Guerilla Gardening

heimliche Aussaat von Pflanzen als Mittel politischen Protests im öffentlichen Raum
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Guerilla Gardening (engl.: Guerilla-Gärtnerei) war ursprünglich die heimliche Aussaat von Pflanzen im öffentlichen Raum, vorrangig in Großstädten oder auf öffentlichen Grünflächen, als ein subtiles Mittel politischen Protests und zivilen Ungehorsams.

Mittlerweile wird Guerilla-Gardening auch urbanes Gärtnern oder urbane Landwirtschaft genannt und verbindet mit dem Protest den Nutzen einer Ernte beziehungsweise einer Verschönerung trister Innenstädte durch Begrünung brachliegender Flächen. Eine Protestbewegung ist es dennoch geblieben, die oft der Attac- oder der New Work-Bewegung Frithjof Bergmanns nahe steht.

Wie Guerillas vermeiden auch Guerilla-Gärtner die offenen Konfrontation und bevorzugen abgelegene und unzugängliche Standorte oder nehmen ihre Aktionen bevorzugt heimlich durch „Überraschungspflanzungen“ vor.

Geschichte

Guerilla Gardening ist eine vergleichsweise neue Protestform, die sich, von Großbritannien ausgehend, seit einigen Jahren insbesondere in den Metropolen der westlichen Welt - allen voraus New York - verbreitet. Bekannt wurde sie, als sich am 1. Mai 2000 in London mit Spaten, Gartengeräten, Muttererde und Setzlingen bewaffnete Globalisierungsgegner, Anarchisten und Umweltaktivisten auf einer Rasenfläche direkt auf dem verkehrsreichen Parliament Square trafen, um - wie sie auf Transparenten bekundeten - „die Straßen zurückzuerobern“, und dabei den Platz umgruben, um ihn anschließend zu bepflanzen.

Politischer Protest

Die Aktion fand schnell Nachahmer und wurde abgeändert oder verfeinert. Bei politisch motivierten Aktionen kann dabei die Anordnung und Auswahl der Pflanzen (beispielsweise das Aussäen von Blumensamen in Form eines Friedensymbols, das Anpflanzen von Reis oder Getreide in öffentlichen Grünanlagen, das Bepflanzen von Golfplätzen mit Dornbüschen) eine politische Aussage vermitteln. Auch das Stören von Gentechnik-Freilandversuchen durch heimliches Zwischensäen von natürlichen Pflanzen gehört in diese Kategorie.

Die politisch motivierten Guerilla-Gärtner sehen ihre Aktionen dabei „...im revolutionären Weisheitskampf … als allgemeinen Protest gegen die Monokulturen des Spießbürgertums …“ („Leitfaden für den revolutionären Weisheitskampf“).

Lebenswerte Umwelt

Parallel dazu hat sich auch eine verstärkt ideologische Form des Guerilla Gardening entwickelt, bei der sich klassische Ansätze von moralischer Ökonomie mit dem Wunsch nach urbaner Selbstversorgung und mit einem Protest gegen die Agrar-Industrie vermischen. Nach Wunsch dieser Guerilla-Gärtner sollen die Städte als lebenswerte Umwelt erfahrbar gemacht und von ihren Bewohnern „mit den eigenen Händen“ in Besitz genommen werden. Hierzu zählt illegale Gemüsezucht auf Brachland, wilder Reisanbau zwischen Wolkenkratzern oder organisierte Sprossenzucht auf Wohnhausdächern. Innerstädtische Brachflächen, Grünstreifen und Hinterhöfe werden begrünt und Biotope, Gemeinschaftsgärten und Pflanzenbeete angelegt.

„Während die Hippie-Generation der 1960er und 1970er Jahre eher von abgelegenen, autarken Landkommunen träumte, wo das Brot aus selbst angebautem Getreide gebacken und Pullover mit der Wolle hauseigener Schafe gestrickt werden sollten, sehen Guerilla-Gärtner ihren ureigenen Lebensraum in den Hochhausschluchten oder Industriegebieten der Metropolen. Auf Grünstreifen zwischen mehrspurigen Straßen pflanzen sie Kohlköpfe und Möhren an. Auf Abrissgrundstücken lassen sie in alten Autoreifen Kartoffeln oder Tomaten gedeihen.“ (Pressespiegel Gartenguerilla)

Antikapitalismus

Dabei geht es ihnen, wie auch zumeist der alternativen Szene oder auch den Freeganern, vorrangig um Antikapitalismus - und damit verbunden um den Aufbau einer lebenswerten, ökologisch orientierten Umwelt, eines dezentralen, nicht industrialisierten Nahrungsmittelanbaus, einer selbstbestimmten Gestaltung der Städte und einer deutlichen Zurückdrängung des motorisierten Individualverkehrs.

Dieses "Gärtnern in der Stadt" ist mittlerweile zu einem weltweit bekannten Begleitphänomen allgemeiner ökonomischer Unsicherheit, Armut und unzureichender Versorgung mit nahrhaften, gesunden Lebensmitteln geworden und gilt bei seinen Vertretern als ein interessantes Konzept von Selbsthilfe und Mischökonomie.

Siehe auch