Die Klosterkirche St. Augustin zu Grimma ist ein um 1435 als Saalkirche errichteter Sakralbau, dessen Vorgänger um 1300 erbaut wurde. Das eindrucksvolle Bauwerk hat bei einer Mauerstärke von fast eineinhalb Metern eine Länge von mehr als 54 Metern, eine durchschnittliche Breite von über zwölf Meter und eine Höhe von 19 Metern – Martin Luther nannte die Klosterkirche Grimma einst einen „Brustbrecher“.[1]

Die Klosterkirche wurde bis zur Reformation vom Orden der Augustiner-Eremiten genutzt, anschließend bis 1937 als Kirche der angrenzenden Fürsten- und Landesschule zu Grimma, dann bis 1975 – aufgrund eines Nutzungsvertrages mit der Stadt Grimma als Gebäude-Eigentümerin – gelegentlich als evangelisch-lutherisches Gotteshaus. Nach Leerstand, baupolizeilicher Sperrung und großflächigem Einsturz des Daches 1989 wurde nach dem Zusammenbruch der DDR das Dach erneuert und die Umnutzung ermöglicht.
Heute dient die Klosterkirche der Stadt Grimma als Stätte für Kunst, Kultur und Musik, für Ausstellungen, Konzerte und Zusammenkünfte; die Stadtverwaltung bezeichnet sie als „Grimmas innerstädtische Kulturhalle“.[2]
Die Klosterkirche Grimma bildet zusammen mit dem Gymnasium St. Augustin (Architekt: Hugo Nauck) ein für Spaziergänger auf der anderen Mulde-Seite einzigartiges bauliches Ensemble, das heute überregional zu den am meisten bekannten Stadtansichten der Muldestadt zählt.
Geschichte
Zur Geschichte der Klosterkirche Grimma finden sich vielfältige Dokumente im Archiv der Fürstenschüler-Stiftung, das im benachbarten Gymnasium St. Augustin in der einstigen Rektorwohnung beheimatet ist und von 1992 bis 2010 von Kurt Schwabe geführt wurde.
Augustiner-Eremiten in Grimma
Am 23. April 1287 gestattete Friedrich von Landsberg, zu dessen Herrschaftsbereich Grimma damals gehörte, Augustiner-Eremiten aus Gotha die Niederlassung in der Stadt. Im Bereich der Unterstadt, die damals wohl schon weitgehend ausgebaut war, errichteten die Augustinermönche ihr Kloster innerhalb der Stadtmauer, die hier parallel zum Muldenufer gebaut war. Kloster und Klosterkirche bestanden neben der innerstädtischen Pfarrorganisation als kirchliche Sondereinrichtungen.
Die Klosterkirche
Außer der Kirche ist vom einstigen Kloster nichts erhalten. Die Klosterkirche, um 1300 baulich noch nicht fertiggestellt, wurde bereits 1315 durch ein Hochwasser teilweise fortgerissen. Die ungünstige Lage in Flussnähe hat aktuell bis in unser Jahrhundert (zuletzt im Juni 2013) immer wieder zu Beschädigungen geführt, obwohl das städtische Gelände in diesem Bereich im Laufe der Jahrhunderte um etwa zwei Meter aufgeschüttet worden ist. Nach einem Brand im Jahre 1430 ist die Klosterkirche wieder aufgebaut und am 8. Juni 1435 neu geweiht worden. Bei einer Mauerstärke von 1,45 Meter, einer Länge von 54,65 Meter und einer durchschnittlichen Breite von 12,25 Meter entspricht sie etwa der Augustiner-Mutterkirche in Gotha.
Vermutlich stammt somit die Baukonzeption aus dem Ende des 13. Jahrhunderts, während die jetzigen Umfassungsmauern wenigstens teilweise auf die Zeit nach 1315 zurückgehen. Die fast sieben Meter hohe hölzerne Tonnenwölbung stammte aus den Jahren zwischen 1430 und 1435. Weitere Ein- und Anbauten kamen später hinzu.
Martin Luther und die Klosterkirche Grimma
Einen „Brustbrecher“ soll Martin Luther nach einer von ihm gehaltenen Predigt die Klosterkirche genannt haben. Gemeint ist die Schwierigkeit, den rund 11.000 Kubikmeter umfassenden, 19 Meter hohen Raum – damals mit Holztonnendecke – mit pastoraler Stimme bis in die letzte Hörerreihe zu füllen. Von den etwa zehn Aufenthalten Luthers in Grimma – vorwiegend Übernachtungen auf Durchreisen – kann diese Äußerung im Zusammenhang stehen mit einem sonst nicht näher belegbaren Besuch des Klosters, das ja zu Luthers Orden gehörte. Leider ist eine Predigt, die er in Grimma gehalten hat, nicht überliefert.
Reformation
1529 wurde in Grimma die Reformation eingeführt. Schon 1522 hatten Mönche begonnen, das Kloster zu verlassen. Gleichwohl stellten die Visitatoren 1529 fest, dass noch neun Mönche die Anlage bewohnten und dass der Prior dieselbe zu räumen habe. Erst 1541 zogen die letzten Mönche aus. Mit der Auflösung des Klosters verlor die Klosterkirche ihre ursprüngliche Zweckbestimmung, sie hatte von da an nie ihre eigene Kirchgemeinde. Sie wurde seitdem überwiegend für evangelische und gelegentlich auch für katholische Gottesdienste genutzt.[3]
Eigentümer ab 1550
Eigentümer der Klosterkirche nach der Reformation sind nacheinander die sächsischen Kurfürsten – erst der ernestinischen, ab 1547 der albertinischen Linie der Wettiner –, das Königreich Sachsen und ab 1918 der Freistaat Sachsen gewesen. Nach 1945 und der Bodenreform ist die Stadt Grimma die Eigentümerin (endgültig bekräftigt mit Vertrag vom 5. Mai 1976 zwischen Evangelisch-Lutherischem Bezirksbauamt und Bürgermeister der Stadt Grimma). Somit war dieser Sakralbau zu keiner Zeit Eigentum der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens.[3] Diese Situation ist für das historische Bauwerk besonders im Zeitraum 1945 bis 1990 (also bis Ende der Deutschen Demokratischen Republik) verhängnisvoll gewesen.
Kirche der Fürstenschule
Im Jahre 1543 hatte Herzog Moritz beschlossen, aus säkularisiertem Klostergut drei Landes- oder Fürstenschulen im Albertinischen Sachsen zu errichten, und zwar in Meißen, Pforta und Merseburg. Grimma gehörte bis 1547 nicht zu seinem Herrschaftsbereich, und die Errichtung einer Landesschule in Merseburg kam aufgrund des Einspruchs des dortigen Bischofs nicht zustande. Während eines Besuches in der Stadt bot der Rat der Stadt Grimma dem nunmehrigen Kurfürsten Moritz am 1. Mai 1549 die Klosteranlage an für die ausstehende Gründung der angekündigten dritten Fürstenschule. 1550 wurde die Klosterkirche der neu gegründeten Landesschule zugeordnet, die im einstigen Kloster ihr Zuhause fand. Sie diente fortan für die in der Schulordnung vorgegebenen Gottesdienste und zur Konfirmation der Alumnen. Sie war bis 1937 Schulkirche.[3]
Bauliche Veränderungen
Die veränderte Nutzung der Klosterkirche sorgte im Laufe der Jahrhunderte für eine Reihe von Veränderungen am und im Gebäude. Die Altäre – mindestens zehn – wurden außer dem Hauptaltar beseitigt. 1617 wurde zur Erzielung einer besseren Akustik eine Bretterdecke eingezogen. Nach der Neueinrichtung des Chor- und Altarplatzes brach man den Lettner ab. Von einer darauf befindlichen Kreuzigungsgruppe gelangten die Christus-, Marien- und Johannesfigur ins Grimmaer Museum. Zwischen 1679 und 1685 erfolgte die letzte größere Umgestaltung: Einfügung eines flachen hölzernen Kreuzgewölbes, Errichtung der Kanzel, Einbau der dreigeschossigen Empore an der nördlichen Längsseite und eines zusätzlichen Portals im Westgiebel. Auch das Äußere wurde weitergestaltet. Eine gründliche Erneuerung konnte in den Jahren 1840 bis 1841 durchgeführt werden, nachdem einige Jahre zuvor die alten Klostergebäude umgebaut und teilweise durch neue Schulgebäude ersetzt worden waren.
Verfall nach 1945
Die Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde zu Grimma nutzte die Klosterkirche während der Sommermonate als gottesdienstliche Stätte – auch nach 1945. Nach der Aufhebung der Landesschule bzw. deren Umwandlung in eine Oberschule (später Erweiterte Oberschule) verblieb die Klosterkirche in städtischem Eigentum. 1952 teilte die Denkmalpflege in Dresden den Stadtoberen in Grimma mit, dass im Dachstuhl der Klosterkirche Hausschwamm deutlich sichtbar wäre.[4] Weiterhin fanden in ihren Mauern auch Veranstaltungen des Kirchenbezirks Grimma statt. Da der Kirchenraum stark verschmutzt und beschädigt war (u. a. als Folge des 1954er Mulde-Hochwassers), entschloss sich der Grimmaer Kirchenvorstand unter Superintendent Hellmuth Ott zu einer gründlichen Innenrenovation: Er zeichnete – einem Wohnungsmieter und -nutzer ähnlich – für die 1959 bis 1960 durchgeführten Instandsetzungsarbeiten verantwortlich. Kirchgemeindeglieder halfen durch Spenden und Eigenleistungen in hohem Grade mit. Es entstand ein schmuckes, helles Kircheninneres, in das ein Porphyr-Taufstein aus dem 17. Jahrhundert aus der Frauenkirche überführt wurde. Ältere Grimmaer erinnern sich an die Konzerte des Dresdner Kreuzchores, die von 1960 an wiederholt in der Klosterkirche stattfanden.
Vereinzelt wurden dort auch Taufen und Trauungen vollzogen: So wurden am 6. Mai 1962 Ralf Thomas und Ulrike Ott in der Klosterkirche Grimma getraut,[5] die Trauung vollzog der Vater der Braut, Grimmas Superintendent Hellmuth Ott.
1959 wurde auch die Orgel instandgesetzt – sie war 1896 von der Orgelbau-Anstalt Emil Müller aus Werdau erbaut worden. Jedoch 40 Jahre nach dieser Instandsetzung – also 1989 – war diese Orgel komplett verschwunden: Der Sakralbau war ab 1975 (als er wieder komplett in die Zuständigkeit der Stadt Grimma überging) nicht mehr gegen Einbruch und Diebstahl gesichert, und somit kamen wohl dank konsequentem Wegschauen von Behörden und Volkspolizei über Jahre hinweg die wertvollen Orgelpfeifen zum Schrotthandel.[6]
Leider ließ die umfassende Instandsetzung des Daches und des Außenputzes vergeblich auf sich warten. Personalwechsel auf Seiten der Nutzerin wie des Rechtsträgers unterbrachen die auch auf künftige Kooperation angelegte Partnerschaft.
Angesichts der massiven Dachschäden in der Klosterkirche erklärte 1975 der Kirchenvorstand beim Rat der Stadt Grimma als Rechtsträger der Klosterkirche den Verzicht auf die Fortsetzung des Nutzungsrechtes. Mit Vertrag vom 5. Mai 1976 zwischen dem Evangelisch-Lutherischen Bezirksbauamt und dem Bürgermeister der Stadt Grimma wurde vereinbart, dass die Rechtsträgerschaft und damit die Verantwortung für den Sakralbau komplett an die Stadt Grimma übergeht.[3] Ohne Entwidmungs-Gottesdienst blieben von da an die Türen der Klosterkirche für die Kirchgemeinde geschlossen. Über Jahre blieben Sicherungs- und Sanierungsarbeiten aus.
1979 wurde für 120.000 DDR-Mark der Dachreiter saniert und eine neue Wetterfahne aufgesetzt. Alle großen Betriebe in Grimma beteiligten sich daran. Bei den Arbeiten zeigte sich der tatsächliche Schaden (Hausschwamm). Es begann ein jahrelanges Schwarzer-Peter-Spiel: Die Stadtverwaltung war damit überfordert, und übergeordnete staatliche Behörden der DDR konnten oder wollten sich des Kirchengebäudes, das sich in nichtkirchlicher Verantwortung befand, nicht annehmen. Ein finanzielles Rettungsangebot aus der Bundesrepublik blieb 1985 unbeantwortet – in Gotha soll angeblich ein gleichartiges Angebot zur Sanierung der dortigen Augustinerkirche geführt haben.
Schließlich übernahm der VEB Chemieanlagenbau Leipzig-Grimma die Geschicke. Der inzwischen leicht geneigte Dachreiter wurde gerichtet, eine aufwändige Stahlbinder-Dachkonstruktion entworfen. Ein Problem war der Abbau des alten Dachstuhles. Doch im Sommer 1989 stürzte im Westteil das Gebälk in die Tiefe. Kurz vor Weihnachten wurden mit einem großen Kran die Überreste abgebaut, das verschwammte Holz verbrannt.[7]
Entwicklung ab 1990
Anfang der 1990er Jahre gab es in Grimma eifrige, leidenschaftlich geführte Diskussionen über Wiederaufbau und Nutzung der Klosterkirche. Im Laufe der Jahre setzten sich aus vielerlei Gründen Kunst, Kultur und Musik als neue Schwerpunkte für das traditionsreiche Gebäude durch. Eine Stahlbinder-Dachkonstruktion – noch bezahlt mit DDR-Mark – wurde im Sommer 1992 aufgesetzt,[4] der Fußboden erneuert. Im Juli 1993 erhielt das rund 1670 Quadratmeter große Dach der Kirche eine neue Deckung. Die Firma Hemmrich aus Colditz verlegte rund 20.000 naturrote Krempziegel des Typs K 1.[8] Die Wände verblieben in schlichter Kahl- und Kargheit.
Als einziger Kirchenschmuck zeigen sich seit 1996 im mittleren Ostgiebelfenster (zur Mulde) die lebensgroßen, farbigen Bildnisse von Martin Luther und Philipp Melanchton. Diese leuchtenden Glasfenster (wohl aus der Zeit um 1900) hatte zur DDR-Zeit Helmut Berthold (einstiger Schüler der Fürstenschule) während seiner Dienstjahre als Pfarrer aus den Trümmern des Schulsaales eines Ortes am Fuß des Osterzgebirges geborgen und in seiner Pfarrscheune versteckt. Anfang der 1990er Jahre stellte er sie der Stadtverwaltung Grimma für die Klosterkirche zur Verfügung.[9]
Die Barockkanzel der Klosterkirche fand 1998 ihr neues Zuhause in der Sankt-Katharinen-Kirche in Buchholz (Annaberg-Buchholz).[10] Die Platte (Mensa) des Altars von 1686 befindet sich jetzt in der Kirche zu Trebsen.[7]
Die Augustiner-Glocke
Geschichte
Die Glocke aus der Zeit vor der Reformation ist 54,5 cm hoch und hat einen unteren Durchmesser von 58 cm, ihr Gewicht beträgt 143,25 kg. Den oberen Teil schmückt folgende lateinische Inschrift: „O rex etne (= aeternae) glorie (= gloriae) vei (= veni) cu (= cum) pace („König der ewigen Herrlichkeit, komm mit deinem Frieden“), ergänzt mit der Zahl 1491, der Jahreszahl ihrer Entstehung. Damit gehört sie zu den ältesten noch erhaltenen Glocken in und um Grimma. Ihr Glockenklang regelte zunächst für die Mönche und später für die Schüler der Landes- und Fürstenschule Grimma den Tagesablauf. Auch erklang sie sonntags um 9 Uhr zum Hauptgottesdienst in der Klosterkirche.
Die Jahre 1925 bis 1952
Da die Schulglocke der Fürstenschule Grimma dem Ersten Weltkrieg zum Opfer fiel, übernahm die Klosterglocke ihre Aufgaben: Mit Genehmigung des Ministeriums und Zustimmung der Kircheninspektion wurde die Glocke am 27. August 1925 aus dem Dachreiter der Klosterkirche entfernt und auf dem Schuldach des Muldenflügels installiert. Erstmals ertönte sie zum Schulfest am 14. September 1925. Geläutet wurde 6 Uhr zum Wecken, 12 Uhr mittags, 18.30 Uhr abends und 20.30 Uhr zum Tagesausklang[11]. - Ob und wie die Glocke nach dem Zweiten Weltkrieg weiter regelmäßig schulischen Zwecken diente, dazu gibt es verschiedene Überlieferungen. Am 8. Februar 1952 wurde das Glocken-Ritual jedenfalls offiziell abgeschafft - den schulischen Tagesablauf regelte von da an ausschließlich die schon viele Jahre vorhandene und parallel genutzte elektrische Pausenklingel.
Jahrzehnte des Schweigens
Im Jahre 1974 wurde die Glocke abgebaut und zunächst ins Stadtarchiv, 1989 ins Kreismuseum gebracht, wo sie bis 1993 zum Inventar zählte. 1993 erfolgte die Neu-Eindeckung des Kirchendaches, und die alte Augustiner-Glocke wurde vom Unternehmen Schnabel aus Naunhof wieder an ihren traditionellen Ort, also in den Dachreiter gehängt. Nach Auskunft dieser Firma vom Januar 2014 wurde die Glocke damals mit elektrischer Läuteeinrichtung installiert. Dennoch hielt sich bis Februar 2014 landläufig die Meinung, dass die Glocke nicht klingen könne, da sie ohne Klöppel montiert worden sei (so eine Zeitungsmeldung vom 9. Januar 1995). So schwieg seitdem die Glocke.
Neue Erkenntnisse 2014
Im Februar 2014 stieg mit Hilfe des Hausmeisters von St. Augustin ein trainierter Lehrer zur Glocke empor – und ihm gelang in luftiger Höhe der Foto-Beweis: Die Augustiner-Glocke hat einen Klöppel. Nun wurde auch bekannt, dass es nach dem Hochwasser 2002 eine Läuteprobe der Glocke gegeben hatte und diese tadellos funktionierte.[12] Somit kann die historische Glocke also durchaus nach mehr als 60 Jahren des Schweigens wieder regelmäßig bei passenden Schul- und Stadt-Ereignissen zum Klingen gebracht werden – wenn man dies denn will.
Musik in der Klosterkirche
Geistliche Musik in den Gottesdiensten vergangener Jahrhunderte
Fester Bestandteil der regelmäßigen Schul-Gottesdienste, die die Schüler und Lehrer der angrenzenden Landes- und Fürstenschule in der Klosterkirche abhielten, ist die für die jeweilige Zeit typische geistliche Musik gewesen. Aussagekräftiger Beleg für 300 Jahre gelebte schulisch-akademische Musikpflege sind die ursprünglich zum Bestand der Fürstenschul-Bibliothek Grimma gehörenden rund 1300 musikalische Handschriften und Drucke. Sie sind heute in der Landesbibliothek Dresden zu finden. Bedeutend ist die Vollständigkeit dieser Musikalien-Sammlung: Sie umfasst Motetten ab 1550, Einzelhandschriften wie geistliche Konzerte und frühe Kantaten als auch Abschriften von Kirchenmusik der Wiener Klassik, Oratorien und mitteldeutsche Kirchenmusik des 18. und 19. Jahrhunderts. Zu den bedeutenden, in diesen Musikhandschriften vertretenen Fürstenschul-Kantoren und Komponisten gehören Tobias Petermann, Samuel Jacobi, Johann Sigismund Opitz, Johann Gottfried Reichard und Heinrich Ludwig Hartmann.
Den vollständigen Katalog hat der musikwissenschaftliche Verein „Repertoire International des Sources Musicales“, RISM-Außenstelle Dresden erstellt – er liegt in Buchform im Archiv der Fürstenschüler-Stiftung[13] in Grimma vor und ist in elektronischer Version bei Qucosa online[14] kostenlos verfügbar.[15]
Magridalchor St. Augustin
Nach Kriegsende 1945 begann Diethard Hellmann als Neulehrer für Musik an der Fürstenschule. Hellmann gründete den Madrigalchor St. Augustin, der 1946 nachweisbar ein Dutzend größere Auftritte in Grimma und Umgebung hatte. Dieser Madrigalchor wurde so hohen Ansprüchen gerecht, dass der Mitteldeutsche Rundfunk dessen Weihnachts-Konzert im Dezember 1946 aufzeichnete und am 25. sowie am 28. Dezember 1946 sendete. Höhepunkt und Abschluss von Hellmanns Engagement an dieser Schule war Mozarts Singspiel Bastien und Bastienne im Mai 1948, dann verließ er Grimma in Richtung Leipzig.[16]
Quellen
- Karlheinz Blaschke: Wie unsere Städte entstanden 3: Die Stadt Grimma. In: Der Rundblick 24 (1977), S. 58–60
- Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler: Die Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt, Leipzig. Berlin 1966.
- Georg Buchwald: Luther-Kalendarium. In: Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte. Jg. 47, Heft 2 (Nr. 147). Leipzig 1929, S. 1–158
- Georg Fraustadt u. a.: Die Fürsten- und Landesschule St. Augustin zu Grimma in Vergangenheit und Gegenwart. 132 Seiten, mit 31 Tafeln. Grimma 1930
- Christian Gottlob Lorenz: Die Stadt Grimma im Königreiche Sachsen, historisch beschrieben. Grimma 1856,
- Emil Sehling: Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts. 1. Abt., 1. Hälfte. Leipzig 1902.
- Richard Weidauer: Grimmaer Reformationserinnerungen. Die Visitation des Klosters St. Augustin zu Grimma a. D. 1516. Dichtung und Wahrheit. Leipzig 1938.
- Bernhard Woerner: Wegweiser in Buchwalds Luther-Kalendarium. In: Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte. Jg. 52, Heft 2 (Nr. 158). Leipzig 1935, S. 74–103.
- Winfried Zehme: Zur Baugeschichte der Grimmaer Klosterkirche. In: Die Grimmaer Pflege. Monatsbeilage der Nachrichten für Grimma 9 (Mai 1930), Nr. 5 lf.
Weitere Literatur
- Cornelius Gurlitt: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, Heft 19: Amtshauptmannschaft Grimma (1. Hälfte). Dresden 1897, S. 99–110 – online kostenfrei als pdf-Dokument abrufbar in der SLUB - weitere Informationen zur Dokumentation Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen bei Wikisource
- Winfried Zehme (cand. arch., Gr. 1920): Das Kloster, die Klosterkirche und die Fürsten- und Landesschule zu Grimma. S. 16–34 in: Augustiner-Blätter, Jahrgang VII; Grimma, Mai 1930, Doppelheft 1 und 2.
- Winfried Zehme: Zur Baugeschichte der Fürsten- und Landesschule zu Grimma. Dissertation 1941 sowie als buchstabengetreue Schreibmaschinen-Abschrift (o. J., ca. 2000) im Bestand des Fürstenschüler-Archivs zu Grimma mit folgendem vollständigen Titel: Das Kloster der Augustinereremiten und die Fürsten- und Landesschule zu Grimma – ihre Baugeschichte –. Von der Sächsischen Technischen Hochschule Dresden zur Erlangung eines Doktor-Ingenieurs genehmigte Dissertation. Vorgelegt von Regierungsbaurat Winfried Zehme aus Olugumangalam (Ostindien). Referent: Oscar Reuther. Korreferent: Fritz Rauda. Eingereicht am 24. Juli 1941. 87 Seiten (A4) mit zahlreichen Abbildungen, Skizzen und Zeichnungen.
- Christian Gottlob Lorenz: Stadt Grimma im Königreiche Sachsen, historisch beschrieben. S. 1–48 als Faksimile des 1856 in Grimma erschienenen, gleichnamigen Buches in: Augustiner Blätter, Sonderheft Nr. 1 – Zur Geschichte der Klosterkirche und der Landesschule, herausgegeben vom Direktor des Gymnasiums St. Augustin zu Grimma; Grimma 1995.
Weblinks
- Archiv mit Materialbestand zum Augustinerkloster Grimma
- Augustinerkloster in Gotha
- Grimmaer Reformationserinnerungen: Die Visitation des Klosters St. Augustini zu Grimma a. D. 1516; Wahrheit u. Dichtung; Ein Konferenzvortrag in Grimma am 18. Oktober 1937, von Richard Weidauer
- Abschiedspredigt des Domherrn Oberkirchenrat Richard Weidauer, Pfarrer und Superintendent zu Grimma vom 24. Juli 1934 in der Klosterkirche St. Augustin zu Grimma
Einzelnachweise
- ↑ Quelle für die ursprüngliche Version dieses Wikipedia-Beitrags ist die Dokumentation von Ralf Thomas: Die Klosterkirche St. Augustin zu Grimma, Schreibmaschinen-Manuskript als Begleitmaterial zur gleichnamigen Ausstellung in der Frauenkirche zu Grimma (ca. 1987); Organisation: Thomas Ott - zu finden im Archiv der Fürstenschüler-Stiftung.
- ↑ Amtsblatt der Großen Kreisstadt Grimma, Nr. 11/2013, 27. Juli 2013, S. 1
- ↑ a b c d Christian-Friedrich Meinhardt: Die Klosterkirche – ein Kleinod Grimmas harrt der Wiederbelebung. In: Friedrich Wermuth, Karl Irmscher u. a. (Hrsg.): Von der kurfürstlichen Landesschule zum Gymnasium St. Augustin zu Grimma 1550–2000. Beucha 2000, ISBN 3-930076-99-3, S. 81.
- ↑ a b Rudolf Priemer: Grimma und Muldental. In: Sax-Führer. Beucha 1992, ISBN 3-9802997-1-6, S. 44.
- ↑ Diese Trauung war laut Überlieferung die erste Trauung in der Klosterkirche - und nach bisherigem Wissensstand wohl auch die einzige. Von Ralf Thomas stammt auch das Manuskript zur Geschichte der Klosterkirche Grimma, das Grundlage einerseits einer Ausstellung 1985 in der Frauenkirche Grimma und andererseits der ersten Fassung dieses Wikipedia-Beitrags wurde.
- ↑ Christian-Friedrich Meinhardt: Die Klosterkirche – ein Kleinod Grimmas harrt der Wiederbelebung. In: Friedrich Wermuth, Karl Irmscher u. a. (Hrsg.): Von der kurfürstlichen Landesschule zum Gymnasium St. Augustin zu Grimma 1550 – 2000. Beucha 2000, ISBN 3-930076-99-3, S. 83.
- ↑ a b Rudolf Priemer: Das Schicksal der Klosterkirche in Grimma. In: Der Rundblick. Nr. 1, 1990, S. 32–33.
- ↑ Leipziger Volkszeitung, Lokalteil Grimma, S. 24, 10. Juli 1993
- ↑ Brief von Helmut Berthold vom 12. September 2003 an den Bürgermeister von Grimma (im Archiv der Fürstenschüler-Stiftung in Grimma)
- ↑ Der Sonntag, Wochenzeitung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, S. 6, 29. April 2001
- ↑ Nach Informationen des Historikers Klausjürgen Miersch (Jahrgang 1925), der ab 1938 im Moldanum lebte und lernte (Nach Ende des Zweiten Weltkriegs mussten er und seine Mitschüler das Abitur nachholen, das sie 1948 erhielten.).
- ↑ Martina Bloi: Odyssee einer geschichtsträchtigen Glocke. S. 1–3 in: Archivstäubchen – Mitteilungen aus dem Archiv der Fürstenschüler-Stiftung, „Kurt-Schwabe-Archiv“, Nr. 6, März 2014
- ↑ www.fuerstenschueler-stiftung.de
- ↑ www.nbn-resolving.de
- ↑ Andrea Hartmann: Die Musikhandschriften der Fürstenschule Grimma. In: Augustiner Blätter, Sonderheft Nr. 6 (2010), herausgegeben vom Schulleiter des Gymnasiums St. Augustin zu Grimma: Verramscht und vergessen – oder verantwortungsvoll bewahrt? Vom Schicksal der Musikhandschriften und anderer Kostbarkeiten der ehemaligen Bibliothek der Fürsten- und Landesschule Grimma, S. 12–19
- ↑ Volker Beyrich: Singen gegen die Unmenschlichkeit. In: „Archivstäubchen. Mitteilungen aus dem Archiv der Fürstenschüler-Stiftung – Kurt-Schwabe-Archiv –“, Ausgabe März 2013, S. 3–5
Koordinaten: 51° 14′ 6,5″ N, 12° 43′ 49,6″ O