Das Bochner-Integral, benannt nach Salomon Bochner, ist eine Verallgemeinerung des Lebesgue-Integrals auf Banachraum-wertige Funktionen.
Definition
Es seien ein -endlicher, vollständiger Maßraum und ein Banachraum.
Das Bochner-Integral einer Funktion ist nun folgendermaßen definiert:
Als einfache Funktion bezeichnen wir Funktionen der Gestalt
mit Faktoren und messbaren Mengen , wobei deren Indikatorfunktion bezeichnet. Das Integral einer einfachen Funktion ist nun auf naheliegende Weise definiert:
- ,
wobei dies wohldefiniert, also unabhängig von der konkreten Zerlegung von ist.[1]
Eine Funktion heißt -messbar, wenn es eine Folge einfacher Funktionen gibt, so dass für -fast alle gilt.[2]
Eine -messbare Funktion heißt Bochner-integrierbar[3], falls es eine Folge einfacher Funktionen gibt, so dass
- für -fast alle gilt und
- zu jedem ein existiert mit
- für alle .
In diesem Fall ist
wohldefiniert, das heißt unabhängig von der Wahl der konkreten Folge mit obigen Eigenschaften.[4] Falls und , so schreibt man
- mit
sofern Bochner-integrierbar ist. [5]
Messbarkeitssatz von Pettis
Der folgende auf Billy James Pettis zurückgehende Satz charakterisiert die -Messbarkeit:
Die Funktion ist genau dann -messbar, wenn die folgenden beiden Bedingungen erfüllt sind:
- Für jedes stetige lineare Funktional ist -messbar.
- Es gibt eine -Nullmenge , so dass separabel bzgl. der Normtopologie ist.
Ist ein separabler Banachraum, so ist die zweite Bedingung automatisch erfüllt und damit entbehrlich. Insgesamt ist die -Messbarkeit -wertiger Funktionen mit diesem Satz auf die -Messbarkeit skalarer Funktionen zurückgeführt.
Bochner-Integrierbarkeit
Die folgende von Bochner gefundene äquivalente Charakterisierung Bochner-integrabler Funktionen erlaubt es, einige klassische Resultate der lebesgueschen Integrationstheorie wie z. B. den Satz von der majorisierten Konvergenz auf das Bochner-Integral zu übertragen:
Eine -messbare Funktion ist genau dann Bochner integrabel, wenn Lebesgue integrabel ist.
Eigenschaften
In diesem Abschnitt ist ein Banachraum und sind integrierbare Funktionen.
Linearität
Das Bochner-Integral ist linear, das heißt, für Bochner-integrierbare Funktionen und beliebige ist auch integrierbar, und es gilt:
- .
Verkettung mit einem stetigen Operator
Es sei ein Banachraum und ein stetiger linearer Operator. Dann ist eine integrierbare Funktion und es gilt[6]
- .
Radon–Nikodym-Eigenschaft
Der Satz von Radon-Nikodym gilt für das Bochner-Integral im Allgemeinen nicht. Banachräume, für die dieser Satz gilt, bezeichnet man als Banachräume mit der Radon-Nikodym-Eigenschaft. Reflexive Räume besitzen stets die Radon-Nikodym-Eigenschaft.[7]
Siehe auch
Literatur
- Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis. Band 3. Birkhäuser, Basel u. a. 2001, ISBN 3-7643-6613-3.
- Malempati M. Rao: Measure Theory and Integration (= Pure and Applied Mathematics. A Program of Monographs, Textbooks, and Lecture Notes. Bd. 265). 2nd edition, revised and expanded. Dekker, New York NY u. a. 2004, ISBN 0-8247-5401-8, S. 505 ff.
Weblinks
- Salomon Bochner: Integration von Funktionen, deren Werte die Elemente eines Vektorraumes sind. (PDF; 799 kB). In: Fundamenta Mathematicae. Bd. 20, 1933, S. 262–276.
- V. I. Sobolev: Bochner integral. In: Encyclopaedia of Mathematics (englisch).
- Integrale vektorwertiger Funktionen. In: Matroids Matheplanet.
Einzelnachweise
- ↑ Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis. Band 3. 2001, Bemerkung X.2.1 (a).
- ↑ Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis. Band 3. 2001, S. 65.
- ↑ Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis. Band 3. 2001, S. 87.
- ↑ Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis. Band 3. 2001, Korollar X.2.7.
- ↑ Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis. Band 3. 2001, S. 94.
- ↑ Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis. Band 3. 2001, S. 92.
- ↑ Joseph Diestel, John Jerry Uhl: Vector Measures (= Mathematical Surveys. Bd. 15). American Mathematical Society, Providence RI 1977, ISBN 0-8218-1515-6, Corollary III.2.13.