Triebverzicht bedeutet den Verzicht auf das Ausleben von bestimmten Trieben, insbesondere der Aggression und der Sexualität, bzw. die gesellschaftlich regulierte Verwirklichung dieser Bedürfnisse. In der Kulturanthropologie stellt der Triebverzicht ein wichtiges Konzept dar.
Impulskontrolle ist in allen sozialen Gruppen notwendig, um ein friedliches Zusammenleben zu verwirklichen. Darüber hinaus führt die externe Triebunterdrückung wie z.B. Sexualrepression durch die Gesellschaft oder die Familie zum Antizipieren (vorwegnehmen) und Internalisieren (verinnerlichen) der Gewalt und in der Folge zu einem Verzicht auf das Ausleben der sanktionierten Wünsche. Diese Unterdrückung bzw. Disziplinierung ist u.a. notwendig, damit Soldaten sich nicht vom Schlachtfeld stehlen oder die industrielle Produktion aufrecht erhalten werden kann.
Die Entfremdung der Produktionsverhältnisse zwingt Menschen, ihre Triebbefriedigung im Interesse des Profits für andere Menschen oder die Gesellschaft zurückzustellen. Entsprechend kommt dem Triebverzicht eine besondere Bedeutung für die Entwicklung von Kunst und Zivilisation zu.
Spätestens mit der Psychoanalyse wird deutlich, dass der Triebverzicht auch drastische Folgen für das Individuum hat, u.a. Neurosen können die Folge sein - diese wiederum wirken in die Gesellschaft zurück. So erscheint Triebunterdrückung in der Frankfurter Schule als ein Element, das zum Holocaust beigetragen hat
Literatur
- Norbert Elias: Über den Prozeß der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. Suhrkamp, Frankfurt am Main (zwei Bände)
- M. Foucault: Überwachen und Strafen? Die Geburt des Gefängnisses. Suhrkamp, Frankfurt am Main
- S. Freud: Das Unbehagen in der Kultur. In: Studienausgabe Band IX, S. Fischer, Frankfurt am Main
- M. Horkheimer, T. W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Fischer, Frankfurt am Main
- M. Horkheimer, E. Fromm, H. Marcuse (Hrsg.): Studien über Autorität und Familie. Forschungsberichte aus dem Institut für Sozialforschung. Dietrich zu Kampen Verlag
Siehe auch: Sozialphilosophie, Sexualrepression, Zivilisation