Emil Kläger

österreichischer Journalist
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 31. Januar 2006 um 02:39 Uhr durch Stefan h (Diskussion | Beiträge) (pd). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Emil Kläger (* 1880; † 1936) war ein österreichischer Journalist. Er arbeitete als Feuilletonist und Gerichtsberichterstatter für das Neue Wiener Journal und die Neue Freie Presse. Bekannt wurde er unter anderem für seine ausführlichen und detaillierten Sozialreportagen über Obdachlose und Strotter sowohl in der Wiener Kanalisation als auch darüber. Doch auch im Aufsehen erregenden, da anhaltspunktlosen, Wiener Mordprozess gegen den bekannten Fotografen Philippe Halsmann machte er als einer der prominenten Fürsprecher durch journalistischen Beistand von sich reden.

Gemeinsam mit dem Gerichtssekretär und Fotografen Hermann Drawe machte er sich 1904, zwei Jahre nach Max Winter, vorsichtshalber auch mit Schlagring und Revolver bewaffnet, auf die Suche nach den „Verstoßenen der Großstadt“, deren menschenunwürdiges Dasein sie dokumentieren wollten. Zu diesem Zweck begaben sie sich zunächst in einen der beiden Hauptsammelkanäle, die beidseitg entlang des Donaukanals verliefen.

Er konnte das Vertrauen einiger der Strotter und Obdachlosen der Wiener Kanalisation gewinnen, was die Grundvoraussetzung für seine Reportagen und Texte war, welche zu den ersten empirischen Systematiken dieses Jahrhunderts zum Thema Wohnungslosigkeit zählen sollten, da er darin durch sein detailgetreu dokumentiertes qualitativ-methodisches Vorgehen auch zentrale forschungspraktische Problematiken aufdeckt. Durch dieses Vorgehen setzte er Standards, die selbst in neueren qualitativen Studien zum Thema Wohnungslosigkeit nicht leicht zu erreichen sind.

Von seinen Erkenntnissen berichtete er von 1904 bis 1908 in Lichtbilder-Vorträgen, die aufgrund des großen Interesses über 300 Mal wiederholt wurden und rund 60.000 Besucher verzeichneten, an der Wiener Urania, für welche später auch ein auf Klägers Reportagen basierender Dokumentarfilm mit dem Titel „Nachtstück aus dem Leben der Vaganten, der Entgleisten und Gestürzten“ produziert wurde, der im Juni 1920 in die Wiener Kinos kam. Die Beschreibung dieser Vorführungen, die „Durch die Wiener Quartiere des Elends und Verbrechens“ lautete, wurde später auch zum Namen für sein Buch darüber, welches 1908 in einer für solche Themen vergleichsweise hohen Erstauflage von 10.000 Stück erschien, über die Stadtgrenzen hinaus bekannt wurde, und auch ins Russische und Französische übersetzt wurde. Das Buch beeinflusste sogar die Neugestaltung des Strafrechts im Jahre 1912. Er berichtet darin unter anderem auch über „Quartiere im Wienkanal“, von welchen die „Zwingburg“ unter dem Wiener Schwarzenbergplatz als besonders herausragend zu bezeichnen war. Der Name rührte nicht zuletzt daher, dass sie nur durch ein Brett, welches über einen Kanal gelegt werden musste und jederzeit eingezogen werden konnte, zu erreichen war. So konnte selbst die Polizei von ihrem Eindringen abgehalten werden. Zudem verfügte die „Zwingburg“ über mehrere „Ausgänge“ - sprich: Kanäle.

Ebenfalls von Kläger ausführlich begutachtet wurde das in dieser Zeit neu errichtete Männerwohnheim in der Meldemannstraße in Wien-Brigittenau, wo später auch der obdachlose Hitler Unterkunft fand. Er lobte die Küche als „gutbürgerlich“ und „lockend billig“. Ein „tüchtiger Schweinsbraten“ kostete nur 19 Kreuzer und ein komplettes Mittagsmahl war laut Kläger schon um 23 Kreuzer, eine Suppe mit Einlage um 4 Kreuzer zu erhalten.

Werke

  • Durch die Wiener Quartiere des Elends und Verbrechers: ein Wanderbuch aus dem Jenseits. K. Mitschke, Wien 1908 (179 S., mit einem Vorwort von Friedrich Umlauft)
  • Legenden und Märchen unserer Zeit. A. Wolf, Leipzig 1917 (135 S.)
  • Von Kleidern und Liebe: Gespräche, Briefe und Geschichten. A.Wolf, Leipzig 1917 (91 S.)
  • Das Menschenschutzgesetz: Aufruf und Entwurf. Manz, Wien 1935 (78 S.)