Vorgesetztenverordnung

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In Deutschland regelt die Vorgesetztenverordnung (VorgV) als elementarer Bestandteil der Inneren Führung der Bundeswehr die Vorgesetztenverhältnisse nach denen sich das Prinzip von Befehl und Gehorsam in der Bundeswehr zu richten hat.

Nach § 1 Soldatengesetz (SG) ist Vorgesetzter, wer befugt ist, einem Soldaten Befehle zu erteilen. Das Grundgesetz regelt, dass der oberste militärische Vorgesetzte in Friedenszeiten der Bundesminister der Verteidigung ist und dass im Verteidigungsfall die Befehls- und Kommandogewalt auf den Bundeskanzler übergeht.

Die Verordnung über die Regelung des militärischen Vorgesetztenverhältnisses (Vorgesetztenverordnung - VorgV) wurde am 19. März 1956 erlassen und trat mit Verkündung am 7. Juni 1956 in Kraft. Zuletzt wurde sie durch Verordnung am 7. Oktober 1981 geändert.

Als Faustregel, welches Vorgesetztenverhältnis höher steht als ein anderes, kann grundsätzlich von oben nach unten ("Ober sticht Unter") folgende Aufzählung genommen werden.

BeschreibungParagraf
Vorgesetzter aufgrund besonderer Anordnung§ 5
Vorgesetzter mit besonderem Aufgabenbereich§ 3
Fachvorgesetzter§ 2
Vorgesetzter aufgrund eigener Erklärung§ 6
Vorgesetzter aufgrund des Dienstgrades§ 4
Unmittelbarer Vorgesetzter§ 1

Wie wird verhindert, dass Soldaten sich mit ständig widersprechenden Befehlen herumschlagen müssen?

Der Befehlsgeber hat auch die Folgen des Befehls zu tragen (Befehlsverantwortung).

Gibt ein Vorgesetzter einem Untergebenen einen Befehl, der einem an diesen bereits erteiltem Befehl widerspricht oder den zuerst erteilten Befehl in der Ausführung nicht unerheblich verzögert, so hat der Untergebene die Pflicht den Vorgesetzten darauf hinzuweisen (Teil der Befehlsprüfung), dass er bereits einen anderen Auftrag hat. Der Befehlsgeber muss nun seinerseits prüfen, ob sein Auftrag wichtiger ist und entsprechend den Befehl wiederholen oder den Auftrag einem anderen Soldaten übertragen. Der Untergebene muss immer dem zuletzt erfolgten Befehl Gehorsam leisten, es sei denn, dass dessen Ausführung eine Straftat beinhaltet oder gegen geltendes Völkerrecht verstösst.

Der Untergebene hat den Befehlsgeber über einen neuen Befehl zu unterrichten, wenn er nicht beide Befehle gleichzeitg ausführen kann. Entweder erledigt dies (in den meisten Fällen) der neue Befehlsgeber für ihn (Ich sage dem Hauptmann bescheid) oder der Untergebene teilt dies dem alten Befehlsgeber nach Erledigung des neuen Auftrags mit (Oberfeldwebel XXX hat mich mit YYY beauftragt). Der Untergebene ist hiermit aller Verantwortung entledigt, dass er den eigentlichen Befehl nicht ausgeführt hat. Im Jargon gibt es hierzu einen Spruch: Melden macht frei und dem Vorgesetzten Arbeit!


Nachfolgend findet sich hier keine Abschrift der Verordnung, sondern Beispiele zum jeweiligen Paragraphen. Die Sortierung der Beispiele spiegelt die §§ 1-6 der VorgV wider.

Unmittelbarer Vorgesetzter

Das klassische Beispiel für einen solchen Vorgesetzten sind die Führer (Trupp-, Gruppen-, Zugführer, Kp-Chef/Kpführer, Bataillonführer, Regimentsführer, usw; Einheitsführer). Jede militärische Einheit ist im kleinen wie in großen so gegliedert und jeder Soldat in der Bundeswehr ist Teil dieser Gliederung.

  • Dem Gruppensoldaten ist der Gruppenführer direkt vorgesetzt.
  • Dem Gruppenführer ist der Zugführer direkt vorgesetzt.
  • Dem Zugführer ist der Einheitsführer direkt vorgesetzt.
  • Dem Einheitsführer ist der Regimentskommandeur vorgesetzt.
  • [...]

Ab Gruppenführer ist jeder Soldat gleichzeitig Vorgesetzter und Untergebener.

Soldaten, die nach diesem Paragrafen Vorgesetzter sind, haben die Befugnis, ihren direkt unterstellten Soldaten innerhalb und außerhalb der Dienstzeit Befehle mit dem Anspruch auf Gehorsam zu erteilen.

Fachvorgesetzter

  1. Das klassische Beispiel für einen solchen Vorgesetzten sind die Ärzte in der Bundeswehr, die einen Soldaten "über den Kopf" des zuständigen Einheitsführers dienstunfähig (krank) schreiben können.
  2. In der Bundeswehr sind die Personalunteroffiziere- und/oder Offiziere der Einheiten (S1) aufgrund dieses Paragrafen dem S1-Offz des Regimentes unterstellt. Dieser widerum dem S1-StOffz (S1-Stabsoffizier) der Division und so weiter.

Vorgesetzter mit besonderem Aufgabenbereich

Das klassische Beispiel für einen solchen Vorgesetzten ist der Unteroffizier vom Dienst (UvD). Er ist vorgesetzt allen Soldaten seiner Dienstgradgruppe und niedriger in seinem Aufgabenbereich. Dazu gehören auch einheitsfremde Soldaten. Er ist jedoch nicht Vorgesetzter seiner eigenen Vorgesetzten nach § 1 VorgV und anderer Soldaten, die ihm selbst nach § 3 VorgV vorgesetzt sind (Wachsoldaten, Feldjäger, ...)

Beispiele:

  1. Unteroffizier A ist Stellvertretender Gruppenführer der Gruppe 1 und UvD. Damit ist er Vorgesetzter des Gruppenführers der Gruppe 3 Stabsunteroffizier B. Er ist jedoch nicht Vorgesetzter des Gruppenführers der Gruppe 1 Stabsunteroffizier C., da Unteroffizier A ihm bereits nach § 1 unterstellt ist.
  2. Hauptgefreiter A ist Mitglied der Gruppe 1 und UvD. Damit ist er Vorgesetzter aller Manschaftsdienstgrade seiner Einheit und einheitsfremden Soldaten in seinem Zuständigkeitsbereich.

Weitere Vorgesetzte (Beispiele):

  1. Wachsoldaten
  2. Feldjäger
  3. Feldwebel vom Wochendienst

Vorgesetzter aufgrund des Dienstgrades

Es gibt insgesamt drei Laufbahngruppen, die sich wiederum in sieben Dienstgradgruppen aufteilen. Jeder Soldat ab Unteroffizier ist aufgrund des § 4 Vorgesetzter rangniederer Laufbahngruppen. Dieses Vorgesetzenverhältnis findet nur innerhalb der Einheit Anwendung.

DienstgradIst vorgesetzt
Unteroffiziere ohne Portepee (Uffz und StUffz)Allen Mannschaftsdienstgraden
Unteroffiziere mit Portepee (Alle Feldwebeldienstgrade)Allen Unteroffizieren ohne Portepee und allen Mannschaftsdienstgraden
OffiziereAllen Unteroffizieren mit und ohne Portepee und allen Mannschaftsdienstgraden

Grundsätzlich zu bedenken ist auch hier, daß dieses Vorgesetzenverhältnis nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn kein anderes greift.

Vorgesetzter aufgrund besonderer Anordnung

Berühmtes Beispiel: Der Bundesligafußballspieler Flieger X wird zum Wehrdienst eingezogen und leistet nun seinen Grundwehrdienst. Der Einheitsführer dieser Einheit nimmt diese Gelegenheit zum Anlass, um die Sportausbildung seiner Soldaten auszubauen. Über den Dienstplan wird der Flieger X zum Leitenden der Sportausbildung am <Datum> von/bis <Uhrzeit> erklärt und ist somit Vorgesetzter aller Soldaten, die aufgrund des Dienstplanes an dieser Ausbildung teilnehmen müssen. Dies schließt auch die Vorgesetzten des Fliegers X nach § 1 der VorgV ein.

Vorgesetzter aufgrund eigener Erklärung

Im Gegensatz zu Paragraph 4 wird hier eine einheitenübergreifende Regelung getroffen. Hintergrund hierzu: Dieses Vorgesetztenverhältnis findet Anwendung, um z.B. die Ordnung in Kasernen aufrecht zu erhalten oder wenn eine Notlage außerhalb von Kasernen eine einheitliche Befehlsgebung erfordert.

  1. Der Oberfeldwebel A aus der Einheit B befiehlt dem Stabsunteroffizier C aus Einheit D seine Kopfbedeckung innerhalb der Kaserne aufzusetzen, wenn dies die Kasernenordung so vorsieht.
  2. Der Hauptmann E aus Einheit Z befiehlt dem Leutnant X aus Einheit Y seinen Zug nicht auf der Strasse marschieren zu lassen, da dies den morgendlichen Verkehr erheblich einschränkt.

Es kann sich niemand zum Vorgesetzten nach § 6 VorgV gegenüber Soldaten erklären, die Befehlsbefugnisse nach §§ 1-3 und 5 über ihn haben.