Bibliothek

Institution, die damit betraut ist, Bücher und andere Medien zu erschließen, zu betreuen und zugänglich zu machen
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Eine Bibliothek oder Bücherei ist eine Dienstleistungseinrichtung, die ihren Benutzern Medien zur Verfügung stellt. Diese Medien können Informationen enthalten (wie etwa Sachbücher) oder der Unterhaltung dienen (wie etwa Musik-CDs).

Bücherregale in der Hong Kong Central Library, 2010
Lesesaal im British Museum in London, 2006
Computerarbeitsplätze in den Städtischen Bibliotheken Dresden, 2004

Zugang und die Benutzung vor Ort sind meist frei und kostenlos, Entlehnungen gegen eine geringe Jahresgebühr möglich. Die meisten Bibliotheken werden mit Steuergeld finanziert, aber auch kirchliche, öffentlich-rechtliche und private Organisationen sowie Unternehmen unterhalten Bibliotheken.

Zentrale Dienstleistung der Bibliotheken ist die Ausleihe von Medien. Manche Bibliotheken bieten auch Unterstützung bei der Publikation von eigenen Texten oder Lehrmaterialien (zum Beispiel als Verlag einer Universität oder über Bereitstellung von Infrastruktur für das E-Learning), das Lehren von Informationskompetenz (zumeist an wissenschaftlichen Bibliotheken) oder Förderung von Lesekompetenz (zumeist an öffentlichen Bibliotheken) an. Die zentralen Arbeitsvorgänge sind die Erwerbung und Aussonderung von Medien sowie die Katalogisierung von Medien, die Tätigkeiten im Bibliotheksmagazin und der Leihstelle.

Neben gedruckten Medien (wie Büchern und Zeitschriften) bieten heute immer mehr Bibliotheken auch digitale Medien an (wie E-Books, DVDs oder Elektronische Zeitschriften) und verfügen über im Internet zugängliche digitale Bibliotheken.

Wortherkunft und Definition

 
Mit beweglichen Rollregalen wie hier im Magazin der Bibliothek der University of British Columbia wird Platz gespart, 2012.

Das Wort „Bibliothek“ wurde aus dem Griechischen übernommen. Bereits in der Antike bezeichnete das Wort βιβλιοθήκη (bibliothḗkē) eine „Bücherkiste“ (als Behälter für Papyri) oder eine „Büchersammlung“.[1] „Bücherei“ ist eine 1658 von Johann Amos Comenius eingeführte Lehnübersetzung aus dem Niederländischen.[2]

Innerhalb der bibliothekswissenschaftlichen Literatur wurde der Begriff „Bibliothek“ oft und unterschiedlich definiert.[3] Eine häufig zitierte Definition stammt von Gisela Ewert und Walther Umstätter: „Die Bibliothek ist eine Einrichtung, die unter archivarischen, ökonomischen und synoptischen Gesichtspunkten publizierte Information für die Benutzer sammelt, ordnet und verfügbar macht.“[4]

Bibliotheksarten

Die Einteilung von Bibliotheken lässt sich anhand verschiedenster Kriterien vornehmen, zum Beispiel nach der Größe (etwa One Person Library), nach dem jeweiligen Sammelschwerpunkt (etwa Musikbibliothek), nach dem Unterhaltsträger (etwa Firmenbibliothek, Stiftsbibliothek) oder nach der Funktion der Bibliothek (etwa Nationalbibliothek, Stadtbibliothek). Eine geläufige Unterteilung ist die in Öffentliche Bibliotheken (ÖB) für die breite Öffentlichkeit und Wissenschaftliche Bibliotheken (WB), die speziell auf Wissenschaftler und Studierende ausgerichtet sind.

Benützung

 
Der Bücherwurm von Carl Spitzweg, um 1850
 
Freihandaufstellung in der Bibliothek des San Diego City College, 2004
 
Zettelkatalog in der Universitätsbibliothek Graz, 2005

Heute sind fast alle Bibliotheken frei zugänglich, Ausnahmen können hierbei private Bibliotheken von Unternehmen, aber auch Spezialbibliotheken anderer Institutionen sein. Bezahlt werden muss erst ab dem ersten Ausborgen eines Mediums, wobei meist pauschale, geringe Jahresgebühren erhoben werden. Auch muss sich der Benutzer vor der ersten Entlehnung fast immer einen Benutzerausweis der jeweiligen Bibliothek ausstellen lassen.

Die Medien einer Bibliothek können sich gänzlich oder zum Teil in Magazinen befinden, die nur von den Bibliotheksmitarbeitern betreten werden dürfen (Magazinsbestand). Solche Medien müssen zur Ansicht und zur Ausleihe extra bestellt und von den Angestellten ausgehoben werden. Außer dem Magazinsbestand gibt es fast immer auch einen für die Benutzer zugänglichen Bereich, in dem Medien benutzt und durchgesehen werden können (Freihandaufstellung). Ein Teil dieser frei aufgestellten Bestände wird häufig gebraucht (etwa Nachschlagewerke oder Tageszeitungen) und ist daher nicht entlehnbar, sondern nur zur kurzen Benutzung vor Ort gedacht (Präsenzbestand). Zum nicht entlehnbaren Bestand zählen auch besonders alte und wertvolle Medien. Nicht in der jeweiligen Bibliothek vorhandene Medien können zum Ankauf vorgeschlagen oder über Fernleihe von anderen Bibliotheken bestellt werden. Das heute wichtigste Suchinstrument sind die über das Internet frei zugänglichen Online-Kataloge (OPACs) der Bibliotheken. In diesen Katalogen sind sämtliche Medien samt ihrem Standort in der Bibliothek verzeichnet und für den Benutzer über Suchbegriffe auffindbar. Nur noch selten in Gebrauch sind ältere Katalogformen wie der Zettelkatalog.

Den Benutzern stehen generell Lesesäle zur Verfügung, oft auch Computerarbeitsplätze mit Internetzugang oder sogar eigene Kabinen. Weiters finden sich fast immer Kopiergeräte und Buchscanner, in Öffentlichen Bibliotheken auch Wiedergabegeräte für Musik-CDs und DVDs.

In der Regel haben Medien eine bibliothekseigene Nummer(Signatur)), anhand derer der Ort des Exemplars leicht gefunden werden kann. Die für Benutzer zugänglichen Bestände sind meist in einer bestimmten Ordnung aufgestellt.

Organisation

 
Lesesaal in der New York Public Library, 2006

Einnahmen, Ausgaben und Unterhaltsträger

Bibliotheken geben ein Vielfaches an dem aus, was sie durch Benutzungsgebühren, Mahngebühren, die Bereitstellung von technischer Infrastruktur (etwa Kopierer) und kleinere Services verdienen können. Unter den Ausgaben bildet der Personalaufwand den mit Abstand größten Posten, darauf folgt die Anschaffung neuer Medien. Finanziert werden Bibliotheken vom Unterhaltsträger. Der bedeutendste Unterhaltsträger ist die öffentliche Hand, wobei der Bund, die Länder wie auch Gemeinden Bibliotheken finanzieren. Dazu kommen Träger wie Stiftungen öffentlichen Rechts und Körperschaften des öffentlichen Rechts. Ein wichtiger Bibliotheksträger im deutschsprachigen Raum ist auch die Kirche, weitere sind: Vereine, Unternehmen, Stiftungen bürgerlichen Rechts und einzelne Personen.[5]

Arbeitsvorgänge

Die wichtigsten Arbeitsvorgänge
in Bibliotheken:

Zu den zentralen Arbeitsvorgängen einer Bibliothek zählen die Erwerbung und Aussonderung von Medien, die Katalogisierung von Medien und die Ausleihe von Medien. Dazu kommt die Retrodigitalisierung der vorhandenen Medien und die Förderung von Lese- und Informationskompetenz.

Die Erwerbung dient der Anschaffung neuer Medien. Die deutschen Bibliotheken haben 2012 rund 399 Millionen Euro für die Erwerbung ausgegeben. In kleineren Bibliotheken wird die Erwerbung oft von einem einzigen Bibliothekar durchgeführt oder nur nebenbei mitbetreut, in größeren hingegen, besteht meist eine eigene Erwerbungsabteilung. Nach der Erwerbung werden die Neuzugänge erschlossen, d.h. in einen durchsuchbaren Bibliothekskatalog eingetragen. Der gegenteilige Vorgang zur Erwerbung, bei dem überflüssige Medien ausgesondert werden, ist die Deakzession. Erwerbung und Deakzession werden zusammen gelegentlich als Bestandsaufbau, Bestandsmanagement oder Bestandsentwicklung bezeichnet. Im Rahmen der Erwerbung wird der Bibliotheksbestand nicht nur durch Ankäufe vergrößert, sondern auch durch Pflichtexemplare, Schenkung, Tausch und Lizenzierung. Um auch seltene Bücher einmal pro Staat verfügbar zu machen, arbeiten Bibliotheken in Erwerbungskooperationen zusammen.

Recht

In Deutschland wird die Gesetzgebung vom Bund und den Ländern ausgeübt. Für die Rechtssprechung sind in erster Linie die Länder zuständig, erst die obersten Gerichte sind Bundeseinrichtungen. In Österreich und Deutschland sind die Gemeinden nicht gesetzlich dazu verpflichtet, eine Bibliothek zu unterhalten, in Finnland, Dänemark und Großbritannien hingegen schon. In Deutschland sind die Gemeindebibliotheken meist Teil der Stadtverwaltung, seit den 1980-er Jahren kommen vereinzelt aber auch die Rechtsformen Eigenbetrieb, Gemeinnützige GmbH und GmbH vor. Diese sind privatrechtlich konstituiert, werden aber von den Gemeinden finanziert. Im Gegensatz zu Deutschland, gibt es in den USA ein Bibliotheksförderungsgesetz, den Library Services and Construction Act.[6]

Bibliothekswesen

 
Computer zur OPAC-Recherche in der Bibliothek der Fachhochschule Eberswalde, 2004
 
Leseraum in der Bibliothek des Philosophischen Seminars der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, 2008
 
Prunksaal in der Vatikanischen Apostolischen Bibliothek, 2005

Die Gesamtheit aller Bibliotheken bildet das Bibliothekswesen. Die in einer Bibliothek arbeitenden Menschen sind Bibliothekare und Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste und die wissenschaftliche Disziplin für die Organisation und Funktion von Bibliotheken und anderen Informationseinrichtungen. Der entsprechende Ausbildungsgang ist die Bibliothekswissenschaft. Der Geschäftsgang in einer Bibliothek heißt Bibliotheksverwaltung und optimierende Tätigkeiten nach innen und außen werden als „Bibliotheksmanagement“ bezeichnet.

Im Jahr 2007 gab es nach der Deutschen Bibliotheksstatistik in Deutschland 8.694 Öffentliche Bibliotheken mit insgesamt 10.365 Standorten. Im gleichen Berichtszeitraum existierten 243 Wissenschaftliche Bibliotheken, die über insgesamt 791 Standorte verfügten.

Geschichte

In der Antike besaßen bereits die Ägypter Büchersammlungen, aus denen uns die bis 1866 v. Chr. datierbaren Papyrusrollen bekannt sind. Zur Zeit der Freiheit finden sich bei den Griechen vereinzelte Spuren auf Privatbibliotheken, über die erste öffentliche Büchersammlung, die von Peisistratos zu Athen angelegt wurde, herrschen Zweifel. Nach dem Untergang der Freiheit wurde die griechische Kultur in andere Länder übermittelt, infolgedessen wurden auch Bibliotheken gegründet, die wohl größte war die von den Ptolemäern gestiftete alexandrinische Bibliothek. Im Zuge der Völkerwanderung wurden zahlreiche der alten Bibliotheken zerstört, oftmals über Jahrtausende angesammeltes Wissen wurde für immer vernichtet. Im Mittelalter sorgten meist Mönche für den Erhalt der antiken Schriften.

Im Zuge des Humanismus erlebten die Bibliotheken ein Wiederaufleben. Mit dem Erfinden des Buchdrucks war fortan die Sammlung einer Bibliothek mit weniger Kosten und Schwierigkeiten verknüpft. Die ersten Bibliotheken, die ihre Leseräume der Öffentlichkeit zugänglich machten, waren Anfang des 17. Jahrhunderts die Bodleian Library in Oxford und die Biblioteca Ambrosiana in Mailand. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden viele Sammlungen geplündert oder vernichtet. Dasselbe geschah während der Französischen Revolution. Mit dem Fall von Napoléon Bonaparte wurden die meisten geplünderten Bibliotheksbestände aber wieder an den Ursprungsort zurückgebracht.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden immer mehr öffentliche Bibliotheken. Die erste öffentliche Bibliothek in Deutschland wurde 1828 durch Karl Benjamin Preusker als Vaterländische Bürger-Bibliothek in Großenhain gegründet.[7] 1900 erfolgte die erstmalige Gründung des Vereins Deutscher Bibliothekare, im gleichen Jahr fand der erste deutsche Bibliothekartag in Marburg statt. Am 3. Oktober 1912 wurde die Deutsche Bücherei in Leipzig gegründet.

Nach Gründung der DDR verließen sich die Westmächte aus politischen Gründen nicht mehr darauf, dass die Deutsche Bücherei in Leipzig das gesamte deutsche Schriftwerk sammelt. Deshalb wurde 1949 die Deutsche Bibliothek in Frankfurt am Main gegründet. Nach der Wiedervereinigung fusionierten beide zusammen mit dem Deutschen Musikarchiv in Berlin zur Deutschen Nationalbibliothek (DNB).

Siehe auch

Listen von Bibliotheken
Verbände und Institute
Bibliothekswesen
Projekte

Literatur

Geschichte
  • Matthew Battles: Die Welt der Bücher. Eine Geschichte der Bibliothek. Artemis & Winkler im Patmos Verlag, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-491-69142-1.
  • Lionel Casson: Bibliotheken in der Antike. Artemis & Winkler im Patmos Verlag, Düsseldorf 2002, ISBN 3-538-07134-9, (Originalausgabe: Libraries in the ancient world. Yale University Press, New Haven Conn. und London 2001, ISBN 0-300-08809-4)
Portal: Bibliothek – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Bibliothek
Wikisource: Bibliotheken – Quellen und Volltexte
Wikiquote: Bibliothek – Zitate
Wiktionary: Bibliothek – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Bibliothek – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Henry George Liddell, Robert Scott: A Greek-English Lexicon, 9. Auflage, Clarendon Press, Oxford 1940, Eintrag βιβλιο-θήκη (online).
  2. Werner Krieg: Einführung in die Bibliothekskunde, 2. Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1990, S.2.
  3. Eine bis 1999 reichende Übersicht geben Gisela Ewert und Walther Umstätter: Die Definition der Bibliothek. In: Bibliotheksdienst 33, Heft 6, 1999, ISSN 0006-1972, S. 957-971 (online).
  4. Gisela Ewert, Walther Umstätter: Lehrbuch der Bibliotheksverwaltung, Hiersemann, Stuttgart 1997, ISBN 978-3777297309, S. 10.
  5. Engelbert Plassmann u.a.: Bibliotheken und Informationsgesellschaft in Deutschland. Eine Einführung, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Harrassowitz, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-447-06474-3, S. 63-67.
  6. Engelbert Plassmann u.a.: Bibliotheken und Informationsgesellschaft in Deutschland. Eine Einführung, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Harrassowitz, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-447-06474-3, S. 63-65.
  7. Museum Alte Lateinschule Großenhain. Museum.grossenhain.de, abgerufen am 10. Dezember 2010.
  8. La "bibliothèque numérique européenne" bientôt en ligne. LeMonde.fr, 10. Januar 2006, abgerufen am 10. Dezember 2010.
  9. Europäische Digitalbibliothek eher nationale Sache. Pressetext.de, 10. Januar 2006, abgerufen am 10. Dezember 2010.
  10. Schatzkammern des Wissens: Künstliches Gedächtnis. Spiegel.de, 31. August 2010, abgerufen am 10. Dezember 2010.

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