Susanne Osthoff

deutsche Archäologin und Gesundheitsberaterin
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Vorlage:Neuigkeiten

Susanne Kristina Osthoff (* 1962 in München) ist eine deutsche Archäologin und Beraterin im Gesundheitswesen. Einer größeren Öffentlichkeit wurde sie bekannt durch ihre Entführung durch Geiselnehmer im Irak, die vom 25. November bis zum 18. Dezember 2005 andauerte.

Leben

Jugend

Osthoff wuchs in Grafing (Oberbayern) auf. Sie hat zwei Brüder (Robert, N.N.) und eine Schwester (Anja). Als Einzige der Geschwister besuchte sie das Gymnasium und machte Abitur. Mit 17 Jahren verließ Osthoff das Elternhaus und zog in das nahe gelegene Glonn. Die Ehe ihrer Eltern zerbrach. Ihr Vater, ein aus Oberschlesien stammender Bohrwerksdreher, starb 1997 im Alter von 65 Jahren an einer Hirnblutung. Nach der Trennung der Eltern heiratete Osthoffs Mutter Ingrid wieder. Die ehemalige Verwaltungsangestellte ist mit dem Meteorologen Günther Hala verheiratet.

Osthoff studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München unter anderem beim Doyen der vorderasiatischen Archäologie, Barthel Hrouda, der sie auch für Grabungskampagnen im Nahen Osten auswählte. Das Studium schloss sie in den Fächern vorderasiatischer Archäologie, Semitistik und Osteo-Archäologie ab. Der Titel ihrer Magisterarbeit lautete „Der Spiegel im Vorderen Orient“ (1992) und war ihren Entführern bekannt Vorlage:Ref.

Engagement im Irak

Osthoff hielt sich nach Presseinformationen seit 1991 im Irak auf und hat unter anderem Medikamente und medizinische Geräte für die Bevölkerung geliefert sowie archäologische Forschungen betrieben. Schon seit 1984 hatte sie mehrere Studien- und Ausgrabungsreisen unter anderem in die Türkei, nach Syrien, Jordanien, in den Irak und den Jemen unternommen.

Seit 1998 arbeitete sie als Beraterin, Organisatorin und Trainerin für die Münchner Unternehmensberatung faktorM. im Bereich »interkulturelles Management«. Sie betreute auch im Rahmen der Kinderhilfe Irak (früher: Direkt-Hilfe Irak) ausländische Patienten in Einrichtungen des bayerischen Gesundheitswesens und initiiert, koordiniert und berät Projekte zum Aufbau des Gesundheitswesens im Irak.

Für ihr Engagement im Irak 2003 erhielt Osthoff im Februar 2004 den Tassilo-Preis für Zivilcourage der Süddeutschen ZeitungVorlage:Ref.

Am 23. Mai 2003 erschien ein Artikel auf der Titelseite der New York Times Vorlage:Ref, in dem Susanne Osthoff die Zerstörung der Ausgrabungsstätten von Isin im Irak dokumentierte. Dort hatte sie bei mehreren wissenschaftlichen Grabungskampagnen bis 1989 mitgearbeitet. Neben dem Gesundheitswesen engagierte sie sich auch für den Erhalt einer osmanischen Karawanserei aus dem Jahr 1796 in Mossul (Beit al Tütüncü). Es gelang ihr, dafür am 18. Mai 2005 eine Aufbauhilfe über 40.000 € vom Auswärtigen Amt bewilligt zu bekommen, dessen erste Rate bereits an die irakische Antikendirektion überwiesen wurde. Die Zahlungen wurde mittlerweile vom Außenministerium eingestellt, um Osthoff keinen Anlass mehr zur Rückkehr in den Irak zu geben.

Bis Mai 2005 war sie in Glonn im Landkreis Ebersberg beim Einwohnermeldeamt gemeldet. Ihr neuer Wohnort ist nicht öffentlich bekannt. Sie war in den 1990er Jahren mit dem jordanischen Araber Salem Bachan aus dem Stamm der Schammar verheiratet. Bachan lernte Osthoff bei einer archäologischen Ausgrabung kennen. Nach einer kurzen Zeit der Ehe leben sie heute wieder getrennt. Ihre gemeinsame Tochter Tarfa (* 1993) lebt in einem bayerischen Internat, weil für Susanne Osthoff der Irak für das Kind zu gefährlich erschien Vorlage:Ref. Die Bevollmächtigung für Erziehungsfragen hat sie einer Freundin übertragen. Osthoff spricht fließend Arabisch, davon mehrere Dialekte Vorlage:Ref und ist zum Islam konvertiert.

Entführung

angebliche Gefährdung

Bereits im Sommer 2005 gab es nach eigenen Angaben Osthoffs Drohungen gegen sie, die auf eine mögliche Entführung hindeuteten sollten. Damals hielt sich Osthoff in Mossul auf, um in der nordirakischen Stadt Arbil angeblich ein weiteres deutsch-kurdisches Kulturzentrum aufzubauen. Die Drohungen sollten damals von dem Terroristen Abu Musab az-Zarqawi stammen.

Osthoff berichtete im Oktober einem Journalisten der Neuen Osnabrücker Zeitung in Bagdad von den Entführungsdrohungen. Die deutsche Botschaft in Bagdad bat sie darauf erneut, das Land zu verlassen. Osthoff lehnte es ab, dieser Bitte nachzukommen.

Nach Mitteilung der Neuen Osnabrücker Zeitung (12. Dezember) soll am 20. Oktober 2005 die deutsche Botschaft ein Schreiben an Osthoff geschickt haben, demzufolge das Auswärtige Amt auch über eine Beteiligung zum Erhalt eines traditionellen Hauses in der Zitadelle von Arbil nachdenke. Dort sei ein weiteres Kulturzentrum zu Ehren des deutschen Archäologen Robert Koldewey geplant. Von dieser Darstellung distanzierte sich allerdings am 12. Dezember der deutsche Botschafter in Bagdad, Bernd Erbel. Demnach will er Osthoff ausschließlichlich 15 Mal gewarnt und aufgefordert haben, das Land zu verlassen Vorlage:Ref.

Verschleppung

Nach Angaben des Krisenstabs fuhr Osthoff am 25. November um 6 Uhr morgens mit ihrem irakischen Fahrer Chalid Nadschi al-Schimani in einem weißen Taxi mit Bagdader Kennzeichen in das rund 350 Kilometer entfernte Arbil im Nordirak. Nach etwa 200 Kilometern, kurz vor Tus Churmatu, war die Straße dem Stab zufolge wegen einer Militäraktion gesperrt. Osthoff beschloss die Weiterfahrt und wollte die Stadt vermutlich westlich umfahren. Sie hatte sich um 10 Uhr mit ihren irakischen Gesprächspartnern in Arbil verabredet, kam dort allerdings nicht mehr an. Die beiden Reisenden wurden von einer Gruppe von Geiselnehmern namens "Saraja al-Salasil" ("Sturmtruppen der Erdbeben") gefangengenommen und ebenfalls verschleppt. Nach Medienberichten besteht gegen den Fahrer Verdacht auf Komplizenschaft bezüglich der Entführung.Vorlage:Ref Dieser Verdacht wird mittlerweile von allen Beteiligten bestätigt. Auf scharfe Kritik gestoßen ist dagegen die Vorverurteilung von Sheikh Dschamal al Duleimi, da dies einem Todesurteil gleichkäme.

Da Osthoff angeblich vor ihrer Reise den irakischen Behörden sowie dem Innenministerium mitgeteilt habe, wann und wohin sie fahren wolle, ging der Krisenstab zunächst von einem Verrat ihrer Route aus. Tatsächlich jedoch wusste Osthoff bis kurz vor Antritt der Reise nicht, welcher Fahrer ihr übermittelt werden würde.

Die Entführer ließen drei Tage später dem ARD-Büro in Bagdad eine Videobotschaft zukommen. Darin saßen die beiden Entführten auf dem Boden und mehrere bewaffnete Vermummte standen um sie herum, einer mit einer Panzerfaust auf der Schulter. Einer der Entführer verlas die Botschaft mit den Forderungen. Die Kidnapper drohten darin mit der Ermordung der Geiseln, falls die deutsche Regierung nicht den Forderungen der Geiselnehmer nachkomme. Sie verlangten den sofortigen Abbruch der Zusammenarbeit der Bundesregierung mit der derzeitigen irakischen Regierung. Diese Gruppe wird von Sicherheitsexperten den im Untergrund kämpfenden sunnitischen "Ischrin-Brigaden" zugeordnet und als arabische Nationalisten eingeschätzt. Diese Gruppen benennen sich nach dem Aufstand von 1920 gegen die britische Kolonialmacht und kämpfen für ein Ende der Besatzung sowie die Unabhängigkeit vom Ausland auf der Grundlage eines islamischen Iraks.

Mögliche Motive der Entführer

Nachdem die Medien anfänglich noch von einer politisch motivierten Entführung ausgingen, wollte der Krisenstab später davon nichts mehr wissen und hob die Unprofessionalität des Entführer-Videos hervor. Bundesinnenminister Schäuble und der stellvertretende Leiter des Instituts für Terrorismusforschung in Essen, Kai Hirschmann, betonten dagegen den offenbar politisch zielbewussten Zeitpunkt der Entführung, nämlich zur Amtseinführung der neuen deutschen Regierung Vorlage:Ref.

Der Archäologe und frühere Projektkoordinator für irakische Ausgrabungen, Müller-Karpe Vorlage:Ref, brachte neben einer primär politischen und einer rein kriminellen Motivation der Entführer noch eine dritte Möglichkeit ins Spiel. Demnach solle Osthoff das Opfer von einflussreichen Raub-Kunstkreisen sein, da sie als eine der wenigen Archäologen den Mut gehabt habe, die USA verantwortlich zu machen für die ungehindert vonstatten gehenden Plünderungen der irakischen Grabungsstätten. Auch die deutsche Ausbildungshilfe für den Aufbau einer irakischen Polizei ist dem internationalen Raub-Kunsthandel ein Dorn im Auge, da die Polizei wieder die Ausgrabungsstätten bewachen soll.

Der Leiter des Essener Instituts für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik, Rolf Tophoven, vertritt hingegen die Meinung, den Entführern sei es lediglich um Geld gegangen und politische Motive, wie Osthoff sie ihren Entführern unterstellt, seien nicht vorhanden.

Reaktionen

Während sich in Frankreich und Italien große Demonstrationen mit den jeweiligen Entführungsopfern solidarisierten, fand nur in ihrem letzten deutschen Wohnort am 2. Dezember in Glonn eine Mahnwache und am 4. Dezember in Offenbach eine Demonstration von rund 100 Ausländern meist muslimischen Glaubens statt. Medienkommentare interpretierten diese Zurückhaltung mit einer Mischung aus Vertrauen in die Arbeit des Berliner Krisenstabs und einer grundsätzlichen Reserve gegenüber dem Islam und dem irakischen Bürgerkrieg. Am 10. Dezember solidarisierten sich weitere Mahnwachen am Brandenburger Tor in Berlin, in München auf dem Marienplatz und am 11. Dezember in ihrem früheren Wohnort Ebersberg, die jedoch nur eine schwache Unterstützung fanden. In der dritten Woche der Entführung mehrten sich die Mahnwachen, darunter wieder beim Brandenburger Tor und in München.

In zwei Videobotschaften appellierten Osthoffs Schwester Anja und ihre Mutter Ingrid Hala an das Mitgefühl der Entführer, ebenso richtete am 7. Dezember 2005 der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder auf Wunsch der Mutter einen Appell an die Geiselnehmer. Die Botschaften wurden vom arabischen Sender Al Dschasira gesendet und stießen nach Angaben von Außenminister Steinmeier im Irak auf große Resonanz. Die drei Altbundespräsidenten Johannes Rau, Roman Herzog und Richard von Weizsäcker wandten sich gemeinsam in einem schriftlichen Appell an die Entführer.

Verschiedene politische und geistliche Vertreter des Islam und des irakischen Staates setzten sich für die Freilassung von Osthoff und al-Schimani ein. Unter den prominentesten Fürsprechern befanden sich der irakische Staatspräsident Dschalal Talabani, der Schiiten-Prediger Muqtada as-Sadr während eines Freitagsgebets in Nadschaf und in Deutschland der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Nadeem Elyas, der sich sogar für einen Austausch gegen die Geiseln anbot. Der Krisenstab beanspruchte neben seinen Informanten auch die Mithilfe von kurdischen Vermittlern, darunter des Kurdenführers Massud Barsani, des sunnitischen Geistlichen Abd al-Muneim al Badari und des geschiedenen Ehemanns von Osthoff, Salem Bachan, dessen Familie in Nordirak ebenfalls als einflussreich gilt. Die arabischen Botschafter in Berlin verurteilten am 11. Dezember in einer gemeinsamen Erklärung die Osthoff-Entführung.

Freilassung

Osthoff wurde am 18. Dezember 2005 freigelassen und befand sich danach in Obhut der deutschen Botschaft in Bagdad. Bundesaußenminister Steinmeier zufolge war die 43-jährige Archäologin in körperlich guter Verfassung. Am Morgen des 19. Dezember wurde nach dpa-Informationen auch der Fahrer Chalid al Schimani freigelassen. Im Gegensatz dazu berichtete das Magazin Focus am 23. Dezember, der Fahrer sei nach wie vor nicht wieder aufgetaucht und möglicherweise ein Komplize der Entführer gewesen. Nach Angaben des Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Nadeem Elyas, der sich auf eigene Kontakte und Quellen im Irak berief, wurde Osthoff während ihrer Verschleppung an eine andere Entführergruppe übergeben. Am 20. Dezember 2005 teilte er der Mitteldeutschen Zeitung mit: „Wir wissen, dass die Entführer anfangs eine kriminelle Gruppe waren, die nur auf Lösegeld aus war“, „Diese erste Gruppe hat Frau Osthoff an eine islamisch orientierte Gruppe 'verkauft'.“ Diese habe dann festgestellt, dass Osthoff nichts mit Spionage zu tun habe. „So kam es zu der schnellen Freilassung.“Vorlage:Ref Der Verdacht auf eine nachrichtendienstliche Tätigkeit war insofern begründet, als Osthoff angeblich bei ihrer Festsetzung durch die US-Army im späten Frühjahr 2005 zur Weitergabe von sicherheitsrelevanten Informationen aufgefordert worden warVorlage:Ref. Diesem Anliegen kam sie jedoch nicht nach. Gegenüber der Berliner Zeitung sagte Elyas, dass seinem Wissen nach kein Lösegeld für Osthoffs Freilassung bezahlt worden sei. Doch schloss er eine humanitäre Gegenleistung wie etwa die Unterstützung von sozialen Einrichtungen nicht aus. Aufgrund der zeitlichen Abfolge wird in einigen Medien ein möglicher Zusammenhang zwischen der Freilassung von Frau Osthoff und der Entlassung des Terroristen Hamadi Mohammed Ali Hamadi diskutiert.

Medienkommentare und Politiker aller Parteien lobten das stille und effektive Management des Krisenstabs. Frau Osthoff als unmittelbar Beteiligte hingegen zeigte sich im Al Dschasira-Interview geschockt von "Berlin", keinen zeitnahen Kontakt mit den Entführern aufgenommen zu haben. Jede Botschaft verfüge über einen „Mittelsmann“, über den von Entführerseite her ein schneller Kontakt hergestellt hätte werden können. Führende Politiker wie Merkel und Köhler zeigten sich auch erfreut über die aktive Solidarität von Vertretern der islamischen Glaubensgemeinschaft während ihrer Entführung.

Nach ihrer Freilassung trat sie erstmals öffentlich in einem TV-Interview des arabischen Nachrichtensenders Al Dschasira am 24. Dezember auf. Aufgrund eines Übersetzungsfehlers durch dpa entstand der irrtümliche Eindruck, dass sie in Kürze wieder in den Irak zurückkehren wolle. Auch stieß ihre angebliche teilweise Solidarisierung mit den Tätern auf Unverständnis. Mehrere Politiker und die Mehrheit der Medien distanzierten sich nun von ihr, Außenminister Steinmeier äußerte "wenig Verständnis". Das Außenministerium strich seine Förderungszusagen für Denkmalsprojekte in Mossul und Arbil, an denen Osthoff mitarbeitete. Vier Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses forderten eine Beschränkung ihrer Reisefreiheit.

Einige Psychotraumatologen verwiesen aber darauf, dass die nachträgliche Entlastung der Entführer durch die Entführungsopfer als Selbstschutz und Abwehrmechanismus vor ihren Todesängsten während der Entführung zu verstehen sein könne (Stockholm-Syndrom). Hinzu komme bei Osthoff auch ein überdurchschnittlich starker Wille zur Selbstbehauptung. Journalisten, die ihre Kenntnisse zu Osthoff über den BND bezogen, attestierten ihr jedoch auch ein hohes Maß an Starrsinn. Frühere Kollegen von Osthoff äußerten dagegen Verständnis für ihre Einstellung.

Ermittlungen

Die Ermittler der deutschen Sicherheitsbehörden äußerten am 21. Dezember gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio den Verdacht, dass Osthoffs Fahrer al Schimani an der Entführung beteiligt gewesen sein könnte. Mehrere Indizien wiesen darauf hin, wie etwa der schnelle Kontakt zu den Entführern durch einen Vermittler aus dem Stamm der Duleimi schon nach einer Woche, die Zugehörigkeit des Fahrers zu diesem Stamm und dass der Stamm der Schammar Druck auf die verfeindeten Duleimi ausgeübt habe. Osthoffs früherer Ehemann Bachan gehört dem Stamm der Schammar an.

Der Stamm der Duleimi wird mehrheitlich dem sunnitischen Widerstand gegen die derzeitige Regierung zugeordnet. Unter dem besonderem Verdacht der Ermittler steht der Bagdader Scheich Dschamal al-Duleimi. Er hatte den Angaben von Spiegel Online zufolge „Wagen und Fahrer für die Reise am 25. November nach Arbil besorgt und sich später als Vermittler angeboten.“ Vorlage:Ref Sheikh al Duleimi und Fahrer al Schimani sind seit der Entführung untergetaucht. Insgesamt musste Osthoff neun Mal das Versteck im Großraum Bagdad in einem Kofferraum wechseln. Besonders verärgert äußerten sich die Ermittler über die mangelhafte Kooperation der Amerikaner Vorlage:Ref.

Susanne Osthoff hatte zum Zeitpunkt ihrer Freilassung im Irak nach einer Meldung des Nachrichtenmagazins „Focus“ [1] einen Teil des Lösegeldes bei sich. Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Bagdad entdeckten mehrere tausend US-Dollar. Sie fanden die mit Gummibändern zu Bündeln zusammengebundenen Scheine in Osthoffs Kleidern, als die Archäologin die Dusche der diplomatischen Vertretung benutzte. Als Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) die Seriennummern der Dollarscheine untersuchten, stellten sie dem Bericht zufolge eine Übereinstimmung mit dem von der Bundesregierung gezahlten Lösegeld fest. Obwohl Außenminister Steinmeier strengstes Stillschweigen in der Lösegeldfrage angeordnet hatte, konnte sich der Autor dieses "Focus"-Beitrags, Hubert Gude, gleich "auf mehrere Quellen" stützen [2]. Am gleichen Tag berichtet der Spiegel [3], dass sich Gerüchte, es handelte sich bei dem gefundenen Geld um Banknoten aus dem Lösegeld, bislang nicht bestätigt hätten.

Während der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckart von Klaeden, in der "Bild am Sonntag" forderte, Osthoff müsse gegebenenfalls an den Kosten ihrer Befreiung beteiligt werden, verteidigte Osthoffs Bruder Robert seine Schwester. "Wenn sich der Fund dieser Geldscheine in der Kleidung meiner Schwester bestätigen sollte, halte ich das für eine hinterhältige Intrige und eine getürkte Sache", sagte er der Zeitung. Offenbar wollten bestimmte Leute seiner Schwester etwas unterstellen und sie in ein falsches Licht rücken. [4]

Fragen und Medienkritik an der freigelassenen Susanne Osthoff

Am 28. Dezember 2005 wurde in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Glaubwürdigkeit Osthoffs grundlegend in Zweifel gezogen. So sagte man ihr bereits am 23. Dezember „private Kontakte zu Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes im Irak“ nach. Ursache für diese Äußerung war jedoch die Benutzung einer Wohnung eines BND-Beamten. Aus diesem Grunde hielten sie ihre Entführer anfänglich für eine „Spionin“. Die Zeitung bemerkte danach eine Reihe von Widersprüchen und „Ungereimtheiten“, die Fragen aufwürfen über ihre Tätigkeit im Irak, ihre Geldquellen, ihre Kontakte in dem Land und die Mission, der sie sich möglicherweise verpflichtet fühle. Zu den Ungereimtheiten zähle auch, dass sich Osthoff als Archäologin und Helferin bezeichne, „in den vergangenen Jahren aber diesbezüglich nur wenig vorzuweisen“ habe. Bekannt sei nur, dass sie 2003 eine Medikamentenlieferung der Hilfsorganisation Medeor begleitet und im Norden Iraks um den Schutz einer archäologischen Stätte durch amerikanische Soldaten gebeten habe. Die Zeitung spekulierte, es gäbe möglicherweise eine „Vernetzung mit Seilschaften aus der Zeit Saddam Husseins“. Vorlage:Ref

Das Interview, das Osthoff dem heute-journal am 28. Dezember 2005 gegeben hatte, wurde in den Medien vielfach als „bizarr“ bezeichnet. Auf den ersten Blick habe die ehemalige Geisel, die fast vollständig verhüllt aufgetreten sei, an „Bekenner-Videos palästinensischer Selbstmordattentäterinnen“ erinnert, meinte etwa das Handelsblatt. Ein Sprecher des ZDF sagte, man habe das Gespräch zunächst nicht senden wollen, weil man das Gefühl gehabt habe, „Osthoff vor sich selber schützen zu müssen.“ Osthoff sagte im Verlauf des Gespräches, sie sei „benutzt“ und mehrmals von „den Deutschen“ im Krieg sitzengelassen worden. Die Einlassung, die auch die Frage nach ihrer Tätigkeit im Irak beantwortete, lautete: „Ich unterstütze nicht viele Hilfsprojekte, ich bin nur eine Person, ich sage Ihnen nur genau, was ich mache, ich schleppe Kisten von A nach B und paar Leute können Ihnen die Fragen genau beantworten. Sie haben ohne mich zu fragen mich da irgendwie plötzlich wieder benutzt und sonst, ich sage nichts mehr dazu, ich wäre schon öfter wegen den Deutschen gestorben, weil die mich sitzen ließen im Krieg. Erst mich vorschicken, ich habe alles abgeliefert und später, warum hat mich denn mein Vermieter rausgeschmissen, weil meine Miete wurde nicht weiter bezahlt während ich als einziger Durchführender nicht mal mehr rausgeholt wurde.“ Am Ende des Gesprächs bedankte sie sich ausdrücklich für den Appell Gerhard Schröders an die Entführer. Experten beurteilten Osthoff als tief traumatisiert. Als verantwortlicher Redakteur für die Kürzung und Sendung des Interviews geriet Nikolaus Brender in die Kritik Vorlage:Ref. Es wurde ihm vorgeworfen, erst durch die Kürzung von entscheidenden Interviewpassagen das Bild einer geistig verwirrten und konfusen Osthoff in der Öffentlichkeit geschaffen zu haben Vorlage:Ref.

Nach Informationen des Spiegel (1/2006) wurde Susanne Osthoff von der deutschen Botschaft in Bagdad schon vor ihrer Entführung als schwierig eingeschätzt. Osthoff habe Geldsorgen gehabt und sei seit Monaten ohne festen Wohnsitz gewesen. Sie habe Freunde und Bekannte gehabt, dabei aber auch solche zweifelhafter Art, wie ihren Fahrer, der der Komplizenschaft bei der Entführung verdächtigt wird, oder den Psychiater und ehemaligen Leibarzt von Saddam Hussein, Dschamal al-Duleimi. Bei letzterem habe Osthoff zeitweise Quartier in dessen Bagdader Villa gefunden. Diese Unterkunft wurde ihr vom deutschen Kaufmann Giermann verschafft, der den Scheich als loyal und zuverlässig gegenüber den Deutschen einstufte.

Als möglichen Grund für die Entführung, als deren Urheber Osthoff im Widerspruch zu den meisten befragten Experten das Umfeld des El-Kaida-Statthalters im Irak, Abu Mussab al-Sarkawi genannt hatte, nannte Osthoff den Regierungswechsel in der Bundesrepublik Deutschland. Die Entführung habe demzufolge zeigen sollen, dass auch Deutschland vor einer terroristischen Bedrohung nicht sicher sei. Osthoff hatte in einem Interview mit dem Stern (2/2006) bestätigt, dass die Entführer über den Machtwechsel in Deutschland informiert gewesen seien. Sie erklärte, der Fahrer sei ihr unbekannt gewesen. Auch begründete die ehemalige Geisel in diesem Gespräch ihr Auftreten in dem umstrittenen ZDF-Interview. Man habe ihr keine Zeit zum Umziehen gegeben, sie habe an Schlafentzug gelitten und unter dem Einfluss von Medikamenten gestanden.

Gleichzeitig wandte sich Osthoff gegen die Medienberichterstattung in Deutschland, die sie ungerechtfertigter Weise zu einem "Buhmann" gemacht habe. Ohne Kenntnis über die konkreten Hintergründe habe man über ihre Arbeit und ihren Lebensstil geurteilt. Der Stern griff diese Kritik auf und bezog sie vor allem auf die psychologischen Ferndiagnosen, die in vielen Zeitungen abgedruckt worden seien. Ebenso wurden Mitglieder des Bundestages und Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses kritisiert, die sich entweder uninformiert oder aber wider besseres Wissen über eine angebliche Rückkehr Osthoffs in den Irak geäußert hätten.

Am 21. Januar 2006 meldete Focus unter Berufung auf anonyme Quellen, daß nach Osthoffs Freilassung und Rückkehr in die Botschaft mehrere Tausend Dollar in ihrer Kleidung aus der Lösegeldzahlung gefunden worden wären. Bundesregierung und Bundeskriminalamt haben sich dazu bislang nicht geäußert. Es wurde bis jetzt nicht einmal die Zahlung eines Lösegeldes bestätigt.

Nominierung für den Adolf-Grimme-Preis

Wirbel löste eine Zuschauer-Nominierung zweier Interviews mit Susanne Osthoff für den Adolf-Grimme-Preis aus, die fälschlicherweise als Nominierung durch das Adolf-Grimme-Insitut selbst ausgelegt wurde. Eine endgültige Entscheidung über die Nominierung der Interviews wird am 26. Januar entschieden.

Begründet wurde der Vorschlag damit, dass Osthoff sich den typischen Projektionen der Medien entzogen und den Respekt eingefordert habe, den Medienschaffende vor den Objekten ihrer Berichterstattung längst verloren hätten. „Sie hat die Erwartungshaltung der öffentlichen Meinung beispielhaft unterlaufen und damit gezeigt, worin Freiheit wirklich besteht: im Verzicht auf Beifall und Zustimmung anderer“, wird der Nominierungsvorschlag zitiert.Vorlage:Ref

Zitate

  • Es wird durchwühlt und restlos zerstört“, klagt Osthoff. „Das ist alles Lehmziegelarchitektur, die wird jetzt unwiederbringlich zerstört. [...] Es liegt hier seit dem dritten Jahrtausend vor Christus. Jetzt wird’s in nur ein paar Wochen ausgeplündert.“ Banditen plündern archäologische Stätten im Irak, ZDF, 2. Juni 2003 Vorlage:Ref
  • Question: „Did you ever feel you were [in] danger … ?“ Answer: „Only in Iraq, at Isin, where I was so scared that my interpreter literally had to hold my hand. The place was being turned inside out by bootleg diggers, and I was terrified that as soon as they realized that we were not buyers, that they would throw us off the site or worse. I happened to be with a German archaeologist, Susanne Osthoff, who was one of the bravest people I’ve ever met and who encouraged us to keep exploring even as she was watching the demolition of her former study site.” Roger Atwood, 21. April 2005 Vorlage:Ref
(Frage: „… hatten Sie jemals das Gefühl, in Gefahr zu sein?“ Antwort: „Nur im Irak, in Isin, wo ich solche Angst hatte, dass mein Dolmetscher buchstäblich meine Hand halten musste. Raubgräber kehrten hier gerade das Innerste nach außen, und ich hatte Angst, dass sie, sobald sie feststellten, dass wir keine Käufer waren, uns vertreiben würden oder schlimmeres. Ich war mit einer deutschen Archäologin unterwegs, Susanne Osthoff, einem der tapfersten Menschen, dem ich je begegnet bin, und sie ermutigte uns, uns weiter umzusehen, selbst als sie mit ansah, wie ihr eigenes Ausgrabungsfeld gerade zerstört wurde.“)
  • Nadeem Elyas: „Wir haben im Fall Osthoff gesehen, dass vor allem Muslime auf die Straße gegangen sind und sich eingesetzt haben gegen eine Gruppe, die sich muslimisch nennt. Das zeigt die Verbundenheit mit der deutschen Gesellschaft und die deutliche Ablehnung des Terrors im Namen des Islam.
    Wird sich grundsätzlich etwas ändern im Verhältnis von Muslimen und Nicht-Muslimen?
    Elyas: „Das hoffe ich sehr. Uns fehlte Normalität. Die Basis des Verhaltens waren Misstrauen und Vorurteile. Das muss sich ändern. Die Muslime sind Teil der Gesellschaft.
    Manche Leute sagen, Frau Osthoff sei selbst Schuld an der Entführung?
    Elyas: „Überhaupt nicht. Wo kämen wir hin, wenn jede Möglichkeit einer Gefahr ein Grund dafür sein soll, dass der menschliche Hilfseinsatz unterbunden würde. Das wäre Selbstaufgabe.Vorlage:Ref

Quellen

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Artikel über Osthoffs Entführung
Interviews
Vorlage:Note „Vermummt und wirr“, taz, 30. Dezember 2005, Reaktionen auf die Ausstrahlung des ZDF-Interviews am 28. Dezember 2005
Vorlage:Note „Bearbeitet. Die verwirrte Susanne Osthoff ist ein Produkt des ZDF“, FAZ, 30. Dezember 2005
 „"Verstehen Sie?" Der Fall Susanne Osthoff und die Medien“, Telepolis, 3. Januar 2006
Artikel über Osthoffs Engagement im Irak
Bilder