
Die Paulskirche in Frankfurt am Main wurde 1789 bis 1833 anstelle der 1786 abgerissenen mittelalterlichen Barfüßerkirche erbaut und diente bis 1944 als evangelische Hauptkirche Frankfurts. In dem klassizistischen Rundbau des Architekten Johann Friedrich Christian Hess tagten 1848-1849 die Delegierten der Frankfurter Nationalversammlung, der ersten frei gewählten Volksvertretung Deutschlands. Am 18. März 1944 brannte die Paulskirche nach einem Bombenangriff aus und wurde nach dem Krieg als erstes historisches Gebäude Frankfurts wiederaufgebaut. Zum hundertsten Gedenktag der Nationalversammlung wurde sie am 18. Mai 1948 als Haus aller Deutschen wiedereröffnet. Seitdem ist sie ein nationales Denkmal und wird hauptsächlich für öffentliche Veranstaltungen genutzt.
Geschichte
Das Barfüßerkloster im Mittelalter
1270 wird das Frankfurter Barfüßerkloster erstmals urkundlich erwähnt. Vermutlich ist es jedoch bereits einige Jahrzehnte älter. Der Frankfurter Patrizier Achilles Augustus von Lersner berichtet in seiner 1706 erschienenen Chronik (Der weit-berühmten Freyen Reichs-, Wahl- und Handels-Stadt Franckfurt am Mayn Chronica), daß die Barfüßerkirche bereits 1238 bestanden haben muß, wie aus einer (nicht erhaltenen) Grabinschrift des Stifters Henrich Knoblauch an der Kirche hervorginge. Die Angabe erscheint plausibel, da ab 1221 zahlreiche Niederlassungen des Barfüßerordens in den allen wichtigen deutschen Städten entstanden.
Die Barfüßer übernahmen zahlreiche seelsorgerliche Aufgaben in Frankfurt, dessen Bevölkerung im 13. Jahrhundert rasch anwuchs. Die Pfarreirechte für die gesamte Stadtbevölkerung lagen jedoch weiterhin ausschließlich beim kaiserlichen Stift St. Bartholomäus.
1314 löste die Wahl Ludwigs IV. zum König einen Konflikt mit dem Papst aus, in dessen Verlauf die Stadt Frankfurt zeitweise mit dem Interdikt belegt wurde. Während dieser Zeit spaltete sich auch der Frankfurter Klerus in Kaiserliche und Päpstliche. Der Historiker Johann Georg Batton berichtete in seiner Oertlichen Beschreibung der Stadt Frankfurt am Main (1866), daß das Kloster zwischen 1330 und 1350 geschlossen war; trotzdem fanden während dieser Zeit zumindest vereinzelt Gottesdienste statt, die wohl von kaisertreuen Ordensbrüdern gehalten wurden.
In der Folgezeit zeigte das Barfüßerkloster eine besondere Nähe zum Rat der Stadt. Die Klosterkirche und die anderen Einrichtungen des klosters wurden den Bürgern standen den Bürgern bereitwillig zur Verfügung, wenn die Stadt – zum Beispiel während der Messen oder bei der Kaiserwahl – von Fremden überfüllt war. Auch als Rathaus dienten die Klosteranlagen zeitweise, bis der Rat 1405 mit dem Römer ein genügend großes Rathaus ankaufte.
Im Gegensatz zur Ordensregel des Heiligen Franziskus sammelte der Orden in Frankfurt im Laufe der Zeit erhebliche Besitztümer an; erst nach der Ordensreform von 1469 wurde das Armutsgebot wieder streng befolgt und die Eigentümer des Konvents dem Rat übergeben. In dieser Zeit lebten im Frankfurter Barfüßerkloster aus ungefähr 10 Mönche. Unter ihnen ist Thomas Murner, der von 1510 bis 1513 Lektor im Frankfurter Konvent war, besonders hervorzuheben.
Noch im 15. Jahrhundert begann eine großzügige Erneuerung des Barfüßerklosters. 1478 errichtete man einen Kreuzgang, ab 1485 wurde die Kirche – vor allem der Lettner und die Gewölbe – ausgebaut. 1500 bis 1510 wurde der Chor neugebaut.
1522 hielt der Marburger Barfüßermönch Hartmann Ibach in der Katharinenkirche die erste reformatorische Predigt in Frankfurt. 1525 wurden mit Dionysius Melander und Johann Bernhard die ersten reformatorischen Prediger durch den Rat der Stadt beauftragt. Seit 1526 wurden in der Barfüßerkloster regelmäßig evangelische Predigten gehalten. Noch vor der 1530 erfolgten offiziellen Einführung der Reformation in Frankfurt wandten sich die letzten acht Konventualen mit einer Bittschrift an den Rat. Darin baten sie um die Übergabe des Klosters an den Rat und die Aussetzung einer Leibrente für den Unterhalt der Mönche. Eine Kommission des Rats unter Hamman von Holzhausen verhandelte mit den Bittstellern. Am 9. Juni 1529 wurde das Kloster an die Stadt übergeben. Bald danach heirateten mehrere der ehemaligen Mönche, ihr letzter Guardian Peter Pfeiffer wurde als dritter evangelischer Prediger des Rats eingestellt.
Noch im Jahr 1529 belegte die städtische Lateinschule die ehemaligen Klostergebäude, wo sie bis 1839 blieb. Die Barfüßerkirche wurde zu einer evangelischen Kirche und 1548, nachdem der Dom infolge des Augsburger Interims an die katholische Kirche zurückgegeben werden mußte, zur evangelischen Hauptkirche der Stadt.
Die Barfüßerkirche als evangelische Hauptkirche (1529 bis 1786)
Nach der „vorläufigen Suspendierung“ der katholischen Messe durch den Rat (21. April 1533) fanden in Frankfurt bis auf weiteres keine katholischen Gottesdienste mehr statt. Als größte und bedeutendste Kirche war zunächst Kaiserdom St. Bartholomäus das Zentrum des kirchlichen Lebens, zumal der Rat die bisherige kirchliche Verfassung der Stadt unangetastet ließ. Alle Bürger der Stadt gehörten weiterhin zu einer Pfarrei, wie schon seit dem Mittelalter.
Am 14. Oktober 1548 wurden sechs katholische Stifts- und Ordenskirchen, darunter auch St. Bartholomäus, an ihre Orden bzw. Stiftsgeistlichen zurückgegeben. Den evangelischen Christen der Stadt, rund 98% der Bürgerschaft, blieben die Barfüßer-, Katharinen-, Weißfrauen-, Peters-, Dreikönigskirche und die Kirche des Hospitals zum Heiligen Geist. Mit diesem Kompromiß sicherte der Rat die politische Unabhängigkeit der Stadt und ihre wichtigsten Privilegien, vor allem die Messen und die Kaiserwahlen. Seit 1562 wurden alle Kaiser nicht nur in Frankfurt gewählt, sondern auch gekrönt.
Die Barfüßerkirche als größte der verbliebenen evangelischen Kirchen wurde daher ab 1548 zur Hauptkirche. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde ihre Kapazität durch den Einbau von Emporen wurde hinreichend erweitert. 1599 wurde die erste Orgel eingebaut, 1685 ein größerer Dachreiter aufgesetzt, in dem drei Glocken Platz fanden. Auch die Innenausstattung wurde ergänzt, so daß sich ihr Stil allmählich von der Gotik zum Barock veränderte. 1671 erhielt die Kirche eine neue Kanzel, einen Altarund eine neue Orgel. Das Altarbild schuf Matthäus Merian d.J..
In dieser Form genügte die Kirche bis ins 18. Jahrhundert den Anforderungen der Bürgerschaft. Die evangelischen Geistlichen der Stadt bildeten das evangelische Predigerministerium, dessen Vorsitzender, der Senior, zugleich Pfarrer der Barfüßerkirche war.
Von 1666 bis 1686 war Philipp Jakob Spener Senior in Frankfurt. In dieser Zeit verfaßte er sein bedeutendstes Werk Pia Desideria oder Herzliches Verlangen nach gottgefälliger Besserung der wahren evangelischen Kirche (1675) und gründete 1670 die ersten collegia pietatis (Hauskreise). Mit seinem Weggang aus Frankfurt endete zunächst die Zeit des Pietismus in Frankfurt; unter seinen Nachfolgern setzte sich die strenge Lutherische Orthodoxie wieder durch. Doch gab es auch im 18. Jahrhundert immer wieder pietistische Pfarrer in Frankfurt. Der bedeutendste unter ihnen war zweifellos Johann Friedrich Starck, von 1723 bis 1756 Pfarrer an der Barfüßerkirche. Mit seinen pietistischen Erbauungsschriften war er der meistgelesene Schriftsteller seiner Zeit.
In der zweiten Hälte des 18. Jahrhunderts machte sich allmählich die Baufälligkeit der alten Barfüßerkirche bemerkbar. Am 21. Februar 1782 fand der letzte Gottesdienst statt. Weil sich Risse im Gewölbe zeigten, verfügte der Rat die Schließung der Kirche. Im August 1786 Begann der Abbruch, der Anfang 1787 abgeschlossen war.
Der Neubau der Paulskirche
Über die Gestaltung des Neubaus waren sehr unterschiedliche Vorschläge erarbeitet worden. Der damalige Frankfurter Stadtbaumeister Andreas Liebhardt schlug einen ovalen Hallenbau mit Kuppeldach und einem Turm im Westen der Kirche vor. Der Rat beauftragte jedoch die Architekten Johann Georg Christian Hess und Nicolas de Pigage, die ebenfalls Vorschläge eingereicht hatten, mit der Überarbeitung der Pläne. Als Liebhardt im Januar 1788 starb, ergab sich eine weitere Verzögerung. Schließlich erhielt Hess, der auch sein Nachfolger als Stadtbaumeister war, den Auftrag, neue Pläne zu erstellen und dabei gewisse Vorgaben des Rates einzuarbeiten.
1789 begann der Neubau. Als Baumaterial verwendete man – wie bei fast allen bedeutenden Frankfurter Bauwerken – roten Mainsandstein. Im Juni 1792 war das Gebäude bis auf das Dach, die Treppenhäuser und den Turm fertiggestellt. Aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Krise während der Koalitionskriege zog sich der Neubau von da an über einen längeren Zeitraum hin. 1796 erhielt die Kirche ein Dach, erst 1802 wurden Fenster eingesetzt, um den Bau vor der Witterung zu schützen. Turm und Treppenhäuser blieben jedoch weiterhin unvollendet.
Danach konnten erst 1810 wieder Mittel für den Weiterbau bereitgestellt werden. Man vermietete die unfertige Kirche als Lagerraum an Frankfurter Kaufleute und wollte die Mieteinnahmen in den städtischen Bauetat einstellen. Sie wurden allerdings durch die hohen Kontributionen, die die Stadt infolge der französischen Besatzung zu leisten hatte, wieder aufgezehrt.
1816 wurde Johann Friedrich Christian Hess als Nachfolger seines Vaters zum Stadtbaumeister ernannt. Der für 1821 vorgesehene Weiterbau verzögerte sich jedoch weiterhin, zumal Hess durch einen weiteren Großbau – die Stadtbibliothek – beschäftigt war.
Erst im Frühjahr 1830, nach fast dreißigjähriger Unterbrechung, wurde der Bau wieder aufgenommen. Die bereits fertiggestellten Bauteile waren inzwischen völlig verwahrlost, aus den zertrümmerten Fenstern und den unverglasten Fensterschächten des Turmes und der Treppenhäuser wuchsen Bäume und Sträucher.
Am 23. Mai 1833 beschloß das lutherische Konsistorium der Stadt, der neuen Kirche den Namen Paulskirche zu geben. Der bisherige Name wurde für unpassend gehalten, „indem die Barfüßermönche ja selbst aus der katholischen Kirche wenigstens in Deutschland verschwunden sind“. Am gleichen Tag beschloß der Senat der Freien Stadt Frankfurt, daß der Festgottesdienst zur Einweihung am 9. Juni 1833 stattfinden solle. In den Feiern zeigte sich das bürgerliche Repräsentationsbedürfnis der politischen Gemeinde, die kirchliche Zeremonie verlief eher schlicht. Die Einweihungspredigt hielt Pfarrer Anton Kirchner.
Die Paulskirche während der Nationalversammlung
Als größter und modernster Versammlungsraum Frankfurts bot sich die Paulskirche an, als im Zuge der Märzrevolution 1848 ein Versammlungsort für die neu gewählte Frankfurter Nationalversammlung gesucht wurde. In aller Eile nahm man die notwendigen Umbauten vor: Die Kanzel wurde mit einem Tuch verhüllt, die Orgel durch einen Vorhang verdeckt, der ein Gemälde von Philipp Veit zeigte: Die Germania mit Fahne und Schwert. Anstelle des Altars wurde der Präsidententisch aufgebaut.
Vom 31. März bis zum 3. April 1848 war die Kirche Versammlungsort des Vorparlaments, das die Wahl zur Nationalversammlung vorbereitete. Am 18. Mai 1848 trat die Nationalversammlung zum ersten Mal hier zusammen und wurde deshalb auch Paulskirche oder Paulskirchenparlament genannt.
Zwischen 6. November 1848 und 9. Januar 1849 mußte die Nationalversammlung für insgesamt 40 Sitzungen in die deutsch-reformierte Kirche am Kornmarkt ausweichen, da in der Kirche eine der ersten Zentralheizungen Deutschlands eingebaut wurde. Bis dahin hatte die „unerträgliche Kälte“ in der Kirche jeden Winter für Verdruß gesorgt; nunmehr sorgten zwei mit Steinkohle befeuerte Heizkessel und eine für die damalige Zeit hochmoderne Warmwasser-Fußbodenheizung für angenehme 15° Reaumur (18° Celsius) bei einer Außentemperatur von -8° R (-10° C).
Gleichzeitig hatte die Kirche eine Gasbeleuchtung aus 37 Lüstern erhalten. Der Mangel an Licht und Wärme konnte sich also nicht mehr hinderlich auf die Arbeit der Nationalversammlung auswirken, sondern höchstens die politische Großwetterlage.
Am 27. Oktober 1848 stimmte die Nationalversammlung für den Zusammenschluß aller Staaten des Deutschen Bundes zu einem Deutschen Reich unter Einbeziehung der deutschen Lande Österreichs. Diese sogenannte Großdeutschen Lösung scheiterte am Widerstand Kaiser Franz I., da sie auf eine Teilung Österreichs hinausgelaufen wäre. Die Nationalversammlung verfolgte daraufhin die kleindeutschen Lösung, ein Reich unter Führung Preußens und unter Ausschluß Österreichs.
Am 28. März 1849 verabschiedete die Nationalversammlung eine Reichsverfassung, die Paulskirchenverfassung. Die Mehrheit hatte sich dabei für ein Erbkaisertum ausgesprochen. Am 30. März wählte die Versammlung eine aus 32 Abgeordneten bestehende Kaiserdeputation, die am 3. April 1849 dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. die deutsche Kaiserkrone anbot. Der König lehnte jedoch ab; er wollte kein konstitutioneller Monarch werden, sondern beharrte auf dem Gottesgnadentum.
Damit war die Märzrevolution gescheitert und die Nationalversammlung zerfiel. Die österreichischen und preußischen Abgeordneten legten ihre Mandate nieder, weitere folgten ihnen. Im Mai 1849 kam es in verschiedenen deutschen Staaten zu Aufständen zur Durchsetzung der Frankfurter Reichsverfassung (Reichsverfassungskampagne), die mit preußischer Hilfe mit Waffengewalt niedergeschlagen wurde. Am 31. Mai 1849 beschlossen die noch in Frankfurt verbliebenen Abgeordneten, die Nationalversammlung nach Stuttgart zu verlegen, um sich dem preußischen Einfluß zu entziehen. Damit endete nach etwas mehr als einem Jahr die Rolle der Paulskirche als Parlamentssitz.
Die Paulskirche seit 1850
Im Juni 1852 wurde die Paulskirche an die evangelische Gemeinde zurückgegeben und wieder für Gottesdienste genutzt. 1856 wurde eine Einfriedung um den Altar gebaut. Nach dem Dombrand vom 14. August 1867 richtete man eine Feuerwache auf dem Turm ein.
In den Jahren 1892/1893 erfolgte die erste größere Renovierung des Innenraums: Der Maler Karl Grätz schmückte die Decke mit Bildern der vier Propheten Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel und mit 16 betenden Engeln. Auf der Brüstung der Empore wurden vor dem Orgelprospekt Statuen der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes aufgestellt.
Nach dem Ersten Weltkrieg begann man die Erinnerung an 1848 zu pflegen. 1923 fand eine Gedenkfeier zum 75. Jahrestag der Nationalversammlung statt. Als Festredner sprach Alfred Weber in der Paulskirche, die zu einem Symbol für die Demokratie in Deutschland wurde. Als das erste freigewählte deutsche Staatsoberhaupt, der Reichspräsident Friedrich Ebert, starb, beschloss der Frankfurter Magistrat am 2. März 1925, ihm ein Denkmal an der Paulskirchenfassade zu widmen. Der Bildhauer Richard Scheibe schuf eine monumentale männliche Aktfigur aus Bronze, die in der östlichen Nische zwischen Turm und Kirchenhalle in vier Metern Höhe auf einem Steinsockel aufgestellt wurde. Am 11. August 1926 weihte Oberbürgermeister Ludwig Landmann die Denkmalstatue ein. Gegen das Denkmal protestierte der damalige Kirchenvorstand der Paulsgemeinde, insbesondere der Pfarrer Georg Struckmeier. 1933 bezeichnete er in einer Festschrift zum hundertjährigen Bestehen der Paulskirche die Anbringung des Denkmals als „Akt der Vergewaltigung nationalen und evangelischen Empfindens“. Das Denkmal wurde am 12. April 1933 abgebaut und im Keller des Völkerkundemuseums eingelagert. Es überstand die Zeit des Nationalsozialismus, wurde aber nach dem Krieg nicht mehr an seinem ursprünglichen Ort aufgestellt, da sich der Künstler dagegen aussprach. Stattdessen schuf er mit Einwilligung der Stadt eine neue, stärker an den klassischen Idealen orientierte Figur, die am 28. Februar 1950 eingeweiht wurde. Das ursprüngliche Ebert-Denkmal steht seit 1989 im Innenhof des Historischen Museums
Im Zweiten Weltkrieg brannte die Paulskirche am 18. März 1944 nach einem Bombenangriff auf die westliche Innenstadt völlig aus. Vier Tage später wurde auch die restliche Altstadt Frankfurts fast vollständig zerstört. Als Symbol für die Freiheit und aufgrund ihrer Rolle als Wiege der Demokratie in Deutschland wurde sie als eines der ersten Gebäude in Frankfurt nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Leitung von Rudolf Schwarz wieder aufgebaut. Am 17. März 1947 wurde der neue Grundstein gelegt.
Aus Kostengründen und Mangel an Baumaterial wurde beim Wiederaufbau die ursprüngliche Innengestaltung stark verändert. Ein neuer Zwischenboden trennt das Untergeschoss, das heute als Ausstellungsraum dient, vom eigentlichen Saal im Obergeschoss. Vor allem aber wurde anstelle der früheren Kuppel ein Flachdach gebaut und sehr einfache Milchglasfenster eingesetzt.
Zum hundertjährigen Jubiläum der Nationalversammlung am 18. Mai 1948 wurde die wiederaufgebaute Kirche eröffnet. Die Festansprache hielt Fritz von Unruh. Seine „Rede an die Deutschen“ war eine kritische Analyse der NS-Zeit. Am 28. August 1948 bekam Fritz von Unruh in der Paulskirche den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt verliehen. Seit 1949 wird der Goethepreis alle drei Jahre in der Paulskirche verliehen.
Durch die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg war die Wohnbevölkerung der Altstadt stark zurückgegangen. Die kleiner gewordene Paulsgemeinde benötigte keine so große Kirche mehr. Sie erhielt deshalb 1949 die wesentlich kleinere Alte Nikolaikirche am Römerberg als Gemeindekirche zugewiesen. 1953 wurde die Paulskirche deshalb aus der bisherigen Dotationsverpflichtung herausgenommen und gegen das Dominikanerkloster getauscht. Dabei verpflichtete sich die Stadt, daß das Kreuz auf der Kirche nicht entfernt werden darf.
Seit 1948 ist die Paulskirche keine Kirche mehr, sondern wird hauptsächlich für Ausstellungen und staatliche oder städtische Veranstaltungen genutzt. Am bekanntesten ist die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels im Rahmen der jährlichen Frankfurter Buchmesse. Die ersten beiden Buchmessen wurde 1949 und 1950 noch in der Paulskirche abgehalten, danach wurde sie auf das Messegelände verlegt.
Am 25. Juni 1963 besuchte der US-Präsident John F. Kennedy Frankfurt und sprach dabei auch in der Paulskirche. In seiner Ansprache wies er darauf hin, daß „kein anderes Gebäude in Deutschland begründeteren Anspruch auf den Ehrentitel der Wiege der deutschen Demokratie erheben“ könne.
1988 bis 1991 wurde die Paulskirche renoviert. Dabei erhielt sie neue Fenster, die an die historischen Fenster vor 1944 erinnerten. Die ebenfalls diskutierte Wiederherstellung des alten Kuppeldaches unterblieb jedoch; das schlichte Flachdach der Nachkriegszeit galt inzwischen ebenfalls als denkmalschutzwürdig.
Am 16. April 1991 wurde das kolossale Wandgemälde Der Zug der Volksvertreter zur Paulskirche des Berliner Malers Johannes Grützke feierlich enthüllt.
Am 12. Juni 1994 spannte der französische Artist Philippe Petit ein 300 Meter langes Seil zwischen Paulskirche und Dom und vollführte darauf einen dreißigminütigen Hochseillauf. In 60 bis 70 Metern Höhe stellte er wichtige Ereignisse aus der Frankfurter Geschichte mimisch dar. Die Vorführung wurde vom Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt des Hessischen Rundfunks begleitet. Sie war ein Höhepunkt der 1200-Jahrfeiern der Stadt Frankfurt am Main und kam auf Initiative des Varietés Tigerpalast zustande.
Zur 150-Jahrfeier 1998 der Nationalversammlung wurde die Dauerausstellung „Die Paulskirche. Symbol demokratischer Freiheit und nationaler Einheit“ neu gestaltet.
Architektur
Ausstattung
Orgeln
Glocken
Wandgemälde
1987 gewann der Berliner Maler Johannes Grützke einen Künstlerwettbewerb zur Gestaltung eines 32 auf 3 Meter messenden Frieses für die Innenseite des ovalen Wandelganges. Sein kolossales Gemälde Der Zug der Volksvertreter entstand 1989 bis 1991 in seinem Atelier in Berlin, von wo es in die Kirche transportiert wird. In 10 Szenen zeigt es die Parlamentarier im Verhältnis zum Volk. Während dieses verharrt, schreiten seine Vertreter an ihm vorbei, einem unsichtbaren Ziel entgegen.
Literatur
- Friedrich Bothe, Geschichte der Stadt Frankfurt am Main. Frankfurt 1977. Verlag Wolfgang Weidlich, ISBN 3-8035-8920-7
- Konrad Bund (Hrg.), Frankfurter Glockenbuch. Frankfurt 1986. Verlag Waldemar Kramer, ISBN 3-7829-0211-0
- Roman Fischer (Hrg.), Von der Barfüßerkirche zur Paulskirche – Studien zur Frankfurter Geschichte 44. Frankfurt am Main, 2000. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main. ISBN 3-7829-0502-4
- Frankfurter Historische Kommission (Hrg.), Frankfurt am Main - Die Geschichte der Stadt in neun Beiträgen. Sigmaringen 1991. Jan Thorbecke Verlag, ISBN 3-7995-4158-6
- Bernhard Müller, Bilderatlas zur Geschichte der Stadt Frankfurt am Main. Frankfurt 1916. Verlag Moritz Diesterweg
Weblinks
- Vorlage:PND
- http://www.altfrankfurt.com/Kirchen/Paulskirche/
- Paulskirche im Stadtrundgang Frankfurt
- Bundeszentrale für politische Bildung über 'Vorparlament und Paulskirche'
- Satire zum 150. Geburtstag der Paulskirche