Wehrmachtslokomotive WR 360 C 14

Deutsche Rangier-Diesellokomotive
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Die Wehrmachtsdiesellokomotiven des WR 360 C 14 entstanden in den späten 1930er Jahren als Rangierlokomotiven für die deutsche Wehrmacht. Die Typenbezeichnung bezeichnet eine Wehrmachtlokomotive für Regelspur mit 360 PS, Achsfolge C (drei gekuppelte Antriebsachsen) und einer Achslast von etwa 14 Tonnen.

WR 360 C 14
Nummerierung: DR: V 36
DB : 236
DR: 103
ÖBB: 2065
FS: D 236
ČSD: T 334.0
Hersteller: O&K, BMAG, Deutz, Jung, Henschel, DWK, Krupp, Holmag, MAK
Baujahr(e): 1937–1950
Ausmusterung: DB: bis 1981
DR: bis 1985
FS: bis 1971
ČSD: 1957
Achsformel: C
Länge über Puffer: 9200 mm
Dienstmasse: 39 bis 43 t
Höchstgeschwindigkeit: 55/60 km/h
Installierte Leistung: 265 kW / 360 PS
Anfahrzugkraft: 127 bis 140 kN
Treibraddurchmesser: 1100 mm
Motorbauart: 1 6-Zylinder Diesel-Reihenmotor mit 98 l Hubraum
Leistungsübertragung: hydraulisch
Tankinhalt: 1500 l
Lokbremse: Druckluftbremse

Geschichte

 
V 36 406, Führerstand

Sowohl die Deutsche Bundesbahn (DB) als auch die Deutsche Reichsbahn (DR) haben nach dem Zweiten Weltkrieg Diesellokomotiven dieser Bauart als Baureihe V 36 eingeordnet. Vorübergehend liefen die Lokomotiven bei der DR auch unter anderen Bezeichnungen, z. B. V 10. Bei den Österreichische Bundesbahnen (ÖBB) wurden die in Österreich verbliebenen Lokomotiven unter der Baureihe 2065 eingereiht. In den neuen deutschen Nummernplänen trugen die Maschinen bei der DB ab 1968 die Baureihenbezeichnung 236, bei der DR ab 1970 die Baureihenbezeichnung 103.

Die Kraftübertragung vom Dieselmotor (verschiedener Hersteller, wie auch die Lokomotiven selbst) zu den Rädern erfolgte über ein hydraulisches Mehrstufengetriebe von Voith, eine Blindwelle und Treibstangen. Gebaut wurden die Loks für explosionsgefährdete Standorte der Wehrmacht (Raffinerien, Tanklager und Munitionsdepots), aber auch für Häfen, Flugplätze und ähnliches, wo Dampflokomotiven mit ihren Dampf- und Rauchschwaden sonst die Standorte verraten hätten. Ein gutes Beispiel dafür ist die Heeresversuchsanstalt in Peenemünde auf der Ostseeinsel Usedom, wo die WR 360 C 14 zwischen Zinnowitz und Peenemünde auch vor Zügen im Personenverkehr zum Einsatz kamen.

Entwickelt wurde die WR 360 C 14 parallel zu der WR 200 B 12 und WR 200 B 14, der späteren DB-Baureihe V 20. Die WR 360 C 14 wurde aber auch weiterentwickelt. Es entstand noch während des Krieges die WR 550 D 14, eine stärkere, vierachsige Bauart in insgesamt drei Exemplaren. Zwei dieser Loks überlebten den Krieg nicht, eine der Lokomotiven ist als Bestandteil eines Panzerzuges in Warschau museal erhalten.[1] Von ihren zwei- und dreiachsigen Schwesterlokomotiven sind jeweils einige Exemplare erhalten. Die Kriegs-Diesellokomotiven wurden während des Zweiten Weltkrieges in ganz Europa und – besonders im Fall der vierachsigen Variante – auch in Nordafrika eingesetzt. Ein Bericht der Wochenschau der damaligen Zeit zeigt sogar die Entladung einer WR 550 D 14 in einem nordafrikanischen Hafen.

Die V 36.1, .2 und .4 wurden sogar im Wendezugdienst vor und hinter Reisezügen eingesetzt. Dabei kam die sogenannte „indirekte Wendezugsteuerung der Einheitsbauart“ zum Einsatz. Das heißt, beim geschobenen Zug (wegen der fehlenden Zugheizung der V 36 meistens vierachsige Steuer- und Beiwagen von Dieseltriebwagen, aber auch Plattformwagen der Bauart „Donnerbüchse“) befand sich der Lokomotivführer im Steuerwagen, während die Lok, die in der Regel mit dem Vorbau am Zug stand, von einem „maschinentechnischen Begleiter“ besetzt war. Die Übermittlung der Fahrbefehle (die Bremse wurde vom Lokführer bedient) erfolgte über eine Klingelleitung und eine Art „Maschinen-Telegraph“. Sieben Lokomotiven erhielten zwischen 1955 und 1959 auch noch eine elektropneumatische Steuerung, die einmännig zu bedienen war. Für diese Einsätze wurden diverse V 36 einem großen Umbau unterzogen: Weil die Fahrt mit dem (recht hohen) Vorbau voraus immer etwas problematisch war und den Einmannbetrieb verhinderte, wurde ihnen eine Kanzel auf das Führerhaus gesetzt. Der Lokomotivführer stand dann auf dem Führerpult, in etwa so wie der Kapitän eines Binnenschiffs beim Unterfahren einer niedrigen Brücke. Es gab Versuchs- und Einheitskanzeln. Die V 36 238 erhielt ein komplett neues Hochführerhaus. Nach der Lieferung stärkerer Loks, vor allem der Baureihe V 60, wanderten die V 36 in den leichten Rangierdienst, in den Arbeitszug- und in den Werkstättendienst ab. In den 1970er Jahren erfolgte ihre Ausmusterung bei der Deutschen Bundesbahn, in den 1980er Jahren bei der Deutschen Reichsbahn in der DDR.

Verbleib

 
V 36 123 der Dampfbahn Fränkische Schweiz
 
Heutige V 36 005 der Verkehrsbetriebe Grafschaft Hoya
 
Lok V 36 406 der Historischen Eisenbahn Frankfurt

Nach dem Krieg verblieben viele dieser Lokomotiven in Deutschland. Wenige Einzelstücke fand man auch in Österreich, Italien, Frankreich, Ungarn, der Tschechoslowakei und den Benelux-Staaten. Bei der späteren DB wurden die WR 360 C 14, deren Aufarbeitung sich noch lohnte, in den Unterbaureihen V 36.0, V 36.1, V 36.2 und V 36.3 zusammengefasst. 1955 gab es bei der DB 93 Lokomotiven dieser Baureihe. Während erstere ein dieselhydraulisches Getriebe und einen Endführerstand mit einem langen, hohen Vorbau besaßen, waren die V 36.3 Mittelführerstand-Loks mit dieselmechanischer Kraftübertragung. Diese wurden aber schon bald ausgemustert, besonders nachdem die DB 1950 noch einmal eine Nachbauserie als V 36 401 bis 418 bei MaK bestellt hatte.

Etliche V 36 blieben erhalten, sei es nun bei der DB und der DR selbst als historische Loks, bei Privatbahnen im In- und Ausland oder bei Museumsbahnen. Die Verkehrsbetriebe Grafschaft Hoya (VGH) in Norddeutschland waren bis in die 1990er Jahre ein „V 36-Paradies“, noch heute tut dort V 36 005 (VGH-Nummer, früher DB V 36 237), deren Eigentümer der Deutsche Eisenbahn-Verein (DEV) ist, ihren Dienst zu Sonderfahrten oder als Reservelok. Bei der DR wurden sie im Rangierdienst und leichten Güterverkehr eingesetzt, wofür sie schon die Wehrmacht vorgesehen hatte. Der Einsatz der Maschinen bei der DR erfolgte überwiegend im Ölhafen Wismar sowie zur Bedienung von Treibstofflagern der Roten Armee, weil damals die V 36 die einzige Lokomotivbaureihe bei der Deutschen Reichsbahn war, welche über eine Explosionsschutzeinrichtung verfügte. Die Loks mussten teilweise wegen fehlender Ersatzteile remotorisiert werden.

Ein Vorserienexemplar befindet sich im Technik-Museum Speyer. Die Lokomotive wurde 1938 von Schwartzkopff (BMAG) für die Wehrmacht hergestellt und schließlich 1962 von der Steinhuder Meer-Bahn mit der Nummer 271 an die Stadt Frankfurt verkauft. Das Fahrzeug wurde von den Stadtwerken Frankfurt mit der Nummer 2018 eingesetzt. Die Lokomotive ist mit einem Stromabnehmer zur Steuerung von Signalen auf einer Strecke der ehemaligen Frankfurter Lokalbahn ausgestattet. Die Lokomotive wurde 1980 wegen eines Risses im Motorblock abgestellt und an die Historische Eisenbahn Frankfurt abgegeben.[2]

Die V 36 027 übernahm die DR 1983 in ihren Bestand der Traditionsfahrzeuge. Sie trug damals die Betriebsnummer 103 027-9. 1992 erfolgte die Umzeichnung in 388 365-9. Mit dieser Nummer wurde sie auch 1994 in den Bestand der DBAG eingereiht und 2001 ausgemustert. Sie ging dann an die Mecklenburgischen Eisenbahnfreunde Schwerin e. V., wo sie wieder ihre alte Nummer V 36 027 erhielt.

Die V 36 032 befindet sich im Eisenbahnmuseum Weimar.

Die V 36 127 befindet sich betriebsfähig im Eisenbahnmuseum Neustadt (Weinstr.)

Die V 36 211 und die V 36 224 befinden sich im Bayerischen Eisenbahnmuseum in Nördlingen. Beide sind derzeit nicht betriebsfähig.

Die V 36 231 befindet sich im Eisenbahnmuseum Bochum-Dahlhausen.

Die V 36 316 befindet sich heute in gutem Zustand (allerdings nicht mehr betriebsfähig) im Eisenbahnmuseum Dieringhausen.

Die V 36 405 ist heute im Eigentum der Historischen Eisenbahn Frankfurt, sie ist nicht betriebsfähig.

Die V 36 406 ist ebenfalls im Eigentum der Historischen Eisenbahn Frankfurt, sie ist betriebsfähig.

Die V 36 412 ist heute im Eigentum des Vereins |Eisenbahn-Tradition und betriebsfähig im Bw Lengerich der Teutoburger Wald-Eisenbahn stationiert.

Die drei Maschinen der ÖBB-Reihe 2065 wurden 1961 (2065.03) und 1968 (2065.01 und 02) ausgemustert. 2065.01 wurde an die GKB verkauft, modernisiert und stand bis 1991 im Einsatz.

 
T 334.004 der ČSD im Eisenbahnmuseum Lužná u Rakovníka (2012)

Auch in der Tschechoslowakei blieb eine Lokomotive erhalten. Eine nummernmäßig nicht bekannte Maschine wurde nach 1945 bei den ČSD als T 334.004 bezeichnet und 1957 ausgemustert. Die Lokomotive wurde nach ihrer Ausmusterung an eine Fabrik in Roudnice nad Labem verkauft und stand dort bis 1999 im Einsatz. Heute gehört sie - äußerlich restauriert - zum Bestand des Eisenbahnmuseum Lužná u Rakovníka.

Nachfolgebauarten

Als nach dem Zweiten Weltkrieg der Bau von Schienenfahrzeugen in Deutschland wieder anlief, bauten viele Hersteller der V 36 sehr ähnliche Lokomotiven für Privat- und Industriebahnen, z. B. die Krauss-Maffei ML 440 C. Im Schienenfahrzeugbau der DDR wurde die Baureihe V 60 D von dieser Lok abgeleitet. Von diesen Typen sind ebenfalls zahlreiche Exemplare verschiedener Hersteller erhalten geblieben, einige wenige Exemplare werden noch heute auf Industriebahnen eingesetzt.

Literatur

  • Stefan Lauscher: Die Diesellokomotiven der Wehrmacht. Die Geschichte der Baureihen V 20, V 36 und V 188. EK-Verlag, Freiburg 2006, ISBN 3-882-55236-0
  • Rolf Löttgers: Die Dieselloks der Baureihen V 20 und V 36. Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart 1986, ISBN 3-440-05673-2
  • Vorschrift D 1151/3, Diesellokomotive 360 PS WR 360 C 14 und 14 K. 1941

Siehe auch

Commons: DRG Class V 36 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Verbleib der WR 550 D 14
  2. Walter Söhnlein, Jürgen Leindecker: Die Frankfurter Lokalbahn und ihre Elektrischen Taunus-Bahnen., GeraMond, München 2000, ISBN 3-932785-04-5, S. 145

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