Reanimationsregister
Beim Deutschen Reanimationsregister handelt es sich um eine Initiative zur einheitlichen Erfassung von präklinischen und innerklinischen Reanimationsdaten in Deutschland.
Motivation
Der plötzliche Herztod ist bei Erwachsenen mit koronarer Herzerkrankung für 60 % der Todesfälle verantwortlich. Häufig ist der plötzliche Herztod die Erstmanifestation einer koronaren Herzerkrankung. Epidemiologische Daten in Europa geben eine Häufigkeit von 50 bis 66 Reanimationsbehandlungen pro 100.000 Einwohner und Jahr an. Bei einer Einwohnerzahl von 460 Millionen in der Europäischen Union ergibt sich die beachtliche Anzahl von mindestens 230.000 Reanimationen pro Jahr. Insofern stellt die Reanimationsbehandlung bezüglich der erforderlichen Logistik und der absoluten Häufigkeit eine besondere Herausforderung für den organisierten Rettungsdienst dar. Trotz anhaltender Bemühungen auf allen Ebenen der Versorgung ist die Erfolgsrate nach Reanimation bis heute eher bescheiden. Das Deutsche Reanimationsregister ist ins Leben gerufen worden, um als Werkzeug des Qualitätsmanagements Ärzten und Rettungsdiensten die notwendigen Informationen zu liefern, ihre CPR-Erfolgsraten zu steigern.
Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) startete im Jahre 2003 ihre Initiative zum bundesdeutschen interdisziplinären Deutschen Reanimationsregisters. Nach Vorgaben des Utstein-Style-Protokolls[1] wurde zunächst der Reanimationsdatensatz „Erstversorgung“ entwickelt und die Datensätze „Weiterversorgung“ und „Langzeitverlauf“ vorbereitet. Hierbei wurde darauf geachtet, dass der MIND2 (Mindestdatensatz 2 der Notarztprotokolle) sachgerecht erweitert wurde. 2013 wurde das Reanimationsregister von über 140 Notarztstandorten und über 100 innerklinischen Institutionen genutzt.[2]
Datenerfassung
Das Basismodul Erstversorgung erfasst die präklinische Logistik, Befunde und Behandlung und erfragt das Outcome zum Abschluss der präklinischen Behandlung und nach 24 Stunden.
'Das Krankenhausmodul klinische Weiterversorgung erfasst die Befunde, diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen der ersten 24 Stunden der innerklinischen Behandlung wie z. B. EKG, Röntgen, Ultraschalluntersuchung, Labor, Bronchoskopie und thrombolytische Therapie, PTCA, Bypassoperation oder therapeutische Hypothermiebehandlung, sowie weitere Daten der Krankenhausbehandlung bis zur Entlassung oder zum Tod des Patienten.
Das Modul zum Langzeitverlauf nach Reanimation erfasst die Dauer des Überlebens und die Qualität des Überlebens zu den Zeitpunkten Krankenhausentlassung, 30 Tage und 12 Monate nach der Reanimationsbehandlung.
Auf Basis dieser Datensätze ist eine zentrale webbasierte Datenbank unter Schirmherrschaft der DGAI erstellt worden. Die Daten können nach entsprechender Anmeldung via Internet direkt in diese Datenbank eingegeben werden. Ein Feedback ist genauso implementiert wie ein regelmäßiges Berichtswesen. Darüber hinaus sind unterschiedliche Erfassungssysteme entwickelt worden, welche die vielfältigen Dokumentationsmöglichkeiten im Notarztdienst berücksichtigen. Es kommen Papierprotokolle - als reine Reanimationsregisterprotokolle - oder Kombinationsprotokolle für den Notarztdienst, die neben den MIND-Daten auch die ergänzenden Reanimationsdaten enthalten, zum Einsatz. Die Einspeisung der regional erfassten Daten erfolgt entweder direkt über das Internet oder aber durch Übermittlung der zuvor lokal gespeicherten Daten über eine Schnittstelle zum Datenimport.
Auswertungen und Analysen
Das Reanimationsregister stellt allen Teilnehmern online umfangreiche Auswertungsmöglichkeiten ihrer Daten zur Verfügung. Der Vergleich mit der Grundgesamtheit und den besten Teilnehmern (anonymisiert) bietet die Möglichkeit, die eigene Leistungsfähigkeit zu analysieren sowie Stärken und Schwächen zu erkennen (Benchmarking). Darüber hinaus werden jährliche Berichte für die teilnehmenden Zentren erstellt, welche im Sinne eines umfassenden Qualitätsberichtes die Online-Auswertungen ergänzen.
Organisation und Finanzierung
Aktuell erfolgt die Koordination des bundesweiten Reanimationsregisters über die Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holsteins, Campus Kiel.
Das Projekt wird durch die teilnehmenden Institutionen finanziert. Für die erfassenden Ärzte sind keine Entschädigungsgebühren vorgesehen. Dies wird mit der Notwendigkeit eines Qualitätsmanagements nach Sozialgesetzbuch begründet, woraus sich eine Verpflichtung zur Qualitätserfassung bei der Patientenversorgung ergibt.[3]
Einzelnachweise
- ↑ Utstein-Style Guidelines, American Heart Association
- ↑ M. Fischer et al: Deutsches Reanimationsregister der DGAI. Notfall + Rettungsmedizin, Springer, Juni 2013. DOI 10.1007/s10049-013-1694-x
- ↑ Teilnahme von Rettungsdiensten am Deutschen Reanimationsregister
Literatur
- Gräsner JT, Wnent J, Seewald S, Neukamm J, Fischer M.: First aid and trauma management: results from the German resuscitation registry. Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. 2012 Nov;47(11-12):724-32. PMID 23235904
- Gräsner JT et al.: The DGAI CPR registry - the datasets "hospital care" and "long-term process". Anasthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther. 2008 Oct;43(10):706-9. PMID 18958824
- Ilper H, Kunz T, Walcher F, Zacharowski K, Byhahn C.: An online emergency physician survey - demography, education and experience of German emergency physicians. Dtsch Med Wochenschr. 2013 Apr;138(17):880-5. PMID 23592344
- Neukamm J, et al.: The impact of response time reliability on CPR incidence and resuscitation success: a benchmark study from the German Resuscitation Registry. Crit Care. 2011;15(6):R282. PMID 22112746
- Gräsner JT, et al.: German Resuscitation Registry Working Group, Trauma Registry of the German Society for Trauma Surgery (DGU). Cardiopulmonary resuscitation traumatic cardiac arrest--there are survivors. An analysis of two national emergency registries. Crit Care. 2011;15(6):R276. PMID 22108048
- Kulla M, Helm M, Lefering R, Walcher F.: Prehospital endotracheal intubation and chest tubing does not prolong the overall resuscitation time of severely injured patients: a retrospective, multicentre study of the Trauma Registry of the German Society of Trauma Surgery. Emerg Med J. 2012 Jun;29(6):497-501. PMID 21795295
- Gräsner JT, et al.: German Resuscitation Registry Study Group. ROSC after cardiac arrest--the RACA score to predict outcome after out-of-hospital cardiac arrest. Eur Heart J. 2011 Jul;32(13):1649-56. PMID 21515626