Geschichte Polens
Legendäre Vorgeschichte Polens
Der Legende nach, ruhte sich Lech (Herzog der Polanen), der Bruder von Čech und Rus (den legendären Vorfahren der Tschechen und der Ruthenen bzw. Russen), im Schatten eines Baumes aus. Im Schatten liegend, beobachtete er einen wunderschönen weißen Adler, der auf der Krone des Baumes über ihn gelandet war. Lech beschloss, sich an diesem Platz nieder zu lassen und gründete die Stadt Gniezno (deutsch Gnesen), deren Name von gniazdo (Nest) abgeleitet wird. Sein Bruder Čech siedelte weiter südlich, Rus weiter östlich - so soll die polnische Geschichte begonnen haben.
Ein weiterer legendärer Fürst hieß Krak (Herzog der Wislanen), der die Stadt Kraków (Krakau) gegründet haben soll, die nach ihm benannt wurde. Sein Nachfolger war Popiel (oder auch Pumpil), der nach den Angaben des Chronik des Gallus Anonymus von Ziemowit aus dem Geschlecht der Piasten vom Thron verjagt worden sein soll
Ziemowit, der Sohn des Piast und der Rzepicha, soll in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts regiert haben. Auf ihn folgte Leszek, sein Urenkel war der erste durch Urkunden belegbare polnische Fürst Mieszko I..
Piastisches Polen
Ziemowits wurde - in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts - sein Sohn Herzog Leszek, der zweite Piaste auf dem Thron. Nach ihm wurden die Polanen noch in der Mitte des 10. Jahrunderts manchmal als "Lestkowie" oder "Lestkowice" bezeichnet.
Der dritte Piast, der in der Chronik vom Gallus Anonymus erwähnt wird, ist Siemomysł, der den Thron von seinem Vater Leszek übernahm und die Stämme der Polanen, Goplanen und Masowier einigte.
Von 960 bis 992 regierte Herzog Mieszko I. In seiner Amtszeit gelang es ihm weitere Gebiete, die von polnischen Stämmen bewohnt waren, zu einigen. Sein Nachlass und die Ausbreitung des Polnischen Reiches unter seinem Sohn Bolesław I. Chrobry (der Tapfere) kamen den heutigen Staatsgrenzen Polens sehr nahe. (siehe Karte "Polen 990-1040" [Rot - Polen unter Mieszko I, Rot und Hellrot - unter Bolesław I. Chrobry, auf der Karte]) [1].
963 griffen die Wieleci (Wieleten) unter Führung des sächsischen Grafen Wichmann Polen an. Mieszko I. wurde geschlagen, sein Bruder ums Leben. Mieszko I. beugte sich dem Anspruch von Kaiser Otto I. auf Pommern und fand sich zu Tributzahlungen bereit.
966 wurde Polen noch unter Herzog christianisiert, anlässlich der Hochzeit Mieszkos. I. mit Dobrawa, einer Tochter des tschechischen Herzog Boleslav I. 967 eroberte Mieszko I. - mit Hilfe tschechischer Truppen - Westpommern. Die Wileci (Wieleten) wurden geschlagen und Graf Wichmann kam ums Leben. Als "freundschaftliche Geste" soll Mieszko I das Schwert des geschlagenen sächsischen Grafen Wichmann an Kaiser Otto I. geschickt haben.
972 besiegte Mieszko I bei Cedynia den Markgrafen Hodon. 979 schlug Mieszko I Otto II., der in Polen einmarschiert war. Nach Ende dieses Kriegs begannen sich die Beziehungen zwischen Polen und dem Heiligen Römischen Reich zu verbessern.
991 stellte Mieszko I - mit dem Dokument "Dagome iudex" - das Reich der Polen unter die Obhut des Papstes.
1000 traf sich Otto III. mit Bolesław in Gniezno, wo er dem polnischen Herrscher die königlichen Insignien verlieh. 1002 starb Otto III. und die Beziehungen zwischen Polen und dem Heiligen Römischen Reich verschlechterten sich. Heinrich II. versuchte Polen zu unterwerfen und verursachte einen Krieg, der bis 1018 dauerte.
1025 krönte sich - mit dem Einverständnis des Papstes - Bolesław I. Chrobry (der Tapfere) zum ersten polnischen König.
1039 König Kazimierz I. Odnowiciel (der Erneuerer) verlegte die Hauptstadt von Gniezno nach Krakau.
Bolesław III Krzywousty (der Schiefmund) zersplitterte Polen in seinem Testament (1138) an seine Söhne. Schlesien mit Wrocław ging an Władysław Wygnaniec (der Vetriebene). Masowien mit Płock ging an Bolesław IV Kędzierzawy (der Kraushaarige). Großpolen mit Poznań ging an Mieszko III. Stary (der Alte). Das Land Sandomierski mit Sandomierz ging an Henryk Sandomierski. Kleinpolen und Pommern sollte an den ältesten Piasten gehen, der auch das Oberhaupt unter allen seinen Söhnen werden sollte.
Der Fürst Konrad I. Mazowiecki rief 1228 den deutschen Orden ins Land, um sich Hilfe zu holen bei der Sicherung des von den Pruzzen eroberten Landes (Kulmer Handfeste). Im Laufe der darauf folgenden Zeit kam es zu wachsenden Gegensätzen zwischen Polen und dem deutschen Orden, der inzwischen in Ostpreußen einen eigenen Staat etabliert hatte.
Diese Gegensätze führten nach und nach zu offenen Auseinandersetzungen der Polen mit dem deutschen Orden. Höhepunkt dieser Auseinandersetzungen war die Schlacht bei Tannenberg am 15. Juli 1410 (die größte Schlacht des Mittelalters), bei der das polnisch-litauische Heer den deutschen Orden vernichtend schlug. Der deutsche Teil Preussens blieb bis 1701 Vasall Polens.
Wladysław III. Łokietek (der Ellenlange) krönte sich 1320 zum König und einigte die seit Bolesław III Krzywousty gesplitterte polnische Krone. Aus dieser Zeit stammte die einzige heute noch erhaltene königliche Insignie der Piasten, das Schwert "Szczerbiec" (der Schartige).
1333 gelang es König Kazimierz III Wielki (der Große) - teilweise - die zersplitterten Gebiete Polens zu einigen und öffnete 1364 die erste Universität in Polen, die Akademia Krakowska (Krakauer Akademie). Kazimierz III. lud Juden - die in Europa verfolgt worden sind - nach Polen ein und sicherte ihnen großzügige Rechte zu. Der ehemalig jüdische Stadtteil von Krakau wurde nach seinem Vornamen "Kazimierz" benannt. In seiner Amtszeit gewann das polnische Königreich an macht was sich in Bau vieler neuer Burgen widerspiegelte.
Jagiellonisches Polen
Mit dem Tod von Kazimierz III Wielki erlosch das Herrscherhaus der Piasten. 1386 wurde Polen durch eine Heirat mit dem damals nicht christianisierten Litauen vereinigt. Der litauische Großfürst Władysław II. Jagiełło ließ sich taufen und heiratete die polnische Königin Jadwiga. Das Herrscherhaus der Jagiellonen wurde begründet.
1505 führte König Aleksander Jagiellończyk das Gesetz "Nihil novi" ein, was die Befugnisse des Königs einschränkte, der ohne die Zustimmung des Senats (höhere Kammer des Sejm´s) und Sejm keine Beschlüsse erlassen durfte.
Das vereinigte Königreich Polen-Litauens stieg im 16. Jahrhundert zu einer der führenden Kontinentalmacht auf und war zeitweise der größte Staat Europas. Es umfasste das heutige Polen, Litauen, Weißrussland die Ukraine, teile Lettlands, Rumäniens und Moldaviens bis zum Schwarzen Meer. (siehe Karte Polens von 1677 [2]. Hinzu kam eine Blüte von Literatur und Kunst. Dem Poeten Jan Kochanowski verdankt die polnische Poesie ihren ersten großen Aufstieg.
Die Jagiellonen-Dynastie herrschte in Litauen zwischen 1377-1401 und 1440-1572, In Polen zwischen 1386-1572, in Ungarn zwischen 1440-1444 und 1490-1526 und in Tschechien zwischen 1471-1526.
Adelsrepublik und Wahlmonarchie
1572 starb Zygmunt II. August der letzte König der Jagiellonen-Dynastie, und Polen wurde zur Adelsrepublik und Wahlmonarchie, d. h. dass nach dem Tod eines Königs die Szlachta (Adlige) sich traf und einen König wählte, der eingeschränkte Befugnisse behielt. Die größte Macht hatte die Szlachta (Adlige). Sie traf sich alle zwei Jahre für sechs Wochen zu einer Sejm Versammlung um politische, wirtschaftliche und militärische Beschlüsse zu erlassen. In der Hälfte des 16. Jahrhunderts zählte der Sejm 140 Senatoren und 170 Abgeordnete. Die Besonderheit des polnischen Sejm war das im 17. Jahrhundert eingeführte "Liberum veto", das die Einstimmigkeit aller Senatoren und Abgeordneten, bei Beschlüssen und Entscheidungen forderte.
Henryk III. Walezy wurde der erste gewählte König des polnischen Königreiches. 1576 wurde Stefan Batory zum König. Er reformierte das Militär und führte erfolgreich Krieg gegen Moskau (1578-1582), wie auch weitere erfolgreiche Kriegszüge 1579 (Połocki), 1580 (Wielkołucki), 1581 (Psków).
1611 verlegt König Sigismund III. Vasa die Hauptstadt von Krakau nach Warschau.
Unter König Jan III. Sobieski, einem der größten Feldherren Polens, kam es Ende des 17. Jahrhunderts zu einer weiteren Blütezeit. 1667 schlug Jan III. Sobieski, ein Kozaken und Tataren Heer bei Podhajce und 1673 erlangt er einen großen Sieg gegen die Türken bei Chocim.
1683 führte Sobieski das polnisch-österreichische-deutsche Heer, siegreich aus der Schlacht um Wien, bei der Europa vor dem Islam und Türkenansturm bewahrt worden ist.
Zahlreiche Kriege gegen Moskau 1654-1656 und 1660-1661, gegen Schweden ("Potop" - Sintflut) 1655-1660, sowie innere Unruhen (Kosakenaufstand 1648 unter Bogdan Chmielnicki und Krieg gegen Tataren) überforderten die polnische Adelsrepublik, so dass viele Gebiete an der Ostsee an Schweden und weite Teile Osteuropas an Russland verloren gingen.
Tod der Adelsrepublik: Zeit der Teilungen
Unter dem polnischen und sächsischen König August II. Mocny (der Starke) ging die Ära eines mächtigen polnischen Königreich zu ende. 1772 kam es dann zur 'Ersten Polnischen Teilung' in der Regierungszeit Stanisław August Poniatowski (der letzte polnische König), in der sich Preußen Pommerellen einverleibte, Russland nahm sich Teile Ostpolens und Österreich Galizien.
1791 gab sich Polen die erste geschriebene Verfassung Europas, die für die damalige Zeit als revolutionär galt.
Durch von außen geschürte Instabilität wurde dann die 'Zweite Polnische Teilung' (1793) begünstigt, in deren Verlauf Preußen das polnische Kernland um Poznań als gleichnamige Provinz zugeteilt bekam, während Russland weitere Teile Ostpolens und der Ukraine bekam. Der darauf folgende Aufstand unter Tadeusz Kościuszko (1794) bot den Anlass, den Reststaat vollends zu liquidieren ('Dritte Polnische Teilung') (1795).
1807 errichtete Napoleon zwar ein Großherzogtum Warschau, das aber nach den napoleonischen Kriegen als "Kongresspolen" zu einem russischen Satellitenstaat wurde, der immer mehr Einschränkungen hinnehmen musste.
In den drei Landesteilen fanden 1830-1831 (Powstanie listopadowe - der November Aufstand), 1846 (Powstanie krakowskie - Krakauer Aufstand) und 1863-1864 (Powstanie styczniowe - der Januar Aufstand) Aufstände statt. Vor allem in Preußen und Russland wurde eine radikale Germanisierungs- bzw. Russifizierungspolitik durchgeführt.
Im 1. Weltkrieg begann Jósef K. Piłsudski 1914 mit der Bildung polnischer Legionen in Österreich.
Mittelmächte versuchten die polnische Bevölkerung für sich zu gewinnen und proklamieren 1916 ein "Königreich Polen", das aber keine volle Souveränität hatte/haben sollte. Ähnliche Versuche wurden auch von der russischen Seite gestartet, da es aber nach Meinung von Jósef K. Piłsudski leichter werde ein souveränes Polen von Österreich aus zu gründen, zog er mit der polnischen Armee zusammen mit Österreich und Deutschland gegen Russland. Durch seine Ablehnung gegenüber dem österreichischen Kaiser ein Treueeid abzugeben, wird er im Juli 1917 in der Magdeburger Festung inhaftiert.
Die Zweite Republik: Wiedergeburt und Unabhängigkeit
Am 10. November 1918 kehrt Jósef K. Piłsudski aus der Haft nach Warschau zurück, wo er am 11. November 1918 den Oberbefehl über die polnische Armee bekam und am 22. November 1918 zum vorläufigen Staatschef des unabhängigen Polen ernannt wurde.
Nach Jahrhunderten der Teilung gewann Polen ihre Unabhängigkeit zurück. Der 11. November wurde zum "Unabhängigkeitstag" (Dzień Niepodległości).
Polen wurde Republik (Rzeczpospolita). Die Westgrenze wurde durch den Versailler Vertrag gesichert. Die Ostgrenze hingegen mit militärischer Auseinandersetzung mit Sowjet Rußland erst 1921, nach dem polnisch-sowjetischen Krieg festgelegt.
Im Januar 1919 wurde Jósef K. Piłsudski Staatschef des wiederentstandenen Polen. Polen versuchte, die alten Grenzen unter Einschluss von Teilen Litauens, Weißrusslands und der Ukraine, die damals von Millionen von Polen bewohnt wurden, wiederherzustellen, was zum Krieg mit Russland führte. Die Stadt Wilno wurde befreit, ebenso wie (vorübergehend) Kiew - was, aufgrund der ähnlichen territorialen Ansprüche der Sowjetunion zum polnisch-sowjetischen Krieg führte: die sowjetischen Einheiten unter Tuchatschewskij drangen bis vor Warschau, während Stalin Lwów belagerte. Durch ein waghalsiges Zangenmanöver gelang es der polnischen Armee unter Piłsudski´s Kommando der Durchbruch und eine nahezu vollständige Vernichtung der sowjetischen Einheiten: während die polnischen Einheiten versuchten, die Armee des Budionny bei Radzymin (nordöstlich von Warschau) aufzuhalten, startete Piłsudski vom Fluss Wieprz (Wojewodschaft Lublin) eine Großoffensive in Richtung Norden. Der Überraschungseffekt war so groß, dass die letzten sich zurückziehenden Einheiten der Roten Armee über deutsches Gebiet - Ostpreußen - flüchten mussten.
Die Schlacht um Warschau wird als "Wunder an der Weichsel" (Cud nad Wisłą) bezeichnet. Wäre der |polnisch-sowietischer Krieg für Polen verloren gegangen, hätte die kommunistische Revolution Deutschland und weite Teile Europas überflutet.
1921 wurde in Riga (Lettland) der Friedensvertrag (Ryski traktat pokojowy) zwischen den Kriegsparteien geschlossen und der Aufbau des Landes im Inneren in Angriff genommen. Im Dezember 1922 verzichtete Jósef K. Piłsudski auf den Präsidentenposten, blieb aber Kriegsminister und Generalinspektor der polnischen Armee.
Am 11. Dezember 1922 wird Gabriel Narutowicz zum ersten Staatspräsidenten der Republik Polen gewählt.
Eine Woche nach der Wahl, am 16. Dezember 1922, starb Gabriel Narutowicz bei einem auf ihn verübten Anschlag von E. Niewiadomski, einem fanatischen Anhänger der Endecja. Stanisław Wojciechowski wird sein Nachfolger.
1923 bildet Premierminister Wincenty Witos eine neue Regierung. Marshal Jósef K. Piłsudski legt alle Ämter nieder und zieht sich aus der Politik - in sein Landhaus bei Sulejów - zurück.
Nach Ablehnung von Staatspräsident Stanisław Wojciechowski einer Regierungsbildung mit Aleksander Skrzyński als Premierminister, errichtete Jósef K. Piłsudski nach einem erfolgreichen Miltärputsch (1926) ein autoritäres Regime.
Polen entwickelte gute Beziehungen zu Großbritannien und Frankreich - welche für den Bau eines neuen Hafens in Gdynia Kredite zu Verfügung stellten. Aus einem kleinen Fischerdorf mit 1000 Einwohnern wurde in wenigen Jahren ein großer Handels- und Militärhafen mit über 100.000 polnischen Einwohnern.
1935 starb Piłsudski. Parallel dazu wuchs die Bedrohung aus Deutschland, das die Abtretung von Gdańsk und dem polnischen Korridor forderte, was aber Polen nicht akzeptierte. Nach Hitlers Kündigung des deutsch-polnischen Nichtangriffspaktes 1939 folgte der Überfall Deutschlands auf Polen am 1. September 1939, was den Kriegseintritt - der Alliierten Polens - Großbritanniens und Frankreichs und damit den Zweiten Weltkrieg zur Folge hatte. Am 17. September wurde Polen - wie in einem geheimen Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Pakts vorgesehen - auch von der Sowjetunion angegriffen.
Zweiter Weltkrieg: Das besetzte Polen
Am 1. September 1939 um 4.47 Uhr eröffnete die "Schleswig-Holstein" das Feuer auf die Westerplatte, der Zweite Weltkrieg begann. Trotz einer Kriegserklärung an Deutschland nahmen Großbritannien und Frankreich eine passive Rolle an und missachteten Verträge mit Polen, die militärische Unterstützung innerhalb von 14 Tagen vorsahen. Am 17. September überschritt - trotz des Nichtangriffspaktes von 1934 zwischen Polen und der Sowjetunion - die Rote Armee auf ganzer Linie die Ostgrenze Polens. Der Kampf wurde sinnlos. Marshal Edward Śmigły-Rydy der Oberbefehlshaber der polnischen Armee, verwarf seine Pläne der Bildung einer neuen Verteidigungslinie an der Weichsel und befahl die Evakuierung der Regierung und der polnischen Armee nach Rumänien. Am 5. Oktober endet mit der Schlacht um Kock der deutsche und russische Überfall auf Polen.
Polen wurde zwischen Deutschland und der Sowjetunion aufgeteilt, die polnische Regierung von Ministerpräsident Władysław Sikorski ging zuerst nach Paris, später nach London ins Exil und organisierte von dort aus die Streitkräfte (Polskie Siły Zbrojne) neu.
Die Besatzungszeit hatte für große Teile der polnischen Zivilbevölkerung katastrophale Folgen. Die deutsche Besatzungsmacht errichtete ein Generalgouvernement Polen, in dem Polen den Status von Arbeitssklaven erhielten. Langfristig sollte der gesamte polnische Raum germanisiert werden, was in der Konsequenz die Vernichtung des polnischen Volkes einschloss. Die Namen von Vernichtungslagern, wie Auschwitz, Majdanek oder Sobibor, stehen für unzählige Morde an Polen durch Deutsche. Der Holocaust fand größtenteils auf polnischem Vorkriegsgebiet statt. Sämtliche Vernichtungslager der Nazis, wie Auschwitz, Treblinka und Kulmhof lagen in Polen.
Bis 1941 waren auch die Polen, die in Ostpolen unter sowjetische Herrschaft geraten waren, von Menschenrechtsverletzungen betroffen. Eine bis 1.5 Millionen Menschen wurden nach Sibirien deportiert; ein eklatantes Verbrechen war die Massenerschießung von polnischen Offizieren durch sowjetische Truppen bei Katyn 1940.
Während des Krieges und der Besatzungszeit kamen über 6 Mio. Polen, davon 3 Mio. jüdische Einwohner, ums Leben.
Der Widerstand: Untergrundstaat und Kampf in West und Ost-Europa
Durch Bildung eines Untergrundstaates und der Untergrundarmee Armia Krajowa (250 000-350 000 Soldaten), wie auch kleinerer Widerstandsorganisationen und Partisanen Gruppen, leistete Polen auch nach der militärischen Niederlage Widerstand. 1943 wurde ein Aufstand im jüdischen Ghetto von Warschau (Aufstand im Warschauer Ghetto) niedergeschlagen. 1944 scheiterte ebenfalls in Warschau (Warschauer Aufstand) ein Befreiungsversuch von Verbänden der polnischen Untergrundarmee, u.a. an mangelnder Unterstüzung durch die Sowjetunion. Stalin stoppte seine Offensive am Weichselufer und erlaubte den alliierten Fliegern nicht, auf von Sowjets kontrollierten Flugplätzen zu landen, die den dringenden Nachschub der polnischen Untergrundsarmee sichern sollten. Warschau wurde von deutschen Truppen dem Erdboden gleichgemacht (95% der Stadt war zerstört).
Die polnische Exil-Regierung unter Władysław Sikorski hatte schon 1939 mit der Neubildung einer polnischen Armee (Polskie Siły Zbrojne) in Frankreich begonnen. 55 000 polnische Soldaten nahmen an der Verteidigung Frankreichs teil (unter anderem 2 Gruppen und 27 Ketten der polnischen Luftwaffe - Polskie Siły Powietrzne). Eine kleine polnische Expeditionstruppe nahm auch an der Verteidigung Norwegens teil.
Nach dem Fall Frankreichs wurde der größte Teil der polnischen Truppen nach Großbritannien evakuiert, von wo aus 250 000 polnische Soldaten auf Seiten der Alliierten am Kampf gegen Deutschland teilnahmen (unter anderem 15 Gruppen und eine Staffel der polnischen Luftwaffe - Polskie Siły Powietrzne).
Die Anders-Armee unter General Władysław Anders (70 000 polnische Soldaten) wurde aus Kriegsgefangenen aus Lagern und Gulags in der Sowjetunion gebildet. Sie wurde 1942 zusammen mit 45 000 Zivilisten nach Iran und Irak evakuiert. Von dort aus kämpfte sie in Afrika bis nach Italien.
Die Berling-Armee unter General Zygmunt Berling (900 000 polnische Soldaten) wurde ebenfalls aus Kriegsgefangenen aus Lagern und Gulags wie auch durch Rekrutierungen aus polnischer Bevölkerung in der Sowjetunion und von Sowjets besetzen Polen gebildet. Sie war nicht der polnischen Exilregierung in London untergeordnet. Diese Armee kämpfte auf Seiten der Roten Armee und marschierte mit dieser durch Weißrussland und Polen nach Berlin und Dresden.
Nach Ende des Krieges 1945 wurde Polen mit der Vertreibung polnischer Bürger aus der Ukraine, Litauen und Weißrussland und deren Ansiedlung in den ehemals deutschen Ostgebieten gewaltsam nach Westen verschoben, in die Grenzen des mittelalterlichen Piastenreiches. Diese Entwicklung wurde unmittelbar eingeleitet durch die Entscheidungen der drei alliierten Mächte (Sowjetunion, USA, Großbritannien) auf den Konferenzen von Teheran, Jalta und Potsdam, an denen Polen nicht teilnahm.
Die Volksrepublik Polen: Herrschaft der Kommunistischen Partei
Durch Entscheidungen auf der Konferenz von Jalta wurde Polen - unfreiwillig - zum Machtbereich der Sowjetunion. Der legitimen polnischen Exilregierung wurde die Anerkennung entzogen und Stalin installierte - im von Sowjets besetzten Polen - eine kommunistische Marionettenregierung.
Die Ostgrenze Polens (Curzon-Linie) wurde 1945 von der kommunistischen Regierung anerkannt. Gleichzeitig fanden Verstaatlichungen und Kollektivierungen statt. 1950 wurde die Oder-Neiße Linie als polnische Westgrenze auch von der DDR anerkannt.
1956, 1970 und 1980 kam es in Industriebetrieben (v. a. an der Küste) zu Streiks gegen die kommunistische Regierung, die gewaltsam niedergeschlagen wurden.
Durch die wachsende Macht der Solidarność die, die kommunistische Herrschaft in Polen bedrohte, zogen Truppen der "Bruderstaaten" DDR, Tschechoslowakei und der Sowjetunion an West, Süd und Ostgrenzen Polens auf. In der Nacht vom 12 auf den 13. Dezember 1980 ruft General und Parteichef Wojciech Jaruzelski das Kriegsrecht aus, dass erst am 22. Juli 1983 widerrufen wurde.
Die Solidarność wurde Verboten, was Unruhen und Streiks zur Folge hatte. Über 10 000 Menschen wurden Bürgerrechte eingeschränkt, inhaftiert oder interniert, viele kamen ums Leben.
Am 1. Februar 1992 beschloss der Sejm, Wojciech Jaruzelski´s Entscheidung als Rechtswidrig zu statuieren.
Parallel wurde in den siebziger Jahren unter dem deutschen Kanzler Brandt eine Entspannung im polnisch-deutschen Verhältnis eingeleitet (Warschauer Kniefall).
Wendezeit: 1980-1990: Kampf um Demokratie und Unabhängigkeit
Während des Streiks 1980 wurde die unabhängige Gewerkschaft Solidarność unter Wałęsa gegründet und gerichtlich bestätigt. 1981 wurde General Wojciech Jaruzelski Parteichef und verhängte das Kriegsrecht, um mehr Vollmachten im Kampf gegen Solidarność zu haben. Mehr als 1000 Personen wurden interniert. Ende der 80er Jahre wurde der Druck durch immer neue (von der katholischen Kirche unter Papst Johannes Paul II. moralisch unterstützte) Streiks so groß, dass in Runden-Tisch-Gesprächen für 1989 freie Wahlen angesetzt wurden. Die Zahl der Abgeordnetenmandate, die für die Opposition erreichbar waren, wurde allerdings beschränkt. Als Solidarność jedoch die volle Zahl der erreichbaren Mandate errang, bedeutete dies das Ende der kommunistischen Herrschaft. Wałęsa wurde Staatspräsident und Polen ein freier, demokratischer und marktwirtschaftlicher Staat. Diese Ereignisse trugen maßgeblich zum Fall der Mauer in Deutschland und zum Niedergang des Kommunismus im östlichen Europa bei.
Die Dritte Republik: Anschluss an den Westen
Die Kontakte Polens zu seinem westlichen Nachbarn entwickeln sich sehr eng und vertrauensvoll. Polen ist heute ein wirtschaftlich aufstrebender, stabiler und demokratischer Staat, was in seiner Aufnahme in die NATO (12. März 1999) und seiner Aufnahme in die EU (1. Mai 2004), nachdem sich eine Mehrheit der polnischen Bürger (73 % JA-Stimmen bei einer Beteiligung von ca. 59 %) in einer Volksabstimmung im Juni 2003 für den EU-Beitritt ausgesprochen hat, Ausdruck findet.
Im 3. Golfkrieg nach dem Jahr 2003 schloss sich Polen der von den USA und Großbritannien geleiteten Koalition an und übernahm nach Kriegsende die Verwaltung einer der drei Besatzungszonen im Irak, was inzwischen auch im Land selbst umstritten ist.
Literatur
- Adam Zamoyski - The Polish Way: A Thousand-Year History of the Poles and Their Culture
- Adam Zamoyski - The Forgotten Few
- Mieczyslaw B. Biskupski - History of Poland
- Iwo Cyprian Pogonowski - Poland: An Illustrated History
- George J. Lerski - Historical Dictionary of Poland, 966-1945
- Jerzy Lukowski, Hubert Zawadzki - A Concise History of Poland
- Jerzy Kloczowski - A History of Polish Christianity
- Jerzy B. Cynk - The Polish Air Force at War: The Official History, 1939-1943
- Jerzy B. Cynk - The Polish Air Force at War: The Official History, 1943-1945
- Norman Davies - God's Playground (Volume I und II)
- Norman Davies - Heart of Europe: A Short History of Poland
- Norman Davies - Rising 44: The Battle for Warsaw
- Norman Davies - White Eagle, Red Star: The Polish-Soviet War, 1919-20
- Lynne Olson, Stanley Cloud - The Kosciuszko Squadron: Forgotten Heroes of World War II
- Lynne Olson, Stanley Cloud - For Your Freedom and Ours
- Richard C. Lukas - Forgotten Holocaust: The Poles Under German Occupation, 1939-1944
- Richard C. Lukas - Did the Children Cry: Hitler's War Against Jewish and Polish Children, 1939-1945
- Richard M. Watt - Bitter Glory: Poland and Its Fate 1918 to 1939
- Zofia Nalkowska - Medallions
- E.Thomas Wood, M. Jankowski - Karski: How One Man Tried to Stop the Holocaust
- Jan Karski - Story of a Secret State
- Jan Karski - The Great Powers and Poland 1919-1945: From Versailles to Yalta
- Irene Tomaszewski, Tecia Werbowski - Zegota
- Sophie Hodorowicz Knab, Mary Anne Knab - Polish Customs, Traditions and Folklore
- Wladyslaw Anders - An Army in Exile: The Story of the Second Polish Corps
- Steven J. Zaloga - The Polish Army 1939-1945
- Stanley S. Sokol - The Artists of Poland: A Biographical Dictionary from the 14th Century to the Present
Externe Verbindungen
- Karte Polens und der Westslawen 800-950
- Karte Polens 990-1040
- Karte Polens 1040-1090
- Karte Polens 1090-1140
- Karte Polens 1140-1250
- Karte Polens 1250-1290
- Karte Polens 1290-1333
- Karte Polens 1333-1350
- Karte Polens 1350-1370
- Karte Polens 1550
- Karte Polens 1677
- Karte Polens 1773
- Karte Polens 1939
- Karte Polens 2004
- Historische Karten Polens (in flash version)
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