Zuger Kirsch

Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 25. August 2013 um 17:47 Uhr durch Zmrzlina (Diskussion | Beiträge) (Zuger Kirschtorte). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Kultur der Zuger Kirschen (Schweizerdeutsch: Zuger Chriesi) ist rund 400 Jahre alt und prägt durch den Kirschenanbau sowie eine Vielzahl von Bräuchen und Kirschenprodukten die Identität der Region Zug wesentlich mit.

Zuger Obstbaum-Landschaft (Ober-Walchwil, Juni 2007)

Geschichte

 
Kirschwasser Gesellschaft in Zug Inserat von 1870
 
Zuger Kirsch Brennerei Zug von 1918
 
Zuger Kirschen Plakat von 1939

Der «Zuger Chriesimärt» (Zuger Kirschenmarkt) wurde 1627 erstmals urkundlich als «kriesymerckht» erwähnt. Die «Zuger Chriesigloggä», eine Art Erlaubnisglocke, die früher den offiziellen Start der Kirschenernte einläutete, ist seit 1711 nachweisbar. Der «Zuger Chriesisturm» bestand gemäss einer Nacherzählung von 1886 darin, dass die Bürger auf das Glockenzeichen hin mit ihren Leitern auf die Zuger Allmend rannten, sie an die volkseigenen Bäume stellten und die frischen Kirschen pflücken durften.

 
Zuger Kirschen Plakat 2011

+

 
Kirschwasser Gesellschaft in Zug Flasche von 1895

Der Zuger Kirsch (Obstbrand) genoss bereits im 18. Jahrhundert über die Landesgrenzen hinaus einen guten Ruf, und das Zugerland war bekannt für seine Kirschbäume. 1870 wurde zwecks Steigerung der Kirschqualität und des Exportes die «Kirschwasser-Gesellschaft in Zug» gegründet. 1915 gelangte die erste Zuger Kirschtorte in den Verkauf.

2006 wurde die Idee der «1000 Kirschbäume für Zug» lanciert und daraus 2008 die «IG Zuger Chriesi» gegründet. Zur Förderung der regionalen Kirschenkultur riefen die Kantone Zug, Schwyz und Luzern 2009 den Verein «Zuger & Rigi Chriesi» ins Leben.[1] Der Verein setzt sich für die Lancierung der Schutzmarken «AOC/GUB Zuger Kirsch» und «AOC/GUB Rigi Kirsch» sowie die Einführung der Schutzmarke «IGP/GGA Zuger Kirschtorte» ein. 2010 erklärte der Zuger Regierungsrat das «Zuger Chriesi als Kulturgut» zu einem Legislaturziel, 2011 machte der Zuger Stadtrat das Projekt «1000 Kirschbäume für Zug» zu einem seiner Legislaturziele. Im selben Jahr wurde die «Zuger Kirschtorten-Gesellschaft» in Steinhausen gegründet und der Verein «Aegeri Chriesi» in Oberägeri ins Leben gerufen.[2]

Der Kirschenanbau im Kanton Zug figuriert seit 2011 unter den lebendigen Traditionen der Schweiz,[3] die im Rahmen des immateriellen Kulturerbes der UNESCO auf nationaler Ebene erfasst wurden.

Wirtschaftlicher Stellenwert

Bezüglich Baumbestand erreichte die Zuger Kirschenkultur ihren Höhepunkt 1951. In diesem Jahr erfasste man anlässlich der periodischen Obstbaumzählung im Kanton Zug den Bestand von 44’482 Kirschbäumen. Danach setzte aufgrund reger Bautätigkeit und Veränderungen in der Landwirtschaft ein Rückgang der Hochstamm-Bäume ein. Zudem sorgten die tiefen Kischpreise dafür, dass manche Bauern ihre Kirschen nicht mehr ernteten und verkaufen konnten. Von den über 400 Bauernbetrieben im Kanton Zug betreiben rund drei Viertel Kirschenanbau (Stand 2013).

Förderung

«IG Zuger Chriesi» ist die Bezeichnung für eine 2008 in der Stadt Zug gegründete Interessengemeinschaft (IG), welche die Förderung der Zuger Kirschen und Kirschenkultur in der Region Zug zum Zweck hat. Schweizweite Aufmerksamkeit fand die Gruppierung mit ihrem Projekt «1000 Kirschbäume für Zug», das die Pflanzung von 1000 neuen Hochstamm-Kirschbäumen in der Region Stadt Zug vorantreibt. Es soll helfen, den markanten Rückgang des Kirschbaumbestandes zu bremsen und die Zuger Kirschenkultur mit ihren Produkten zu fördern. Spätestens bis ins Jahr 2018 soll die Pflanzung von 1000 neuen Kirschbäumen in der Region Zug realisiert sein. Die Bevölkerung kann sich am Vorhaben beteiligen, indem sie Patenschaften für die Bäume übernimmt.

Die Interessengemeinschaft ging aus einem von der Stadt Zug initiierten Ideenwettbewerb hervor, der 2007 unter dem Titel «Wir sind Zug» gestartet wurde. Hierbei rief die städtische Regierung die Bevölkerung dazu auf, Projektideen zur Aufwertung und Bereicherung des städtischen Lebens einzureichen.

Bis 2013 gelang es der IG, 500 Hochstamm-Kirschbäume in der Region Zug zu pflanzen und Baumpatenschaften für dieses Vorhaben zu gewinnen. Zudem hat sie seit 2008 massgebend zur Belebung und Ausweitung des alljährlichen «Zuger Chriesimärts» auf dem Zuger Landsgemeindeplatz beigetragen. 2009 sorgte die IG mit der Neuinterpretation des «Zuger Chriesisturms» für landesweite Schlagzeilen. Bei diesem Anlass rennen Erwachsene und Kinder mit langen Chriesileitern durch die Zuger Altstadt, sobald um 12 Uhr die «Zuger Chriesigloggä» der Kirche St. Michael läutet. Das Rennen zieht jedes Jahr Hunderte von Zuschauern und Touristen aus dem In- und Ausland an.

Eine wichtige Rolle spielte die IG bei der Lancierung von neuen Kirsch-Produkten (siehe Abschnitt Moderne Neukreationen). Zudem ist sie Organisatorin des alljährlichen «Zuger Chriesitages», der jeweils am Samstag vor den Sommerferien stattfindet und an dem sich die Bevölkerung bei der «Zuger Meisterschaft im Kirschenstein-Spucken» misst.

Produkte

Zuger Kirschtorte

 
Zuger Kirschtorte
 
Zuger Kirschtorte

Die Zuger Kirschtorte ist eine aus zwei Japonaisböden, Biskuit, Kirschsirup und Kirschtortencrème bestehende runde Torte aus dem Kanton Zug. Die Oberfläche der Torte ist mit Puderschnee bestäubt, der Tortenrand mit gerösteten Mandelscheiben dekoriert. Die Torte ist zirka 5 Zentimeter hoch und hat einen Durchmesser von mindestens 10 Zentimetern. Das so genannte Rautenmuster im Puderschnee ist ebenfalls Teil des Originalrezepts. Die Torte soll unter der Bezeichnung «IGP/GGA Zuger Kirschtorte» gesetzlich geschützt werden und ausschliesslich «AOC Zuger Kirsch» enthalten.

Zuger Kirsch

 
Kirsch aus dem Zugerland

Der Zuger Kirsch ist ein traditionelles, aus Kirschen gebranntes Destillat, das ausschliesslich in der Region Zug hergestellt wird. Dafür wird ein AOC/GUB-Schutz (Appellation d’Origine Contrôlée/Geschützte Ursprungs-Bezeichnung) angestrebt.

Die mit internationalen Auszeichnungen und Goldmedaillen prämierte «Kirschwasser-Gesellschaft in Zug» unterhielt um 1900 eigene Depots und Agenturen in Europa, Russland, Kleinasien, Nord- und Südamerika sowie in der Karibik. In der Folge etablierten sich zahlreiche Haus- und gewerbliche Brennereien rund um den Zugersee. Die Nachfrage nach Kirsch wuchs weiter an. Der Zuger Kirsch ist heute weltberühmt und bildet das Kernprodukt der 400-jährigen Zuger Kirschenkultur.

Nicht immer war die Kirschproduktion geduldet oder als Kulturgut geschätzt. Im 17. Jahrhundert gingen die Obrigkeiten von Zug und den benachbarten Ständen Schwyz und Luzern resolut gegen die Produktion von Kirschwasser und den Aufkauf von Kirschen zum Brennen vor. Man sah darin eine Zweckentfremdung der Kirsche, weil so der Bevölkerung ein wertvolles und gesundes Nahrungsmittel entzogen würde. Zudem befürchteten insbesondere kirchliche Kreise, dass der Alkoholkonsum ausser Kontrolle geraten und sich negativ auf das gesellschaftliche Leben auswirken könnte. Bei Zuwiderhandlung wurden den illegalen Kirschbrennern harte Strafen angedroht.

Einige gewerbliche Distillerien und zahlreiche bäuerlichen Brennereien stellen heute in der Region Zug pro Jahr rund 50'000 Liter Zuger Kirsch her. Alleine für die Zuger Kirschtorten werden jährlich rund 15'000 Liter benötigt. Zuger Brenner stellen sortenreinen Kirsch oder Assemblagen aus verschiedenen Sorten mit unterschiedlichen Jahrgängen her. Nach Aussage von Fachleuten findet man hier über 500 Kirschensorten. Für den Kirsch aus dem Zuger «Chriesiland» werden vor allem die Sorten «Lauerzer» und «Dolleseppler» verwendet. Sie werden heute nicht mehr von Hand, sondern mit speziellen Schüttelmaschinen geerntet.

Moderne Neukreationen

Zuger Chriesiwurst

2009 wurde mit der «Zuger Chriesiwurst» eine neue Kirschenspezialität mit getrockneten Kirschen lanciert. Die Wurst besteht aus einem Grundbrät mit gehacktem Rinds- und Schweinefleisch, Halsspeck, Eis, Wasser und Gewürzen. Dazu kommen getrocknete schwarze Zuger Kirschen, die verkleinert in die Brätmasse vermengt werden.

Zuger Chriesigloggä

2011 wurde in Zug das 300-Jahr-Jubiläum der ersten Erwähnung der «Zuger Chriesigloggä» gefeiert. Gleichzeitig wurde die Zuger Chriesigloggä, eine neue Kirschenspezialität in Glockenform aus Schokolade mit Kakao und Kirschengelee (mit oder ohne Zuger Kirsch) lanciert.

Zuger Chriesibier

Das Zuger Chriesibier ist das Produkt einer Baarer Brauerei. Lanciert wurde das Spezialbier 2012 zum 150-Jahr-Jubiläum des Familienunternehmens. Das Bier enthält Saftkonzentrat aus Zuger Kirschen und wird darum mit dem Motto «hiesig chriesig» beworben.

Einzelnachweise

  1. Website des Vereins Zuger & Rigi Chriesi
  2. Website des Vereins Aegeri Chriesi
  3. Kirschenanbau, Informationsseite auf der Website Lebendigen Traditionen