Schluckauf

reflektorische und periodische Kontraktion des Zwerchfells
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Klassifikation nach ICD-10
R06.6 Singultus
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Der Schluckauf (lateinisch singultus „Schluchzen, Röcheln“) ist eine kräftige, reflektorische und periodische Einatmungsbewegung (Kontraktion) des Zwerchfells, wobei jede Inspiration durch plötzlichen Stimmlippenverschluss unterbrochen wird. Dabei entsteht ein charakteristisches Einatmungsgeräusch, der Hickser. Der Zweck des Schluckaufs ist nicht bekannt, auch die zugrundeliegenden pathophysiologischen Mechanismen sind kaum bekannt.

Hörbeispiel eines menschlichen Schluckaufs

Ursachen

Ein Schluckauf kann beim Menschen sowohl harmlose als auch krankhafte Auslöser haben.

  • zumeist wird der Schluckauf durch vorübergehende Überdehnung des Magens, wie bei hastigem Essen, durch kohlensäurehaltige und kalte Getränke oder durch scharfes Essen ausgelöst.
  • vegetative Veränderungen, etwa bei Alkoholgenuss oder Erregungszuständen

Solche Formen dauern nur kurz an und verschwinden wieder von selber oder durch einfache Hausmittel.

Ein chronisch andauernder Schluckauf kann auch Ausdruck einer anderen zugrunde liegenden Erkrankung sein, wie bei:

Die Reihenfolge der Darstellung folgt nicht der Häufigkeit der Ursachen, sondern einer möglichen anatomisch-pathologischen Ordnung. Häufig haben chronische Schluckaufpatienten Erkrankungen des Magens, selten des Gehirns.

Oft auch lässt sich keine Ursache finden (idiopathischer Singultus) oder kausal behandeln.

Folgen des chronischen Schluckaufs

In besonders seltenen Fällen leiden Menschen unter chronischem Schluckauf, mitunter viele Jahre lang. Der längste ununterbrochene Schluckauf beim Menschen dauerte angeblich von 1922 bis 1990.[1] Ein solches Leiden bringt nicht nur körperliche Einschränkungen mit sich, sondern schlägt oft auch auf die Psyche (z.B. durch Depressionen) und kann bis zum Suizid führen. Auf körperlicher Ebene wird durch dauernden Schluckauf die Sauerstoffversorgung beeinträchtigt und es kommt zu Schlafstörungen.

Da mehr Männer von diesem Phänomen betroffen sind, wird von einem Zusammenhang mit den Sexualhormonen ausgegangen. In Deutschland betreut die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Patienten mit chronischem Schluckauf im Zentrum für Schmerztherapie und Palliativmedizin der Klinik für Anaesthesiologie.

Therapie

Es existieren viele Hausmittel gegen Schluckauf, die vorwiegend auf eine Beruhigung der Atmung und des Zwerchfells zielen. Beispielsweise soll es teilweise helfen, 30 Sekunden lang die Luft anzuhalten. Einige wenige Personen können sogar durch Konzentration auf die Atmung ihr Zwerchfell entspannen und somit den Schluckauf beenden. Viele Hausmittel haben auch etwas mit Aufmerksamkeit zu tun (Ablenkung, Erschrecktwerden) oder mit absichtlich erschwertem Schlucken (trocken schlucken [während des Luftanhaltens], gegen die Bauchmuskulatur schlucken oder kopfüber nach oben schlucken).
Die medizinische Fachliteratur erwähnt auch einige andere Behandlungsformen, neben pharmakologischen wie Cannabis,[2] auch Orgasmen[3], rektale Massage per Finger[4][5] oder die nasale Anwendung von Essig.[6] Aus dem japanischen Kappo, einer traditionellen Heilmethode, ist eine weitere Maßnahme überliefert, bei der man mit den Kleinfingerfäusten auf einen bestimmten Bereich des Nackens Druck ausübt.[7]
Medikamentös wird mit Protonenpumpenhemmern, Prokinetika, Sympathomimetika, Sedativa und Neuroleptika behandelt; früher mit Triflupromazin (wurde 2003 vom Markt genommen) oder Diazepam, heute oft mit dem Spasmolytikum Baclofen.

Traditionelle Erklärungsversuche

Wie beim Niesen (Sternution, Sternutation) etwas näher ausgeführt, sind (bzw. waren) auch mit dem Schluckauf allerlei traditionelle, abergläubische Vorstellungen verbunden, wie z. B., dass eine nicht anwesende Person an die in diesem Moment unter Schluckauf leidende Person denkt.[8]

Entwicklungsgeschichtliche Erklärungen

Atmung wird im Wesentlichen vom Hirnstamm zwischen Großhirn und Rückenmark gesteuert. Bei den Fischen reguliert er die rhythmischen Muskelbewegungen im nahe gelegenen Rachen und der Kiemen. Bei Säugetieren werden die Muskeln der Brustwand und des Zwerchfells vom Hirnstamm angesteuert. Hierzu haben sich lange Leitungsbahnen ausgebildet: der Vagus- und Phrenicusnerv. Der komplizierte Verlauf bedingt die Störanfälligkeit dieser Konstruktion. Alles, was die Funktion eines dieser Nerven beeinträchtigt, kann unkontrollierte Kontraktionen auslösen.

Der Mustergenerator, der im Hirnstamm für den Schluckauf verantwortlich ist, findet sich auch bei Kaulquappen und Lungenfischen; beide Tiere atmen über Lungen und Kiemen. Dieser Generator ist aktiv, wenn die Atmung über die Kiemen erfolgt. Das Wasser wird durch Maul, Rachen und Kiemen geleitet, darf aber nicht in die Lunge geraten. Das verhindert die Glottis (Epiglottis = Kehlkopfdeckel), ein Gewebedeckel, der dann die Luftröhre abdeckt. Das Schließen der Glottis bei Wasseratmung ist somit eine abgewandelte Form des Schluckaufs.[1] [9]

Bezeichnungen

In Österreich und auch in Deutschland (Bayern) wird Schluckauf umgangssprachlich manchmal als „Schnackerln“ (Mehrzahl oder Infinitiv von „Schnackerl“) oder „Schnackler“ (auch „Schnackerlstessen“) bezeichnet[10] („Er hat einen Schnackler“). In der Schweiz wird er umgangssprachlich als „Gluggsi“ oder „Hitzgi“ bezeichnet („Er hat den Hitzgi“). In Schwaben (Württemberg) und in Baden wird der Schluckauf als „Gluckser, Gluggser“ oder „Häcker, Hickser“ bezeichnet („Er hat den Gluckser / Gluggser / Häcker“), in Franken als „Hädscher“, in Schleswig-Holstein als „Hickop“ und in der Pfalz als „Schluggser“/„Schluckser“. Im Ruhrgebiet ist die Version „Hickeschlick“ und am Niederrhein „Hickepick“ gebräuchlich. Auch als „Schlucksen“ wird ein Schluckauf bezeichnet. Im schwäbischen Allgäu wird der Schluckauf mit „Hesch“ oder „Häsch“ bezeichnet. Im Gebiet vom Rhein sagt man „Schlicks“, im Westfälischen „Hicks“.

Darstellung in Romanen

In Roberto Bolaños Monsieur Pain (1999) stirbt César Vallejo am Dauerschluckauf. In Jonathan Lethems Chronic City (2009) überträgt sich der Schluckauf von einem Pitbull auf einen Menschen. Dessen innere Organe werden durch die vom dauerhaften Schluckauf hervorgerufenen Spasmen letal geschädigt. Monologe mit Schluckauf werden hier als „Hickolog“[11] bezeichnet. In Kurt Vonneguts Timequake (1997) führt eine u.a. als „Schluckauf“[12] bezeichnete Störung des Raum-Zeit-Kontinuums dazu, dass sich die Jahre 1991 bis 2001 unverändert wiederholen.

Literatur

  • Launois et al.: Hiccup in adults: an overview, In: European Respiratory Journal, 1993, S. 563–575, Abstract
  • Straus, C. et al.: A phylogenetic hypothesis for the origin of hiccough. In: BioEssays. 25. Jahrgang, Nr. 2, 2003, S. 182--188, doi:10.1002/bies.10224 (com.au [PDF]).
Wiktionary: Schluckauf – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. a b Neil Shubin, Der Fisch in uns, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2008, ISBN 978-3-10-072004-7
  2. Gilson, I et al., Marijuana for intractable hiccups, in: The Lancet, 1998 Jan 24;351(9098):267
  3. Peleg, R. et al., Case report: sexual intercourse as potential treatment for intractable hiccups., in: Can Fam Physician, 2000 Aug;46:1631-2, PMC 2144777 (freier Volltext)
  4. Fesmire, L. M., Termination of intractable hiccups with digital rectal massage, in: Annals of Emergency Medicine, 1988 Aug;17(8):872
  5. Odeh, M. et al., Termination of intractable hiccups with digital rectal massage, in: Journal of Internal Medicine, 1990 Feb;227(2):145-6. PMID 2299306
  6. Iwasaki, N. et al., Hiccup treated by administration of intranasal vinegar, in: No To Hattatsu, 2007 May;39(3):202-5. PMID 17515134
  7. http://kuatsu.net/kuatsu.html#02, Das Kuatsu-Netzwerk, entnommen am 30. Mai 2012.
  8. K. Spangenberg et al. (1966): Thüringisches Wörterbuch (Akademie-Vlg. Berlin), Lemma:Schluckauf.
  9. Straus, C. et al.: A phylogenetic hypothesis for the origin of hiccough. In: BioEssays. 25. Jahrgang, Nr. 2, 2003, S. 182--188, doi:10.1002/bies.10224 (com.au [PDF]).
  10. österr. Wörterbuch 35. Ausgabe 1979 „das Schnackerl, -s, der Schnackerl: kurze (wiederholte) krampfartige Zwerchfellbewegung; das Geräusch dabei“
  11. Jonathan Lethem, Chronic City. Tropen Verlag, Hamburg 2011, S. 446.
  12. Kurt Vonnegut, Zeitbeben. Goldmann Verlag, München 2000, S. 106.