Wertpapier
Vorlage:Schweizlastig Ein Wertpapier ist eine Urkunde, die ein privates Recht, beispielsweise das Miteigentum an einem Unternehmen, verbrieft. Um das Recht geltend zu machen, ist zumindest der Besitz der Urkunde notwendig.
Definition
Die genaue juristische Definition lautet also: Urkunde, die ein privates Recht (auf etwas) derart verbrieft, dass die Innehabung (in Deutschland: Besitz) der Urkunde zur Geltendmachung des Rechts erforderlich ist. Diese Definition bedeutet vor allem, dass kein Wertpapier bei bloßen Beweisurkunden (= Beweis des Bestehens des Rechts), wie zum Beispiel Quittung, Schuldschein, Kaufvertrag, sowie bei einfachen Legitimationsurkunden (= Prüfung der Berechtigung des Vorlegers zur Empfangnahme einer Leistung), beispielsweise Garderobenmarke, Gepäckaufbewahrungsschein, Reparaturschein, vorliegt. Manchmal wird die obige Definition insofern zusätzlich eingeschränkt, als Rektapapiere (siehe unten) keine Wertpapiere sind. Die obige Innehabung kann vereinfachend mit Vorlage gleichgesetzt werden, es ist aber zu beachten, dass dies manchmal nicht richtig ist - so genügt beispielsweise bei Aktien zur Ausübung des Rechts auf Teilnahme an der Hauptversammlung die Vorlage der sgn. Hinterlegungsbescheinigung (der Bank, dass die Aktien bei ihr im Depot verwahrt werden), d.h. die eigentliche Aktie muss nicht vorgelegt werden, man muss sie aber besitzen.
Im engeren Sinne bezeichnet man oft Effekten als Wertpapiere, also etwa Aktien, Anteilscheine, Optionsscheine, Rentenpapiere oder Schuldverschreibungen (Pfandbrief, Inhaberschuldverschreibung, Kassenobligation, Wandelanleihen, Zertifikate u. a.).
Keine Wertpapiere sind:
- Ein Gutschein eines Kaufhauses ist kein Wertpapier, denn er verbrieft zwar das Recht, beim Herausgeber etwas im genannten Wert zu erhalten, kann aber nicht kraftlos erklärt werden.
- Eine Banknote ist heute normalerweise kein Wertpapier, sondern ein Zahlungsmittel. Noch vor einigen Jahrzenten war eine Banknote durch ihre Golddeckung durchaus häufig ein Wertpapier, weil sie jederzeit gegen eine festgelegte Menge Gold getauscht werden konnte (z.B. der US-Dollar bis 1973).
- Ein Pass oder eine Identitätskarte ist kein Wertpapier, da diese Urkunden lediglich die Nationalität des Bürgers eines Landes bestätigen.
siehe auch: Verzinsliche Wertpapiere, Valutapapier
§ 4 (2) Nr.7 AWG definiert Wertpapiere als alle Wertpapiere im Sinne des § 1 (1) des Gesetzes über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) vom 4. Februar 1937 (Reichsgesetzblatt I, S. 171). Weiterhin gelten auch Anteile an einem Wertpapersammelbestand oder an einer Sammelschuldbuchforderung, sowie Rechte auf Lieferung oder Zuteilung von Wertpapieren als Wertpapiere.
Diese Wertpapiere gelten gemäß § 4(2) Nr. 8 AWG als inländische Wertpapiere, wenn sie von einer deutschen oder vor dem 9. Mai 1945 von einer Person (natürliche Person oder juristische Person) mit Wohnsitz bzw. Sitz im Gebiet des Deutschen Reichs nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 ausgestellt worden sind. Alle anderen Wertpapiere gelten nach § 4 (2) Nr. 9 AWG als ausländische Wertpapiere.
Sinn und Zweck von Wertpapieren
Im Schuldrecht sind Verträge grds. formfrei. Fixieren die Parteien die Rechte und Pflichten dennoch schriftlich, so erfolgt dies aus Gründen der leichteren Beweisbarkeit. Gewährt A also B ein Darlehen, kann er von B die Ausstellung eines Schuldscheines verlagen. Legt er nach Fälligkeit der Darlehensschuld diesen B vor, kann der damit die Schuld des B beweisen. Verliert er den Schuldschein, geht damit sein Recht auf Rückzahlung keineswegs unter – es obliebt ihm nur, es auf andere Art zu beweisen. Beim Schuldschein handelt es sich also bloß um eine Beweisurkunde.
Wird jedoch vereinbart, dass der Schuldner mit schuldbefreiender Wirkung an denjenigen leistet, der die Urkunde vorlegt, so hat die Urkunde Liberationsfunktion (Befreiungsfunktion) zugunsten des Schuldners unabhängig davon, wer sie vorlegt. Der Gläubiger kann in diesem Fall nämlich die Urkunde an einen seiner Gläubiger wiederum weitergeben, der die Urkunde nun beim hier gemeinten Schuldner vorlegt. Unter diesem Umständen handelt es sich bei der Urkunde um ein Wertpapier.
Verbindung des Rechtes mit der Urkunde
Bei Wertpapieren ist das Recht grds. untrennbar mit der Urkunde verbunden. Wird die Urkunde übertragen, geht das Recht über. Die Übertragung erfolgt nach sachenrechtlichen Grundsätzen. Bei nicht in Wertpapier verbrieften Forderung ist dies nicht möglich; sie können nur durch Zession übertragen werden.
Der „weite“ und der „enge“ Wertpapierbegriff
Der „weite“ Wertpapierbegriff von Brunner ist die heute herrschende Definition: Ein Wertpapier ist eine Urkunde, in der ein privates Recht in der Weise verbrieft ist, dass zur Geltendmachung des Rechts die Innehabung der Urkunde erforderlich ist.
- Urkunde: Die Urkunde ist eine körperliche, bewegliche Sache.
- privates Recht: Um private Rechte handelt es insbes. nicht bei Geburtsurkunde, Führerschein oder Geldscheinen.
- Innhabung der Urkunde: Ohne die Innehabung kann das Recht zwar grundsätzlich nicht ausgeübt werden, die physische Vernichtung der Urkunde bedeutet aber nicht den Verlust des Rechtes.
Der „enge“ Wertpapierbegriff besagt, dass nur nach sachenrechtlichen Grundsätzen übertragbare Urkunden, Wertpapiere sind. Hierzu werden Inhaber- und Orderpapiere gezählt, Rektapapier ausgeschlossen.
Abgrenzung von anderen Urkunden
- Keine Wertpapiere sind Beweisurkunden wie Schuldschein und Quittung. Derartige Urkunden haben bloß Beweisfunktion; das Recht ist völlig unabhängig von ihrem Bestehen.
- Ebenfalls keine Wertpapiere sind einfache Legitimationsurkunden wie Garderobenmarken oder Reparaturscheine. Sie haben zwar wie Wertpapiere Liberationsfunktion, jedoch fehlt es an der Verbriefung des Rechtes (Urkunde = Recht). Diese Urkunde befreien somit den Schuldner von seiner Leistung, ändern aber nichts an den Rechten des Gläubigers. Bspw. Kann der Hinterleger der Kleidungsstücke sein Recht anderweitig beweisen, indem er z.B. der die Kleidungsstücke und deren Inhalt genau Beschreibt.
- Wertpapiercharakter haben aber Fahrscheinen und Eintrittskarten. Wer auch immer sie einlöst, hat das Recht auf die entsprechende Leistung.
Was im konkreten Fall als einfache Legitimationsurkunde oder als Wertpapier gibt, entscheidet primär der Wille des Ausstellers, subsidiär die Verkehrsauffassung.
Erlöschen von Recht bzw. Urkunde
Grundsätzlich erfordert ein Wertpapier ein bestehendes Recht und eine Urkunde, in der es verbrieft ist.
Erlischt nun das Recht und ist die Urkunde noch im Unfang, so kann es zum gutgläubigen Erwerb des Rechts durch einen Dritten kommen, wenn der Aussteller einen „äußeren Tatbestand“ setzt (z.B. ausgefüllter Wechsel wird liegen gelassen)
Geht die Urkunde (z.B. durch Brand, Diebstahl) unter, kann sie für kraftlos erklärt und eine neue Urkunde ausgefertigt werden.
Bestandteile
Ein Wertpapier besteht i.d.R. effektiv aus
- dem Mantel: Das ist die Urkunde selbst.
- dem Bogen: Das ist ein in mehrere gleichartige und nummerierte Abschnitte aufgeteiltes Papier. Die einzelnen Abschnitte werden Kupon genannt. Gegen die Abgabe eines Kupons bei einer Zahlstelle können Rechte aus der Urkunde geltend gemacht werden. Dies betrifft insbesondere Gewinnausschüttungen bzw. Zinszahlungen aber auch Wandlungen, Bezug neuer Aktien o. ä..
- dem Erneuerungsschein: Gegen Abgabe des Erneuerungsscheines bei einer Zahlstelle erhält der Inhaber einen neuen Bogen (wenn beispielsweise die Koupons des alten Bogens verbraucht sind). Häufig ist der Erneuerungsschein aber als besonderer Abschnitt im Bogen enthalten.
Kennzeichnung
Im deutschen Börsenhandel wurden Wertpapiere im engeren Sinn bisher über eine sechsstellige Kennnummer, die Wertpapierkennnummer oder WKN klassifiziert; diese wurde am 22. April 2003 durch die ISIN (International Securities Identification Number) ersetzt. Die ISIN ist eine zwölfstellige Zahlen-Buchstaben-Kombination, die nach folgendem Muster zusammengesetzt ist:
Ländercode Nationale Kennnummer Prüfziffer DE 000575200 0
In den nationalen Kennnummern ist, sofern schon existent, die bisherige WKN (im Beispiel: Bayer AG, WKN 575200) rechtsbündig eingearbeitet, die vorderen Stellen werden mit Nullen aufgefüllt.
Siehe auch Handelssystem
Einteilungen
Nach Bezeichnung des Berechtigten/Begünstigten (= wer Anspruch auf Leistung hat)
- A) Inhaberpapiere (engl.: bearer paper): Das sind WP, bei denen Berechtigter der Vorleger ist. Die Übertragung erfolgt durch bloße (Vereinbarung und) Übergabe des WP. Beispiele sind:
- die (sonst) Orderpapiere mit Blankoindossament (siehe C ), d.h. Inhaberaktie, Inhaberscheck usw.
- Pfandbrief, Fahrschein, Zinsschein, Optionsschein
- Fahrscheine
- B) Rektapapiere (=Namenspapiere) (engl etwa: nonnegotiable/registered instrument): Das sind WP, bei denen Berechtigter (nur) der darauf Genannte ist. Die Übertragung erfolgt durch (Vereinbarung und) Zession (=Forderungsabtretung). Beispiele sind:
- a) die (sonst) geborenen Orderpapiere mit negativer Orderklausel (=Rektaklausel = „nicht an Order“ oder “nicht übertragbar“) (siehe C)
- b) die (sonst) gekorenen Orderpapiere sofern sie keine Orderklausel enthalten (siehe C)
- C) Orderpapiere (engl: order paper) ( in Österr. unter §363ff HGB) Das sind WP, die durch Indossament übertragen werden können (= indossable/indossierbare WP). Berechtigter ist der darauf Genannte oder der, den dieser als neuen Berechtigten (=Indossataren) bezeichnet. Die Übertragung erfolgt durch Indossament und (Vereinbarung und) Übergabe. Man unterscheidet folgende Orderpapiere:
- a) geborene (=gesetzliche) Orderpapiere: Das sind WP, die auch ohne Orderklausel Orderpapiere sind. Geborene OP sind nur der Wechsel, Scheck und die Namensaktie.
- b) gekorene Orderpapiere: Das sind WP, die nur dann Orderpapiere sind, wenn sie eine Orderklausel enthalten (sonst sind sie Rektapapiere). Gekorene OP sind nur die (Transport) Versicherungspolice, das Konnossement, der Ladeschein, der (Order)lagerschein, die kaufmännische Anweisung sowie der kaufmännische Verpflichtungsschein.
- c) Alle anderen mit Orderklausel versehenen Papiere sind keine echten OP. Durch Indossament wird bei ihnen nur die Abtretung beurkundet (mit den gleichen Rechtswirkungen wie bei Namenspapieren).
Orderklausel und Indossament
In der Praxis sieht das Ganze folgendermaßen aus. Auf der Vorderseite eines (gekorenen) OP steht etwa: „Berechtigter = Peter an Order (engl: to order)“ bzw. „Berechtigter = Peter oder an dessen Order“ Die Worte, die auf „Peter“ folgen, bezeichnet man als ORDERKLAUSEL und sie bedeuten „oder jemand, den Peter ggf. durch Indossament befiehlt“. Der Berechtigte Peter schreibt dann ggf. auf die Rückseite des WP etwa:
- a) „Für mich an XY“. (ein INDOSSAMENT )
- b) „Für mich an die Order von XY“.(ein INDOSSAMENT mit einer ZWEITEN ORDERKLAUSEL)
Nach dem verbrieften Recht
- Schuldrechtliche WP (=Verbriefung von Forderungen)
- Wechsel, Scheck, Sparbuch
- Warenwertpapiere (siehe unten)
- Mitgliedschaftspapiere (=Verbriefung von Mitgliedschaft an einer Personenvereinigung und der entsprechenden Rechte)
- Aktie
- Sachenrechtliche WP (=Verbriefung von Sachenrechten)
- Investmentzertifikat
Nach der Beziehung zum Grundgeschäft
- abstrakte WP (=Verbriefung eines vom Grundgeschäft losgelösten Rechts)
- Wechsel
- Scheck
- kausale WP (=sonstige)
- Aktie
Nach der wirtschaftlichen Funktion
- Effekten (WP des Kapitalmarktes)
- Schuldverschreibung
- Aktie
- WP des Zahlungs- und Kreditverkehrs
- Scheck
- Sparbuch
- WP des Güterumlaufs (Warenwertpapiere)
- Konnossement
- Ladeschein
- Lagerschein
Nach dem Gegenwert
- Geldwertpapiere
- Kapitalwertpapiere
- Gläubigerpapiere
- Beteiligungswertpapiere
- Warenwertpapiere
- Konnossement
- Ladeschein
- Lagerschein
Nach Vertretbarkeit
- vertretbare WP:
- nicht vertretbare WP
Nach dem Ertrag
- unverzinsliche WP
- verzinsliche WP
- klassische Schuldverschreibungen
- Dividendenerträge
- Aktien
siehe auch: Aussetzung des Handels, Scripophilie
Wertpapieraufbewahrung in der Schweiz
Wertpapiersafe
In Olten an der Baslerstrasse 100 befindet sich der grösste Wertschriften-Tresor der Schweiz. Eine Anlage von gigantischen Ausmassen, oft auch Fort Knox genannt.
Fakten des Tresor
- Grundfläche: 47x20m (940qm)
- Höhe: 14m (davon 14m im Grundwasser der Aare)
- Dicke der Decke: 1.27m
- Gewicht der Decke: 3455 Tonnen
- Wandstärke: 0.94m
- Anzahl Behälter: 30000
- Kosten : 11 Mio. CHF für Tresoranlagen, der gesamte Komplex 65Mio.CHF
- Baujahr: 1992
Fort Knox der Schweiz
Das Gebäude an der Baslerstrasse 100 in Olten ist zwar modern, aber eher unscheinbar. Der Bau lässt kaum vermuten was für ein gigantisches Innenleben dieses beherbergt. Obwohl die Wertpapiere in Papierform immer mehr zur aussterbenden Spezies gehören und immer mehr durch die virtuell gehandelten verdrängt werden, hat dieser Tresor seine Berechtigung. Viele Gesellschaften gehen heute wieder aus Reklame- und Prestige-Gründen dazu über, Ihre Wertpapiere physisch (Papierform) anzubieten. Die Wertpapiere in Papierform haben den Vorteil, dass die Generalversammlung der Gesellschaft, die Art der Naturalausschüttung an die Auktionäre bestimmen kann. Die Dividende kann hier durchaus "nur" ein Abonnement der Bergbahn, eine Jahreskarte ins Museum oder ähnliches beinhalten.
Die Angestellten der SIS führen täglich nur etwas über 50 physische Bewegungen mit den eingelagerten Wertpapieren durch. Die kommen etwa vor, wenn eine Bank ihre Wertpapiere einliefert. Eine andere Zahl ist viel eindrücklicher: Wert der eingelagerten Wertpapiere: 1600 Millionen CHF (= 1.6 Milliarden CHF) Dieser Wert schwankt selbstverständlich je nach Währungssituation und Börsenkurs
Die SIS (SegaInterSettle AG)
Der Tresor ist zwar eine eindrückliche Anlage. Das zweite grosse Standbein der SIS ist die elektronische Abwicklung von Börsengeschäften. Die SIS verdient dabei an den Transaktionsgebühren. Im Durchschnitt werden bei der SIS täglich bis zu 46`000 Transaktionen gezählt.
Aufgabe der SIS im Wertpapierhandel
Die Aufgabe und Funktion der SIS sieht vereinfacht dargestellt so aus: Ein Kunde gibt der Bank den Auftrag ein Wertpapier zu erwerben, ein anderer der Bank seine Aktien zu verkaufen. Diese Transaktionen werden nun an der Börse elektronisch erledigt. Nun kommt die SIS zum Zuge: Die Daten werden nun von der Börse online und in Echtzeit der SIS nach Olten übermittelt. Diese belastet nun das Konto des Verkäufers mit den Gebühren und schreibt den Kauf dem Käufer gut. Umgekehrt fliesst das Geld. Die am Geschäft beteiligten Banken erhalten nun eine elektronische Bestätigung.
Wertpapiere Früher - Heute
Früher besasen alle Banken die Wertpapiere ihrer Kunden. Wurden sie jedoch gehandelt mussten sie physisch verschoben und transportiert werden. Ein sehr aufwändiges, teures und unsicheres Verfahren. Mit der zentralen Verwahrung heute in Olten hat der Eigentümer keinen Zugriff mehr zu seinen Wertpapieren. Er erhält lediglich nur noch einen Depotauszug von seinen eingelagerten Papieren.
Wertpapiermuseum
In Olten befindet sich seit 2003 das Wertschriften-Museum an der Baslerstrasse 90. Im Museum befinden sich etwa 7000 Exponate aus mehr als 130 Ländern. Der Wert der Sammlung wird auf mehrere Millionen CHF geschätzt.
Das kostbarste Exponat: Aktie der ersten Waffenfabrik Alfred Nobels (geschätzter Wert: ca. 180`000CHF)