Evangelische Kirche (Queckborn)

Kirchengebäude in Queckborn
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Die Evangelische Kirche in Queckborn, einem Stadtteil von Grünberg im Landkreis Gießen (Mittelhessen), ist eine romanische Saalkirche mit eingezogenem Rechteckchor. Sie geht in den ältesten Teilen auf das ausgehende 11. Jahrhundert zurück und erhielt ihre heutige Gestalt im 15. Jahrhundert. Mit ihrem zweigeschossigen barocken Dachreiter prägt die Kirche das Ortsbild und ist hessisches Kulturdenkmal.[1]

Geschichte

Die im 11. Jahrhundert errichtete Kirche gehörte zu Grünberg. Dass die von Strebekotz die Kirche erbauten und sie der Rittersaal ihrer Burg gewesen sei, gilt heute als widerlegt, da die Kirche älter ist. Die von Strebekotz werden nach 1414 erstmals erwähnt. Zudem sprechen die Verspannfundamente unter dem Chorbogen für eine sakrale Verwendung des Gebäudes von Anfang an. Eine Verwendung der Kirche als Burgkapelle kann indes nicht ausgeschlossen werden.[2] Ein Priester wird im Jahr 1224 und ein Pleban 1374 genannt. Im 15. Jahrhundert gehörte Queckborn kirchlich zum Archidiakonat St. Johann in der Erzdiözese Mainz. Mit Einführung der Reformation wechselte die Kirchengemeinde zum evangelischen Bekenntnis; als erster lutherischer Pfarrer wirkte hier Vulpertus ab 1536. Im Jahr 1550 wurde Lauter eine Filiale der Queckborner Pfarrkirche.[3]

1728 war die Kirche durch Schäden besonders am Dachreiter baufällig geworden, sodass er „dergestalten baufällig und ruinos geworden, daß man ohne Leib- und Lebensgefahr in der Kirche nicht mehr wohl seyn konnte, solcher auch endlich gar einfallen und die Kirche einschmeißen dörfte“.[4] Der Dachreiter wurde daraufhin im Jahr 1730 vollständig erneuert. In den Jahren 1837 bis 1839 erfolgte eine Außen- und Innensanierung, bei der die West- und Nordwand zumindest teilweise neu aufgeführt wurden und ein neues Westportal und die beiden Nordfenster entstanden.[5] Die gotischen Fenster verloren ihr Maßwerk.[6] Zudem wurde das Innere im Stil des Spätklassizismus umgestaltet, der Chorbogen entfernt und die Orgel von der Westempore auf die Chorempore umgesetzt. Zu diesem Zweck musste die Chordecke angehoben werden. In den Chorpfeiler wurde ein Grabstein mit Relief als Spolie eingelassen, der Fußboden mit neuen Sandsteinplatten belegt und Gestühl, Emporen, Treppen und Kanzel samt Pfarrstuhl erneuert.[4] 1968 wurde das Schiff nach Norden hin erweitert und die Nordempore und das Gestühl erneuert. Die Einweihung eines Gemeindehauses erfolgte im Jahr 2005.[7]

Architektur

Die geostete Saalkirche ist erhöht im Ortskern aus verputztem Basalt-Bruchsteinmauerwerk mit Eckquaderung aus Sandstein errichtet. Ein Satteldach mit durchgehendem First verbindet das Schiff mit dem schmaleren Chor. Der Fischgrätenverband im nördlichen Chorwand und die beiden hochsitzenden kleinen romanischen Rundbogenfenster (0,26 Meter × 0,85 Meter) in der Südwand des Langhauses weisen auf eine Entstehung im 11. Jahrhundert.[8] Eine Sakristei aus gotischer Zeit wurde später abgebrochen.

Das Kirchenschiff hat an der Südseite zwei sekundär vermauerte unterschiedlich große rundbogige Portale aus zwei verschiedenen Umbauten im 13. Jahrhundert. Die zwei spitzbogigen Fenster in der Südwand vom Schiff (0,80 Meter × 2,05 Meter) und das Spitzbogenfenster in der Südwand des Chors (0,73 Meter × 2,00 Meter) stammen aus dem 15. Jahrhundert. Das östliche Chorfenster (0,45 Meter × 1,20 Meter) hat heute einen geraden Sturz. Das Schiff wird durch zwei rechteckige Türen erschlossen. Die Südtür wurde im Jahr 1730 geschaffen, die zwei großen rundbogigen Nordfenster und das Westportal 1837. Ein altes Schlitzfenster im Westgiebel spricht gegen eine vollständige Erneuerung von Nord- und Westwand im 19. Jahrhundert.[9] Der zweigeschossige, verschieferte barocke Dachreiter von 1730 ist mittig aufgesetzt. Über dem achtseitigen Schaft leitet ein Pultdach zur kleineren Glockenstube über. Die welsche Haube wird von Turmkanuf, Kreuz und Wetterhahn bekrönt. Das Kehlbalkendachwerk ist mittelalterlich, wie eine dendrochronologische Untersuchung am 17. September 2001 ergeben hat, die das Jahr 1222 als Fällungsdatum ergab. Möglichweise handelt es sich um das zweite Dachwerk, nachdem das erste abgebrannt war.[10]

Innenausstattung

Der Innenraum wird von einer kassettierten Flachdecke mit Unterzug abgeschlossen. Die drei achtseitigen gotischen Holzstützen mit Bügen datieren aus dem 15. Jahrhundert. Die Verkleidungen im Stil der Renaissance und die Arkaden, die die Bügen verdecken, stammen aus den Jahren 1837–1839.[11] Oben am südlichen Chorpfeiler sind zwei gegenüberstehende Pferde wohl aus Resten eines Grabsteins angebracht.[12]

Der Altar wird von einer Platte mit Weihekreuzen über Schräge bedeckt.[13] Schreiner Horner schuf 1951 die polygonale Kanzel, die am südlichen Chorpfeiler aufgestellt ist.

Eine Orgel aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde 1873 ersetzt. Johann Georg Förster schuf ein einmanualiges Instrument. Die seitenspielige Orgel verfügt über acht Register auf mechanischen Schleifladen. Ein zweites Pedalregister wurde nicht ausgeführt. Die Disposition lautet wie folgt:[14]

I Manual C–f3
Geigenprincipal 8′
Gedackt 8′
Salicional 8′
Octave 4′
Gedacktflöte 4′
Quinte 3′
Octave 2′
Pedal C–d1
Subbass 16′

Glocke

Der Dachreiter beherbergt ein Zweiergeläut. Die ältere Glocke (0,70 Meter Durchmesser) wurde 1763 von Henschel gegossen. Ihre Inschrift lauten oben „I G BUFF PASTOR 1763 GOS I P HENSCHEL IN GISEN“ und unten „I GEENERT G R S H HIRTZ B SCHEID NICOLAUS SCHMITT“. Eine große Glocke von 1888 wurde 1917 abgeliefert und für Rüstungszwecke eingeschmolzen. Die Gemeinde schaffte 1921 als Ersatz eine neue Glocke der Firma Rincker an (0,88 Meter Durchmesser), die 1941 dasselbe Schicksal erlitt. Die Firma Bachert aus Heilbronn goss 1949 eine neue Glocke, die die Inschrift trägt: „1605 – 1888 – 1921 – 1949. Ev. Gemeinde Queckborn. Ein feste Burg ist unser Gott.“[15]

Literatur

  • Chronikausschuss 900 Jahre Queckborn (Hrsg.): 900 Jahre Queckborn. Geschichte und Geschichten. Druckhaus Bechstein, Wetzlar 2008, S. 54–57, 310–312, 345–358.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Hessen I. Regierungsbezirke Gießen und Kassel. Bearbeitet von Folkhard Cremer, Tobias Michael Wolf und anderen. Deutscher Kunstverlag, München / Berlin 2008, ISBN 978-3-422-03092-3, S. 750.
  • Wilhelm Diehl: Baubuch für die evangelischen Pfarreien der Souveränitätslande und der acquirierten Gebiete Darmstadts. (Hassia sacra; 8). Selbstverlag, Darmstadt 1935, S. 487.
  • Marie Herber: Die Kirche in Queckborn. „liecht in die Kirche“ngeschichte. Grünberg-Queckborn 2002.
  • Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.), Karlheinz Lang (Bearb.): Kulturdenkmäler in Hessen. Landkreis Gießen II. Buseck, Fernwald, Grünberg, Langgöns, Linden, Pohlheim, Rabenau. (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland). Theiss, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-8062-2178-7, S. 231 f.
  • Heinrich Walbe: Die Kunstdenkmälder des Kreises Gießen. Bd. 3. Südlicher Teil ohne Arnsburg. Hessisches Denkmalarchiv, Darmstadt 1933, S. 302–304.
  • Peter Weyrauch: Die Kirchen des Altkreises Gießen. Mittelhessische Druck- und Verlagsgesellschaft, Gießen 1979, S. 150 f.

Einzelnachweise

  1. Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.), Lang (Bearb.): Kulturdenkmäler in Hessen. 2010, S. 232.
  2. Chronikausschuss 900 Jahre Queckborn (Hrsg.): 900 Jahre Queckborn. 2008, S. 54–56, 310 f.
  3. Queckborn. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Institut für Landesgeschichte, abgerufen am 8. Juni 2014.
  4. a b Diehl: Baubuch für die evangelischen Pfarreien. 1935, S. 487.
  5. Walbe: Die Kunstdenkmälder des Kreises Gießen. 1933, S. 302.
  6. Weyrauch: Die Kirchen des Altkreises Gießen. 1979, S. 150.
  7. Chronikausschuss 900 Jahre Queckborn (Hrsg.): 900 Jahre Queckborn. 2008, S. 355.
  8. Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.), Lang (Bearb.): Kulturdenkmäler in Hessen. 2010, S. 231.
  9. Weyrauch: Die Kirchen des Altkreises Gießen. 1979, S. 151.
  10. Chronikausschuss 900 Jahre Queckborn (Hrsg.): 900 Jahre Queckborn. 2008, S. 56 f, 310 f.
  11. Walbe: Die Kunstdenkmälder des Kreises Gießen. 1933, S. 303.
  12. Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. 2008, S. 750.
  13. Walbe: Die Kunstdenkmälder des Kreises Gießen. 1933, S. 304.
  14. Franz Bösken, Hermann Fischer: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 3: Ehemalige Provinz Oberhessen (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte 29,2. Teil 2 (M–Z)). Schott, Mainz 1988, ISBN 3-7957-1331-5, S. 778.
  15. Chronikausschuss 900 Jahre Queckborn (Hrsg.): 900 Jahre Queckborn. 2008, S. 346 f.

Koordinaten: 50° 34′ 34″ N, 9° 55′ 46″ O