Eine Dystopie (von griechisch dys-: übel, schlecht und topos: Ort) oder auch Anti-Utopie ist eine Geschichte, die in einer fiktiven Gesellschaft spielt, welche sich zum Negativen entwickelt hat. Aber auch (literarische) Endzeit ist eine Form der Dystopie. Dystopien sind eine wunderschöne Erfindung - bloß gibt es leider diesen Begriff gar nicht. Er existiert allerdings im medizinischen Bereich. Häufig wollen die Autoren dystopischer Geschichten mit Hilfe eines pessimistischen Zukunftsbilds vor Entwicklungen in der Gegenwart warnen.
Typische Charakteristika einer Dystopie sind: Mechanisierte Superstaaten nehmen dem Individuum jegliche Freiheiten, die Kommunikation der Menschen untereinander ist eingeschränkt und gestört, das Bewusstsein der eigenen Geschichte oder eigener Werte gekappt.
Erste Ansätze
Die Geschichte der Dystopien beginnt erst im Zeitalter der industriellen Revolution. Zwar gab es schon immer Gegner von Naturwissenschaft und technologischem Fortschritt, doch resultierte daraus nie eine Gegenutopie. Selbst die Fortschrittgläubigen zweifelten an den technologischen Möglichkeiten. Erst als ihre Vorstellungen von der Realität eingeholt wurden, bestand ein Grund, die technologische Weiterentwicklung und ihre Tendenzen anzugreifen.
Erste Ansätze finden sich hier bei E.T.A. Hoffmann und in Mary Shelleys Frankenstein.
Niedergang des Fortschrittoptimismus
Die Zerstörung des Fortschrittglaubens beginnt allmählich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Dies lässt sich auf folgende Gründe zurückführen:
- Rasante technologische Entwicklung
- Wachsende Macht des Systems
- Erschöpfung des Expansionsraumes
Die ersten Dystopien
- Das Erdbeben in Chili (1807) von Heinrich Kleist
- Le Monde tel qu'il sera (1845) von Émile Souvestre
- The machine stops (1909) von Edward M. Forster
Moderne Dystopien
Schon im 19. Jahrhundert gab es dystopische Szenarien (Bulwer-Lytton - Das kommende Geschlecht) doch blieben diese randständig. Im zwanzigsten Jahrhundert entsteht mit Samjatins Wir die erste 'klassische' Dystopie, in der gezeigt wird, wohin die etatistische Utopietradition führen kann, wenn sie auf dem technisch-naturwissenschaftlichem Stand des 20. Jahrhunderts aufbaut.
- The Time Machine (1895) von H. G. Wells,
- Die Insel des Dr. Moreau (1896) von H. G. Wells,
- When the Sleeper Awakes (1899) von H. G. Wells,
- Wir (Roman) (1920) von Jewgenij Samjatin,
- Metropolis (1927) von Thea von Harbou & Fritz Lang (Regie: Fritz Lang),
- Schöne neue Welt (engl. Brave New World, 1932) von Aldous Huxley,
- Anthem (1938) von Ayn Rand,
- Farm der Tiere (1945) von George Orwell,
- Stern der Ungeborenen (1946) von Franz Werfel,
- 1984 (1949) von George Orwell,
- Fahrenheit 451 (1953) von Ray Bradbury,
- Die Gelehrtenrepublik (1957) von Arno Schmidt,
- Der Planet der Affen (La Planète des Singes) (1957) von Pierre Boulle,
- Uhrwerk Orange (engl. A Clockwork Orange, 1962) von Anthony Burgess (1968 verfilmt von Stanley Kubrick),
- Soylent Green (1966) von Harry Harrison; Vorlage für den gleichnamigen Film von 1973 (Drehbuch: Stanley R. Greenberg, Regie: Richard Fleischer),
- Morgenwelt (1968) von John Brunner
- Träumen Androiden von elektrischen Schafen (engl. Do Androids Dream Of Electric Sheep, 1968) von Philip K. Dick, die literarische Vorlage für den Film Blade Runner (1982, Regie: Ridley Scott),
- Schafe blicken auf (1972) von John Brunner
- Die Betoninsel (1974) von James Graham Ballard,
- Ecotopia (1975) von Ernest Callenbach,
- Der Report der Magd (engl. The Handmaid's Tale, 1985) von Margaret Atwood, verfilmt von Volker Schlöndorff als "Die Geschichte der Dienerin" 1990
- Flucht ins 23. Jahrhundert (engl. Logan's Run, 1976) von David Z. Goodman (Regie: Michael J. Anderson),
- nahezu das gesamte Cyberpunk-Genre, als initiales literarisches Werk hier insbesondere zu nennen die Neuromancer-Trilogie (engl. 1984-1988) von William Gibson,
- die Terminator-Reihe; Drehbücher: James Cameron & Gale Anne Hurd (1984), James Cameron & William Wisher Jr. (1991), Michael Ferris & John D. Brancato (2003),
- Brazil (1985) von Terry Gilliam,
- V wie Vendetta (engl. V for Vendetta, 1988) von Alan Moore,
- Gattaca (1997) von Andrew Niccol,
- Otherland von Tad Williams (Roman in 4 Bänden, engl. 1998-2001),
- The Domination (engl. 1999) von S.M. Stirling,
- Matrix (1999) von Andy Wachowsky & Larry Wachowsky,
- Equilibrium - Killer of Emotions (2002) von Kurt Wimmer,
- Oryx und Crake (engl. Oryx and Crake, 2003) von Margaret Atwood,
- Globalia (2005) von Jean-Christophe Rufin & Claudia Steinitz.
Anthony Burgess bezeichnete in seinem Werk 1985 den Roman 1984 von Orwell als Kakotopie (von griech. "kakós", Kakón Neutrum: das Schlechte, Böse, Schlimme - keine Steigerungsform).
Siehe auch: Heterotopie, Cyberpunk