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Wichtiger Link: Commons zu Karl May

Karl Mays erzgebirgische Dorfgeschichten sind eine Reihe von Erzählungen aus Karl Mays Frühwerk. Eine Auswahl erschien aus strategischen Gründen zusammen mit zwei Erzählungen des Spätwerks in einer Anthologie gleichen Namens 1903. Diese Werke gehören zur Gattung der Dorfgeschichten und spielen in Mays erzgebirgischer Heimat.

Entstehung

Dorfgeschichten des Frühwerks

Bis Karl May seine Profession als Autor von Reiseerzählungen fand, versuchte er sich in seinem Frühwerk an verschiedenen Richtungen der Unterhaltungsliteratur,[1] u. a. an Dorfgeschichten, die in einer Zeit erschienen (1874–1880), als diese literarische Gattung beim Publikum sehr beliebt war.[2] Fast alle Werke Mays enthalten Anspielungen auf dessen Biografie,[3] allerdings verarbeitete er in diesen Erzählungen zudem die authentischen Eindrücke seiner erzgebirgischen Heimat und des Sozialmilieus.[4] An typischen Elementen der Gattung Dorfgeschichte finden sich die romantisierenden (Nutzung von Dialekt im Gespräch, Liebes- und Heiratsepisoden) und moralisierenden Züge. Hinzu tritt noch eine Vermischung mit dem kriminalistischen Schema.[1] Im Gegensatz zu den meisten anderen Werken Mays (und den beiden späten Dorfgeschichten) fehlt der Humor.[5] Die Charaktere sind übertrieben als gut oder böse dargestellt,[6] wobei am Ende immer die Gerechtigkeit siegt. Hatte May allgemein mit seinem Frühwerk literaturpädagogische Ziele,[2] so wollte er mit seinen Dorfgeschichten „den Leser (und den Autor) ermahnen und warnen, ihn erschrecken und aufrütteln“:[6]

In diesen Dorfgeschichten wies ich regelmäßig nach, daß Gott nicht mit sich spotten läßt, sondern genau so straft, wie man sündigt. […] Ich gab allem, was ich damals schrieb, besonders meinen Dorfgeschichten, eine ethische, eine streng gesetzliche […] Tendenz. Das tat ich, nicht nur andern sondern auch mir selbst zur Stütze.
– Karl May: Mein Leben und Streben[7]

Einfluss auf Koplortageromane und Reiseerzählungen

Wie auch in anderen seiner Frühwerke finden sich in den Dorfgeschichten die Figuren, Handlungselemente und Schauplätze vorgeformt, die May später in seinen Kolportageromanen und Reiseerzähungen in fremde Länder übertrug und weiter ausarbeitete.[8][5]

Die Buchausgabe von 1903

Die Anthologie Erzgebirgische Dorfgeschichten von 1903 trägt den Untertitel Karl Mays Erstlingswerke. Neben vier frühen enthält der Band auch zwei zum Spätwerk gehörige, eigens für dieses Buch verfasste Erzählungen (Sonnenscheinchen und Das Geldmännle). Nicht nur stehen diese an erster und letzter Position und klammern damit die frühen Werke ein, sondern May deklarierte auch an anderer Stelle die beiden neuen Texte als Erstlingwerke.[9] Erst nach seiner Orientreise (1899/1900) hatte May begonnen, literarischer zu schreiben und komplexe allegorische Texte zu verfassen. Dennoch beteuerte May, auch seine frühsten Werke seien symbolisch gemeint gewesen.[6] Die Erzgebirgischen Dorfgeschichten mit ihrer heimlichen Vermischung von Spät- unter das Frühwerk sollten die Kontinuität seines literarischen Schaffens belegen,[10] worauf May auch im Vorwort hindeutete:

Komm, lieber Leser komm! Ich führe Dich hinauf in das Gebirge. […] Der Weg ist mir seit langer Zeit bekannt. Ich baute ihn vor nun fast dreissig Jahren, und Viele, Viele kamen, die meine Berge kennen lernen wollten, doch leider nur, um sich zu unterhalten! […] Ich führte sie dann einen anderen Weg, der von der flachen Wüste aufwärts stieg, durch fremdes Land und fremde Völker führte […]. Auf diesem Weg begann man zu begreifen. Man sah nun endlich ein, was die Erzählung ist: nur das Gewand für geistig frohes Forschen. Man hat gelernt, zum Sinn hinabzusteigen […]. Heut kehr ich nun ins Vaterland zurück, um jenen alten Weg aufs Neue zu betreten.
– Karl May: Erzgebirgische Dorfgeschichten, Vorwort[11]

Zwar lassen sich alle Werke Mays im weitesten Sinne auch symbolisch verstehen, aber so hochliterarisch und absichtsvoll symbolisch hatte er seine vorherigen Werke nicht verfasst.[6]

Da Mays Hauptverleger Friedrich Ernst Fehsenfeld die Publikation ablehnte, erschien das Buch bei Adalbert Fischer im eigens dafür gegründeten Belletristischen Verlag. Fischer hatte Mays Kolportageromane unberechtigt und teilweise bearbeitet nachgedruckt. Nachdem May und Fischer ihren Rechtsstreit vorläufig durch einen Vergleich beigelegt hatten, sollte der Band einem besseren Einvernehmen dienen.[12] May hatte in den beiden neuen Dorfgeschichten Hintergründe seiner öffentlichen Auseinandersetzungen und Prozesse verschlüsselt dargestellt. Da Fischer darin verwickelt war, hatte er, ohne es zu bemerken, seine eigene Negativdarstellung verlegt und war damit zum Opfer von Mays heimlicher Rache geworden.[13]

Im Gegensatz zu Mays Werken, die in fernen Ländern spielen, verkaufte sich der Band wenig erfolgreich,[13] dennoch erschien 1907 eine Neuauflage bei Fehsenfeld. Obwohl das Buch als Band I deklariert wurde, erschien nie eine Fortsetzung.

Inhalt

Die Rose von Ernstthal

Die Rose von Ernstthal (1874) ist die älteste bekannte Veröffentlichung einer Erzählung von Karl May.[14] Innerhalb seiner Dorfgeschichten nimmt sie eine Sonderstellung ein. Zum einen wird ein realer Ort, nämlich Mays Geburtsort, für die Handlung angegeben,[5] zum anderen ist dieser Text gleichzeitig eine historische Erzählung, die zur Zeit des Zweiten Schlesischen Krieges spielt. Zudem ist sie weniger durch Dorf- als vielmehr durch Kleinstadt- und Soldaten-Milieu geprägt und weist Ähnlichkeit mit Mays Erzählungen um den „Alten Dessauer“ Leopold I. auf.[15][5]

Grundzüge weiterer Frühwerke

Sonnenscheinchen

Das Geldmännle

Kritik

Bibliografie

Mehrere der Dorfgeschichten erschienen unter den Pseudonymen Karl Hohenthal bzw. Emma Pollmer.[16] In folgender Tabelle sind die aktuellen Nummern des Bandes und der Erzählung aus Karl May’s Gesammelten Werken (Titel können hier abweichen) sowie der Titel des entsprechenden Reprints der Karl-May-Gesellschaft angegeben.

Titel Jahr Anmerkungen Karl May’s
Gesammelte Werke
Reprints der
Karl-May-Gesellschaft
Die Rose von Ernstthal 1874 oder
1875[17]
43,8 Unter den Werbern
Der »Samiel« 1877 später gleichnamiges Kapitel mit
ähnlichen Motiven im Roman
Der Weg zum Glück (1886–88)
43,9 Old Firehand
Der Dukatenhof 1877 44,1 Unter den Werbern
Der Kaiserbauer 1878 43,5 Unter den Werbern
Der Teufelsbauer 1878 43,4 Old Firehand
Der Herrgottsengel 1878 44,2 Old Firehand
Des Kindes Ruf 1879 43,2 Old Firehand
Der Waldkönig 1879 44,3 Der Waldkönig
Der Gichtmüller 1879 43,7 Old Firehand
Der Giftheiner 1879 43,6 Der Waldkönig
Im Sonnenthau 1880 43,3 Unter den Werbern
Erzgebirgische Dorfgeschichten 1903 Anthologie (Reprints:
Olms Presse, 1977
Karl-May-Verlag, 1996)
     Vorwort 44, Nachwort
     Sonnenscheinchen neu verfasst 43,1
     Des Kindes Ruf 43,2
     Der Einsiedel = Der Teufelsbauer 43,4
     Der Dukatenhof 44,1
     Vergeltung = Der Waldkönig 44,3
     Das Geldmännle neu verfasst 44,4

Einige der Erzählungen (besonders Der Waldkönig) erfuhren mehrfache Nachdrucke, teilweise unter wechselnden Titeln und Verfasserangaben.[16]

Der Karl-May-Verlag führt noch Rache oder Das erwachte Gewissen (um 1873/74) unter dem Titel „Das Gewissen“ auf, dessen Urheberschaft nicht gesichert ist.

Den Erzgebirgischen Dorfgeschichten sehr ähnlich ist die zweite Abteilung (Die Sclaven der Arbeit) des Romans Der verlorne Sohn (1884–86). Zu den weiteren Werken mit heimatlichem Bezug gehören Mays Humoresken, das gestrichene Kapitel (In der Heimath) von Krüger Bei (1894) sowie das erste Kapitel (Einleitung) von „Weihnacht!“ (1897).

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b Lowsky, Martin: Karl May (Realien zur Literatur, Bd. 231). J. B.  Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH, Stuttgart, 1987. ISBN 3-476-10231-9. S. 38ff.
  2. a b Hein, Dorfgeschichten, S.53ff.
  3. Hermann Wohlgschaft: Karl May – Leben und Werk. 3 Bände. Bücherhaus, Bargfeld, 2005. ISBN 3-930713-93-4. S. 355.
  4. Petzel, Michael & Wehnert, Jürgen: Das neue Lexikon rund um Karl May. Lexikon Imprint Verlag, Berlin, 2002. ISBN 3-89602-509-0. S. 108.
  5. a b c d Schmid, Nachwort, S. 461-479.
  6. a b c d Wohlgschaft, Karl May, S. 1436ff.
  7. May, Karl: Mein Leben und Streben. Band I. Verlag von Friedrich Ernst Fehsenfeld, Freiburg i. Br., 1910. (PDF; 16,9 MB) S. 115ff.
  8. Botschen, Engelbert: Die Vorwegnahme des Werkes am Beispiel der Humoresken und Dorfgeschichten. In: Meier, Herbert (Hrsg.): Karl May. Unter den Werbern. Seltene Originaltexte, Band II. Reprint der Karl-May-Gesellschaft. S. 180-181.
  9. May, Karl: Die Schundliteratur und der Früchtehunger, Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1983, S. 50-55.
  10. Vollmer, Hartmut: Sonnenscheinchen. In: Ueding, Handbuch, S. 390-392.
  11. May, Karl: Erzgebirgische Dorfgeschichten. Karl Mays Erstlingswerke. Autorisierte Ausgabe. Band I. (PDF-Datei; 16,26 MB) Belletristischer Verlag, Dresden-Niedersedlitz, 1903, S. IIIf.
  12. Tschapke, Reinhard: Das Geldmännle. In: Ueding, Handbuch, S. 392-394.
  13. a b Lorenz, Christoph F.: Das Gewissen des Musterwirts. Karl May »Dorfgschichte« “Das Geldmännle”. Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1985, S. 182-217.
  14. Sudhoff, Dieter & Steinmetz, Hans-Dieter: Karl-May-Chronik I. Karl-May-Verlag, Bamberg, Radebeul, 2005. ISBN 3-7802-0170-4 S. 187.
  15. Hein, Jürgen: Die Rose von Ernstthal. In: Ueding, Handbuch, S. 371-373.
  16. a b Plaul, Hainer: Illustrierte Karl-May-Bibliographie. Unter Mitwirkung von Gerhard Klußmeier. Saur, München, London, New York, Paris, 1989. ISBN 3-598-07258-9.
  17. Datierung wird aktuell neu diskutiert