Tisamenus

auf den Philippinen beheimatete Gattung der Gespenstschrecken
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Die auf den Philippinen beheimatete Gattung Tisamenus vereint relativ kleine Gespenstschrecken-Arten.

Tisamenus

Tisamenus serratorius,
links Weibchen, rechts Männchen

Systematik
Ordnung: Gespenstschrecken (Phasmatodea)
Teilordnung: Areolatae
Familie: Heteropterygidae
Unterfamilie: Obriminae
Tribus: Eubulidini
Gattung: Tisamenus
Wissenschaftlicher Name
Tisamenus
Stål, 1875

Merkmale

Die Vertreter dieser Gattung sind mit 35 bis 43 Millimetern im männlichen und 45 bis 67 Millimetern im weiblichen Geschlecht durchweg eher klein. Beide Geschlechter sind stets flügellos. Die oft sehr ähnlichen Arten unterscheiden sich vor allem durch eine jeweils artspezifische Bedornung. Wobei es auch Arten gibt, die keine bzw. kaum erkennbare Dornen haben. Charakteristisch für alle Vertreter ist eine dreieckige Struktur auf dem Mesonotum. Die kurze Seite diese gleichschenkligen Dreiecks verläuft parallel zur Vorderkante des Mesonotums. Die beiden anderen Seiten sind länger und treffen sich je nach Art mehr oder weniger nach einem Drittel der Mesonotumlänge. Von dort verläuft mittig ein meist deutlicher Kiel. Dieser beginnt bei einigen Arten bereits am Vorderrand des Mesonotums und ist somit auch auf dem Dreieck zu erkennen. Teilweise reicht er bis auf das Abdomen oder gar bis an dessen Ende. Dornen sind oft an den Seitenrändern des Thorax, paarig auf dem Pronotum, und mittig auf dem Meso- und Metanotum zu finden. Bei vielen Vertretern sind außerdem auf dem Abdomen weitere paarig und/oder mittig angeordnete Stacheln vorhanden. Die Färbung wird meist von hellen Brauntönen dominiert. Häufig sind schwarze, hellbraune bis beige seltener auch fast weiße Muster zu finden. Männchen sind meist weniger stark gemustert. Bei ihnen fällt oft in der Draufsicht das scheinbar viel zu schmale Abdomen auf. Dies gilt besonders für Arten, deren Thorax zum Metanotum hin immer breiter wird. Bei den Weibchen wirken die Proportionen symmetrischer, da das Abdomen stets breiter ist als bei den Männchen. Wie für die Vertreter der Obriminae typisch, haben sie am Ende des Abdomens einen Legestachel zur Ablage der Eier im Boden, der bei Tisamenus-Weibchen eher kurz ist. Er umgibt den eigentlichen Ovipositor und wird ventral aus dem achten Sternit gebildet, hier Subgenitalplatte[1] oder Operculum genannt und dorsal aus dem elften Tergum, welches hier als Supraanalplatte oder Epiproct bezeichnet wird.[2][3][4]

Lebensweise und Fortpflanzung

Die nachtaktiven Tiere verstecken sich tagsüber in der Nähe des Bodens. Auch nachts klettern sie kaum höher als 20 cm an den Nahrungspflanzen empor. Die Eier werden von den Weibchen mit dem Legestachel in den Boden abgelegt. Sie sind 4 bis 5 Millimeter lang und 2,5 bis 3,0 Millimeter breit und meist mit mehr oder weniger deutlichen Linien aus Härchen überzogen. Die Mikropylarplatte ist dreiarmig und ähnelt einem auf dem Kopf stehenden „Y“. Der zum Deckel weisende Arm ist deutlich länger als die zum unteren Pol zeigenden Arme (Siehe auch Bau des Phasmideneies). Die Nymphen schlüpfen nach 4 bis 6 Monaten und benötigen 5 bis 7 Monate um adult zu werden.[5][6]

Systematik

 
Weibliche Nymphe von Tisamenus deplanata
 
Pärchen von Tisamenus sp. „Quezon-Nationalpark
 
Pärchen von Tisamenus sp. „Cunayan“

Im Jahr 1875 errichtete Carl Stål neben der Gattung Hoploclonia auch die Gattung Tisamenus. Für diese legte er als Typusart die von ihm in derselben Arbeit beschriebene Tisamenus serratorius fest. Außerdem überstellte er noch eine von John Obadiah Westwood 1848 als Phasma (Pachymorpha) deplanatum (heute gültiger Name Tisamenus deplanata) beschriebene Art in diese Gattung. Gleichzeitig überführte er mit Acanthoderus draconinus (heute gültiger Name Tisamenus draconina) auch eine philippinische Art in die Gattung Hoploclonia. In den folgenden fast 130 Jahren wurden fast alle auf den Philippinen neu entdeckten Arten mit einer ähnlichen Morphologie in die Gattung Hoploclonia gestellt. James Abram Garfield Rehn und John W. H. Rehn synonymisierten Tisamenus 1939 schließlich mit Hoploclonia. Erst 2004 trennte Oliver Zompro die beiden Gattungen wieder und stellte alle philippinischen Arten in die Gattung Tisamenus. Der Name „Tisamenus“ ist die latinisierte Form des griechischen Tisamenos (Τισαμενός), eines antiken, männlichen Vornamens.[3][4][7][8]

Gültige Arten sind:[7]

Terraristik

Die ersten Tiere der Gattung die in die Terrarien der Liebhaber gelangten, wurden 2009 von Joachim Bresseel und Thierry Heitzmann in der Provinz Quezon auf der Insel Luzon gesammelt. Fundorte sind die Sierra Madre Berge nahe Real und Real selbst. Weitere Tiere fanden Bresseel, Rob Krijns und Tim Bollens 2010. Nach Europa kamen die Tiere zunächst als Tisamenus sp. „Sierra Madre“ bzw. Tisamenus sp. „Real“. Später wurde die Art von Bresseel als Tisamenus serratorius identifiziert. Die Phasmid Study Group führt sie unter der PSG-Nummer 314.[9][10]

Heitzmann sammelte Ende November 2008 im Quezon-Nationalpark ein Weibchen auf das ein weiterer Zuchtstamm zurückgeht. Tiere dieses Stammes werden nach ihrem Fundort als Tisamenus sp. „Quezon-Nationalpark“ angesprochen, gehören nach ersten Einschätzungen aber ebenfalls zu Tisamenus serratorius. Bressell, Bollens und Mark Bushell fanden ebenfalls auf Luzon in der Provinz Aurora nahe der Stadt San Luis in Cunayan weitere Tiere. Diese ähneln ebenfalls Tisamenus serratorius, haben allerdings insbesondere entlang der Körpermitte mehr bzw. deutlichere Stacheln. Auch sie werden nach ihrem Fundort bezeichnet und Tisamenus sp. „Cunayan“ genannt. Sie werden von der Phasmid Study Group unter der PSG-Nummer 359 geführt.[3][5]

Im Oktober und November 2010 fand Heitzmann im Süden Luzons in den Pocdolbergen am Mount Pulog und am Mount Osiao Tisamenus deplanata, darunter auch die bis dahin noch unbekannten Männchen. Aus den von ihm nach Europa verschickten Eiern, erbrütete Bruno Kneubühler erstmals Tiere dieser Art in Europa. Erste Nachzuchten sind bereits verteilt worden.[3][6]

Die Haltung und Zucht der genannten Arten gilt als einfach. Sie fressen bereitwillig an verschiedensten Futterpflanzen wie Brombeeren, Hasel, Feuerdorn, Efeu und Johanniskräutern. Sie benötigen nur kleine, mäßig feuchte Terrarien mit Bodengrund zur Eiablage.[5][6]

Einzelnachweise

  1. Ingo Fritzsche: Stabschrecken - Carausius, Sipyloidea & Co. Natur und Tier Verlag, Münster 2007, ISBN 978-3-937285-84-9.
  2. Christoph Seiler, Sven Bradler, Rainer Koch: Phasmiden – Pflege und Zucht von Gespenstschrecken, Stabschrecken und Wandelnden Blättern im Terrarium. bede, Ruhmannsfelden 2000, ISBN 3-933646-89-8, S. 15.
  3. a b c d Holger Dräger: Gespenstschrecken der Familie Heteropterygidae Kirby, 1896 (Phasmatodea) – ein Überblick über bisher gehaltene Arten. Teil 3: Die Unterfamilie Obriminae Brunner von Wattenwyl, 1893, Triben Miroceramiini und Eubulidini Zompro, 2004. In: ZAG Phoenix. Nr. 6 Juni 2012 Jahrgang 3(2), ISSN 2190-3476, S. 2–21.
  4. a b Oliver Zompro: Revision of the genera of the Areolatae, including the status of Timema and Agathemera (Insecta, Phasmatodea). Goecke & Evers Verlag, Keltern 2004, ISBN 3-931374-39-4, S. 200–207.
  5. a b c Rob Krijns: Speciesreport 43: Tisamenus serratorius Stål, 1875. In: Phasma Werkgroep. Nr. 82, September 2011, Jahrgang 21, ISSN 1381-3420, S. 7–8.
  6. a b c Umfassende Informationen über Tisamenus deplanata von Bruno Kneubühler auf phasmatodea.com
  7. a b Paul D. Brock: Phasmida Species File Online. Version 5.0/5.0 (abgerufen am 13. Juni 2013)
  8. J.A.G. Rehn & J.W.H. Rehn: Proceedings of The Academy of Natural Sciences (Vol. 90, 1938). Philadelphia 1939, S. 435 ff. (Dateiversion)
  9. Phasmatodea Seite von Oskar V. Conle und Frank H. Hennemann
  10. Phasmid Study Group Culture List (engl.)
Commons: Tisamenus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien