Villa Leuchtenberg

Herrensitz mit Park am Bodenseeufer des heutigen Lindauer Stadtteils Reutin
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Reutin ist seit der Eingemeindung 1922 ein Stadtteil der Kreisstadt Lindau, die am nördlichen Ufer und fast am Ostende des Bodensees liegt. Der Stadtteil liegt auf dem Festland, nächst der auf der Insel liegenden Altstadt von Lindau, und ist Bregenz benachbart. In Reutin befinden sich einige wichtige Infrastruktureinrichtungen der Stadt wie die Stadtverwaltung. An Reutin grenzt westlich der Lindauer Ach der Stadtteil Aeschach.

Reutin liegt am Bodenseeufer östlich von Aeschach und der Insel Lindau
Kirche St. Verena (erbaut 1871) in Reutin

Lage

  • Im Süden ist Reutin durch das Bodenseeufer begrenzt. Inmitten der Reutiner Bucht liegt die Galgeninsel. Westlich davon liegt die winzige Insel Hoy. Beide gehören zum Stadtteil Reutin.
  • Im Südosten liegt der Lindauer Stadtteil Zech. Er gehörte früher ebenfalls zur Gemeinde Reutin.
  • Im Osten liegt die österreichische Marktgemeinde Hörbranz, und im Nordosten Sigmarszell.
  • Im Norden und Westen liegen die Lindauer Stadtteile Hochbuch und Aeschach (beide Gemarkung und frühere Gemeinde Aeschach).

Ortsgliederung

Östlich neben der Kemptener Straße - von der Insel aus gesehen - zieht sich Reutin ostwärts entlang der Köchlinstraße den Hang zur Steig und zum Lugeck hoch. Die abzweigende Straße nach Motzach erschließt Oberreutin. Westlich neben der Bundesstraße 12 in Richtung Kempten liegen seit etwa 2000 die Siedlungsgebiete Senftenau und Bleichenwiese Nord. Das Köchlin ist ein Wiesengebiet entlang der Ach. Hier entstanden erste Industrieansiedlungen.

Eine andere Entwicklungslinie in der Bebauung folgt vom Berliner Platz quasi auf Seenivau der Rickenbacherstraße, bis sich diese mit der Steigstraße als Fortsetzung der Köchlinstraße trifft. Südlich davon zieht sich am See das ehemalige Bahngelände hin. Der Güterbahnhof von Lindau lag in Reutin.

Hieran schließen sich Strandbad Eichwald und weitere Uferzonen an, die mit zu den schönsten Naherholungsgebieten Lindaus zählen. Die ehemalige Hauptverbindung Bregenzer Straße wurde zurückgebaut.

Wichtige bebaute Bereiche sind noch das Wannental, die Robert-Bosch-Straße (Gewerbe und Industrie) und Rickenbach. Hier folgt der Stadtteil Zech.

Das Neue Schulzentrum im Achtal hat inzwischen Dienstfunktionen für die Gesamtstadt und liegt halbwegs nach Aeschach. Nach Westen trennen die Ach und die Hügel beidseits des Bachs Reutin von Aeschach. Nach Norden sind es die Hügelketten hinter Heimesreutin (Aeschach), den Weilern Motzach und Streitelsfingen, die als natürliche Grenzen zum Umland hin wirken.

Geschichte

1275/78 wird der Name erstmals urkundlich erwähnt. Reutin bedeutet gerodetes Land, und verweist darauf, dass ein Großteil des Lindauer Umlandes während des Hochmittelalters urbar gemacht wurde. Damals war von einer St.Verenen-Kirche zu Reutin die Rede. Die Kirchengemeinde wurde bereits 1528 evangelisch.

1818 verliert die Stadt Lindau ihr Landgebiet und Reutin wird zur selbständigen Gemeinde. Am 1. Februar 1922 kommt es zur erneuten Eingliederung in die Stadt Lindau (Bodensee).[1]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

 
Villa Leuchtenberg in Lindau; Lithographie um 1855
 
Villa Leuchtenberg in Lindau; Lithographie um 1860
 
Insel Hoy vom Ufer der Stadtverwaltung Lindau aus gesehen, im Hintergrund der Pfänder
 
Wankel-Gebäude
Villa Leuchtenberg
Die Villa Leuchtenberg am Seeufer wurde vermutlich durch die beiden Architekten Eduard Rüber (1804–1874) und Anton Harrer aus München von 1853 bis 1855 im sogenannten „Maximilian-Stil“ für Prinzessin Théodelinde von Württemberg (1814–1857; Prinzessin von Leuchtenberg) errichtet. Théodelindes Tante Hortense de Beauharnais hatte 1817 am westlichen Schweizer Ufer das Schloss Arenenberg erworben und ihr Bruder Eugène de Beauharnais hatte Schloss Eugensberg erbauen lassen. Damit hatte sie nun ein Pendant am deutschen Bodenseeufer.
1886 veräußerte die Tochter der früh verstorbenen Erbauerin die Residenz an den Kennelbacher Textilfabrikanten Samuel Wilhelm Schindler, der sie seinem Sohn Cosmus Schindler schenkte. Er ließ die Nebengebäude jenseits der Ladestraße errichten und die Villa mit einer Zentralheizung ausstatten. Sein Bruder Friedrich Wilhelm Schindler, der sich als „Elektro-Pionier“ in Vorarlberg einen Namen machte, baute in die Villa als erstem Gebäude Süddeutschlands eine Elektrizitätsversorgung ein.[2] Aus dieser Zeit stammen auch die historischen Fassadenmalereien. Der Strom wurde übrigens mittels Freileitung aus dem Schindlerschen Kraftwerk in Bregenz-Rieden nach Lindau geleitet.
Cosmus Schindlers Nachkommen nutzten die Villa nur noch im Sommer als Ferienhaus und der Unterhalt gestaltete sich in der Erbengemeinschaft als zunehmend schwierig. 1973 ließ die Stadt Lindau einen Uferweg mitten durch das Grundstück vor der Villa bauen. 1991 und erneut 1995 brannte es in der mittlerweile unbewohnten Villa und es entstanden dabei weitere Schäden durch das Löschwasser.
Nachdem die Gebäude über 30 Jahre leer standen, wurden sie von 2005 bis 2008 renoviert und sind seither als Wohn- und Büroräume genutzt.[3][4]
Reutiner Bucht
Dieses Gebiet ist heute als NaturschutzgebietReutiner Bucht“ ausgewiesen. Inmitten der Bucht liegt die Galgeninsel und westlich davon liegt die winzige Insel Hoy.
Montfort Schlössle
Gasthof Köchlin
Dieser Gasthof war über Jahrhunderte die Post- und Zollstation in Richtung München.
Rathaus und Feuerwehrdepot
Mischstil mit Jugendstilelementen
Bauernhaus
Mitten im Ortskern (Köchlinstraße 23) befindet sich noch ein altes Bauernhaus mit einem sehenswerten Bauerngarten, das von einem Verein betrieben wird.
St. Verena mit Kirchhof
alte Grabmale
Wankel-Gebäude
Felix Wankel (1902–1988) kam im Jahre 1936 von Lahr nach Lindau an den Bodensee. Einer der Gründe für seine Ansiedlung hier am See dürfte wohl auch seine Leidenschaft für den Bau und die Entwicklung von schnellen Booten gewesen sein – so konstruierte er hier am See in der Bregenzerstraße mehrzylindrische Flugmotoren und eine neue Bootsform, das Spaltgleitkufenboot „Zisch“. 1945 beschlagnahmten die Franzosen Wankels Versuchswerkstätten und demontierten diese. Wankel selbst wurde inhaftiert und erhielt Forschungsverbot.
Felix Wankel richtete 1951 die neue Technische Entwicklungsstelle (TES) in seinem Privathaus in Lindau in Seenähe ein. 1961 erfolgte der Umzug in einen architektonisch eigenständigen Neubau am Bodenseeufer.[5]

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Lokaler Teil des Lindauer Kinderfests an der Schulstraße bei der Hauptschule Reutin

Literatur

  • Lucrezia Hartmann: Die Villa Leuchtenberg in Lindau. Zur Geschichte des Hauses und seiner Bewohner, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 128. Jg. 2010, S. 139–168 (Digitalisat)
  • Markus Traub, Christoph Hölz (Hrsg.): Weite Blicke – Landhäuser und Gärten am bayerischen Bodenseeufer. Deutscher Kunstverlag, Berlin, München: 2009. ISBN 978-3-422-06800-1 (nennt Eduard Rüber & Anton Harrer als Architekten)
Commons: Villa Leuchtenberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Volkert (Hrsg.): Handbuch der bayerischen Ämter, Gemeinden und Gerichte 1799–1980. C.H.Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München 1983, ISBN 3-406-09669-7. Seite 513
  2. siehe Weblink Villa Leuchtenberg. Das Refugium der Stiefenkelin Napoléons ist frisch restauriert.
  3. Märchenschloss erwacht aus dem Dornröschenschlaf (Link am 30. März 2014 nicht mehr erreichbar)
  4. Die Historie der Villa Leuchtenberg und des Leuchtenberg-Areals im Internet Archive (Link am 30. März 2014 nicht mehr erreichbar)
  5. Felix Wankel – Ein Mann und seine Maschine


Koordinaten: 47° 33′ N, 9° 42′ O