Formaldehyd

organische Verbindung, karzinogene und allergene Substanz
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Strukturformel
Datei:Formaldehyd.jpg
Allgemeines
Name Formaldehyd
Andere Namen Methanal, Methylaldehyd
Summenformel CH2O
CAS-Nummer 50-00-0
Kurzbeschreibung farbloses Gas
Eigenschaften
Molmasse 30,03 g/mol
Aggregatzustand gasförmig
Dichte 0,82 g/cm³ (bei -20 °C)
Schmelzpunkt -92 °C
Siedepunkt -21 °C
Dampfdruck -
Löslichkeit 400 l/l Wasser (bei 20 °C), gut löslich in Ethanol, Ether
ΔfH0l -115.9 kJ/mol
S0g, 1 bar 219,0 J/(mol · K)
Sicherheitshinweise
Gefahrensymbole
Datei:Gefahrensymbol T.png
T
Giftig
R- und S-Sätze R: 23/24/25-34-40-43
S: 26-36/37/39-45-51
MAK 0,3 ml/m3
LD50 (Ratte, oral) 100 mg/kg
LD50 (Kaninchen, dermal) 220,1 mg/kg
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Formaldehyd (ausgesprochen Form-Aldehyd) ist der Trivialname für Methanal und gehört zu den chemischen Verbindungen der Aldehyde. Der Name Formaldehyd leitet sich von formica, dem lateinischen Wort für Ameise ab, da Methanal das zur Ameisensäure (Methansäure) gehörige Aldehyd ist.

Eigenschaften/Reaktionen

Formaldehyd ist ein farbloser, stechend riechender Stoff, der bei Zimmertemperatur gasförmig vorliegt. Als Gas ist sein Geruch noch in Konzentrationen von 0,05-1 ml/ wahrnehmbar. Da Formaldehyd wie alle Aldehyde ein starkes Reduktionsmittel ist, wurde es früher zur Keimabtötung verwendet (Formalintabletten), sowie zur Konservierung von anatomischen und biologischen Präparaten (als 35%ige wässrige Lösung, Formalin). In 10%iger wässriger Lösung (Formol) wurde es als Desinfektionsmittel verwendet.

Beim Eindampfen einer wässrigen Formaldehydlösung oder Zugabe von Säuren oder Basen Polymerisiert dieser zu Paraformaldehyd.

Toxikologische Eigenschaften

Formaldehyd kann bei unsachgemäßer Anwendung Allergien, Haut-, Atemwegs- oder Augenreizungen verursachen. Eine Kanzerogenität wird vermutet, in zahlreichen epidemiologischen Untersuchungen konnte jedoch kein erhöhtes Krebsrisiko festgestellt werden. Dennoch ist Formaldehyd nach der DFG-Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe bislang als Stoff mit begründetem Verdacht auf krebserzeugendes Potential (IIIB) eingestuft. Ein Grund hierfür ist, dass im Tierversuch mit Ratten Formaldehyd nachweislich karzinogene Wirkung gezeigt hat, allerdings erst bei extrem hohen Konzentrationen ab 6 ml/m³. Solche Konzentrationen wären für den Menschen schon nach kurzer Zeit unerträglich: zunehmendes Unbehagen, Tränenfluss, Reizung von Augen, Nase und Kehle würden den Aufenthalt in derart kontaminierter Umgebung unmöglich machen. Akute Lebensgefahr (toxisches Lungenödem, Pneumonie) besteht ab einer Konzentration von 30 ml/m³.

2004 stufte die Weltgesundheitsorganisation WHO die Chemikalie Formaldehyd als "krebserregend für den Menschen" ein.

Herstellung

Technisch wird Formaldehyd durch katalytische Oxidation von Methanol hergestellt:

Datei:Formaldehyd Herstellung.png

Dabei haben sich im wesentlichen zwei Verfahren durchgesetzt, die sich prinzipiell in der Art des Katalysators unterscheiden:

Die Reaktion ist exotherm - das entsprechend heiße Gasgemisch muss also zur Vermeidung von Nebenreaktionen rasch abgekühlt werden, so dass die anfallende Reaktionswärme zur Erzeugung von Heissdampf genutzt werden kann.

Das entstandenen Formaldehydgas wird dann in „Wäschern“ mittels Wasser oder einer Harnstoff-Lösung extrahiert, wobei eine wässrige Formaldehydlösung bzw. ein Harnstoff-Formaldehyd-Konzentrat entsteht. Die entstandenen Lösungen enthalten neben nicht umgesetzten Methanol auch noch geringe Mengen (etwa 100 - 300 ppm) Ameisensäure (HCOOH).

Verwendung

Im Labor wird wird Formaldehyd unter anderem im Rahmen der Mannich-Reaktion und der Blanc-Reaktion eingesetzt.

Formaldehyd ist zudem einer der wichtigsten organischen Grundstoffe in der chemischen Industrie und dient als Ausgangsstoff für viele andere chemische Verbindungen. Allein die BASF hat eine jährliche Produktionskapazität von etwa 500.000 Tonnen Formaldehyd, woran man die Bedeutung dieses Stoffes für die chemische Industrie ermessen kann. Formaldehyd findet unter anderem Anwendung bei der Herstellung von Farbstoffen, Pharmaka und bei der Textilveredelung („Knitterfrei“). Anfang der 1960er Jahre betrug der Anteil an freiem Formaldehyd (aus Aminoplaste) über 2 Prozent des textilen Warengewichtes und erreichte zu dieser Zeit seinen Höchstwert. Heute müssen Textilien, die beim bestimmungsgemäßen Gebrauch mit der Haut in Berührung kommen und mehr als 0,15 Prozent freies Formaldehyd enthalten wie folgt gekennzeichnet werden: „Enthält Formaldehyd. Es wird empfohlen, das Kleidungsstück zur besseren Hautverträglichkeit vor dem ersten Tragen zu waschen.“. Allerdings liegt die Einhaltung dieser Vorschrift in der Eigenverantwortung der Hersteller.

In der Kosmetik findet Formaldehyd Verwendung als Konservierungsstoff, was wegen des hautreizenden Potentials des Stoffes als problematisch gilt. In Deutschland werden derzeit noch etwa 12 % der Kosmetika mit Formaldehydabspaltern konserviert. Da in der EG Formaldehyd von den Herstellern von Kosmetika oder Haarwaschmitteln deklariert werden muss und der Stoff einen schlechten Ruf hat, wird immer häufiger darauf verzichtet. Auch wird Formaldehyd benutzt um Leichen zu konservieren.

Zusammen mit Phenol kondensiert Formaldehyd zu Kunstharz, dem Duroplast Bakelit.

Mit Harnstoff reagiert Formaldehyd zu Harnstoff-Formaldehyd-Harzen (UF-Harze), mit Melamin zu den Melamin-Formaldehyd-Harzen (MF-Harze), die beide zu den Aminoplasten gehören.

Es wird außerdem zur Herstellung folgender Produkte verwandt:

Bindemittel, Klebstoffe, Papierharze, Lackharze, Kunststoff (POM), Preßmassen, Schaumstoffe, Textilhilfsmittel, Düngemittel, Konservierungsmittel, Formsandbinder, Ionenaustauscher, Gießharze, Gerbstoffe, Härtezusätze, Vulkanisationszusatz, Füllungsmittel, Medikamente, Fungizide, Sprengstoffe, Ortschäume.

Vorkommen in der Natur

In der Natur kommt Formaldehyd zum Beispiel in Säugetierzellen beim normalen Stoffwechsel als Zwischenprodukt vor: im Menschen werden auf diese Weise pro Tag etwa 50 Gramm gebildet - und wieder verstoffwechselt. Das Blut von Säugetieren enthält pro Liter ständig zwei bis drei Milligramm Formaldehyd. Weiterhin entsteht Formaldehyd auch bei der Photooxidation in der Atmosphäre. Auch in Früchten wie Äpfel oder Weintrauben kommt Formaldehyd natürlicherweise vor.

Emissionsquellen

Bestimmte Formaldehyd-haltige Materialien (unter anderem Holzwerkstoffe, Bodenbeläge und Textilien) können durch Ausgasung eine Kontamination der Atemluft in geschlossenen Räumen bewirken. In den achtziger Jahren sind in diesem Zusammenhang insbesondere Spanplatten und Sperrholz, zu deren Herstellung Aminoplaste als Bindemittel eingesetzt wurden, ins Gerede gekommen. Es sind jedoch zum einen heute viele formaldehydfreie Holzwerkstoffe und Möbel im Handel erhältlich, zum anderen wurde aber auch die Emissionen in den auf Formaldehyd basierenden Holzwerkstoffen deutlich reduziert. Die Schadstoffsanierung formaldehydbelasteter Gebäude ist aber vor allem bei älteren Holzfertighäusern nach wie vor ein großes wirtschaftliches Thema.

Eine weitere wichtige Quelle für die Emission von Formaldehyd sind unvollständig ablaufende Verbrennungsprozesse. Diese finden sich beispielsweise in Verbrennungsmotoren von Kraftfahrzeugen, in Gießereien und bei der Herstellung von Kunststoffartikeln. Auch beim Rauchen entsteht auf diese Weise Formaldehyd, welches nicht unerheblich zur Belastung der Luft beiträgt. Im Gesamtrauch einer einzigen Zigarette finden sich etwa 1,5 mg Formaldehyd.

Sehr problematisch ist auch die Verbrennung von Holz in Kleinfeuerungsanlagen, da auch hier durch unregelmäßige Beschickung oder feuchtes Holz die Verbrennung häufig unvollständig abläuft. Im Endeffekt entstehen in diesen im Hausbetrieb eingesetzten Anlagen Formaldehydkonzentrationen von 50-100 mg/m³, was sich für die alten Bundesländer auf eine Gesamtemission von etwa 1000 Tonnen pro Jahr addiert (Schätzung für 1980). Zum Vergleich: die wesentlich effizienter und sauberer arbeitenden industriellen Großfeuerungsanlagen für die Brennstoffe Gas, Öl und Kohle hatten im Jahr 1980 eine Gesamtemission von nur 50 Tonnen pro Jahr.

Entsorgung

Kleine Spritzer kann man mit viel Wasser verdünnt ins Abwasser geben. Größere Mengen sind unter Abfallschlüssel 070703 (Lösemittel) in 12-Liter Kombi-Behälter zu entsorgen.

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