Orthogonale Abbildung

innenprodukterhaltende lineare Abbildung
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Eine orthogonale Abbildung oder orthogonale Transformation ist in der Mathematik eine Abbildung zwischen zwei reellen Skalarprodukträumen, die das Skalarprodukt erhält. Orthogonale Abbildungen sind stets injektiv, linear, isometrisch und beschränkt. Eine orthogonale Abbildung eines reellen Skalarproduktraums in sich wird auch orthogonaler Operator genannt. Die Eigenwerte eines orthogonalen Operators sind nicht notwendigerweise reell, sie besitzen jedoch alle den komplexen Betrag eins. Die bijektiven orthogonalen Operatoren bilden eine Untergruppe der Automorphismengruppe des Raums. Jeder bijektive orthogonale Operator auf einem Hilbertraum ist normal und sein inverser Operator ist gleich seinem adjungierten Operator. Die entsprechenden Gegenstücke bei komplexen Skalarprodukträumen sind unitäre Abbildungen und unitäre Operatoren.

Definition

Eine Abbildung   zwischen zwei Skalarprodukträumen   und   über dem Körper der reellen Zahlen heißt orthogonal, wenn für alle Vektoren  

 

gilt. Eine orthogonale Abbildung erhält demnach das Skalarprodukt von Vektoren. Insbesondere bildet eine orthogonale Abbildung zwei zueinander orthogonale Vektoren   und   (also Vektoren, deren Skalarprodukt null ist) auf zueinander orthogonale Vektoren   und   ab. Im Folgenden werden die Zusätze   bei den Skalarprodukten weggelassen, da durch das Argument klar wird, um welchen Raum es sich jeweils handelt.

Beispiele

Die identische Abbildung

 

ist trivialerweise orthogonal. Im euklidischen Raum   sind orthogonale Abbildungen gerade von der Form

 ,

wobei   eine orthogonale Matrix ist. Im Raum   der quadratisch summierbaren reellen Zahlenfolgen stellt beispielsweise der Rechtsshift

 

eine orthogonale Abbildung dar. Weitere wichtige orthogonale Abbildungen sind Integraltransformationen der Form

 

mit einem geeignet gewähltem Integralkern  . Beispiele sind die Sinus- und die Kosinustransformation, die Hilbert-Transformation und die Wavelet-Transformation. Die Orthogonalität solcher Transformationen folgt dabei aus dem Satz von Plancherel und dessen Varianten.

Eigenschaften

Linearität

Eine orthogonale Abbildung ist linear, das heißt für alle   und   gilt

 .

Es gilt nämlich aufgrund der Bilinearität und der Symmetrie des Skalarprodukts

 

sowie

 

Aus der positiven Definitheit des Skalarprodukts folgen daraus dann die Additivität und die Homogenität von  .

Injektivität

Eine orthogonale Abbildung   ist stets injektiv, denn für   gilt

 

und aus der positiven Definitheit des Skalarprodukts folgt daraus dann  . Der Kern einer orthogonalen Abbildung enthält also nur den Nullvektor. Sind   und   endlichdimensional mit der gleichen Dimension, dann gilt aufgrund des Rangsatzes

 

und somit ist   auch surjektiv und damit bijektiv. Orthogonale Abbildungen zwischen unendlichdimensionalen Räumen müssen jedoch nicht notwendigerweise surjektiv sein (ein Beispiel ist der Rechtsshift). Ist eine orthogonale Abbildung jedoch bijektiv, dann ist ihre inverse Abbildung   aufgrund von

 

ebenfalls orthogonal.

Isometrie

Eine orthogonale Abbildung erhält die Skalarproduktnorm eines Vektors, das heißt

 ,

denn es gilt

 .

Umgekehrt ist jede lineare Abbildung   zwischen zwei Skalarprodukträumen, die die Skalarproduktnorm erhält, orthogonal. Es gilt nämlich aufgrund der Bilinearität und der Symmetrie des Skalarprodukts einerseits

 

und mit der Linearität von   andererseits

 

Durch Gleichsetzen der beiden Gleichungen folgt daraus dann die Orthogonalität von  . Eine orthogonale Abbildung stellt damit eine Isometrie dar, das heißt

 ,

wobei   die jeweils von der Norm induzierte Metrik ist.

Norm

Für die Operatornorm einer orthogonalen Abbildung gilt aufgrund der Normerhaltung

 .

Eine orthogonale Abbildung ist demnach immer beschränkt und damit stetig.

Hintereinanderausführung

Sind   und   zwei orthogonale Abbildungen, dann ist auch auch ihre Hintereinanderausführung   orthogonal, denn es gilt für alle  

 .

Die bijektiven orthogonalen Abbildungen   bilden demnach eine Untergruppe der Automorphismengruppe  . Ist   endlichdimensional mit der Dimension  , so ist diese Gruppe isomorph zur orthogonalen Gruppe  .

Orthogonale Operatoren

Ist speziell  , dann stellt eine orthogonale Abbildung   einen Endomorphismus dar, der auch als orthogonaler Operator bezeichnet wird.

Basistransformation

Ist   ein reeller Hilbertraum, also ein vollständiger Skalarproduktraum, mit Hilbertraumbasis   und ist   ein orthogonaler Operator, dann ist   wiederum eine Hilbertraumbasis von  , denn es gilt

 .

Sind umgekehrt   und   Hilbertraumbasen von  , so folgt daraus die Orthogonalität von  , denn man erhält

 

Normalität

Ist   ein reeller Hilbertraum, dann ist der inverse Operator   eines bijektiven orthogonalen Operators gleich seinem adjungierten Operator  , also

 ,

denn es gilt

 .

Damit ist ein bijektiver orthogonaler Operator stets normal, da dann

 

gilt. Für selbstadjungierte orthogonale Operatoren gilt der Spektralsatz.

Eigenwerte

Die Eigenwerte eines orthogonalen Operators   sind nicht notwendigerweise alle reell. Ist jedoch   ein Eigenwert von   (aufgefasst als Abbildung zwischen komplexen Vektorräumen) mit zugehörigem Eigenvektor  , so gilt

 

und damit  . Die Eigenwerte eines orthogonalen Operators haben also alle den komplexen Betrag eins und sind demnach von der Form

 .

mit  . Ein orthogonaler Operator besitzt also höchstens die reellen Eigenwerte  . Die komplexen Eigenwerte treten immer paarweise komplex konjugiert auf, denn mit   ist aufgrund von

 .

auch   ein Eigenwert von  .

Siehe auch

Literatur

  • Ina Kersten: Analytische Geometrie und lineare Algebra. Band 1. Universitätsverlag Göttingen, 2005, ISBN 978-3-938616-26-0.
  • Hans-Joachim Kowalsky, Gerhard O. Michler: Lineare Algebra. de Gruyter, 2003, ISBN 978-3-11-017963-7.
  • Dietlinde Lau: Algebra und diskrete Mathematik. Band 1. Springer, 2011, ISBN 978-3-642-19443-6.