Weltanschauung

philosophische oder theologische Denkmodelle

Begriff

Eine Weltanschauung oder ein Weltbild ist ein umfassendes Konzept oder Bild des Universums und der Beziehung zwischen Mensch und Universum. Sie umfasst die Menge bestimmter Meinungen, als organischer Gesamtheit, über die Welt als Grund, Boden und Bühne der menschlichen Existenz, des menschlichen Handelns. Das umfasst Anschauungen über: Wissenschaft, Philosophie, Politik, Wirtschaft, Ökologie, Umwelt, Kultur, Bräuche, Religion, Ethik, Werte, Moral, Kindererziehung bis hin zur Ernährung.

Das Wort findet sich zuerst in dem Buch Kritik der Urteilskraft (§ 26; 1790) von Immanuel Kant.

Eine Weltanschauung gibt eine Vorstellung davon, wie die Welt funktioniert und strukturiert ist (was ist die Wirklichkeit), gibt eine Erklärung dafür, warum die Welt so funktioniert und strukturiert ist (warum ist die Wirklichkeit so), und eine Extrapolation dieser Funktion und Struktur in die Zukunft (wie wird sich die Welt entwickeln).

Zu unterscheiden sind

  • religiöse und
  • philosophische Weltanschauungen.

Weiter enthält eine Weltanschauung ethische Werte, die sich aus dieser Sicht der Wirklichkeit ableiten lassen, und eine Epistemologie.

Weltanschauungskritik wird von anderen Weltanschauungen geübt, wissenschaftlich erscheint sie als Ideologiekritik

Inhalte von Weltanschauungen

Weltanschauungen bieten mögliche Antworten auf Fragen wie

Was ist die Wirklichkeit?

Was ist die Natur der Welt?

Was ist ein Mensch? Welches Menschenbild haben wir?

Wo steht und wie wirkt der Mensch in der Gesellschaft? Was für eine Gesellschaft streben wir an? Was ist Kultur?

Was geschieht nach dem Tod?

Siehe auch den Artikel Leben nach dem Tod

Warum ist es möglich, überhaupt etwas zu wissen?

Woher wissen wir, was richtig, was wahr und was falsch ist?

Was ist der Sinn der menschlichen Geschichte und der menschlichen Existenz?

Gibt es einen Gott?

Hat der Mensch einen freien Willen?

Was soll der Mensch in seinem Leben erstreben? Was ist das höchste Gut? Was ist das Ziel menschlichen Handelns und Daseins?

Irgendeine Art von Weltanschauung, die solche Fragen beantwortet, dürfte jeder Mensch haben – eine persönliche Weltanschauung kann allerdings mehr oder weniger durchdacht, logisch aufgebaut und konsequent sein.

Bezieht sich der Begriff Weltanschauung auf ein bestimmtes Gebiet, z.B. Kindererziehung, so spielen vielfältige andere Überzeugungen aus anderen Bereichen ein, z.B. Ethologie, Biologie, Religion, Erziehungswissenschaften, sowie Kultur und Tradition.

Eine Weltanschauung intendiert einen mehr oder weniger konsistenten (in sich stimmigen) und integralen Sinn- und Bedeutungsraum der menschlichen Existenz und schafft so den Rahmen für Bildung, Kultur und Wissen, bzw. bezüglich des Einzelnen, ein Umfeld für seine Bildungsanstrengungen, sein kulturelles Leben, seine Kulturbeflissenheit und sein Lernen.

Zu allen Zeiten haben vor allem Religionen und politische Systeme Weltanschauungen vertreten und gelehrt; oft waren sie selbst sogar Weltanschauungen. Beispielsweise Judentum, Christentum, Islam, Sozialismus, Marxismus, Scientology, Humanismus, Nationalismus könnten Weltanschauungen genannt werden, sie generieren und liefern aber eindeutig unterscheidbare Weltanschauungen. Natürlich gibt es dabei aber auch Überschneidungen, so existieren z.B. christliche Sozialisten oder jüdische Humanisten.

Manche Weltanschauungen sollen bestimmte Formen von Macht legitimieren bzw. delegitimieren, indem sie Herkunft und Basis der Macht erklären – beispielsweise sah der Monarchismus die Macht des Königs als von Gott verliehen an, in der Demokratie (Volksherrschaft) geht die Macht von der gesamten Bevölkerung als Souverän aus.

Weltanschauungen können Diskussionen anregen oder auch zerstören beziehungsweise verhindern, z.B. wenn man sich nicht gemeinsam auf Axiome oder ethische Grundsätze einigen kann.

Interkulturelle Dialoge und interreligiöse Dialoge bezeugen die Interessen der Menschen, gemeinsame Werte zu fördern und gemeinsame Probleme zu lösen, anstatt Unterschiede zu betonen. Beispiel: Jüdisch-Christlicher Dialog

Historisch ändern sich Weltanschauungen langsam und binden große, oft nicht hinterfragte Unterstützung (siehe: Sozialer Wandel, Fundamentalismus).

Der Postmodernismus proklamierte (unter anderem) die Idee des sich stets wandelnden Weltverständnisses, sich stets wandelnder Weltanschauung.

Beispiele für Weltanschauungen

Interessant ist, dass das Wort Weltanschauung ins Englische entlehnt wurde, da es ein englisches Äquivalent dieses Begriffes nicht gibt. Allerdings ist world view auch eine akzeptable Übersetzung und wird auch häufiger verwendet als weltanschauung.

Victor Klemperer sieht in seinem Buch LTI den Begriff Weltanschauung kritisch. Der Begriff sei in der Zeit des Nationalsozialismus geprägt worden; jedenfalls war er die in Adolf Hitlers Buch Mein Kampf verwendete Umschreibung für seine auf rassistische und sozialdarwinistische Hypothesen gestützte Werteordnung.

Naturwissenschaft

Es wird manchmal behauptet, auch die Naturwissenschaft bzw. Wissenschaft im Allgemeinen müsse als Weltanschauung betrachtet werden, weil bereits ihre Methodik von unbeweisbaren Axiomen ausgehe. Dies ist jedoch ein falscher Schluss. Eine Weltanschauung trifft Aussagen darüber, ob unbeweisbare Axiome wahr sind, wohingegen Wissenschaft von ihnen nur ausgeht, unabhängig davon, ob sie tatsächlich wahr sind oder nicht (darüber wird keine Wertung getroffen).

Wenn im Zusammenhang mit Naturwissenschaft von einer Weltanschauung gesprochen wird, so ist meist der Naturalismus gemeint, der im Gegensatz zur Naturwissenschaft die Aussage macht, die Axiome der Naturwissenschaft seien tatsächlich wahr. Beiden Begriffe werden häufig von Anhängern unwissenschaftlicher Theorien sowie im Widerspruch zur Naturwissenschaft stehender Weltanschauungen gleichgesetzt. Dadurch soll der Eindruck erweckt werden, letztendlich stünde Naturwissenschaft mit allen Weltanschauungen auf einer Ebene, obwohl es sich nicht um vergleichbare Begriffe handelt.

Möglich ist im Gegensatz dazu der Vergleich von anderen Weltanschauungen mit dem Naturalismus. Beim Versuch, neue Anhänger zu finden, wird von Vertretern dem Naturalismus widersprechender Weltanschauungen oft betont, alle Weltanschauungen seien gleichwertig. Dabei wird zwar manchmal erwähnt, dass man die Wahrheit der Axiome der Naturwissenschaft anzweifeln muss, um eine dem Naturalismus widersprechende Weltanschauung in Erwägung zu ziehen, jedoch werden äußerst selten diese Axiome konkret aufgelistet (z.B. die Widerspruchsfreiheit der Logik), und so gut wie nie wird erwähnt, warum sie äußerst plausibel sind (z.B. dass es bis heute trotz täglicher Verwendung der Logik niemandem gelungen ist, diese Widerspruchsfreiheit zu falsifizieren).

Siehe auch

Weltbild, Metaphysik, Ontologie, Ideologie, Liste der Religionen und Weltanschauungen, Menschenbild

Literaturhinweise

Wiktionary: Weltanschauung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  1. Info-Portal Religion
  2. Manfred Adler Antijudaismus
  3. Glaube an Gott und „Idee Mensch“ nach Auschwitz
  4. Antisemitismus als massenpsychologisches Phänomen
  5. Naturalismus versus Supernaturalismus