Kokerei

Produktionsstätte, in der Koks und Rohgas erzeugt werden
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In einer Kokerei wird aus Kohle Koks erzeugt. Diese besondere Art der Kohleveredelung geschieht in einer Art Destillationsverfahren, durch das Erhitzen der Kohle unter Luftabschluss in einem Koksofen bei Temperaturen zwischen 900°C und 1400°C.

Eine der verbliebenen Kokerein in Deutschland: Kokerei Schwelgern

Motivation

In den Anfängen der Eisenerzeugung wurde ausschließlich Holzkohle als Brennmaterial benutzt. Durch den Bedarf an Holz, welches in einem ganz ähnlichen Verfahren wie die Kohleverkokung in Holzkohle umgewandelt wurde, veränderten ganze Landstriche ihr Aussehen durch die Abholzung riesiger Baumbestände. Erst im 18. Jahrhundert wurde die Kohleverkokung entwickelt. Der neu entstandene Brennstoff löste die Holzkohle ab und ermöglichte die heutige Massenproduktion von Roheisen.

Durch die Destillation von Kohle zu Koks wird ein Brennstoff erzeugt, der kohlenstoffreicher, reiner und von gleichmäßigerer Qualität ist als der Rohstoff Kohle. Bei seiner Verbrennung entsteht weniger Schwefel und weniger Asche, Stoffe, die in der späteren Anwendung z.B. im Hochofen unerwünscht sind, da sie die Qualität der Eisenschmelze erheblich vermindern.

Durch die kontrollierten Bedingungem im Kokereiprozess kann der Brennstoff Koks je nach Verwendungszeck an bestimmte Anforderungen angepasst werden wie

  • Wassergehalt
  • Aschegehalt
  • Schwefelgehalt
  • Korngröße
  • Festigkeit
  • Abrieb.

Die häufigsten Endprodukte sind heutzutage Hochofen- und Gießereikoks. Eine der wichtigen Eigenschaften des Hochofenkoks ist die Festigkeit auch bei hohen Temperaturen. Neben der Aufgabe, als Brennstoff zu dienen, stützt der Koks im Hochofen die gesamte Materialsäule aus Erz und Zuschlagstoffen. Kohle an seiner Stelle würde verbacken und die Durchlüftung des Gemisches erschweren.

Betriebsablauf

 
Beschickungswagen einer Ofenbatterie
  • Anlieferung / Mischen / Mahlen/ Bunkern der Rohkohle
  • Abholen einer Ofenbefüllung mit dem Füllwagen auf der Ofendecke
  • Öffnen der Füllöffnungen auf der Ofendecke
  • Schüttvorgang der Kohle in einen einzelnen Koksofen
  • Je nach Ofenprinzip/Kohlequalität wird die Kohle gestopft
  • Luftdichter Verschluss des Ofens
  • Erhitzung
  • Es erfolgen Ausgasung, Erreichen der richtigen Porösitiät.
  • Öffnen der vorderen und hinteren Ofentür
  • Ausdrückvorgang
  • Ablöschung - gleichzeitig neubefüllung des Ofens

Nachdem ein Ofen befüllt ist, fährt der Füllwagen wieder zum Kohlenbunker, und der Vorgang beginnt mit einem anderen Ofen von vorne. Die Betriebsabläufe sind so aufeinander abgestimmt, dass alle paar Minuten ein Ausdrückvorgang stattfinden kann. Die Ofenwände werden kontinuierlich beheizt. Je nach Zieleigenschaften des Koks und Ofengröße liegt die Backdauer zwischen 15 und über 30 Stunden.

Benötigtes Personal/Arbeitsplätze

Für einen reibunslosen Betrieb der "schwarzen Seite" sind folgende Arbeitsplätze mindestens zu besetzen:

  • Füller -fährt den Füllwagen-
  • Einfeger -schließt und vergießt die Fülldeckel/fegt die Decke sauber; min. 1 oft sogar 2 Mitarbeiter-
  • Türensteller-Maschinenseite (MS)-bedient den "Türöffner" an der Druckmaschine und reinigt den Meistergang-
  • Druckmaschinist -fährt und bedient die Druckmaschine-
  • Türensteller-Koksseite (KS) -fährt und bedient den KKF-Wagen; reinigt den Gang vor den Öfen-
  • Löschwagenfahrer (bei Nasslöschung/heute seltener) -bedient den Löschwagen; reinigt den Löschturm so weit ebenerdig möglich-
  • Rampenzieher -bedient die Koksrampe, d.h.der Koks aus dem Löschwagen wird auf ein Transportband gesteuert,das zur Sieberei geht-
  • Vorarbeiter -leitet und Koordiniert die Betriebsabläufe der Batterie nach Anweisung des Koks-/Gasmeisters-
  • Koks-/Gasmeister -verantwortliche Aufsichtsperson für mind. eine Koksofenbatterie-

Die schwarze Seite

 
Gasverschlüsse auf einer Ofenbatterie

Auf der sogenannten schwarzen Seite einer Kokerei findet die eigentliche Produktion des Koks statt. Während der Arbeit in diesem Bereich entstehen Stäube und Abgase die zur Namensgebung führten.

Koksofen

Der Koksofen ist der zentrale Bestandteil einer Kokerei. Die zumeist verwendeten Horizontalöfen (Bewegungsrichtung beim Koksausdrücken) sind in der Regel mehrere Meter hoch und tief, aber nur ca. 1/2 m breit. Modernste Ofenkammern haben ein Volumen von bis zu 100 m³. Viele dieser Öfen werden zu einer sog. Ofenbatterie zusammengefasst, wobei die Ofenkammern immer zwischen Heizzügen angeordnet werden in denen bei 1200 - 1400 °C Gase verbrannt werden und so die Ofenwände erhitzen. Nach einer Anfeuerungsphase von ca. 3 Monaten bei Inbetriebnahme einer Kokerei findet der Heizprozess kontinuierlich statt. Eine zu schnelle Beheizung oder sofortiges Abschalten der Befeuerung einer Batterie führt unweigerlich zu starken thermischen Spannungen, die die Anlage irreparabel zerstört. Die Koksöfen sind ähnlich wie ein Hochofen im Inneren mit hitzebeständigen Schamott oder Silikasteinen ausgemauert. Jeder Ofen hat drei für den Betrieb wichtige Öffnungen, die vordere und hintere Tür an den Stirnseiten, die so groß wie die eigentlichen Kammern sind, sowie mindestens eine Füllöffnung auf der Ofendecke zur Beschickung des Ofens mit Kohle, meist aber vier bis fünf, um die Kohle verhältnismäßig gleichmäßig in den Ofen zu bringen und zu verteilen. Das "Glattschieben" der eingebrachten Kohle wird mittels "Planierstange" durchgeführt. Diese Planierstange befindet sich an der "Druckmaschine" und wird von dieser in Gang gesetzt.

Ofendecke

Die Ofendecke ist nicht einfach nur das Dach einer Koksofenbatterie. Auf der Ofendecke fährt der Füllwagen zwischen den einzelnen Füllöffnungen der Koksöfen und einem oder mehreren Kohlebunken hin und her. Der Arbeitsplatz auf der Ofendecke ist nicht ungefährlich. Hitze, Staub, Gase und Flammen erschweren die Arbeit.

 
Ofenbatterie, Seite des Ausstoßwagens

Kohlenbunker

Je nach Anlagenbauart befinden sich auf der Ofendecke oder an einem der Enden einer Batterie eine oder mehrere Kohlenbunker. Ein Bunker enthält die Kohlevorräte, die von den Füllwagen in die Öfen verbracht werden. Die Bunkerkohle ist ein auf die Zieleigenschaften des Koks abgestimmtes Gemisch verschiedener Kohlesorten, die bereits durch Siebung oder Mahlung eine bestimmte Körnung erhalten hat.

Maschinenseite

Unter Maschinenseite versteht man die Seite einer Koksofenbatterie, auf der die Druckmaschine läuft (fährt). Die Druckmaschine hat die Aufgabe, den fertigen Kokskuchen (die unter Luftabschluss gegarte Kokskohle) zur Weiterverarbeitung auszudrücken. Hierzu wird eine Stange benutzt, welche sehr häufig zwei- bis dreigeteilt ist, um die gesamte Länge des Ofens befahren zu können. Am vorderen Ende dieser Stange befindet sich der Druckkopf. Der Gang vor den Öfen, auf der Maschinenseite, wird Meistergang genannt. Dieser Maschinenseiten-Gang ist so breit, hier kann nicht nur der "Türensteller" seiner Arbeit nachgehen, sondern auch der "Koksmeister" (auch "Gasmeister" genannt) seinen sicheren Weg gehen.

Koksseite

Die Koksseite ist jene Seite einer Koksofenbatterie an der der gare Koks aus dem Ofen "fällt" und in den Löschwagen gelangt. Damit dies problemlos geschehen kann, fährt hier der "Koks-Kuchen-Führungswagen", auch KKF genannt. Ein Maschinist (Türensteller) bedient die Maschine und fährt zu dem entsprechenden Ofen. Wenn alle Sicherheitssignale auf grün sind, wird mit dem KKF die Tür geöffnet. Der KKF fährt dann die "Wanne" in Position. Diese Wanne ist lediglich die Führung für den Kokskuchen, vom Ofen über den Gang zum Löschwagen.

Kokslöschung

 
Löschturm der Kokerei Hansa

Ein Unterscheidungsmerkmal der Prozessführung ist die Art des Kokslöschens. Sobald durch das Öffnen der Kontakt zum Luftsauerstoff hergestellt ist, beginnt der Koks bei den noch herrschenden Temperaturen zu verbrennen. Um das zu verhindern muss er schnell abgekühlt werden.

Diese Abkühlung kann auf folgende Arten geschehen:

Koksnasskühlung

  • Pro Tonne Koks sind ca. 2 m³ Wasser zur Löschung notwendig.
  • Wärmeenergie geht verloren.
  • ca. 1/4 des Löschwassers verdampft.
  • Problematische Reinigung des vor allem mit Staub, Wassergas und Schwefelwasserstoff verunreinigten Wasserdampfes

Noch 1986 lagen die Messwerte für einen Koksnasskühlvorgang bei 200-2000g Staub pro Tonne Koks, im modernen CSQ-Verfahren (Coke Stabilizing Quenching) rechnet man mit einer Belastung von 10-15g/t.

Kokstrockenkühlung

(meist mit Stickstoff als Inertgas)

  • ermöglicht Energierückgewinnung
  • kein Wasserverbrauch
  • geringere Staubentstehung
  • teuer im Bau und Unterhalt

Die weiße Seite

Mitte des 19. Jahrhunderts begann man aus den Kokereigasen wertvolle Rohmaterialien für die Chemieindustrie zu gewinnen. Die Anlageteile, die die Aufgabe der Gaswäsche und Abscheidung verschiedener Stoffe übernehmen, werden meist auf der Maschinenseite gebaut und durch dicke Rohrleitungen der Gasvorlage mit dem Kokereigas versorgt. Hier fallen normalerweise keine Stäube oder andere sichtbaren Verschmutzungen an, daher der Name "weiße" Seite oder Kohlenwertstoffanlage. Zuerst wird das Kokereirohgas heruntergekühlt und anschließend in den sog. Gaswaschern gewaschen. Darauffolgend werden die einzelnen herausgewaschenen Bestandteile der Weiterverarbeitung zur Herstellung folgender Nebenprodukte den jeweiligen Produktionsprozessen zugeführt:

Nebenprodukte

Kokerei aktuell (2005)

Der Weltmarktpreis für Koks schwankt stark. Von 2002 bis 2004 stieg der Weltmarktpreis für chinesischen Koks im Zuge der weltweiten Stahl-Hausse von etwa 80 USD auf etwa 350 USD, eine Versechsfachung des Preises, dreimal soviel wie die Steigerung/Verdoppelung des Stahl-Preises im gleichen Zeitraum.

Parallel bauten Chinesen im Ruhrgebiet die moderne Kokerei Kaiserstuhl in Dortmund ab. Dem letzten Werk in Deutschland mit Kokstrockenkühlung hatte der gesicherte Absatz gefehlt, nachdem der Thyssenkrupp-Konzern seine Roheisen- und Stahlerzeugung in Dortmund einstellt und in Duisburg konzentriert hatte.

Die drei im Raum Ruhrgebiet verbliebenen Kokereien, das Bottroper Werk Kokerei Prosper, die Kokerei Schwelgern und die Kokerei der Hüttenwerke Krupp Mannesmann, arbeiten seit drei Jahren an der Kapazitätsgrenze. Für die Kokerei der Hüttenwerke Krupp Mannesmann in Duisburger Süden (Huckingen) wurde am 3. Juni 2005 ein Genehmigungsantrag für die Erweiterung um eine weitere Batterie bei der Bezirksregierung Düsseldorf gestellt.

Im Dezember 2005 wurde die Sanierung der Zentralkokerei Saar GmbH, Dillingen beschlossen. Das Konzept sieht den Bau einer neuen dritten Batterie vor. Nach deren Inbetriebnahme wird die alte Batterie Nr. 1 abgeheizt und neu aufgebaut. Danach geht die zweite alte Batterie außer Betrieb.

Industriepolitik

Durch den hohen Kokspreis ist es nun wieder wirtschaftlich, in Deutschland Kohle zu fördern und neue Schächte abzuteufen. So existieren Pläne für ein neues, subventionsfrei zu erstellendes Bergwerk nördlich Hamm. Skeptiker sehen in einer Investition im derzeitigen Wirtschaftszyklus jedoch bereits volkswirtschaftliche Folgekosten durch die nächste Absatzkrise.

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