Mit Schattenkraftwerken werden regelbare Kraftwerke bezeichnet, die bereitstehen um Energiebedarf durch Ausfall eines Energieerzeugers im elektrischen Stromnetz zu decken. Kurzfristig wird ein Ausfall durch Spitzenlastkraftwerke gedeckt.
Üblicherweise steht der Begriff Schattenkraftwerk für die so genannte "heisse Reserve", das sind konventionelle Kraftwerke im permanenten Betrieb, welche mit geringerer Leistung arbeiten als sie nach konstruktiver Ausgelegung könnten (Teillast). Im Bedarfsfall können diese Kraftwerke dann bis auf Vollast hochgefahren werden. Teillastbetrieb bedingt zwar einen geringeren Wirkungsgrad und somit höhere Kosten und eine schlechtere Umweltbilanz, bei den dafür überwiegend eingesetzten Mittellastkraftwerken beträgt die Veränderung des Wirkungsgrads allerdings nur wenige Prozentpunkte.
Daneben gibt es die "kalte Reserve" welche überwiegend im jahreszeitlichen Verlauf zum Tragen kommt.
Die Verwendung des Begriffs
Der Begriff Schattenkraftwerk ist keine offizielle Bezeichnung aus der Energietechnik; er wird überwiegend von Kritikern der Wind- und Solarenergie (Photovoltaik) benutzt und beschreibt im Prinzip die zum Ausgleich von Schwankungen der eingespeisten Leistung notwendige Regelenergie.
Die Diskussion um den Begriff
Die Diskussion um Schattenkraftwerke konzentriert sich auf die Frage ob und in welchem Umfang Regelenergie für den Einsatz von Wind- und Solarenergie (Photovoltaik) vorgehalten werden muß.
Kraftwerksbedarf
Die Kritiker von Wind- und Solarenergie behaupten, es müsse für einen Großteil der installierten Leistung aus Wind- und Solarkraftwerken die gleichwertige Leistung aus nicht schwankungsbehafteten, konventionellen Kraftwerken bereitstehen. Teilweise wird sogar von Neubauten konventioneller Kraftwerke gesprochen.
Diese Aussage ist widerlegt, da aufgrund der sehr guten Voraussagetechniken bei Bedarf wie auch bei Angebot ca. 90 % der Schwankungen eben durch günstige Mittellastkraftwerke innerhalb deren Regelungsträgheit gedeckt werden können. Da Wind- und Solarenergie gerade bei hohem Bedarf, also tagsüber (Mittagsspitze), die meiste Energie liefern, liegen sie im realen Bedarfsprofil des Stromnetzes, und können Mittellast- und Spitzenlastkraftwerke unterstützen. Die Energiemenge aus erneuerbaren Energien muss zudem nicht mehr konventionell erzeugt werden, dadurch wird Kraftwerkskapazität frei. Darüber hinaus stellen erneuerbaren Energien bei gutem Ausbau eine "gesicherte Leistung" zur Verfügung, welche Kraftwerksleistung langfristig ganz ersetzen kann. Zu diesen Ergebnissen kommt die Dena-Netzstudie.
Wirkungsgrad
Der Einfluß des Wirkungsgradverlusts von unter Teillast arbeitenden fossilen Kraftwerken, die zur Regelung verwendet werden, kann durch zwei prinzipielle Beispiele erläutert werden. Dabei zeigt sich, dass durch den Einsatz von Solar- und Windenergie nicht mehr, sondern insgesamt deutlich weniger konventionelle Primärenergie benötigt wird.
Beispiel 1
Gegeben sei ein konventionelles Kraftwerk welches mit 1.000 MW Volllast bei einem Wirkungsgrad von 40 % arbeitet. Der aktuelle Strombedarf beträgt ebenfalls 1.000 MW. Gleichzeitig möge gerade keine Leistung aus Sonnen- und Windenergie anfallen. In diesem Szenario (I) sind 2.500 MW Primärenergie (z. B. aus Kohle) für die Erbringung der elektrischen Leistung nötig. Kommen nun 200 MW Leistung aus Sonnen- und Windenergie ins Netz hinzu, muss das konventionelle Kraftwerk um eben diese 200 MW heruntergefahren werden, da die Leistung aus Solar- und Windkraftwerken aufgrund gesetzlicher Vorgaben in jedem Fall abgenommen werden muß, egal ob gerade Bedarf dafür besteht oder nicht. Da im Stromnetz aber immer genau so viel Strom erzeugt werden muß wie gerade abgenommen wird, muß jederzeit abregelbare (oder aufnehmende) Kapazität bereitstehen. In dieser Betriebsart (II) weist das Kraftwerk einen niedrigeren Wirkungsgrad von 38 % auf und benötigt 2.100 MW aus Primärenergie für die 800 MW Leistung. Die Primärenergie in Form von Sonne und Wind muss nicht betrachtet werden, da sie aufwandsfrei und kostenlos zur Verfügung steht. Nun ergibt sich durch 200 MW aus erneuerbaren Energien eine Einsparung von 400 MW aus fossiler Primärenergie und den damit verbundenen CO2-Emissionen.
I | P elektrisch | Wirkungsgrad | P primär |
konventionell | 1.000 MW | 40 % | 2.500 MW |
regenerativ | 0 MW | - | - |
gesamt | 1.000 MW |
II | P elektrisch | Wirkungsgrad | P primär |
konventionell | 800 MW | 38 % | 2.100 MW |
regenerativ | 200 MW | - | - |
gesamt | 1.000 MW | ||
Einsparung: | 400 MW |
Dieses Szenario zeigt den Fall in dem Strom aus Sonnen- und Windenergie ungeplant ansteht, und der Verbrauch nicht im gleichen Maß zunimmt, so daß ein anderes Kraftwerk gedrosselt werden muß um dem gesetzlichen Abnahmezwang nachzukommen. Die Einsparung fällt durch den im Teillastbetrieb schlechteren Wirkungsgrad des zur Regelung eingesetzten Kraftwerks mit 100 MW um 20% geringer aus, als sich über das Verhältnis von Leistungsabgabe zu Primärenergieverbrauch des Regelkraftwerks im Vollastbetrieb ergibt.
Beispiel 2
Ein anderes, mögliches Szenario (III) wäre ein steigender Bedarf um 200 MW auf 1.200 MW, z.B. zur Mittagszeit. Da das Kraftwerk bereits mit Vollast arbeitet, müsste diese Energie ohne erneuerbare Energien von einem Spitzenlastkraftwerk bezogen werden. Stehen diese 200 MW aus Sonnen- und Windenergie zur Verfügung (IV), ergibt sich eine Einsparung von 570 MW aus Primärenergie.
III | P elektrisch | Wirkungsgrad | P primär |
konventionell | 1.000 MW | 40 % | 2.500 MW |
+ Spitzenlast | 200 MW | 35 % | 570 MW |
regenerativ | 0 MW | - | - |
gesamt | 1.200 MW | 3.070 MW |
IV | P elektrisch | Wirkungsgrad | P primär |
konventionell | 1.000 MW | 40 % | 2.500 MW |
regenerativ | 200 MW | - | - |
gesamt | 1.200 MW | ||
Einsparung: | 570 MW |
Dieses Szenario zeigt eine Kompensation einer Lastspitze durch gerade ansteigende Solar- und Windstromerzeugung. Hier zeigt sich, dass immer dann (aber auch NUR dann) wenn die Leistung aus Sonnen- und Windenergie innerhalb ihrer Schwankung bedarfsgerecht oder geplant anfällt, die volle Einsparung für Volllastwirkungsgrad eintritt.
Schwankung
Weiterhin argumentieren Befürworter von Wind- und Solarenergie, dass sich die Schwankungen von Wind- und Sonnenenergie durch die Mischung der beiden und deren großflächig verteilten Einsatz quasi ausgleichen. Rein statistisch betrachtet führt eine solche Mischung zu einer Abnahme der kombinierten Vorhersagbarkeit des Angebotes, ohne dass die Extreme im Angebot Beider wirklich auszuschließen wären, wiewohl sie statistisch unwahrscheinlicher werden. In die Betrachtung mit einzubeziehen ist allerdings das gegenläufige meteorologische Angebotsverhalten von Sonne und Wind und der sich daraus ergebende Kompensationseffekt. (Bei starkem Sonnenschein weht kaum Wind, bei starkem Wind scheint kaum Sonne). Im Interesse der Versorgungssicherheit muss dennoch eine gewisse Kapazität an Reserveenergie bereitstehen, um die Schwankungen abzufedern.
Die Diskussion um Schattenkraftwerke bezieht sich nicht auf alle erneuerbaren Energien, da insbesondere
- Wasserkraft
- Biogas
- Geothermie und
- Deponiegas
den o.g. Schwankungen nicht unterliegen. Gezeitenkraftwerke unterliegen zwar ebenfalls starken Schwankungen, bei ihnen sind die Schwankungen im Angebott jedoch äußerst exakt vorherzusagen und können schon beim Bau durch entsprechende andere Kapazitäten ausgeglichen werden.
Konkurrenzsituation
Die ins Stromnetz eingespeiste Energiemenge aus erneuerbaren Energien muss nicht mehr konventionell erzeugt werden, dadurch entstehen den etablierten Stromproduzenten Einnahmeverluste im Stromverkauf, die Investitions- und Betriebskosten für die konventionellen Kraftwerke bleiben allerdings weitgehend konstant. Eingespart werden zwar die Brennstoffkosten die für die äquivalente Strommenge nötig gewesen wäre, der Einnahmeverlust am Verkaufspreis des Stromes wird durch Einsparung im Einkaufspreis der Brennstoffe aber nicht ausgeglichen.
Schreitet der Zubau von erneuerbaren Energien weiter voran, bedeutet dies eine ernsthafte wirtschaftliche Bedrohung und den Verlust der Monopolstruktur für die Energieversorger. In Anbetracht dieser Situation ist deren ablehnende Haltung gegen erneuerbare Energien ebenso verständlich, wie die Lenkung der Diskussion um die Schattenkraftwerke in eine aus technischer Sicht nicht immer zutreffenden Richtung.