Benutzer:Kassbohm/Mohr

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Mohrscher Kreis für 2D Spannungszustand

Der Mohrsche Kreis oder auch Mohrsche Spannungskreis, benannt nach Christian Otto Mohr, ist eine Möglichkeit, den 2D-Spannungszustand eines Teilchens zu visualisieren und damit zu veranschaulichen.

Dazu wird am Teilchen ein Freischnitt durchgeführt, wodurch der Schnittspannungsvektor auf der Schnittfläche sichtbar wird. Dieser Spannungsvektor wird zerlegt in seinen Anteil senkrecht zur Schnittfläche und seinen Anteil parallel zur Schnittfläche. Abhängig vom Winkel , unter dem geschnitten wird, lassen sich Paare berechnen und in ein Diagramm als Punkte einzeichnen. Die Menge aller Punkte ist der Mohrsche Kreis. An ihm lassen sich die Hauptspannungen und die größte Schubspannung ablesen. Außerdem kann man mit Hilfe des Mohrschen Kreises eine anschauliche Vorstellung von der Beanspruchung des Teilchens gewinnen.

Neben dem Cauchy-Spannungstensor können auch andere symmetrische Spannungstensoren mit dem Mohrschen Kreis visualisiert werden, z.B. der Verzerrungstensor. Und neben dem Mohrschen Kreis gibt es auch andere Verfahren zur Visualisierung symmetrischer Tensoren, z.B. Superquadriken oder Ellipsoide.

Schnittspannung

 
Teilchen mit Spannung  , Normalenvektor, Schnittspannungsvektor.
 
Schnitte auf den Koordinatenflächen für  
 
Parametrisierung: Zusammenhang zwischen   und   abhängig von  
 
  für 12 Schnittwinkel   am Beispiel  
 
Mohrscher Kreis für  , Winkel   Grad.
 
Konstruktion des Mohrschen Kreises für  :

Spannungstensor und Freischnitt

Der Spannungszustand an einem Teilchen ist festgelegt durch den Cauchy-Spannungstensor  , welcher meist als (2,0)-Tensor-Feld definiert wird. An einem Teilchen   und durch seine unmittelbare Umgebung lässt sich ein Freischnitt führen in beliebiger Richtung. An der entstandenen Schnittfläche lässt sich der Schnittspannungsvektor   berechnen. Der Zusammenhang zwischen dem Spannungstensor und dem Schnittspannungsvektor (traction vector)   ist:

 

wobei   ein Normalen-Einheitsvektor ist, der senkrecht auf der Schnittfläche steht und "nach außen" zeigt. Die Komponenten des Spannungsvektors   bezogen auf das kartesische Koordinatensystem   werden aus den Komponenten des Spannungstensors und denen des Normalenvektors mittels Matrizenmultiplikation bzw. nach der Summenkonvention berechnet als:

 

Wenn an einem Schnittufer   der Normalen-Einheitsvektor ist, ist am gegenüber liegenden Schnittufer   der Normalen-Einheitsvektor. Damit ist das Reaktionsprinzip mit der Definition des Spannungstensors von vorn herein erfüllt, denn:

 

Schnitte auf Koordinatenflächen

Die 4 möglichen Schnitte parallel zu den Koordinatenflächen   oder   sind im Bild rechts dargestellt. Hierbei sind positive Schnittufer grün und negative rot. Aus der Zeichnung liest man folgendes ab: Am positiven Schnittufer beim Schnitt bei  , d.h.   in Richtung   gilt:

 

Und beim Schnitt bei  , d.h.   in Richtung   gilt:

 

Und am negativen Schnittufer beim Schnitt bei   , d.h.   in Richtung   gilt:

 

Und beim Schnitt bei  , d.h.   in Richtung   gilt:

 

Die Komponenten des Spannungstensors haben also eine anschauliche Bedeutung: An den positiven Schnittufern (auf den Koordinatenflächen) sind die Komponenten des Spannungstensors zugleich die Komponenten des Schnittspannungsvektors. An den negativen Schnittufern sind die mit minus Eins multiplizierten Komponenten des Spannungstensors zugleich die Komponenten des Schnittspannungsvektors.

Parametrisierung der Schnittrichtung

Der Normalen-Einheitsvektor  , der die Schnittrichtung angibt, sei nun um den Winkel   gedreht. Im 2D lassen sich   und   in   parametrisieren. Mit den Abkürzungen:

 

sind die Komponenten der Einheitsvektoren   und   bezogen auf  :

 

  lässt sich damit in seine Anteile in Richtung   und in Richtung   zerlegen. Die Komponenten werden   und   genannt. Unter Verwendung von Additionstheoremen erhält man:

 

Dies sind die zwei Formeln, auf denen die Konstruktion des Mohrschen Kreises basiert:

 

Für das Beispiel:

 

sind diese Formeln im Bild rechts für 12 verschiedene Winkel ausgewertet. Die (m,n)-Komponenten des Schnittspannungsvektors,   und  , sind abhängig vom Schnittwinkel   berechnet und dargestellt. Dies ist nicht der Mohrsche Kreis, sondern allein eine Veranschaulichung der Formeln für   und  . Den Mohrschen Kreis erhält man, indem man   über   aufträgt. Indem man also ein Diagramm zeichnet, worin die Paare   als Punkte dargestellt sind. Dies wird im folgenden Abschnitt getan.

Mohrscher Kreis

Kreisgleichung

Den Parameter   kann man eliminieren, um eine Kreisgleichung zu erhalten, die   und   enthält. Dies erreicht man durch Umstellen und Addieren der Gleichungen. Zuerst Umstellen:

 

Addieren der Gleichungen liefert die Kreisgleichung:

 


Paare  , die diese Gleichung erfüllen, liegen auf dem Mohrschen Kreis wie rechts dargestellt. Wie oben gezeigt wurde, gilt:

 

so dass man auch schreiben kann:

 

Der Mittelpunkt des Mohrschen Kreises ist also bei

 

Und der Radius des Mohrschen Kreises ist

 


Hauptspannungen

Die Hauptspannungen lassen sich aus dem Mohrschen Kreis ablesen. Denn die charakteristische Gleichung führt auf:

 

so dass man die Hauptspannungen als Schnittpunkte des Kreises mit der  -Achse abliest. Für das konkrete Beispiel ergeben sich die Hauptspannungen:

 

Hauptspannungsrichtungen

Hauptspannungsrichtungen sind Schnittrichtungen, für die   bzw. für die   parallel zum Normalenvektor   ist. Der zu   gehörende Eigenvektor   ist Lösung von:

Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle \begin{align} \begin{bmatrix} \sigma_{xx} - \lambda_1 & \tau_{xy} \\ \tau_{xy} & \sigma_{yy} - \lambda_1 \\ \end{bmatrix} \begin{bmatrix} v_{1_x} \\ v_{1_y} \end{bmatrix} &=0 \\ \begin{bmatrix} -1-7 & 4 \\ 4 & 5-7 \\ \end{bmatrix} \begin{bmatrix} v_{1_x} \\ v_{1_y} \end{bmatrix} &=0 \\ \begin{bmatrix} v_{1_x} \\ v_{1_y} \end{bmatrix} &= \alpha \begin{bmatrix} 1 \\ 2 \end{bmatrix} \end{align} }

Die Hauptspannungsrichtung für   ergibt sich entsprechend zu:

 

Konstruktion und Auswertung

Die Konstruktion des Mohrschen Kreises geschieht nach folgendem Schema:

  1. Zeichnen eines kart. Koordinatensystems für Punkte  .
  2. Eintragen von A Fehler beim Parsen (Konvertierungsfehler. Der Server („/media/api/rest_“) hat berichtet: „Cannot get mml. upstream connect error or disconnect/reset before headers. reset reason: connection termination“): {\displaystyle =(t_{n0},t_{m0})=(\sigma _{xx},\tau _{xy})} und B  
  3. A und B verbinden. Der Schnittpunkt der Geraden mit der  -Achse ist der Mittelpunkt des Kreises.
  4. Verbinden der zwei Schnittpunkte des Kreises mit der Horizontalen bei   und bei   mit dem Punkt A (rote und blaue Gerade).

Folgende Größen lassen sich grafisch ermitteln:

  • Hauptspannungen: Die Schnittpunkte des Kreises mit der Horizontalen sind die Hauptspannungen  . Die (n,m)-Komponenten der Spannungsvektoren sind dort   bzw.  .
  • Schnittrichtung / Schnittspannung: Jeder Punkt auf dem Kreis entspricht einer Schnittrichtung/Schnittfläche  . Die (m,n)-Komponenten des Spannungsvektors auf dieser Schnittfläche, also  , sind gerade die "Koordinaten" des jeweiligen Punktes. In der Skizze rechts ist der Schnittwinkel farblich gekennzeichnet. Bei A ist er 0 Grad, bei B ist er 90 Grad. Und bei weiterer Zählung im Uhrzeigersinn gelangt man erneut zu A bei Schnittwinkel 180 Grad. Der zu einem beliebigen Punkt passende Winkel kann auf dem Kreisbogen linear interpoliert werden. Man liest die Schnittrichtung für einen Punkt also ab als die Hälfte des Winkels, den der Sektor zwischen A und dem Punkt einnimmt.
  • Hauptspannungsrichtungen: Die Hauptspannungsrichtungen sind die Schnittwinkel  , bei denen man zu den Punkten   bzw.   gelangt. Diese Winkel kann man durch die Halbierung des blau bzw. rot dargestellten Sektors ermitteln (blauer und roter Pfeil). Die Verbindungslinien zwischen A und   (rote Gerade) bzw.   (blaue Gerade) sind parallel zu diesen Vektoren und daher ebenfalls die Hauptspannungsrichtungen, d.h. Geraden parallel zu den Eigenvektoren   bzw.  .
  • Größte Schubspannung: Der Radius des Kreises entspricht betragsmäßig der größten auftretenden Schubspannung. Der Winkel, unter dem diese Schubspannung auftritt, kann abgelesen werden.

Verwandte Themen

Multilineare Abbildung

Der Spannungstensor ist eine Multilineare Abbildung derart, dass:

 

Dies ist äquivalent zu den Gleichungen für   und  .

Koordinatenwechsel / Pushforward

Die Berechnung von   und   nach kann auch betrachtet werden als Koordinatenwechsel von den Koordinaten   auf die Koordinaten  . Hierbei ändern sich die Komponenten des Spannungstensors gemäß dem Pushforward für einen (2,0)-Tensor, nämlich:

 

wobei im vorliegenden Fall das Differential des Koordinatenwechsels gerade die Drehmatrix   ist, so dass:

 

wobei als Abkürzungen verwendet wurden:

 

Vergleich mit den Gleichungen für   und   liefert:

 

D.h. die Komponenten des Schnittspannungsvektors   und   sind auch die transformierten Komponenten des Spannungstensors.

Literatur

Bücher und Artikel

Verschiedenes