Gesundheitsreform in Deutschland

fortlaufende Maßnahmen des Gesetzgebers zur Ausgestaltung des Gesundheitswesens in Deutschland
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Als "Gesundheitsreformen" werden in Deutschland Reformen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezeichnet. Sie sind in der Regel mit Einschränkungen der Leistungen und/oder Erhöhung der Zuzahlungen verbunden.

Die aktuelle Gesundheitsreform

Im Zuge der Umsetzung der sogenannten Agenda 2010 einigten sich Regierung und Opposition im Sommer 2003 auf das "Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung" (abgekürzt GKV-Modernisierungsgesetz oder GMG).

Veränderungen, die ab dem 01.01.2004 wirksam wurden, sind u. a. die Streichung des Entbindungs- und Sterbegelds, die Einführung einer sogenannten Praxisgebühr, eine umfassende Änderung bei Zuzahlungen und Fahrkostenerstattungen, die weitgehende Herausnahme der nicht verschreibungspflichtigen Medikamente aus dem Leistungskatalog usw. Der Zahnersatz wird ab 2005 allein von den Versicherten mit einem einkommensunabhängigen Beitrag finanziert. Ab 2006 wird das Krankengeld umfinanziert (voraussichtlich ebenfalls ohne Arbeitgeberbeteiligung). Die gesetzlichen Krankenkassen können künftig z.B. Tarife mit Beitragsrückgewähr oder Selbstbehalten mit Beitragsminderung anbieten, ebenso verschiedene Bonusmodelle und private Zusatzversicherungen.

Ziel der aktuellen Reform ist, in den nächsten Jahren den Durchschnittsbeitrag der Gesetzlichen Krankenversicherung auf ca. 13% des Einkommens zurückzuführen (am 01.07.2003 lag er bei 14,4%). Damit sollen die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Langfristig werden jedoch auch nach Einschätzung der Bundesregierung "weitere Weichenstellungen zur nachhaltigen Finanzierung der GKV erfolgen müssen".

Neben den auf finanzielle Entlastung zielenden Elementen sind Ansätze zu strukturellen Veränderungen erkennbar (z.B Modelle der "integrierten Versorgung" ab 2007; Verschärfung der Fortbildungspflicht der Ärzte, usw.) Neu ist auch die Bestellung einer Patientenbeauftragten.

Viele ursprünglich geplante Maßnahmen wurden aber nicht umgesetzt (z.B. unabhängiges Zentrum für Qualität der Medizin, Positivliste mit zur Verschreibung zugelassenen Medikamenten).

Die umgesetzten Reformen polarisieren die Gesellschaft, da sie nach verbreiteter Überzeugung das Kriterium Soziale Gerechtigkeit nicht erfüllen. Sowohl das Dualitätsprinzip (Aufteilung der Sozialbeiträge auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber) als auch das Solidaritätsprinzip werden geschwächt.


Frühere Gesundheitsreformen in der Bundesrepublik Deutschland

  • 2003 Beitragssatzsicherungsgesetz "BSSich" (u.a. Kürzung des Sterbegeldes, weitere Verschärfung der Budgets für Arzthonorare und Krankenhäuser)
  • 2002 Gesetz zur Begrenzung der Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetz - AABG)
  • 2001 Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets (Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz - ABAG)
  • 2000 GKV-Gesundheitsreform (u.a. Budgetverschärfung für Arzthonorare, Arzneien und Krankenhäuser. Regress bei Überschreitung des Budgets)
  • 1999 GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz (u.a. Wiedereinführung der Budgets für Arzthonorare, Krankenhäuser, Arznei- und Heilmittelbudgets)
  • 1997 GKV-Neuordnungsgesetze (u.a. weiter erhöhte Zuzahlungen für Arzneien und Heilmittel, erhöhte Eigenbeteiligung bei Fahrtkosten, erhöhter Eigenanteil je Krankenhaustag, bei Zahnersatz keine prozentualen Zuschüsse mehr, sondern nur noch Festzuschüsse, “Krankenhaus-Notopfer”)
  • 1996 Beitragsentlastungsgesetz (u.a. Streichung des Zuschusses zum Zahnersatz für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1978 geboren sind (galt bis 1998), keine Erstattung mehr zu Brillengestellen, erhöhte Zuzahlungen für Arzneimittel, Leistungskürzungen und Zuzahlungserhöhungen bei Kuren, Absenkung des Krankengeldes)
  • 1993 Gesundheitsstrukturgesetz "GSG" (u.a. Einführung der Budgetierung, erhöhte Zuzahlungen für Medikamente)
  • 1989 Gesundheitsreformgesetz "GRG" (u.a. "Negativliste” für Medikamente, höhere Rezeptgebühr, Einführung der Zuzahlung im zahnärztlichen Bereich)
  • 1983 Haushaltsbegleitgesetz (Krankenversicherung der Rentner nicht mehr beitragsfrei)
  • 1977 Kostendämpfungsgesetz (u.a. Arzneimittel-Höchstbeträge und Leistungsbeschränkungen, Bagatell-Medikamente werden nicht mehr bezahlt)

Siehe auch: Bürgerversicherung, Gesundheitskarte, Gesundheitspolitik, Sozialabbau, Sozialstaat, Sozialversicherung