorin angehören. In Fächern, in denen keine Wissenschaftlerin vertreten ist, sind Professorinnen oder wissenschaftliche Mitarbeiterinnen aus verwandten Fächergruppen hinzuzuziehen. Ist dies aus zwingenden Gründen nicht möglich, sind die Gründe aktenkundig zu machen.
Solche Quotenregelungen sind inzwischen überall in Kraft, haben aber den Frauenanteil nirgends signifikant erhöhen können.
Vorrangiges Ziel muß es sein, überhaupt erst einmal eine größere Anzahl von fachlich kompetenten Frauen auszubilden. Solange aber das Studienwahlverhalten von Abiturientinnen sich nicht entscheidend ändert, gibt es einfach nicht die nötige Grundmenge an qualifizierten Frauen, um den Anteil an promovierten Frauen und dann auch Professorinnen zu erhöhen.
In einem Bericht über Margarete von Wrangell, die 1923 Deutschlands erste Hochschulprofessorin wurde, ist zu lesen:
Viele bezweifelten zudem grundsätzlich, ob eine Frau ein Institut mit überwiegend männlichem Personal leiten könne. Einige Wissenschaftler gingen sogar noch weiter und beschuldigten sie, ihre Forschung sei nicht ausreichend belegt oder sogar abgeschrieben, sie habe "getäuscht" und "betrogen". Allerdings erklärte das damalige württembergische Kultusministerium die Sache zu einem rein wissenschaftlichen Streit - zu einem rechtlichen Nachspiel oder anderen Konsequenzen führten die Vorwürfe daher nicht.
Übrigens betonte schon 1785 der Mathematiker und Astronom Jerome Lalande die Bedeutung weiblicher Forscher. Seine Lebensgefährtin Louise-Elizabeth-Félicité du Piery wurde später erste Astronomie-Professorin.
Einige bekannte akademische Lehrerinnen
- Geisteswissenschaften: Bertha von Suttner Wien (Nobelpreis 1905), Pearl S. Buck China (Lit.Nobelpreis 1938), Christiane Harzig Erfurt, Tony Morrison USA (Lit.-NP 1993), Susanne Schröter Passau, Gesine Schwan Berlin, ...
- Naturwissenschaften: Louise-Elizabeth-Félicité du Piery Paris (Astronomie, 1.Professorin um 1790), Marie Curie Paris (Nobelpreis 1903+1911), Anna Morandi Manzolini Bologna (1714-1774), Lise Meitner Wien (erste Ph-Dr.1905; NP aber an Otto Hahn 1944); Antonietta Cherchi Cagliari, Wangari Maathai Kenya (Friedensnobelpreis 2004)
- Medizin, Biologie: Margarete von Wrangell 1.deutsche Ordinaria (NP 1923), Gerty Cori/Radnitz CS/USA (1.Medizin-NP ~1950), ...
- Mathematik: Emmy Noether
- Technik: Martha Näbauer TU München, Debora Weber-Wulff FHTW Berlin, ...
- Wirtschaft & Rechtswiss.: Schirin Ebadi Iran, ...
Siehe auch: Gleichberechtigung
Weblinks
- Deutschlands erste Univ.-Professorin
- "Vergessene Frauen"
- Die Pionierinnen der Universität Bern
- Die Abteilung für die Gleichstellung von Mann und Frau der Universität Bern, die erste Abteilung dieser Art in der Schweizer Hochschullandschaft
- Frauenbeauftragte in München
- Bis heute keine Chancengleichheit für Frauen an den Unis
- Professorinnen in den USA
Literatur
- Cheryl Bernard / Edit Schlaffer: "Frauenkarrieren an der Universität oder gibt es doch einen weiblichen Masochismus?" in "Feminismus - Inspektion der Herrenkultur. Ein Lesebuch." Lusie F. Pusch, Hrsg. edition suhrkamp, NF Band 192, 1983.
- Rainer A. Müller, Geschichte der Universität - Von der mittelalterlichen Universitas zur deutschen Hochschule. Nikol Verlag. 1996.