Kroaten

südslawische Ethnie
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Die Kroaten (kroatisch Hrvati, ungarisch Horvátok) sind ein Volk in Europa. Die Kroaten gehören mehrheitlich der katholischen Konfession an und sprechen die zu den südslawischen Sprachen gehörende kroatische Sprache. Die meisten Kroaten leben in Kroatien, wo sie die Mehrheit der Einwohner stellen, und in Bosnien-Herzegowina, wo sie eines der drei "konstitutiven Völker" sind.

Ethnogenese

Datei:Tomislav Denkmal Zagreb.jpg
König Tomislav Platz in Zagreb, Reiterdenkmal zu Ehren des ersten kroatischen Königs

Die Ethnogenese der Kroaten ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt. Nachweise bestehen lediglich dafür, dass im Gebiet des heutigen Kroatien im 6./7. Jahrhundert eine Ansiedlung von Slawen und Awaren stattfand.

In seinen schriftlichen Aufzeichnungen (von Humanisten „De administrando imperio“ genannt) berichtet Konstantin VII. Porphyrogennetos, dass das Volk der Kroaten im 7. Jahrhundert von dem byzantinischen Kaiser Herakleios aus seiner Heimat an der Weichsel (dem sogenannten Weißkroatien) als Schutz gegen die Awaren ins Land gerufen wurde.

Von manchen Historikern wird die Meinung vertreten, dass zwischen Herakleios und dem Fränkischen Reich ein Abkommen getroffen worden sei. Demzufolge wurden die Kroaten von den Franken militärisch ausgerüstet und verließen auf Geheiß des Kaisers Karls des Großen ihre alte Heimat in Galizien um im alten Illyricum (in Liburnien, Pannonien, Dalmatien und einem Teil von Histrien) gegen die Awaren zu kämpfen. Anfangs blieben die Kroaten Untertan der Franken, befreiten sich aber nach langwierigen Kämpfen von der fränkischen Herrschaft.

In der älteren Slawistik und in der Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts wurden diese Berichte so interpretiert, dass ein slawischer Stamm namens „Kroaten“ geschlossen nach Illyrien übersiedelt sei. Sprachliche Belege sprechen jedoch dafür, dass die Kroaten, auf die sich der Bericht Konstantin VII. Porphyrogennetos’ bezieht, kein rein slawisches Volk gewesen sein können; Porphyrogennetos zufolge wurden die Kroaten auf ihrem Weg nach Illyrien und Dalmatien von fünf Brüdern – Klukas, Lobelos, Kosentzes, Muhlo und Hrobatos – und zwei Schwestern namens Tuga und Buga angeführt. Sämtliche Namen sind nicht slawischen Ursprungs.

Von verschiedener Seite wurden deshalb Theorien über eine nichtslawische, z.B. iranische Herkunft der Kroaten entwickelt. Diese stützen sich vor allem auf die mögliche iranische Etymologie des Ethnonyms Kroate (siehe Aria bzw. Herat).

Andere Historiker vertreten die Meinung, dass sich die Ethnogenese des kroatischen Volkes im heutigen Sinne ebenso wie diejenigen der anderen heutigen südslawischen Völker jedoch erst nach der Besiedlung des Landes durch die Slawen und andere Gruppen in der Völkerwanderungszeit vollzogen haben soll, so dass die Berichte über eine Ansiedlung der Kroaten als geschlossenes, schon zuvor bestehendes Volk mit Skepsis betrachtet werden müsse. Es sei daher wahrscheinlicher, dass es sich bei den Kroaten des von Konstantin VII. Porphyrogennetos überlieferten Berichtes nur um die für das moderne kroatische Volk namensgebende Gruppe handle, deren Name jedoch erst im Laufe der folgenden Zeit auf die Gesamtheit des heute so genannten Volkes übertragen wurde. Die genauen Umstände dieses Prozesses lassen sich jedoch mangels schriftlicher Quellen zur gesellschaftlichen Entwicklung im Gebiet des heutigen Kroatien in der Zeit zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert kaum mehr rekonstruieren. Aus dem 8. Jahrhundert stammen die ersten sicheren Nachrichten über ein kroatisches Fürstentum im Bereich des heutigen Norddalmatien. Im Jahre 879 bezeichnete Papst Johannes VIII. den Fürsten Branimir als Regnum Croatorum (Herrscher der Kroaten), was seinerzeit einer internationalen Anerkennung des „Königreiches der Kroaten“ gleichkam.

Siehe auch: Geschichte Kroatiens

Namensherkunft

Datei:Migration of the Croats through Euro-Asian regions.jpg
Migrationsbewegung der Kroaten durch euro-asiatische Gegenden

Die Etymologie des Ethnonyms Kroate (in der Selbstbezeichnung Hrvat) ist bis heute nicht abschließend geklärt, es scheint jedoch keine slawische Wurzel zu haben.

Viele Forscher vermuten einen iranischen, höchstwahrscheinlich sarmatischen Ursprung des Namens. In Persien wurden Schriftstücke gefunden, welche von einem Stamm namens Harauvat-is bzw. Hu-urvatha sprechen. Auf der Grundlage dieser Etymologie haben sich verschiedene Theorien über eine vermutete iranische Herkunft der Kroaten entwickelt.

In Tanais, einer griechischen Koloniestadt des Bosporanischen Reiches im Nordosten des Asowschen Meeres (Südrussland), wurden zwei Steintafeln aus dem 2. Jahrhundert gefunden, auf denen von einem (wahrscheinlich sarmatischen) Volk der Horouathos die Rede ist. Dies ist nach Meinung mancher Sprachwissenschaftler und Historiker die erste Erwähnung der Kroaten/Hrvati bzw. der Ursprung des Namens der Kroaten, was wiederum die Theorie der iranischen Herkunft stärken würde. Abgesehen von der Namensgleichheit konnte jedoch kein weiterer Zusammenhang zwischen dem heutigen kroatischen Volk und den Steintafeln, die im Archäologischen Museum von St. Petersburg aufbewahrt werden, nachgewiesen werden.

Heutige Siedlungsgebiete

Die Kroaten stellen die große Mehrheit der Bevölkerung Kroatiens und sind eines der drei konstitutiven Völker Bosnien-Herzegowinas (570.000 Menschen im Jahr 2000).

Autochthone (alteingesessene) kroatische Minderheiten leben in Österreich (vor allem im Burgenland), in der Vojvodina (dort sind sie seit dem Jahre 2002 als nationale Minderheit anerkannt), Montenegro (im Gebiet der Bucht von Kotor), Ungarn (etwa. 100.000) und Italien (im Molise).

Die kroatische Diaspora

Eine große Zahl von Kroaten war im Laufe der Zeit aus wirtschaftlichen oder politischen Grüden gezwungen, die alte Heimat zu verlassen.

Die erste größere Abwanderung von Kroaten erfolgte im 15. Jahrhundert und 16. Jahrhundert zu Beginn der osmanischen Eroberungen im heutigen Kroatien und Bosnien-Herzegowina. Die Menschen flohen zu jener Zeit in sicherere Gebiete innerhalb Kroatiens, aber auch in andere Gebiete des damaligen Habsburgerreiches (auf das Gebiet der heutigen Staaten Österreich, Slowakei und Ungarn). Auf diese Wanderung geht die heutige burgenlandkroatische Minderheit mit ca. 60.000 Menschen zurück.

Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts wanderte eine größere Zahl von Kroaten vor allem aus ökonomischen Gründen nach Übersee aus, unter anderem nach Nordamerika, Südamerika (vor allem Chile und Argentinien), Australien und Neuseeland.

Eine weitere größere Auswanderungswelle, diesmal aus politischen Gründen, erfolgte unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Hierbei flohen sowohl Kollaborateure des Ustascha-Regimes als auch Menschen, die nicht unter einem kommunistischen Regime leben wollten. Es wird geschätzt, dass während und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg von 1939 bis 1948 etwa 250.000 Kroaten das Land verlassen mussten.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gingen zahlreiche Kroaten größtenteils aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Lebensverhältnisse als Gastarbeiter vor allem nach Deutschland, Österreich oder in die Schweiz. Hinzu kamen auch einige Emigranten aus politischen Gründen, vor allem nach dem Ende des Kroatischen Frühlings. Diese Migration ermöglichte dem damaligen kommunistischen Jugoslawien eine Senkung der Arbeitslosigkeit und schuf gleichzeitig durch die Überweisungen der Emigranten an ihre Familien eine enorme Deviseneinnahmequelle.

Kroatische Ergänzungsschulen bieten den Gastarbeiterkindern in den meisten größeren Orten Europas und in Übersee Möglichkeiten zur Pflege und Entwicklung der kroatischen Muttersprache sowie zur Weiterbildung.

Die kroatische Diaspora beteiligte sich während des 20 Jahrhunderts wiederholt aktiv an der Politik ihres Herkunftslandes. Zuletzt sammelten die Kroaten der Diaspora während des Kroatischen Unabhängigkeitskrieges in der ersten Hälfte der 1990er Jahre bedeutende Mengen an Hilfsgütern und unterstützten finanziell das vom Krieg betroffene Land.

Ethnische Kroaten und ihre Zahl in den einzelnen Ländern:

Berühmte Kroaten

Siehe Hauptartikel: Liste bedeutender Kroaten


Schon gewusst, dass…

  • Die Bezeichnung des Kleidungsstückes "Krawatte" sich auf das Volk der Kroaten zurückverfolgen läßt? Die kroatischen Soldaten trugen im 18. Jahrhundert ein ähnliches Kleidungsstück um den Hals, ein Halsband mit Fransen, durch das sie recht einfach zu unterscheiden waren. Das Wort "cravate" wird zum ersten Mal in der französischen Enzyklopädie im 18. Jahrhundert erwähnt, als kroatische Soldaten in Paris weilten. Im Französischen nennt man die Kroaten "Croates", was leicht auf das Wort "cravate" oder im Deutschen "Krawatte" schließen läßt. (näheres, siehe: Geschichte der Krawatte)

Literatur

Kroatische Diaspora