Sesselbahn
Die Sesselbahnen gehören zur Kategorie der Umlaufseilbahnen. An einem endlosen, dauernd umlaufenden Förderseil sind in regelmäßigen Abständen Gehänge mit Sitzen für eine oder mehrere Personen (zur Zeit für maximal acht Personen) befestigt. Die Personen sind mit einem Sicherheitsbügel gesichert. Moderne Anlagen öffnen und schließen den Bügel automatisch. Unter dem Sessel befindet sich meistens eine Fußraste, auf der die Fahrgäste Skier oder ihre Füße abstellen. In Übersee, vor allem den USA, gibt es allerdings auch Anlagen ohne Sicherheitsbügel.


Varianten
Fixgeklemmte Sesselbahnen
Bei der einfachsten und zugleich auch ältesten Bauform der Sesselbahn, deren Technik vom Skilift abgeleitet wurde, sind die Seilklemmen der Sesselgehänge fest mit dem umlaufenden Förderseil verbunden. Das Österreichische Seilbahngesetz 2003[1] bezeichnet solche fixgeklemmten Sesselbahnen als Sessellift. Diese fixgeklemmten Sesselbahnen werden in Fachkreisen oder Skigebietskarten als SB für Sesselbahn oder als CLF für die englische Bezeichnung chairlift fix gripped abgekürzt. Eine führende Ziffer gibt dabei die Personenkapazität pro Sitzgehänge an, z.B. 2SB, 4-CLF.
Die Fahrgäste müssen die Sessel in den Stationen bei voller Fahrgeschwindigkeit besteigen und verlassen. Viele neuere fixgeklemmte Sesselbahnen sind mit einem Einstiegsförderband ausgestattet, um den Einstieg komfortabler und sicherer zu gestalten, aber auch um die Fahrgeschwindigkeit erhöhen zu können. Bei fixgeklemmten Sesselbahnen ist die Seilgeschwindigkeit eher mäßig (i. d. R. zwischen max. 3,0 m/s bei Einer- und Zweiersesselbahnen und bis zu 2,2 m/s bei Sechsersesselbahnen). Je größer die Sitzplatzanzahl eines Sessels ist, umso geringer ist die maximale Fahrgeschwindigkeit der Anlage, da ansonsten zu starke Zentrifugalkräfte beim Passieren der Umlenk-Seilscheibe auf die Sessel wirken würden. Dies dürfte wohl auch der Hauptgrund dafür sein, dass bis jetzt keine fixgeklemmten Achtersesselbahnen gebaut wurden.
Kuppelbare Sesselbahnen
Für die Fahrgäste wesentlich komfortabler sind kuppelbare Sesselbahnen, üblicherweise mit KSB oder dem englischen Kürzel CLD für chairlift detachable abgekürzt. Bei dieser Bauart werden in den Stationen die Sessel vom Förderseil gelöst und auf eine deutlich langsamer laufende Förderschiene gefahren. Die Seilklemmen werden über enger oder weiter werdende Schienenkulissen, in die ein Betätigungshebel hineinläuft, in der Station automatisch geöffnet und geschlossen. Der Ein- und Ausstieg der Fahrgäste erfolgt dann bei stark reduzierter Geschwindigkeit. Kuppelbare Anlagen werden in der Regel mit höheren Seilgeschwindigkeiten bis hin zu 5 m/s betrieben. Noch höhere Fahrgeschwindigkeiten sind möglich, aber im deutschsprachigen Raum von den Behörden nicht erlaubt. In Frankreich z. B. gibt es Anlagen, die mit bis zu 5,5 m/s betrieben werden können, in den USA sogar solche mit über 6 m/s maximaler Seilgeschwindigkeit. Auch hier können am Einstieg Förderbänder zum Einsatz kommen, die dann allerdings im Gegensatz zur fixen Bahn nur der einfacheren Positionierung der Fahrgäste dienen.
Kombibahn
siehe Hauptartikel Kombibahn
Mitunter werden auch Kombibahnen gebaut, bei denen während der Skisaison wahlweise Sessel oder Gondeln als Fahrbetriebsmittel verwendet werden können. Die Skifahrer entscheiden selbst, ob sie die Ski anbehalten wollen und den Sessel oder ob sie die Gondel benutzen möchten. Gondeln werden dabei vor allem zur sicheren Beförderung von kleinen Kindern – etwa bei Schikursen und Wanderer, Rodler etc. eingesetzt.
Transportkapazität
Die Transportkapazität von Sesselbahnen hängt von der Größe der Sessel, der Geschwindigkeit und dem Sesselabstand ab. Die maximalen Transportkapazitäten (ohne Double-Embarquement = doppelter Einstieg) liegen in etwa bei:
- 1er-Sessel: max. 800 Personen/Stunde
- 2er-Sessel: max. 1440 Personen/Stunde
- 3er-Sessel: max. 2160 Personen/Stunde
- 4er-Sessel: max. 2400 Personen/Stunde (kuppelbare Hochleistungsbahnen bis zu 2880 Personen/Stunde)
- 6er-Sessel: max. 4000 Personen/Stunde
- 8er-Sessel: max. 5000 Personen/Stunde.
Allerdings kann die Kapazität nach unten stark variieren; so gibt es z. B. 6er-Sessellifte, die eine höhere Kapazität haben als manche 8er-Sessellifte, weil sie deutlich kürzere Sesselabstände haben.
Die Transportkapazität ist bei fixgeklemmten und kuppelbaren Seilbahnen prinzipiell in etwa gleich hoch. Bei kuppelbaren Seilbahnen ist lediglich die Fördergeschwindigkeit höher, welche aber durch einen höheren Abstand der Sessel/Kabinen kompensiert wird und so zu einer identischen Anzahl Kabinen/Sessel pro Stunde (Transportkapazität) führt. Allerdings ist festzustellen, dass im Praxisbetrieb kuppelbare Sesselbahnen, geringfügig höhere Kapazitäten erreichen können, da die Sessel sich in der Station mit verminderter Geschwindigkeit bewegen, dadurch einen erhöhten Einsteigekomfort vor allem für Anfänger und Kinder bieten und so die Zahl der Notstopps drastisch reduziert wird.
Einen Sonderfall bei den Kapazitäten stellt der kuppelbare Vierersessel dar. Da er mit seiner Kapazität von bis zu 2400p/h (analog zur fixen 4SB) jahrelang als das Arbeitstier in den meisten Skigebieten galt, wurden analog zu der früheren Entwicklung bei Schleppliften Hochleistungsbahnen entwickelt, die bis zu 2880 Personen/Stunde transportieren können, um mit einer 4-CLD die gleiche Transportkapazität zu erreichen die zwei parallel aufgestellte Hochleistungsschlepper bieten (zweimal 1440 p/h).
Komfort
Der Komfort moderner Sesselbahnen ist vergleichbar mit dem von Gondelbahnen, allerdings können Sesselbahnen mit angeschnallten Skiern benutzt werden (Zufahrt auf Skiern, Zeitersparnis, Skier müssen nicht vom Schnee befreit und müssen nicht getragen werden). Die Anlagen verfügen oftmals über gepolsterte Sessel und eine Haube aus Plexiglas, welche den Fahrgast vor Wind, Niederschlag und Kälte schützt. Auch Bahnen mit Sitzheizung, bei denen die Sessel in den Stationen über Stromschienen aufgeheizt werden, wurden bereits in einigen Skigebieten installiert.
An den Einstiegsstellen von Wintersport-Sesselbahnen und -Sesselliften werden oft Fahrgastförderbänder als Einstiegshilfen eingesetzt, auf die sich der Fahrgast mit angeschnallten Skiern oder Snowboards stellt und die die Relativgeschwindigkeit zu dem herannahenden Sessel verringern. Der Fahrgast wird auf dem Förderband, das mit einer mit der Sesselfolge synchronisierten Schranke zur Zustiegsfreigabe versehen sein muss, an einem definierten Punkt mit geringerer Geschwindigkeitsdifferenz vom Sessel eingeholt. Durch den so erleichterten Zustieg können Bahnen mit fix gekuppelten Sesseln schneller gefahren und deren Förderleistung erhöht werden. Bei kuppelbaren Bahnen dienen die Zusteigeinteilung und das Förderband einem besser geregeltem Zugang.[2]
Historische Sesselbahnen
Die älteste Sesselbahn der Schweiz, die 1950 erbaute Sesselbahn Oberdorf–Weissenstein, war zugleich die letzte Schweizer Vertreterin der kuppelbaren Bauart Von Roll VR101. Die Anlage wurde 2009 ausser Betrieb genommen und im Herbst 2013 abgebrochen, sie wird durch eine moderne Gondelbahn ersetzt. Es gab Bestrebungen durch den Verein Pro Sesseli und des Schweizer Heimatschutzes, die alte Sesselbahn aufgrund ihrer historischen Bedeutung zu erhalten.
Die 1948 nach demselben System errichtete Sesselbahn von Kandersteg zum Oeschinensee wurde im Herbst 2008 abgerissen und durch eine Gondelbahn ersetzt.[3]
Eine weitere Bahn, mit Baujahr 1947 die älteste derartige Anlage, die Gumen-Sesselbahn von Braunwald GL, wurde bereits im Sommer 2007 abgerissen und durch eine moderne Seilbahn ersetzt.
In Tschechien ist die Bahn auf Komáří hůrka (Mückenberg) (1952) die letzte in Schweizer Lizenz errichtete Sesselbahn der kuppelbaren Bauart weiter in Betrieb. Die zum Mückentürmchen (Komáří Vížka)(Erzgebirge) führende Bahn galt zur Bauzeit als längster Sessellift Mitteleuropas und ist 2348 m lang.
Die Bahn (1949) mit ihren beiden Sektion in Pec pod Sněžkou zur Sněžka ("Schneekoppe"), ist seit September 2012 stillgelegt und wird bis 2014 durch eine Gondelbahn von Leitner AG ersetzt. [4]
Die letzte in Deutschland stehende in Betrieb befindliche Anlage nach dem System VR101 ist die in Schönau am Königssee situierte Jennerbahn, bei welcher allerdings die ursprünglichen Seitwärtssessel inzwischen durch 2 Personen fassende Gondelkabinen ersetzt wurden.
Während die Bauart VR 101 in Europa nahezu ausgestorben ist, sind in Nordamerika noch einige dieser Bahnen existent, da sie vor allem als Freizeitparkbahn sehr beliebt sind, allerdings mit Gondeln statt Seitwärtssesseln.
Sesselbahnen als Aussichtsseilbahnen
Auf Ausstellungsgeländen oder in Vergnügungsparks wurden bzw. werden gelegentlich Sesselbahnen gebaut. Beispiele wären die Sesselbahn im Höhenpark Killesberg zur Bundesgartenschau 1950 in Stuttgart, eine 1957 für Besucher der Internationalen Bauausstellung in Berlin errichtete Sesselbahn[5] oder eine Sesselbahn zur Wiener Internationalen Gartenschau 1964 [6] sowie die 1967 erbaute Elka Seilbahn im Schlesischen Zentralpark von Chorzów als längste Flachlandseilbahn Europas.
Gebräuchliche Abkürzungen
Wie einleitend schon erwähnt, bezeichnet man in der Fachsprache und in Pistenplänen fixgeklemmte Sesselbahnen oft als „SB“ und kuppelbare als „KSB“ (kuppelbare Sesselbahn). Die Sesselgröße (Personenkapazität) wird in der Regel davorgeschrieben, z. B. „4SB“, „6KSB“.
International gebräuchlich sind außerdem die Abkürzungen „CLF“ (Chairlift Fix gripped) anstatt „SB“ und „CLD“ (Chairlift Detachable) anstatt „KSB“.
Das Vorhandensein von Bubbles (Wetterschutzhauben) wird meist durch Anhängen von „/B“ angezeigt, z. B. „8-CLD/B“. Das Vorhandensein einer Sitzheizung wird durch den Anhang "/S", z.B. "6-CLD/S" angezeigt. (Im Normfall sind nur Sesselbahnen mit Bubbles mit einer Sitzheizung ausgestattet, daher analog "6-CLD/B/S" oder 6-CLD/B-S) Die sich immer stärker verbreitenden Bubbles mit orangen Scheiben werden mit "/B/O" oder "/B-O" abgekürzt, z.B. "4-CLD/B/O" oder "6-CLD/B-O".
Bei Kombibahnen, die üblicherweise mit KB, GCD (engl. für gondola chairlift detachable) oder TMX (frz. télémix) abgekürzt werden, bezeichnet die führende Zahl die Personenkapazität in den Sesseln, die darauf folgende Zahl die der Gondeln, z.B. 6/8-GCD.
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Bundesgesetz über Seilbahnen (Seilbahngesetz 2003 – SeilbG 2003)
- ↑ Vorlesungsunterlagen Seilbahnbau am Institut für Infrastruktur, Arbeitsbereich intelligente Verkehrssysteme der Universität Innsbruck, Sommersemester 2012, Seite 133 f. - PDF, abgerufen am 18. August 2013
- ↑ Kandersteg: Sessellift ist Geschichte in: Solothurner Tagblatt, 8. September 2008, S. 32.
- ↑ http://www.snezkalanovka.cz/nova_lan.php?lang=2&ro=1
- ↑ Seilbahn in Berlin, abgerufen am 12. Dezember 2011
- ↑ Der Wiener Donaupark, abgerufen am 12. Dezember 2011