Diktator (Begriffsklärung)

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Der Begriff Diktator (von lat. der Sprechende, Befehlende) bezeichnet ursprünglich ein politisches Amt des Alten Roms. In besonderen Krisenzeiten ernannten die höchten politischen Beamten der Republik, die Konsuln, mit der Zustimmung des Senats einen Diktator. Dieser hatte unumschränkte Befehlsgewalt in Staat und Heer (summus imperium). Ihm waren alle anderen Magistrate untergeordnet. Seine Herrschaft war auf 6 Monate begrenzt. Nach Niederlegung seines Amtes konnte er keiner Vergehen angeklagt werden (im Gegensatz zu allen anderen republikanischen Beamten). Dem Diktator war der magister equitum zugeordnet.

Bekannte römische Diktatoren waren Cincinnatus, Fabius Maximus, Sulla und Gaius Julius Cäsar, der sich (verfassungswidrig) zum Diktator auf Lebenszeit ernennen ließ.

Auf Grund des häufigen Missbrauchs legal verliehener oder gewaltsam angeeigneter diktatorischer Vollmachten im Laufe der Geschichte Europas, wie dies zum Beispiel durch Gaius Julius Cäsar oder die Tyrannen Athens sowie Diktatoren der Neuzeit (siehe unten) geschehen ist, erlangten eben solche Begriffe wie Tyrann und Diktator einen negativ besetzten Klang bzw. eine solche Bedeutung (und sind daher auch nur in dieser Aussageabsicht zu verwenden). Handelt es sich um geschichtlich-politische Vorgänge der Antike, kann daher aber nicht von vornherein von einer gewaltsamen und unrechten Herrschaft ausgegangen werden.

Diktatoren der Neuzeit

Unter einem Diktator im neuzeitlichen Sinn versteht man einen Herrscher in einer Diktatur, der mit unbeschränkter, absoluter Macht regiert.

Anzeichen einer Diktatur sind die Abwesenheit von freien Wahlen und grobe und systematische Verletzungen der Menschenrechte durch die Regierung (oder durch die Regierung unterstützte Organisationen, z.B. Todesschwadronen).

Unter vorgeblichem Rückgriff auf die Antike spielten Diktatoren wie Mussolini, Hitler und Franco als Machthaber im europäischen Faschismus eine bedeutende Rolle.

Die folgende Tabelle gibt einen unvollständigen Überblick über einige Diktatoren der Neuzeit (nach Regierungszeit sortiert):

Name Land Zeitraum
Oliver Cromwell England 1649-1658
Richard Cromwell England 1658-1659
Maximilien de Robespierre Frankreich 1789-1794
Napoleon Bonaparte Frankreich 1799-1804 (Konsulat)
1804-1815 (Kaisertum)
Juan Manuel de Rosas Argentinien 1835-1852
Francisco Solano López Paraguay 1862-1870
Porfirio Díaz Mexiko 1877-1880, 1884-1911
Lenin Sowjetunion 1917-1924
Miklós Horthy Ungarn 1919-1944
Robert von Ungern-Sternberg Mongolei 1920-1921
Miguel Primo de Rivera Spanien 1923-1930
Benito Mussolini Italien 1922-1943
Theodoros Pangalos Griechenland 1924-1926
Miguel Primo de Rivera Spanien 1926-1930
António Oscar de Fragoso Carmona Portugal 1926-1951
Josef Stalin Sowjetunion 1927-1953
Getúlio Vargas Brasilien 1930-1945
Rafael Trujillo Dominikanische Republik 1930-1938, 1942-1952
Jorge Ubico Castañeda Guatemala 1931-1944
António de Oliveira Salazar Portugal 1932-1968
Adolf Hitler Deutsches Reich 1933-1945
Engelbert Dollfuß Österreich 1933-1934
Kurt Schuschnigg Österreich 1934-1938
Jozef Tiso Slowakei 1938-1945
Francisco Franco Spanien 1939-1975
Ion Antonescu Rumänien 1940-1944
Mohammad Reza Pahlavi Persien 1941-1979
Enver Hoxha Albanien 1944-1985
Gheorghe Gheorghiu-Dej Rumänien 1945-1965
Mátyás Rákosi Ungarn 1946-1956
Josip Broz Tito Jugoslawien 1945-1980
Klement Gottwald Tschechoslowakei 1946-1953
Bolesław Bierut Polen 1947-1956
Kim Il-sung Nordkorea 1948-1994
Mao Zedong Volksrepublik China 1949-1976
Walter Ulbricht DDR 1949-1971
Marcos Pérez Jiménez Venezuela 1952-1958
Fulgencio Batista Kuba 1952-1959
Nikita Chruschtschow Sowjetunion 1953-1964
Antonín Novotný Tschechoslowakei 1953-1968
Chiang Kai-shek Republik China 1954-1975
Alfredo Stroessner Paraguay 1954-1989
Ngô Đình Diệm Südvietnam 1955-1963
Todor Christow Schiwkow Bulgarien 1956-1989
François Duvalier Haiti 1957-1971
Park Chung-hee Südkorea 1961-1979
Anastasio Somoza Debayle Nicaragua 1963-1979
Duong Van Minh Südvietnam 1963-1964, 28. April-30. April 1975
Nguyen Khanh Südvietnam 1964-1965
Leonid Breschnew Sowjetunion 1964-1982
Mobutu Sese Seko Zaire 1965-1997
Hadji Mohamed Suharto Indonesien 1966-1998
Hastings Kamuzu Banda Malawi 1966-1994
Nguyễn Văn Thiệu Südvietnam 1967-1975
Georgios Papadopoulos Griechenland 1967-1973
Marcello Caetano Portugal 1968-1974
Muammar al-Gaddafi Libyen 1969-
Lon Nol Kambodscha 1969-1975
Jean-Claude Duvalier Haiti 1971-1986
Idi Amin Uganda 1971-1979
Jean Bedel Bokassa Zentralafrikanische Republik 1972-1979
Ferdinand Marcos Philippinen 1972-1986
Augusto Pinochet Ugarte Chile 1973-1990
Nicolae Ceauşescu Rumänien 1974-1989
Pol Pot Kambodscha 1975-1979
Jorge Rafael Videla Argentinien 1976-1981
Erich Honecker DDR 1976-1989
Muhammad Zia-ul-Haq Pakistan 1977-1988
Mengistu Haile Mariam Äthiopien 1977-1991
Saddam Hussein Irak 1979-2003
Chun Doo-hwan Südkorea 1980-1988
Robert Gabriel Mugabe Simbabwe 1980-
Samuel K. Doe Liberia 1980-1990
Manuel Noriega Panama 1983-1989
Omar al-Bashir Sudan 1989-
Than Shwe Myanmar 1992-
Saparmurat Nijasow Turkmenistan 1992-
Isayas Afewerki Eritrea 1993-
Aljaksandr Lukaschenka Weißrussland 1994-
Charles Taylor Liberia 1997-2003
Kim Jong-il Nordkorea 1998-
Gyanendra Nepal 2005-


Weitere Herrscher, deren Status als Diktator umstritten ist:

"Wohlwollender Diktator"

Unter dem Begriff wohlwollender Diktator wird ein Diktator verstanden, dem das Wohl seines Volkes wichtig ist. Ein allgemein akzeptiertes Beispiel gibt es und gab es bis jetzt nicht. Von ihren Anhängern wurden und werden verschiedene Diktatoren, zum Beispiel Fidel Castro, Ho Chi Minh, Anwar Sadat, Tito, Napoleon Bonaparte und Omar Torrijos jedoch gelegentlich so bezeichnet.

Wiktionary: Diktator – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen