Der gefesselte Prometheus (Aischylos)

Tragödie von Aischylos
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Das Gemälde "Der gefesselte Prometheus" von Jacob Jordaens (Öl auf Leinwand, 245 x 178 cm) gehört zu den wichtigen Werken der Barockabteilung des Kölner Wallraf-Richartz-Museums - Fondation Corboud (Inventar-Nr.: WRM 1044).

Der gefesselte Prometheus (um 1640)

Beschreibung

Ein muskulöser, entblösster Mann liegt rücklings am Boden. Mit starken Ketten ist er an den felsigen Grund gefesselt. Ein riesiger Adler, mit weit ausgebreiteten Schwingen, hat sich auf ihm niedergelassen und begonnen, den Leib des Gefesselten zu zerreissen. Mit seinen Flügeln teilt er das Bild diagonal in zwei Hälften, in deren oberer ein jugendlicher Mann steht und dem grausigen Treiben fast belustigt zuschaut.

Bildthema

Der Antwerpener Maler Jakob Jordaens, ein jüngerer Zeitgenosse von Peter Paul Rubens, inszeniert hier um 1640 ein Thema der griechischen Mythologie, das seit der Antike immer wieder bearbeitet und überliefert wurde. Prometheus, so heißt der gefesselte Mann, wird zum Göttergeschlecht der Titanen gezählt. Den Titanen war die Herrschaft über die Welt von Zeus und seinen olympischen Göttern entrissen worden. Während die anderen Titanen im Tartaros, einem Ort der Unterwelt, in Gefangenschaft leben mussten, blieb Prometheus, der sich mit den Göttern verbündet hatte, in Freiheit. O seht, was ich von Göttern dulden muss, ich ein Gott! ruft der gequälte und verzweifelte Prometheus im Drama "Der gefesselte Prometheus" des antiken Dichters Aischylos den Menschen zu.

In der antiken Mythologie war es Prometheus - was übersetzt etwa der "Vorausdenkende" bedeutet -, der aus Erde und Wasser den Menschen nach dem Bilde der Götter erschuf. Und der Schöpfer liebte seine Geschöpfe. Als festgelegt wurde, welche Teile des Opfertieres für die Götter und welche für die Menschen bestimmt sein sollten, ergriff Prometheus Partei für seine Menschen und half ihnen, die Götter zu überlisten. Er umwickelte nämlich die wertlosen Teile des Opfertieres mit einem üppigen Stück Fetts, das damals noch kostbar war. Auf die guten Stücke legte er hingegen Knochen. Die Götter erkannten zwar den Betrug, sie nahmen ihn aber hin. Diesen Opferbetrug illustriert der Fellsack mit den Knochen, rechts im Bilde . Schon diese Tat machte Prometheus den Olympischen Göttern verdächtig.

Den Menschen aber, die Prometheus geschaffen hatte, fehlten noch besondere Eigenschaften. Sie hatten keine starken Zähne und waren weder besonders schnell noch besonders stark. Daher stahl Prometheus für die Menschen im Himmel des Feuers Glut, das alle Künste schafft, wie Aischylos schreibt. An diese Tat des Titanen erinnert die brennende Fackel, links im Bild in der Höhe von Prometheus' Kopf. Die Büste, rechts im Bilde neben der Opfergabe deutet auf Prometheus' Rolle als Menschenschöpfer hin.

Mit der Übergabe des Feuers an die Menschen beging Prometheus - aus der Sicht der olympischen Götter - einen großen Frevel, denn durch das Feuer wurden die Menschen den Göttern noch ähnlicher. Zeus strafte Prometheus dafür, in dem er ihn im Kaukasus an einen Felsen schmieden ließ und ihm täglich einen Adler schickte, der an seiner Leber fraß. Dies verursachte dem Prometheus unvorstellbare Schmerzen, tötete ihn jedoch nicht, da seine Leber stetig nachwuchs. Diesen Augenblick des allergrößten Leidens wählte der Maler Jakob Jordaens für sein Bild. Er verzichtet dabei auf übermäßige Blutströme und klaffende Wunden. Die Qual und das Leiden Prometheus' wird durch seinen Körper, durch seine angespannten Muskeln und vor allem durch sein vom Schmerz verzerrtes, hochrotes Gesicht glaubhaft gemacht. Als Kontrast dazu wirkt das Lächeln des jugendlichen Götterboten Hermes, der von oben herab, lässig dastehend kontrolliert, ob die Strafe an Prometheus auch tatsächlich vollzogen wird, wie gehässiger Hohn.

Komposition

Formal orientiert sich Jordaens bei seinem Prometheus-Bild an Darstellungen der Kreuzigung Petri, der mit dem Kopf nach unten gekreuzigt wurde. Er teilt das Bild durch die Schwingen des Adlers in der Diagonalen. Die Figur des Prometheus wird dabei so ins Bild eingefügt, dass sein Körper - vor allem im Bereich der Beine - mit starken perspektivischen Verkürzungen abgebildet werden musste. Damit stellte Jordaens dem Betrachter sein malerisches Können unter Beweis.

Deutung

Eine Antwort auf die Frage nach der Deutung dieses Bildeds kann nur sehr vorsichtig gegeben werden. Prometheus wurde nämlich im 16. und 17. Jahrhundert keineswegs einhellig beurteilt. Die Bewertung des Titanen und seiner Taten schwankt zwischen Bewunderung und gänzlicher Ablehnung. Er galt mitnichten als unschuldig Leidender. Vielmehr sah man in ihm auch ein göttliches Schlitzohr, dass es verstand, selbst Götter zu täuschen. Eine harte Strafe konnte da nicht ausbleiben.