Propylenoxid

chemische Verbindung
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Strukturformel
Struktur von Propylenoxid
Allgemeines
Name Propylenoxid
Andere Namen
  • 1,2-Epoxipropan
  • Methyloxiran
  • Propylenether
  • Propenoxid
  • HPPO
  • Methyloxacyclopropan
Summenformel C3H6O
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 75-56-9
Wikidata Q727742
Eigenschaften
Molare Masse 58,08 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

0,83 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

−112 °C[1]

Siedepunkt

34 °C[1]

Dampfdruck

588 hPa (20 °C)[1]

Löslichkeit

gut in Wasser (405 g·l−1 bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
GHS-GefahrstoffkennzeichnungVorlage:CLP
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 224​‐​350​‐​340​‐​332​‐​312​‐​302​‐​319​‐​335​‐​315
P: 201​‐​210​‐​261​‐​305+351+338​‐​308+313[1]
Zulassungs­verfahren unter REACH

besonders besorgnis­erregend: krebs­erzeugend, erbgut­verändernd (CMR)[2]

MAK

nicht vergeben, da krebserzeugend[1]

Toxikologische Daten

380 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[1]

Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−123,0 kJ/mol[3]

Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Propylenoxid oder 1,2-Epoxypropan (PO) ist eine heterocyclische organische Verbindung aus der Gruppe der Epoxide (Oxirane). Die leicht entflammbare, in Wasser und Alkohol lösliche, farblose Flüssigkeit besitzt einen ätherischen Geruch. Propylenoxid wird aus Propen gewonnen und hauptsächlich zur Herstellung von wasserlöslichen Propylenglycol-Derivaten verwandt, kann aber auch als Korrosionsschutzzusatz für Pestizide, Kühlflüssigkeiten und Desinfektionsmittel Verwendung finden. Das Epoxid Propylenoxid ist kein natürlich vorkommender Stoff, sein Vorkommen in der Atmosphäre wird auf Industrieemissionen und deren Weiterverarbeitung zurückgeführt. Es wird angenommen, dass es nicht zur Ausbreitung des Ozonlochs beiträgt.

Herstellung

1985 belief sich die Produktion von Propylenoxid weltweit auf etwa 2,9 Mt, 1991 auf etwa 4,2 Mt, 2001 ca. 4,8 Mt und 2008 rund 5,5 Mt. Die installierte weltweite jährliche Produktionskapazität lag am 1. Januar 2002 bei 5,8 Mt.[4]

Eine Direktoxidation von Propen mit Sauerstoff zu Propylenoxid, wie bei der Herstellung von Ethylenoxid aus Ethen, ist zwar technisch möglich, aber unwirtschaftlich, weil die Reaktion mit einer geringen Selektivität und unter Bildung mehrere Oxidationsprodukte abläuft, die aufwändig getrennt werden müssten. Insofern haben sich die im Folgenden beschriebenen Verfahren durchgesetzt.

Chlorhydrinverfahren

Beim Chlorhydrinverfahren werden aus Propen mit Chlor und Wasser (wobei Hypochlorige Säure in situ erzeugt wird) Chlorpropanole erzeugt, die in zwei isomeren Formen (1-Chlor-propan-2-ol, 2-Chlor-propan-1-ol) vorliegen. In einem zweiten Reaktionsschritt werden diese mit Hydroxidionen zu Propylenoxid und Wasser umgesetzt. Die Hydroxidionen werden aus Kalkmilch Ca(OH)2 gewonnen, so dass als Koppelprodukt Calciumchlorid CaCl2 anfällt (auf 100 kg Propylenoxid kommen 200 kg Calciumchlorid). Dieses führt zu einer großen Abwasserbelastung.

 


 


Der Propylenoxid-Herstellkapazitätsanteil nach dem Chlorhydrinverfahren lag 1985 weltweit bei rund 55 %, 1991 bei etwa 52 % und 2010 nur noch bei rund 34 %.

Oxiran-Verfahren (Prileschajew-Reaktion)

Die Epoxidierung von Propen erfolgt bei der Prileschajew-Reaktion über die katalytische Umsetzung mit einem Hydroperoxid, dessen stark reaktionsfreudige Peroxidgruppe mit der Doppelbindung des Propens reagiert.

In der Styrol-Variante wird Ethylbenzol mit Sauerstoff in das entsprechende Peroxid überführt, das mit Propen zu Propylenoxid reagiert. Das parallel entstehende 1-Phenylethanol (Phenylmethylcarbinol) wird mit Aluminiumoxid unter Abspaltung von Wasser zu Styrol umgesetzt.

 
 

Pro Tonne produziertes Propylenoxid fallen bei diesem Verfahren ca. 1,8 Tonnen Styrol als Koppelprodukt an.

In der Iso-Butan-Variante wird Iso-Butan durch Oxidation in Tert-Butylhydroperoxid überführt, das mit Propen zu Propylenoxid und Tert-Butanol reagiert. Das Tert-Butanol kann anschließend durch Dehydratisierung in Iso-Buten und dieses mit Wasserstoff wieder in Iso-Butan zurückgeführt werden.

HPPO-Verfahren

Bei diesem der Prileschajew-Reaktion ähnlichen Verfahren erfolgt die Umsetzung des Propylens mit Wasserstoffperoxid (engl. Kürzel HP):

 

Da als einziges Nebenprodukt Wasser entsteht, gilt dieses Verfahren als besonders wirtschaftlich und umweltfreundlich. Es benötigt eine vorgeschaltete Anlage zur Herstellung von Wasserstoffperoxid, aber muss im Gegensatz zu den anderen Verfahren keine Infrastruktur oder Märkte für Nebenprodukte aufweisen. Die koreanische SKC hat in Ulsan (Südkorea) im Jahr 2008 die weltweit erste großtechnische Anlage zur Herstellung für Propylenoxid nach dem Evonik/Uhde-HPPO-Verfahren in Betrieb genommen.[5] Die Anlage hat eine Kapazität von 100.000 Tonnen jährlich. Eine weitere, deutlich größere Anlage, die ein ähnliches Verfahren nutzt, wurde 2008 in Antwerpen errichtet und wird gemeinsam von BASF und Dow Chemical betrieben.[6]

Enantiomerenreines Propylenoxid

Die Synthese der Propylenoxidenantiomeren geht vom (R)- bzw. (S)-Alanin aus. Dieses wird zunächst unter Retention mit Natriumnitrit und Salzsäure zur 2-Chlorpropionsäure umgesetzt. Nach Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid zum Alkohol und Ringschluss mittels Natriumhydroxid unter Inversion werden das (S)- bzw. (R)-Propylenoxid erhalten.[7]

Reaktivität

Propylenoxid neigt weniger stark zur Selbstpolymerisation als Ethylenoxid, eine solche kann jedoch von Katalysatoren wie den Salzen Aluminium-, Eisen- oder Zinnchlorid, sowie Basen, Säuren und Alkalimetallen initiiert werden und explosionsartig erfolgen. Propylenoxid gleicht im Reaktionsverhalten dem Ethylenoxid, daher auch der Name Methyloxiran. Mit Wasser erfolgt in der Kälte langsame, bei hohen Temperaturen von 200–220 °C rasche Hydrolyse zu 1,2-Propandiol (Propylenglycol); dies wird zur großtechnischen Synthese von 1,2-Propandiol ausgenutzt.

Toxizität

Propylenoxid hat sich in Tierversuchen als karzinogen (krebserregend) und mutagen (erbgutverändernd) erwiesen. Der auch akut gesundheitsschädliche Stoff reizt Haut, Augen und Atemwege, seine Dämpfe wirken narkotisch; zu einer gesundheitsschädlichen Kontamination der Luft kann es bereits bei Temperaturen um 20 °C kommen. Seine Aufnahme kann oral, pulmonal oder perkutan, also über die Haut, erfolgen. Bei kontinuierlicher oder wiederholter Exposition kann es zur Sensibilisierung kommen. Als Meeresschadstoff ist die Substanz in die Wassergefährdungsklasse 3 eingeordnet.

Tierversuche zeigen, dass das Einatmen von Propylenoxid bis zu einer Konzentration von 150 ppm keinerlei nachweisbare Auswirkung hat. Bei wiederholtem Kontakt der Tiere mit dem Stoff kam es zur Depression des ZNS und Augen- und Atemwegsreizung. Da die Geruchsschwelle in der Luft zwischen 100 und 350 ppm, die maximal zulässige Arbeitsplatzkonzentration jedoch bei nur 2,5 ppm liegt, kann der charakteristische Geruch des Stoffes nicht als Indikator für Propylenoxid verwandt werden.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Eintrag zu CAS-Nr. 75-56-9 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich)
  2. Eintrag in der SVHC-Liste der Europäischen Chemikalienagentur
  3. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-24.
  4. CEH report Propylene Oxide
  5. Weltweit erste HPPO-Anlage nach Lizenz von Evonik und Uhde bei SKC, Korea, erfolgreich in Betrieb genommen
  6. BASF, Dow und Solvay setzen neue innovative HPPO-Technologie in Antwerpen ein (PDF; 23 kB)
  7. V. Schurig, B. Koppenhofer, W. Bürkle: Korrelation der absoluten Konfiguration chiraler Epoxide durch Komplexierungschromatographie; Synthese und Enantiomerenreinheit von (+)- und (−)-1,2-Epoxypropan in Angew. Chem. 90 (1978) 993–995.

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