Der Raufußbussard (Buteo lagopus) ist ein Vertreter der Echten Bussarde (Buteo), aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae). Die hochnordische Art ist fast circumpolar vertreten, sie fehlt nur auf Grönland, Island und auf Spitzbergen.
Raufußbussard | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Buteo lagopus | ||||||||||
(Pontoppidan, 1763) |
Meist werden vier Rassen unterschieden. Die Unterschiede zwischen den Subspecies sind jedoch eher gering. Generell werden die eurasischen Vögel nach Osten hin in der Gefiederfärbung etwas heller und nehmen an Größe zu; die nearktische Rasse B. l. sanctijohannis ist die kleinste und die dunkelste.
Aussehen
Nominatform Buteo lagopus lagopus)
Die Nominatform dieses Bussards ist nicht immer sicher von dem in seiner Gefiederfärbung sehr variablen Mäusebussard (Buteo buteo) zu unterscheiden.
Insgesamt wirkt der Raufußbussard etwas massiger als Buteo buteo und meist auch heller. Der auffallend runde Kopf und der Nacken sind hellbraun bis hellgrau, in Einzelfällen fast weiß. Oberkopf und Ohrgegend sind dabei in der Regel noch etwas heller. Die dunklere Schaftzeichnung dieser Körperteile ist unterschiedlich deutlich, sie kann fast fehlen. Der Schnabel ist eher klein. Vom Augenrand zieht sich ein dunkles schmales Band zur gelben Schnabelbasis. Beim sitzenden Vogel ist die Oberseite relativ kontrastreich in verschiedenen Braun-und Gelbbrauntönen gemustert, während die Gefiederoberseite beim Mäusebussard meistens einheitlich braun wirkt. Die Gefiederunterseite ist in unterschiedlichen Braun- und Grautönen gefleckt, auch längliche schwarze Streifen können eingestreut sein. Im Hals und Brustbereich ist die Färbung oft heller als auf der übrigen Körperunterseite.
Diese Gefiederfärbung des Mäusebussards führt am häufigsten zu Verwechslungen mit dem Raufußbussard
Ganz helle, fast weiße Gefiederfärbungen der Körperunterseite kommen jedoch im Gegensatz zum Mäusebussard beim Raufußbussard nicht vor. Die Läufe sind bis zu den Zehen hellgrau bis weiß mit dunkelbraunen Schaftzeichnungen befiedert, doch ist dieses an sich gute Merkmal oft nicht genau genug erkennbar. Wie beim Mäusebussard sind die Zehen gelb gefärbt; die Krallen sind schwarz. Die Flügelspitzen schließen mit dem Schwanz ab.
Von unten gesehen wirkt ein fliegender Raufußbussard sehr hell, meist grauweiß mit schwarz kontrastierenden Flügel- und Schwanzabzeichen. Adulte Vögel weisen immer eine schwarze, relativ breite Endbinde des Schwanzes auf, die deutlich weiß gerandet ist. Beim adulten Männchen verlaufen weitere schmälere und oft unterbrochene Binden radial zur immer weißen Schwanzbasis hin. Beim Weibchen fehlen weitere schmälere Schwanzbinden häufig. Immer ist der Flügelbug deutlich dunkelbraun oder schwarz markiert, ein Kennzeichen, das gemeinsam mit dem oben genannten, einen adulten Raufußbussard recht zuverlässig identifiziert. Die Flügel sind etwas länger und schmäler als die des Mäusebussards, aber ebenso tief, dunkelgrau bis schwarz gefingert.
Raufußbussarde fliegen mit langsamen, tief durchgezogenen Flügelschlägen und segeln und rütteln oft. Im Gleitflug sind beim Raufußbussard die Armschwingen leicht angehoben, während die Handschwingen gerade gehalten oder ganz leicht abgesenkt werden. Dadurch entsteht ein wahrnehmbarer Knick im Flügelprofil, ein gutes Unterscheidungsmerkmal zu gleitenden Mäusebussarden, die Arm- und Handschwingen meist gerade halten, beziehungsweise beim Segeln V-förmig anheben. Aufffallend und für die Art kennzeichnend ist auch ein häufiges Drehen des Schwanzes, das etwas an einen Milan erinnert.
Die Geschlechter weisen keinen ausgeprägten reversen Geschlechtsdimorphismus auf sodass sie nicht immer leit zu unterscheiden sind. Die Weibchen sind geringfügig größer als die Männchen und bis zu 20 Prozent schwerer. Ihre Gefiederfärbung ist insbesondere im Kopf- und Brustbereich etwas heller als die der Männchen. Der Schwanz der Weibchen schließt meist nur mit einer Endbinde ab, während bei den Männchen neben einer breiten meist noch zwei bis drei schmälere zu erkennen sind. Jungvögel sind heller als die Altvögel, vor allem die schwarze Endbinde des Schwanzes ist noch nicht deutlich ausgeprägt.
B. l. menzbieri
Diese Rasse schließt östlich an das Verbreitungsgebiet der Nominatform an. Die sehr breite Kontaktzone verläuft im Ural (Gebirge)gebiet. Vertreter dieser Unterart sind etwas größer als die der Nominatform und meist auch heller. Die Unterseite ist weniger kontrastreich gezeichnet, die Schwanzbinden (insbesondere die Endbinde) sind schmäler. Die Iris dieser Vögel ist im Gegensatz zur hellbraunen der Nominatform gelb.
B. l. kamtschatkensis
Diese Subspecies bewohnt Kamtschatka und die Kurilen. Die Vögel sind groß, eher dunkel und wenig kontrastreich gezeichnet. Von großen und dunklen Vertretern der Rasse B. l. menzbieri sind sie nicht zu unterscheiden. Sie sind deutlich größer und heller als durchschnittliche Vertreter der Rasse B. l. sanctijohannis. Im Gebiet der Beringssee vermischen sich die beiden Unterarten, während die Kontaktzone zu B. l. menzbieri nicht genau bekannt ist.
B. l. sanctijohannis
B. l. sanctijohannis bewohnt die subarktischen und arktischen Gebiete Nordamerikas von Neufundland westwärts bis Alaska und die Aleuten. Die hellen Exemplare dieser Unterart sind etwas kleiner als die der Nominatform, unterscheiden sich jedoch in der Gefiederfärbung nur unwesentlich. Die dunklen Exemplare sind oberseits einheitlich braun, auf der Unterseite graubraun gesprenkelt. Auch im Flugbild ist diese Rasse dunkler als die Nominatform. In der Unteransicht kontrastieren dabei die meist einheitlich dunklen Deckfedern der Unterflügel deutlich mit dem sonst hellen Flügel. Bei dieser Rasse besteht vor allem im Flug eine erhebliche Verwechslungsmöglichkeit mit dem Rotschwanzbussard (Buteo jamaicensis). Die Vögel der kanadischen Ostküste sind insgesamt die kleinsten; bei ihnen ist der reverse Geschlechtsdimorphismus sowohl in Größe und Gewicht als auch in der Gefiederfärbung am größten. Nach Westen hin werden die Individuen größer, die Geschlechtsunterschiede jedoch kleiner. Raufußbussarde aus Westalaska und der Beringsee weisen die größten individuellen Unterschiede in der Gefiederfärbung auf.
Einheitlich dunkle bis melanistische Exemplare kommen regelmäßig nur in Nordamerika und fallweise in Ostsibirien vor. Ganz selten wurden sie auch im übrigen Verbreitungsgebiet festgestellt.
Maße und Gewicht
Die Größe liegt zwischen 53 und 63 Zentimetern, wovon etwa 22 Zentimeter auf den Schwanz entfallen. Bei einer Flügellänge bis zu 48 Zentimeter kann die Spannweite der größten Vögel über 1,5 Meter liegen. Das Gewicht eines gut ernährten Männchens liegt im Durchschnitt bei etwa 1,2 Kilogramm, bei den Weibchen ist es etwas höher.
Stimme
Stimmlich ist der Raufußbussard unauffälliger als der Mäusebussard, nur bei Störungen am Nest ist er relativ laut. Der Hauptruf ist ein lautes, ein wenig klagend klingendes langgezogenes Pi-iii-äääh, das im An- und Ablaut verschiedentlich variiert werden kann. Entfernt kann dieser Ruf an das Miauen einer Hauskatze erinnern. Er wird vor allem während der Paarungsflüge vorgetragen. Daneben verfügt diese Art über eine Reihe von Stimmfühlungs- Kontakt- und Alarmrufen. Das brütende Weibchen begrüßt das futtertragende Männchen mit einem kurzen nicht lauten Viiääh, in Bedrohungssituationen ist von beiden Geschlechtern ein kurzes, scharfes Pi-i-ää zu hören.
Lebensraum
Der Rauhfußbussard ist ein hochnordischer Bewohner der meist baum- und strauchlosen Tundra. In Fennoskandien besiedelt er die baumlosen Fjällgebiete ebenso wie lockere Birkenbestände in der subalpinen Zone. Regelmäßig, aber in geringer Anzahl, brütet er in der Baumtundra. In sehr guten Lemmingjahren werden auch die nödlichsten Ausläufer der Taiga besiedelt. Hier liegen seine Brutplätze meist an Waldrändern, gerne in der Nähe von Gewässern, oder am Rande sehr großer Lichtungen. Der Raufußbussard ist im Allgemeinen ein Bewohner der Niederungen; in Skandinavien und Alaska erreichen seine Brutplätze jedoch Höhen von bis zu 1400 Metern. Gerne hält er sich in der Nähe von Gewässern, an der Küste, oder entlang von Flusstälern auf.
Die Winterhabitate sind vielfältiger, doch auch in den Winterquartieren zeigt sich seine Vorliebe für offene, einsame Gegenden mit guter Rundumsicht. Häufig ist er in Küstengebieten, Marschlandschaften, in ausgedehnten Feuchtgebieten und Mooren zu finden, in Ost- und Südosteuropa und Asien auch in Steppen. In Nordamerika hält er sich im Winter häufig in Prärien auf. Kultiviertes Land wird nicht generell gemieden, doch ist die Anzahl und Dichte der in solchen Bereichen überwinternden Individuen geringer.
Verbreitung
Der Raufußbussard brütet zirkumpolar in weiten Bereichen der Holarktis, nahe am und nördlich des nördlichen Polarkreises. In Europa beginnen seine Brutgebiete in Südnorwegen und ziehen sich in einem relativ schmalen Streifen über Mittel- und Nordschweden und dem nördlichen Teil Finnlands entlang der Eismeerküste bis nach Ostsibirien, Kamtschatka und die nördlichen Kurilen. Ein schmaler Verbreitungsfinger verläuft entlang der Küste des Ochotskischen Meeres nach Süden, etwa bis auf 55° nördliche Breite. Die nördliche Verbreitungsgrenze wird durch die Eismeerküste gebildet; nur wenige küstennahe Inseln wurden besiedelt. Die Südgrenze der Brutverbreitung liegt in der Übergangszone von Strauchtundra zur Baumtundra. Nur bei sehr gutem Nahrungsangebot und nur temporär brütet die Art auch in südlicher davon gelegenen Gebieten.
Die Brutgebiete in der Nearktis beginnen im Osten in Neufundland, umfassen nord-und nordwestwärts die Gebiete um die Hudsonbai, den festlandnahen südlichen Teil der Baffininsel, den nördlichen Bereich der Nordwest-Territorien mit den meisten der vorgelagerten Inseln, insbesondere der Victoria-Insel, und reichen über Nord- und Westalaska bis zu den Aleuten.
Die Winterquartiere liegen südlich der Brutgebiete und überlappen mit diesen kaum. Ihre Nordgrenze wird von der Südgrenze des borealen Nadelwaldgürtels gebildet. In Eurasien liegen sie hauptsächlich zwischen 58° nördlicher Breite und 45° nördlicher Breite, reichen aber in manchen Regionen, so in Südosteuropa, Zentralasien und Ostasien bedeutend weiter nach Süden.
Im Mitteleuropa ist der Raufußbussard nur im Winterhalbjahr zu sehen; ihre Gesamtzahl schwankt von Jahr zu Jahr beträchtlich. Nach Massenvermehrungen der nordischen Beutetiere der Art bei gleichzeitig klimatisch günstigen Brutbedingungen sind in Mitteleuropa besonders starke Einflüge zu verzeichnen. Vereinzelt übersommern einzelne Vögel in Nordeutschland, Nordpolen und dem Baltikum. 1988 wurde in Niedersachsen erstmals eine erfolgreiche Brut festgestellt.
Winterquartiere in Europa
In Europa liegen die Überwinterungsgebiete mehrheitlich östlich von 10° Ost, doch überwintert eine nicht unbeträchtliche Zahl auch westwärts bis zum Rhein und südwärts bis zu den Alpen. Die europäischen Hauptüberwinterungsgebiete liegen in Südschweden, dem Baltikum,in Weißrussland, in der Osthälfte Deutschlands, in Tschechien, in der Slowakei, in Ostösterreich, in Ungarn und in der Ukraine. Bei besonders starken Einflügen werden auch Nordostgriechenland, die Krim und nördliche Regionen der Türkei erreicht.
Wanderungen
Der Raufußbussard ist in seinem gesamten Verbreitungsgebiet ein ausgeprägter Zugvogel. Wie alle Thermik nutzenden Vögel ist er ein Tagzieher. Meistens zieht er allein, seltener in kleinen Gruppen. An bestimmten, besonders günstigen Rastpätzen wurden Ansammlungen von mehr als 100 Individuen beobachtet. Insgesamt ist sein Zugverhalten in Details noch nicht sehr gut erforscht, wenige Daten von besenderten Individuen ergaben Tageszugstrecken um die 100 Kilometer. Die Zugdistanzen sind unterschiedlich. Ein am 5.August 1985 nestjung in Nordalaska beringter Vogel wurde am 10. Oktober in Montana, 3300 Kilometer von seinem Geburtsort entfernt, wiedergefunden.
Buteo lagopus räumt seine Brutgebiete abhängig vom Nahrungsangebot und der Höhe der Schneedecke ab Ende August. Der Hauptwegzug beginnt aber erst in der zweiten Septemberdekade und reicht bis in den Oktober hinein. Bei besonders günstigen Lebensbedingungen bleiben einzelne Individuen auch bis in den November in ihren Brutgebieten.
Raufußbussarde ziehen in breiter Front mehrheitlich in südliche Richtungen, nur süd- und mittelskaninavische Vögel ziehen entlang der deutschen Nordseeküste nach Westen und überwintern in Süd- und Westengland. Diese Breitfrontstraßen münden an manchen Stellen in sogenannte Zugtrichter, an denen, vor allem im Herbstzug viele Durchzieher beobachtet werden können. Zu Häufungen von durchziehenden Raufußbussarden kommt es unter anderem bei Falsterbo, entlang der großen sibirischen Ströme und in Ostasien, allerdings in bedeutend geringeren Zahlen, an der Küste der Tschuktschen-Halbinsel.
Die Spitzendurchzugszahlen der nearktischen Vögel werden an den bekannten Beobachtungspunkten wie Hawk Ridge bei Duluth, Minnesota in der letzten Oktoberdekade gezählt. Die Hauptzahl überwintert in den nordöstlichen Staaten der USA wo die Art im Winter auch in Siedlungen und Städten beobachtet werden kann. Der Bereich der Überwinterungsgebiete erstreckt sich über die nordamerikanischen Plains westwärts bis Nordmexiko.
Wahrscheinlich führt der Raufußbussard in seinen Winterquartieren ein nomadisches Leben und verbleibt nur bei sehr gutem Nahrungsangebot länger an einem Ort. Es ist allerdings nicht bekannt, welche Strecken die Vögel während des Winterhalbjahres zurücklegen.
Der Heimzug beginnt im März und erreicht seinen Gipfel Mitte April. Die Brutgebiete werden nicht vor Ende April erreicht, meist aber erst im Mai und in den äußerst nördlichen Lagen erst Anfang Juni. Häufig verstreichen noch einige Wochen nach der Ankunft im Brutgebiet, bevor Brutaktivitäten beginnen.
Nahrung und Nahrungserwerb
Die Hauptnahrung des Raufußbussard besteht vor allem aus kleinen Säugetieren, insbesondere aus Wühlmäusen der Gattungen Microtus und Clethrionomys, sowie aus verschiedenen Lemmingarten (Lemmus sp.). Diese Tiergruppen bilden bei ausreichender Verfügbarkeit zwischen 60 und 90 Prozent des gesamten Nahrungsvolumens. Sind Wühlmäuse aber knapp, können mittelgroße Vögel, vor allem Moorschneehühner (Lagopus lagopus) zur Hauptbeute werden. Im Winter und dort wo diese Art in seine Brutgebiete vorgedrungen ist, auch im Sommer, jagt der Raufußbussard Rebhühner (Perdix perdix ssp.) und Präriehühner (Tympanuchus sp.). In kleinerer Zahl werden Reptilien, Amphibien und Fische erbeutet. Insekten (vornehmlich Grillen und Heuschrecken) und das Aas unterschiedlich großer Tiere spielt in der Ernährung der Art ebenfalls eine, wenn auch untergeodnete Rolle. Seltener, jedoch regelmäßig erbeutet der Raufußbussard auch größere Säugetiere wie Schneehasen (Lepus timidus), Polarhasen (L. arcticus) und Alaskahasen (L. othus).
Unter den Microtus-Arten überwiegen Erdmaus (Microtus agrestis) und Sumpfmaus (M. oeconomus), in den Winterquartieren die Feldmaus (M. arvalis). Bei den Lemmingen stehen Arten der Gattung Lemmusim Vordergrund, vor allem der Berglemming (L. lemmus), der Sibirische Lemming (L.sibiricus) und in Nordamerika der Braune Lemming (L. trimucronatus). Bei einem massierten Auftreten werden auch Rötelmäuse, wie die hochnordische Polarrötelmaus (Myodes rutilus), und Halsbandlemminge (Dicrostonyx sp.) zu wichtigen Beutetieren.
Wenn sie verfügbar ist, gleicht die Winternahrung der des Sommers; andernfalls werden häufiger Spitzmäuse und Vögel erbeutet, sowie auch in größeren Maßen Aas aufgenommen.
Jagdmethoden
Die Jagdmethoden der Art sind vielfältig, doch überwiegt dort, wo sie möglich ist, die Ansitzjagd. Wird ein Beutetier erspäht, folgt ein meist kurzer bodennaher Jagdflug, dessen letzte Phase in der Regel ein Gleitflug ist. Die Tiere werden immer am Boden geschlagen und mit den Krallen, zuweilen auch mit dem Schnabel getötet. Sehr selten wurde ein erfolgreiches Schlagen von Beutetieren im Flüge beobachtet. Kann das Beutetier nicht überrascht werden, wird es nur ganz kurz verfolgt.
Bei günstigen, vor allem windigen Witterungsbedingungen, sowie dort, wo ihm keine Ansitze zur Verfügung stehen, jagen Raufußbussarde auch rüttelnd in etwa 20-50 Metern Höhe. Ähnlich wie beim Turmfalken (Falco tinnunculus) sind die im Durchschnitt etwa 10 Sekunden währenden Rüttelphasen von kurzen Gleitfügen unterbrochen. Weiters werden regelmäßig etwas an Weihen erinnernde langsame Suchflüge sowie Jagden über Wasser nach Art eines Fischadlers (Pandion haliaetus) beobachtet.
Verhalten
Aktivität und Territorialität
Der Raufußbussard ist tagaktiv mit einer starken Tendenz seine Aktivitätsphasen in die Dämmerungsstunden auszudehnen. In seinen nördlichen Brutgebieten kann er (vor allem bei Nahrungsknappheit) während 24 Stunden aktiv angetroffen werden, in der Regel ruht er aber trotz der vorhandenen Helligkeit etwa zwischen 23:00 und 5:00 Uhr.
Wenn ihm ein Mangel an Beutetieren nicht zu anhaltender Aktivität zwingt, legen Raufußbussarde auch während des Tages lange Ruheperioden ein. Dabei ist seine Körperhaltung meist etwas waagrechter als die eines ruhenden Mäusebussards.
Im Brutgebiet werden abhängig vom Nahrungsangebot unterschiedlich große Territorien besetzt, verteidigt wird jedoch nur die weitere Umgebung des Nestes. In schlechten Nahrungsjahren unterbleiben territoriale Verhaltensweisen. Gegenüber anderen Arten zeigen sich Raufußbussarde sehr verträglich, oft befinden sich seine Nester in unmittelbarer Nachbarschaft zum Nest eines Wanderfalken (Falco peregrinus), Gerfalken (Falco rusticolus), oder einesKolkraben (Corvus corax).
Über die Territorialität im Winterquartier liegen noch keine vertieften Erkenntnisse vor. Bei gutem Nahrungsangebot wurden aber Gruppen bis zu 40 Individuen auf vergleichsweise engem Raum gezählt, auch die Anwesenheit von Nahrungskonkurrenten wird meist geduldet.
Feindverhalten
In den Brutrevieren wird der weitere Nestbereich gegen Artgenossen und Räuber energisch verteidigt. Während es zwischen Artgenossen selten zu körperlichen Auseinandersetzungen kommt, werden potentielle Nesträuber direkt angegriffen. Besonders Raubmöwen (Stercorarius sp.) und Schneeeulen ((Bubo scandiacus) sowie größere Landraubtiere wie Polarfüchse (Alopex alopex), Wölfe (Canis lupus) und Vielfraße (Gulo gulo) werden schon in weiter Entfernung vom Nest direkt attackiert und oftmals erfolgreich vertrieben.
Brutbiologie
Über den Zeitpunkt der Geschlechtsreife liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor, insbesondere ob -wie beim Mäusebussard- schon Jährlinge zur ersten Brut schreiten können. Wahrscheinlich beginnen Raufußbussarde aber erst im zweiten, einige auch erst im dritten Lebensjahr zu brüten.
Die sexuelle Aktivität ist vom Nahrungsangebot in den Brutgebieten abhängig. Nur bei guter bis sehr guter Verfügbarkeit an Nahrungstieren wird die Paarbindung intensiviert, und es kommt zu Nestbau und Eiablage.
Paarbildung und Paarbindung
Für einen Teil der Bussarde beginnt die Paarbildung bereits im späten Winter im Winterquartier; diese kehren schon lose verpaart in die Brutgebiete zurück. Andere beginnen erst dort mit der Balz. Während dieser zeigen sie eindrucksvolle Flüge mit weit ausgebreiteten Schwingen und gespreiztem Schwanz, begleitet von charakteristischen Rufen. Das Männchen führt dabei auch verschiedene Flugkapriolen aus.
Verpaarte Bussarde führen eine monogame Brutsaisonehe. Es bestehen jedoch Hinweise, dass zumindest bei einigen die Bindung in den Wintermonaten nicht erlischt, ja auch über mehrere Jahre anhalten kann.
Neststandort und Nest
Entsprechend der unterschiedlichen Lebensräume, die Raufußbussarde bewohnen, sind auch die Neststandorte vielfältig. Dort, wo er die Gelegenheit dazu hat, nistet die Art bevorzugt auf Felssimsen, kleinen Felsinseln, an ebenen Stellen auf Böschungen oder entlang tief eingeschnittener Flusstäler. Entlang der Küste auch auf Klippen. In der Baumtundra baut er Baumnester, meist im obersten Baumabschnitt. Die vergleichsweise Seltenheit dieser Nistmöglichkeiten in seinem Lebensraum zwingt ihn jedoch häufig zu Bodennestern in völlig offener Tundra. Bodennester liegen mehrheitlich an trockenen, etwas erhöhten Stellen, die eine gute Rundumsicht ermöglichen.
Das Nest selbst ist ein recht voluminöser Bau, bestehend aus Ästchen und Zweigen, gut ausgepolstert mit Gras, verschiedenen Moosen, Tierhaaren und Federn. Diese Isolierung ist bei Bodennestern besonders dick. Neu angelegte Nester haben einen Durchmesser von etwa 80 Zentimeter, wachsen aber bei längerer Benützung zu voluminösen Gebilden von bis zu 150 Zentimeter Durchmesser an. Das Nistmaterial wird allein vom Männchen herangeschafft und von beiden Vögeln verbaut. Der Nestbau hält auch noch während der Brutperiode an. Zuweilen werden auch bestehende Nester anderer nordischer Greifvögel benutzt.
Gelege und Eier
Ob überhaupt ein Gelege gezeitigt wird, sowie die Größe des Geleges selbst, werden vom Nahrungsangebot beeinflusst, doch sind die genauen Zusammenhänge noch Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Jedenfalls können die Gelegegrößen von Jahr zu Jahr beträchtlich schwanken. Ein Normalgelege umfasst 3-4 Eier, es kommt aber zuweilen auch zur Ablage von nur einem Ei. Der Legeabstand beträgt bei Normalgelegen 24 Stunden, nur die letzten Eier größerer Gelege werden in einem größeren Zeitabstand gelegt. In Jahren von Massenvermehrungen der Beutetiere wurden Gelege von bis zu sieben Eiern festgestellt. Nachgelege kommen bei Verlust des Erstgeleges vor und umfassen selten mehr als zwei Eier.
Die Grundfarbe frischgelegter Eier ist grünlich bis bläulich und wechselt später in ein schmutziges Weiß. Sie sind reichlich mit rötlichbraunen und purpurnen Flecken übersät. Die Durchschnittsmaße betragen 57x45 Millimeter.
Brut
Die Eier werden fast ausschließlich vom Weibchen bebrütet, das in dieser Zeit vom Männchen mit Nahrung versorgt wird. Die Brutdauer beträgt abhängig von der Witterung 31-37 Tage. Das Weibchen brütet ab dem ersten Ei, sodass bei einem Legeabstand von einem Tag und länger der Entwicklungsstand der Küken sehr unterschiedlich ist. Der Brutbeginn liegt nicht vor Mitte Mai, datiert meist aber später.
Anfangs schafft allein das Männchen die Nahrung für das Weibchen und die Jungen heran; das Weibchen zerteilt die Beute und füttert. Später jagen und füttern beide Elternteile.
Die Dunenjungen sind in den ersten Tagen bis auf die Futteraufnahme weitgehend inaktiv. Sie bekommen mit 12 Tagen ihre ersten Federn. Mit etwa 4 Wochen können sie die Beute selbst zerteilen und aufrecht im Nest stehen. Die ersten Flugversuche beginnen im Alter von etwas über 30 Tagen, doch richtig flügge sind die wenigsten Jungvögel vor ihrem 40 Lebentag, die Männchen offenbar etwas früher als die Weibchen. Die Jungen sind danach noch 3-4 Wochen weitgehend von den Eltern abhängig, bevor sie dismigrieren. Bei Spätbruten mündet die Führungszeit direkt in den Herbstzug.
Kainismus
Kainismus wurde bei dieser Art nicht beobachtet.
Lebenserwartung
Es stehen nur wenige Daten zur Lebenserwartung zur Verfügung. Insgesamt wurden 48 Wiederfunde ausgewertet, die eine durchschnittliche Lebenserwartung von 21 Monaten ergaben; diese Angabe ist aber auf Grund der kleinen Stichprobe nicht repräsentativ. Der älteste Vogel in freier Wildbahn wurde etwas über 18 Jahre alt.
Bestandsentwicklung
Es liegen nur ganz grobe Bestandseinschätzungen vor, die Höchstschätzung liegt weltweit bei 500.000 Brutpaaren. Die Art zeigt eine stark fluktuierende Bestandentwicklung; länger andauernde Rückgänge werden aber nicht festgestellt. Deshalb ist die Art nach IUCN mit LC = least concern gelistet.
In Europa schätzt man die Anzahl der Brutpaare auf etwa 75.000 Paare; die Bestände blieben in den letzten Jahren stabil, nur in Schweden ist ein leichter Rückgang zu beobachten. Deshalb wird der europäische Bestand mit S = secure bewertet.
Namensherleitung
Der Wortteil "Rau" im Artnamen ist etwas unverständlich geworden, er hat nichts mehr mit der heutigen Bedeutung des Adjektivs "rau" zu tun, das ursprünglich "haarig", "befiedert", pelzig bedeutete. Im Märchen Allerleirauh trägt das Mädchen ein Gewand aus verschiedenartigen Pelzen.
Nur im Ausdruck "Rauchwerk" für Pelzwaren und in der jagdlichen Wendung "rauen" für "mausern" haben sich Reste erhalten. In der Vogelkunde wird diese Bezeichnung noch immer für Arten verwendet, deren Läufe bis zu den Zehen befiedert sind: Raufußhühner, Raufußbussard.
Der wissenschaftliche Gattungsname buteo bezeichnet bei Plinius einen Greifvogel, wahrscheinlich den Mäusebussard. Lagopus setzt sich aus griech. ho lagós = der Hase und griech. ho pús = der Fuß, also Hasenfuß zusammen und spielt ebenfalls auf die bis zu den Zehen befiederten Zehen an.
Sonstiges
Einige mitteleuropäische Staaten führen die Art als ehemaligen Brutvogel; allgemein wird jedoch angenommen, dass es sich bei diesen Angaben um Fehlbestimmungen gehandelt hat.
Literatur
- Marc J.Bechard und Theodore R. Swem: Rough-legged Hawk (Buteo lagopus). In: The Birds of North America, No. 641 (A. Poole and F. Gill, eds.). The Birds of North America, Inc., Philadelphia, PA. 2002.
- James Ferguson-Lees/David. A. Christie: Raptors of the World. Helm-London 2001. S 704-710; ISBN 0-7136-8026-1
- Urs N. Glutz von Blotzheim (Hrsg.): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bearb. u. a. von Kurt M. Bauer und Urs N. Glutz von Blotzheim. Aula-Verlag, Wiesbaden 1985ff. (2.Aufl.).Band 4. Falconiformes. Aula-Verlag, Wiesbaden 1989. (2.Aufl.) S. 535-557 ISBN 3-89104-460-7
- Hans-Günther Bauer und Peter Berthold: Die Brutvögel Mitteleuropas. Bestand und Gefährdung. Aula-Wiesbaden. 1997. S. 504
- Theodor Mebs: Greifvögel Europas. Biologie, Bestandsverhältnisse, Bestandsgefährdung. Kosmos Naturführer. Frankh-Stuttgart. 1989. S.87 ff.
- Benny Génsbol, Walther Thiede: Greifvögel – Alle europäischen Arten, Bestimmungsmerkmale, Flugbilder, Biologie, Verbreitung, Gefährdung, Bestandsentwicklung. BLV Verlag, München 1997, ISBN 3-405-14386-1
- Viktor Wember: Die Namen der Vögel Europas.Bedeutung der deutschen und der wissenschaftlichen Namen. Aula - Verlag Wiebelsheim 2005.