Potenzieren ist eine mathematische Rechenoperation, die sich zur Multiplikation analog wie diese zur Addition verhält. Es handelt sich also um eine "Kurzschreibweise" für wiederholtes Multiplizieren:


nennt man die Basis (Grundzahl) und den Exponenten (Hochzahl). Das Ergebnis ist die Potenz. Hierbei ist eine reelle und (vorerst) eine natürliche Zahl. Ist , so wird festgelegt.
Wenn hochgestelltes Schreiben nicht möglich ist (z.B. in einem ASCII-Text), verwendet man oft a^b (beispielsweise in TeX), gelegentlich auch a**b (beispielsweise in Fortran) oder pow(a,b) (beispielsweise in C).
Für eine reelle Zahl und eine natürliche Zahl wird definiert
Es gibt auch Erweiterungen des Potenzierens für nichtganzzahlige Exponenten, siehe dazu den Abschnitt nicht ganzzahlige Exponenten.
Rechenregeln
Sind und reelle Zahlen und , und natürliche Zahlen, so gilt:
Das Potenzieren ist weder kommutativ, denn beispielsweise gilt , noch assoziativ, denn beispielsweise gilt .
Die Schreibweise ohne Klammern bedeutet , vor allem auch deshalb, weil man nach den obigen Regeln einfacher als schreiben kann.
Umkehrfunktion
Da das Kommutativgesetz beim Potenzieren nicht gilt, gibt es zwei Umkehrrechenarten:
- das Wurzelziehen, um Gleichungen der Bauart zu lösen
- das Logarithmieren für Gleichungen des Typs .
nicht ganzzahlige Exponenten
Sind und ganze Zahlen ( ), sowie eine positive, reelle Zahl, dann definiert man:
Die obe genannten Rechengesetze gelten auch in diesem Fall.
Ausdrücke wie sind zwar auch definiert, jedoch ist undefiniert, da man kürzen kann zu , aber ungleich ist.
siehe auch Wurzel (Mathematik)
Potenzen positiver reeller Zahlen mit beliebigen reellen Exponenten sind so definiert:
Dabei ist die Exponentialfunktion und der natürliche Logarithmus.
Potenzen komplexer Zahlen
Ist mit reellen Zahlen , , und , dann gilt
Das Wurzelziehen ist bei komplexen Zahlen nicht eindeutig. Es ergeben sich verschiedene -te Wurzeln einer komplexen Zahl :
Potenzen beliebiger komplexer Zahlen mit beliebigen reellen oder sogar komplexen Exponenten lassen sich zwar durch die Formel definieren. Da jedoch der komplexe Logarithmus unendlich viele Werte annimmt, hat man unendlich viele verschiedene Potenzen.
Besondere Potenzen
Im alltäglichen Leben werden die Zehnerpotenzen, also die Potenzen mit der Basis 10 (das sind 1, 10, 100, 1000, ...) wohl am häufigsten verwendet. Sie bilden die Grundlage unseres Zahlensystems, des Dezimalsystems.
Zur digitalen Verarbeitung von Daten am Computer wird das Dualsystem mit der Basis 2 verwendet. Die Größeneinheiten digitaler Speichersysteme sind daher die Zweierpotenzen, also die Potenzen zur Basis 2 (das sind 1, 2, 4, 8, 16, ...). Ein Kibibyte (abgekürzt KiB) entspricht Bytes.
Für die Mathematik besonders wichtig sind die Potenzen mit der Basis , der so genannten Eulerschen Zahl.
Anwendungsbeispiele von Zweierpotenzen
Zweierpotenzen entsprechen dem Prozess der wiederholten Verdoppelung. Das Anwachsen dieser Zahlenfolge überrascht bei Praxisbeispielen oft.
Beispiel 1: Ein Blatt Papier lässt sich nur etwa 7 Mal auf die halbe Größe falten. Es hat dann 128 Lagen. Wenn man es (theoretisch) 42 Mal falten könnte, entspräche seine Dicke der Entfernung von der Erde zum Mond.
Beispiel 2: Jeder Mensch hat zwei biologische Eltern, vier Großeltern, acht Urgroßeltern, usw. Verfolgt man diesen Ahnenbaum 70 Generationen zurück (ins Jahr Christi Geburt), so stammt jeder heutige Mensch von Menschen aus dieser Zeit ab, was weit mehr als die damalige Weltbevölkerung ist.
Beispiel 3: Die Legende vom Erfinder des Schachspiels, der auf jedem Feld des Schachbrettes die Anzahl der Weizenkörner verdoppelte: Weizenkornlegende.
Bei Schneeballsystemen, z.B. so genannten Schenkkreisen, werden zum Teil Systeme gestartet, die nicht nur eine Verdoppelung, sondern z.B. eine Verachtfachung der neuen Mitglieder pro Schritt vorsehen. Solche Folgen wachsen derart schnell an, dass die Systeme bereits nach wenigen Schritten zwangsläufig kollabieren.
0 hoch 0
In der oben gegebenen Definition wurde für alle gesetzt, also ist insbesondere
Da für alle positiven den Wert 0 hat, wäre auch der Wert 0 denkbar. Wie die Festlegung, dass 1 keine Primzahl ist, ist die Festlegung des Wertes von ebenfalls keine Frage von wahr oder falsch, sondern von zweckmäßig oder unzweckmäßig.
0 hoch 0 in der Mathematik
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts haben Mathematiker anscheinend gesetzt, ohne diese Festlegung genauer zu hinterfragen. Augustin Louis Cauchy listete allerdings gemeinsam mit anderen Ausdrücken wie in einer Tabelle von unbestimmten Ausdrücken. Er wollte damit anscheinend darauf hinweisen, dass man zu jeder reellen Zahl Funktionen so angeben kann, dass und
Grenzwertargumente sind zur Festlegung von also ungeeignet.
1833 veröffentlichte Guillaume Libri eine Arbeit, in der er wenig überzeugende Argumente für präsentierte, die in der Folge kontrovers diskutiert wurden. Zur Verteidigung von Libri veröffentlichte August Ferdinand Möbius einen Beweis seines Lehrers Johann Friedrich Pfaff, der im Wesentlichen zeigte, dass , und einen angeblichen Beweis für falls . Dieser Beweis wurde durch das Gegenbeispiel und rasch widerlegt. In der Folge verstummte die Kontroverse und in Analysislehrbüchern verbreitete sich immer mehr die Konvention, undefiniert zu lassen.
Donald Ervin Knuth erwähnte 1992 im American Mathematical Monthly die Geschichte der Kontroverse und lehnte die Schlussfolgerung entschieden ab, dass undefiniert gelassen wird. Wenn man nicht voraussetzen kann, verlangen viele mathematische Theorem wie z.B. der binomischer Satz
eine Sonderbehandlung für die Fälle oder oder gleichzeitig und .
Ebenso taucht der Ausdruck in der Potenzreihe für die Exponentialfunktion
- and der Stelle
oder in der Summenformel für die geometrische Reihe
- für
auf. Auch hier ist die Konvention sinnvoll.
Die Konvention ist also aus praktischen Gründen sinnvoll, weil sie die Formulierung vieler mathematischer Ausdrücke vereinfacht. Das bedeutet aber keineswegs, dass die Funktion an der Stelle stetig wäre. Das ist aber kein Problem, da unstetige Funktionen in der Mathematik nichts Ungewöhnliches sind.
0 hoch 0 in der Informatik
Die Frage nach dem Wert von 0 hoch 0 spielt in der Informatik insbesondere bei der Standardisierung von Programmiersprachen eine Rolle. Lange Zeit wurde das allerdings nicht beachtet, ältere Sprachnormen legen anscheinend kein bestimmtes Verhalten fest; Taschenrechner verhalten sich ebenfalls unterschiedlich und liefern üblicherweise entweder 1 oder Error als Ergebnis.
William Kahan, der Hauptarchitekt des Standards IEEE 754 für binäre Gleitkommazahlen, empfahl für Zwecke der numerischen Mathematik zu wählen. Diese Konvention setzt sich anscheinend in der Informatik durch, so definieren der C99-Standard im Anhang F.9.4.4 sowie die Programmiersprache Java, dass pow(0.0,0.0)=1.
Literatur zu 0 hoch 0
- Cauchy, Augustin-Louis. Analyse algébrique. Die Tabelle mit den unbestimmten Ausdrücken ist auf Seite 69.
- Kahan, W. Branch Cuts for Complex Elementary Functions or Much Ado about Nothing's Sign Bit, in The State of the Art in Numerical Analysis, editors A. Iserles and M. J. D. Powell, Clarendon Press, Oxford, pp. 165--212.
- Knuth, Donald Ervin. Two notes on notation. AMM 99 no. 5 (May 1992), 403-422. Preprint (als TeX-Quelltext) auf der Homepage von Knuth. Die Geschichte der Kontroverse ist auf Seite 6 des Preprints.
- Libri, Guillaume. Mémoire sur les fonctions discontinues, Journal für die reine und angewandte Mathematik, 10 (1833), 303-316.
- Möbius, August Ferdinand. Beweis der Gleichung , nach J. F. Pfaff. Journal für die reine und angewandte Mathematik, 12 (1834), 134-136.