Ein Nassi-Shneiderman-Diagramm (NS-Diagramm) ist eine Entwurfsmethode für die strukturierte Programmierung. Es ist genormt nach DIN 66261. Benannt wurde es nach seinen Vätern, Dr. Ike Nassi und Dr. Ben Shneiderman. Da NS-Diagramme Programmstrukturen darstellen, werden sie auch als Struktogramme bezeichnet.
Die Methode zerlegt das Gesamtproblem, das man mit dem gewünschten Algorithmus lösen will, in immer kleinere Teilprobleme bis schließlich nur noch elementare Grundstrukturen wie Sequenzen und Kontrollstrukturen zur Lösung des Problems übrig bleiben. Diese können dann durch ein NS-Diagramm oder einen Programmablaufplan (PAP) visualisiert werden.
Die beiden Autoren konnten mit ihren Diagrammen nachweisen, dass in keinem Algorithmus ein unbedingter Sprung (Goto) benötigt wird.
Sinnbilder nach DIN66261
Die nachfolgenden Strukturblöcke können z.T. ineinander geschachtelt werden. Das aus den unterschiedlichen Strukturblöcken zusammengesetzte Struktogramm ist im Ganzen rechteckig, d.h. genauso breit wie sein breitester Strukturblock.
Linearer Ablauf
Verzweigung (Alternative)
Einfache Auswahl
Zweifache Auswahl
Mehrfachauswahl
Auch "verschachtelte" Auswahl genannt, da eine weitere Bedingung folgt. Die Verschachtelung ist ebenso im Nein-Fall (noch) möglich. |
Fallauswahl
Wiederholung (Iteration)
Zählergesteuerte Schleife
Abweisende (kopfgesteuerte) Schleife
Nicht abweisende (fußgesteuerte) Schleife
Endlos-Schleife
Kann allenfalls durch einen Aussprung (break) verlassen werden. |
Aussprung
Der Aussprung (break) stellt das dar, was Nassi und Shneiderman mit den Struktogrammen eigentlich vermeiden wollten: Die Sprunganweisung (siehe oben: unbedingter Sprung Goto). |
Aufruf
Füllregeln
Allgemeingültigkeit
Struktogramme sollten keine programmiersprachenspezifische Befehlssyntax enthalten. Sie müssen so programmiersprachenunabhängig formuliert werden, dass die dargestellte Logik einfach zu verstehen und als Codiervorschrift in jede beliebige Programmiersprache umgesetzt werden kann.
Deklaration
Ursprünglich für prozedurale Programmiersprachen entwickelt, bildete man in Struktogrammen nur die Prozedur und keine Deklarationsbereiche von Variablen und Konstanten ab (einfaches Struktogramm). Dadurch ist jedoch nicht sofort deutlich, welcher Datentyp einer Variablen zugeordnet werden muss. Die Deklaration von Variablen und Konstanten ist im ersten Anweisungsblock vorzunehmen. Diese NS-Diagramme bezeichnet man als erweiterte Struktogramme.
Exklusivität
Jede Anweisung erhält einen eigenen Strukturblock (Sinnbilder nach DIN 66261). Selbst mehrere Anweisungen gleicher oder ähnlicher Art dürfen nicht in einem Strukturblock zusammengefasst werden.
Jede Anweisung muss mindestens aus einer Zuweisung bestehen (z.B. Zielvariable := Zielvariable * AndereVariable). Eine Zuweisung wird durch einen Doppelpunkt, gefolgt von einem Gleichheitszeichen dargestellt und ist von einem Vergleich mit einem Gleichheitszeichen in einer Kontrollstruktur zu unterscheiden. Das Ziel einer Anweisung steht immer links vom Zuweisungszeichen. Rechts davon steht die Quelle.
Über jedes Struktogramm gehört ein Name, um die Identifikation durch Ereignis- oder (Unter-)Programmaufrufe gewährleisten zu können.
Praxisrelevanz
Wirtschaft
In der Softwareentwicklung werden Nassi-Shneiderman-Diagramme sehr selten eingesetzt, da normaler Programmcode einfacher zu schreiben und zu verändern ist: Korrigiert man einen Fehler oder macht eine Ergänzung, muss man ein NS-Diagramm i.a. komplett neu zeichnen. Daher werden dort (falls es sich um Softwareentwicklung mit einer objektorientierten Sprache handelt) heutzutage zumeist UML-Diagramme eingesetzt, für die Editoren existieren, die Änderungen am Code unmittelbar im Diagramm abbilden können.
Bildung
Im Informatik-Unterricht der Sekundarstufe II werden Struktogramme dagegen verwendet, damit Schüler den Aufbau logischer Abläufe, die für die Programmierung nötig sind, trainieren können. Die Erstellung von Struktogrammen aufgrund von Beschreibungen betrieblicher Problemstellungen, die wegen wiederkehrender gleicher Vorgehensweise automatisiert werden können, ist immer noch Bestandteil vieler schulischer Abschlussprüfungen.
Beispieldiagramme
Einfaches Struktogramm
Das folgende Beispiel zeigt ein Diagramm für die Berechnung des größten gemeinsamen Teilers mit dem euklidischen Algorithmus.
als Nassi-Schneiderman-Diagramm ... | ... und in Pascal: |
---|---|
PROGRAM GGT(Input,Output); VAR a,b: Integer; BEGIN ReadLn(a,b); WHILE (a>0) AND (b>0) DO IF a>b THEN a:=a-b ELSE b:=b-a; IF b=0 THEN WriteLn(a) ELSE WriteLn(b) END. |
Erweitertes Struktogramm
... und die Umsetzung in VBA:
Option Explicit Private Sub btnZensur_Click() Dim intZensur As Integer, strZensur As String intZensur = InputBox("Geben Sie die Zensur als Zahl ein.") Select Case intZensur Case 1: strZensur = "sehr gut" Case 2: strZensur = "gut" Case 3: strZensur = "befriedigend" Case 4: strZensur = "ausreichend" Case 5: strZensur = "mangelhaft" Case 6: strZensur = "ungenügend" Case Else: strZensur = "ungültig" End Select MsgBox "Ihre eingegebene Zensur in Worten: " & strZensur End Sub