Als Genom oder auch Erbgut wird eine Gesamtheit der vererbbaren Nukleinsäure einer mehr oder weniger autonomen Struktur bezeichnet. Diese autonome Struktur kann ein Virus, eine Zelle, ein Organell oder ein Organismus sein.
Zumeist handelt es sich bei der vererbbaren Nukleinsäure um DNA.
Das Genom enthält die Informationen, die zur Entwicklung (Ontogenese) der Bau- und Leistungsmerkmale eines Lebewesens oder eines Virus notwendig sind. Diese Informationen sind in der Basensequenz der DNA verschlüsselt. Daneben enthält es Basensequenzen, die strukturelle Bedeutung für die Organisation der DNA haben oder deren Bedeutung noch nicht bekannt ist.
Bei mehrzelligen Organismen ist das Genom die Gesamt-DNA einer Zelle. Das Genom der einzelnen, ausdifferenzierten Zelle ist weitgehend dem Genom der Zygote, aus der sie durch mitotischer Zellteilung entstanden sind, identisch. Es gibt jedoch durch Mutationen und mitotische Rekombinationen kleine Veränderungen.
Bei Organismen mit Kernphasenwechsel unterscheidet sich das Genom der Keimzellen vom Genom der Zygote ebenfalls durch Mutationen sowie durch meiotische Rekombinationen (siehe Meiose).
Die Erforschung des Genoms und die Wechselwirkung der darin enthaltenen Gene wird als Genomik bezeichnet (im englischen "Genomics").
Chemische Grundlagen
Die für die Vererbung von Eigenschaften und Merkmalen erforderlichen und auf der Ebene der Zellen und der Individuen weitergegebenen Informationen sind in den Desoxyribonukleinsäuren (DNA, von englisch "desoxyribonucleic acids") enthalten, und zwar in Form von Sequenzen der DNA-Basen Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin. Die DNA-Moleküle können in Abschnitte mit kodierenden und nicht-kodierenden Sequenzen eingeteilt werden. Die kodierenden Abschnitte (Gene) enthalten die Erbinformationen für bestimmte Proteine. Daneben gibt es DNA-Abschnitte, die der Genregulation dienen. Pseudogene sind durch Mutationen funktionslos gewordene und vom Organismus nicht mehr abgelesene Gene. Bei Eukaryoten findet durch das alternative Splicing eine Datenkompression statt, so dass die Genomgröße (in Basenpaaren gemessen) kleiner sein kann als die Anzahl der durch das Genom codierten Merkmale.
Bei allen Organismen, die komplexer als Viren sind, gibt es außerhalb der chromosomalen DNA (bei Eukaryoten "Karyom" genannter Teil des Genoms) weitere Genombestandteile in anderen Zellteilen. So finden sich bei Bakterien und Archaebakterien essentielle Plasmide, bei Eukaryoten (Pflanzen, Tiere, Pilze) gibt es selbstständig vererbte DNA-Sequenzen in den Mitochondrien ("Mitochondriom") und Plastiden ("Plastidom"), die aber zum Gesamtgenom der Zellen gehören.
Typische Genomgrößen
Die Angabe der Genomgröße eines Organismus bezieht sich auf die vorhandene Menge an DNA pro haploiden Zellkern, wobei entweder die Zahl der jeweils vorhandenen Basenpaare (bp) angegeben wird oder das Gewicht (die Masse) der DNA in der Einheit pg (Picogramm). 1 pg doppelsträngiger DNA besteht aus ca. 0,978·109 bp. Nach neueren Untersuchungen (Vinogradov, A.E., 2005: Genome size and chromatin condensation in vertebrates. Chromosoma 113: pp. 362-369) besitzt der Südamerikanische Lungenfisch (Lepidosiren paradoxa) mit 80 pg (7,84 x 1010 bp das größte bisher bekannte tierische Genom. Ältere, aber wohl ungenauere Untersuchungen zeigen mit ca. 133 pg noch größere Genome, die ebenfalls bei Lungenfischen, allerdings bei der afrikanischen Art Äthiopischer Lungenfisch (Protopterus aethiopicus) gefunden wurden (aus: Gregory, T.R., 2005: Animal Genome Size Database.). Mit 0,04 pg besitzt Trichoplax adhaerens das kleinste bisher bekannte Genom (Gregory, T.R., 2005).
Lebewesen | Genomgröße (in Basenpaaren) | Anzahl der Gene | Gendichte (Anzahl der Gene pro Mio. Basenpaare) |
---|---|---|---|
λ-Phage | 5×104 | ||
Darmbakterium Escherichia coli | 4,6×106 | 4.500 | 900 |
Backhefe Saccharomyces cerevisiae | 2×107 | 6.000 | 300 |
Fadenwurm Caenorhabditis elegans | 8×107 | 19.000 | 200 |
Die Taufliegenart Drosophila melanogaster | 2×108 | 13.500 | 70 |
Die Kugelfischart Fugu rubripes | 3,65×108 | ||
Mensch (Homo sapiens sapiens) | 3×109 | 30.000 | 10 |
Molch | 4×1010 | ||
Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) | 1×108 | 25.500 | 255 |
Bei Eukaryoten beziehen sich die Zahlenangaben auf den haploiden Chromosomensatz.
Bemerkungen
- Da die Angaben über die Anzahl der Gene in der Literatur noch schwanken (Beispiel Drosophila: 3.000 bis 4.400), sind die Angaben zur Gendichte nur als Richtwerte anzusehen.
- Die DNA einer einzelnen menschlichen Zelle ist ca. 1,80 m lang.
- Eine Base auf einem DNA-Strang hat einen Informationsgehalt von 2 bit, da sie Zustände (A / T / G / C) annehmen kann. Ausgehend von Basenpaaren hat das Genom des Menschen einen Informationsgehalt von ca. 750 MB.
Ein Vergleich der Genom-Größe mit der Komplexität und des Organisationsgrades des Organismus ergibt einen direkten Zusammenhang: Je größer das Genom, um so komplexer ist der Organismus:
Ausnahmen bilden hierbei weniger komplexe Organismen mit hoher DNA-Menge (als „C-Wert-Paradoxon“ bezeichnet): einige Samenpflanzen, die Salamander und urtümliche Fische wie Stör, Hornhecht und Quastenflosser.
Die höchste DNA-Menge weisen einfache Eukaryoten wie einige Amöben und die Urfarne (Psilopsida) mit rund einer Billion Basenpaare auf.
Diese Arten enthalten einzelne Gene als tausendfache Kopien, und lange, nicht-Protein-kodierende Abschnitte. Auch im menschlichen Genom kommt ein etwa 300 Basenpaare langes DNA-Stück, die alu-Sequenz in ungefähr 300000 Kopien vor und macht damit 3 % der gesamten DNA aus.
Wird dagegen der Anteil der DNA, der nicht Proteine kodiert, betrachtet, ergibt sich ein direkter Zusammenhang zur Komplexität des Organisationsgrades. (Vergleiche dazu die Angaben zur Gendichte in der Tabelle oben):
Dieser Zusammenhang könnte darin begründet sein, dass diese Sequenzen zahlreiche regulatorische Aufgaben erfüllen. Zur Zeit (März 2005) wird die Möglichkeit diskutiert, dass die Komplexität eines Organismus in Zusammenhang mit der Menge an DNA steht, die zwar keine Proteine codiert, aber dennoch transkribiert, also in RNA übertragen wird. Dabei werden Introns nicht als Reste alter Gene aufgefasst, sondern als Abkömmlinge beweglicher DNA-Abschnitte, vergleichbar mit den heutigen Gruppe-II-Introns. Diese und weitere RNA-Moleküle, die durch Transkription entstehen, und die weder m-, t- oder rRNAs sind, können Teil eines Regulationssystems sein, das neben den Proteinen die Entwicklung eines Organismus steuert. Zum Beispiel sind RNA-Signale an der Markierung des Chromatins beteiligt, wodurch die Genexpression gesteuert wird.
Bestandteile des menschlichen Genoms
Die Zahlen beziehen sich auf den haploiden Chromosomensatz des Menschen ohne mitochondrialer DNA (mtDNA). Mb = 106 Basen
Die Gesamtmenge des menschlichen Genoms beträgt 3.000 Mb, das sind 3·109 Basenpaare.
Der Mensch besitzt 20.000 - 25.000 Gene Vorlage:Ref.
Gene
Ein Teil des Genoms besteht aus Sequenzen, die in einem Transkription genannten Vorgang in eine RNA übertragen werden. Diese Sequenzen werden auch als Gene bezeichnet.
Protein codierende Gene
Das RNA-Transkript enthält Basensequenzen, welche die Aminosäuresequenz von Proteinen codieren. Die RNA wird dann als mRNA bezeichnet. Bei den Eukaryoten ist sie aus Exons und Introns zusammengesetzt und wird in diesem Zustand als prä-mRNA oder hnRNA bezeichnet. Sie wird noch vor der Translation bearbeitet (prozessiert), in dem die nicht-codierenden Introns herausgeschnitten werden. Die mRNA der Prokaryoten weist nie Introns auf.
Die Aminosäuresequenzen codierende DNA ist beim Menschen 90 Mb groß, das sind 3 % des Genoms. Das entspricht 25000 Genen, die ungefähr 500.000 Proteine codieren.
Von Genen abstammende Sequenzen
Einige Basensequenzen stammen zwar von Genen ab, das Transkript wird aber nicht in eine Aminosäuresequenz übersetzt. Diese nicht codierende DNA ist 810 Mb groß.
- Pseudogene sind veränderte Kopien funktionell aktiver Gene, die deren Expression steuern können.
- Introns werden noch im Zellkern der Eukaryoten aus der prä-mRNA herausgeschnitten. Ihre Funktion ist nicht vollständig geklärt. Einige enthalten Erkennungssequenzen für Replikationsfaktoren, die die Aktivität der RNA-Polymerase beeinflussen. Eine häufig geäußerte Vermutung ist, dass durch die zwischen die codierenden Exons eingestreuten Introns die Mutationshäufigkeit in den codierenden Sequenzen herabgesetzt ist. Dagegen spricht aber, dass auch in den Introns hochkonservierte consense-Sequenzen (siehe unten) zu finden sind. Eine andere Vermutung besteht darin, dass durch gelegentlich ungenaues Spleißen der prä-mRNA Eiweiße entstehen, die sich an bestimmten Stellen in nur wenigen Aminosäuren unterscheiden und somit etwas veränderte Eigenschaften aufweisen. Auf die Weise könnte bewerkstelligt werden, dass von einem Enzym-Typ stetes mehrere Versionen bereitgestellt werden, die etwas unterschiedliche Eigenschaften (zum Beispiel im pH- oder Temperatur-Optimum) aufweisen.
- Genfragmente entstehen dann, wenn es von einem Gen mehrere Kopien im Genom gibt und eine dieser Kopien durch Mutationen unbrauchbar wird.
RNA-codierende Gene
Das RNA-Transkript enthält Basensequenzen, welche die Basensequenz von RNAs codieren. Diese Moleküle werden auch als ncRNAs (nc von engl. non coding = nicht kodierend) bezeichnet und erfüllen zahlreiche Aufgaben bei der Proteinbiosynthese. Einige davon sind erst vor kurzem bekannt geworden und noch nicht genauer erforscht. Es wird vermutet, dass die ncRNAs molekulare Fossilien aus der RNA-Welt sind (siehe chemische Evolution) und damit von Bedeutung für das Verständnis der Evolution der Lebewesen sind.
- tRNAs transportieren Aminosäuren zu den Ribosomen.
- rRNAs sind Bestandteile der Ribosomen und erfüllen dort strukturelle und katalytische Aufgaben. ssRNA (ssuRNA, small subunit RNA) ist die RNA für die kleine, lsRNA (lsuRNA, large subunit RNA) die für die große Untereinheit der Ribosomen.
- snRNAs sind Bestandteile der Spliceosomen, welche aus der prä-mRNA die Introns herausschneiden.
- Ebenfalls ein junges Forschungsgebiet ist die RNA-Interferenz (RNAi), eine weitere Möglichkeit der Regulation der Proteinbiosynthese, wobei kleinere RNA-Moleküle mit Teilen der mRNA reagieren und dadurch in der Regel die Translation verhindern. Solche RNA-Moleküle sind siRNAs (si von engl. short interfering), microRNAs, von welchen das menschlichen Genom mehrere Hundert aufweist. Es gibt auch Interaktionen von RNAs mit der DNA, mit Proteinen und mit niedermolekularen Substanzen.
- Mikro-RNA: Manche Introns enthalten zueinander komplementäre Abschnitte, so dass die prä-RNA nach der Transkription Haarnadelschleifen bilden kann. Diese werden durch spezielle Proteine des „Zensursystems“ (ursprünglich ein Abwehr-System gegen virale Doppelstrang-RNA) erkannt und so abgebaut, dass einsträngige RNA-Abschnitte entstehen, die an andere mRNAs binden und somit spezifisch (zielgenau) mRNA zerstören können (RNA-Interferenz) oder ihre Translation unterdrücken. Für einzelne Moleküle ist ihre Funktion bekannt: Sie sorgen dafür, dass Stammzellen sich nicht differenzieren, und steuern Zellvermehrung und Apoptose (programmierter Zellselbstmord) beim Umbau embryonaler Gewebe.
- Antisense-RNA: Die mRNA entsteht am codogenen (Matrizen-) Strang der DNA. Wird auch der komplementäre Strang abgelesen, entsteht eine zur mRNA komplementäre RNA. Verbinden sich mRNA und Antisense-RNA zu einem Doppelstrang, kann kein Protein mehr bei den Ribosomen gebildet werden. Auch dies stellt eine Möglichkeit der Regulation der Proteinbiosynthese dar. Beim Menschen gibt es mindestens 1600 antisense-Gene.
- SRP-RNA ist Bestandteil der signal recognition particles, das sind Protein-RNA-Komplexe, welche den zielgerichteten Transport von Proteinen in der Zelle gewährleisten.
Nichtkodierende Sequenzen
Der übrige Teil des Genoms besteht aus Sequenzen, die nicht transkribiert werden. Er wird als extragenische DNA bezeichnet und weist ein Länge von insgesamt 2100 Mb auf.
Davon besteht der größte Teil (1.680 Mb) aus einzelnen, individuellen oder nur selten wiederholten Basensequenzen. Dies sind in der Regel Sequenzen, an welche bestimmte Enzyme binden und dadurch die Replikation und Transkription steuern:
- An die Promotor-Sequenzen (TATA-Box) bindet die RNA-Polymerase
- Initiations- und Terminations-Sequenzen, markieren Beginn und Ende eines Gens
- Consense-Sequenzen sind hochkonservierte Sequenzen, die die Grenzen zwischen Exons und Introns markieren
- An Operator-Sequenzen oberhalb (engl. upstream) und unterhalb (engl. downstream) von Genen, an welche Regulatorproteine binden, um die Transkription zu beschleunigen oder zu verzögern und damit ihre Feinregulation übernehmen.
- Palindrome sind Erkennungssequenzen für Restriktionsendonukleasen.
- Bei den Abstandshaltern kommt es nicht auf die Sequenz, sondern die Zahl der Basen an. Deshalb können hier die Mutationsraten ohne Auswirkungen sehr hoch sein, solange es nicht zu Baseneinschub, oder Basenverlust kommt. Diese DNA-Abschnitte sorgen dafür, dass die Operator-Sequenzen im Falle der Transkription bei der Schleifenbildung in die richtige Position zu den Promotoren gebracht werden, und so die RNA-Polymerase beeinflussen können.
- Untersuchungen an Cryptomonaden (einzelligen, Photosynthese betreibenden Eukaryonten) haben gezeigt, dass die Menge an so genannter nichtkodierenden DNA proportional zur Größe des Zellkerns ist und vermutlich eine wesentliche Rolle für die Strukturierung des Zellkerns hat.
Der Rest der DNA von 420 Mb besteht aus hoch repetitiven Sequenzen.
disseminierte (verstreute) genomweite Wiederholungen
- LTR-Elemente (Long Terminal Repeats) (8,5 % des Gesamtgenoms). Sie gehen zum Teil auf Genom-Überreste von integrierten Retroviren zurück und können die gewebespezifische Aktivität von Wirtsgenen steuern. Zur Zeit (2005) sind 20 Gene des Menschen bekannt, die durch virale LTRs kontrolliert werden. Insgesamt konnten mindestens 600000 retrovirale LTRs im menschlichen Genom gefunden werden.
- Transposone (3 % des Gesamtgenoms)
- LINE-Sequenzen (LINE 1, LINE 2) (long interspersed nuclear element) (21 % des Gesamtgenoms)
- SINE-Sequenzen (short interspersed nuclear element) (13 % des Gesamtgenoms) (z. B. Alu-Sequenz, die nur bei Primaten zu finden ist) ermöglichen eine Verlagerung einer Sequenz an eine andere Stelle des Genoms. Sie sind 70 bis ca. 500 Basen lange Retroposons, d.h. Elemente, deren Ortswechsel über eine transkribierte RNA-Sequenz erfolgt, deren cDNA-Produkt an anderer Stelle ins Genom integriert wird. In Genomen von Eukaryoten findet man bis zu 104 Kopien. Das Transkript der Alu-Sequenz wird durch das sogenannte „A-zu-I-Editing“ verändert: Das Nukleosid Adenosin zum Nukleosid Inosin umgewandelt. Dies findet vor allem im Gehirn statt. Es wird ein Zusammenhang zwischen Fehlern in diesem Prozess und Epilepsie und Depression vermutet.
Tandemwiederholungen
Die Anzahl der Wiederholungen variiert von Individuum zu Individuum, die Abweichungen sind vom Verwandtschaftsgrad abhängig. Deshalb sind sie für den genetischen Fingerabdruck geeignet. Die von der Norm abweichende Zahl an Wiederholungen kann Krankheiten auslösen.
- Mikrosatelliten-DNA, z. B. (CA)n, mit einer repetitiven Einheit von 2 bis 7 Basenpaaren. Sie sind im ganzen Genom verteilt, und werden auch zur genetischen Kartierung verwendet. Mikrosatelliten weisen eine hohe Mutationsrate auf und haben damit auch eine Bedeutung in der Evolution von Organismen.
- Minisatelliten-DNA, mit einer repetitiven Einheit von 20 bis 100 Basenpaaren sind ebenfalls im ganzen Genom verteilt.
- Satelliten-DNA tritt nur im Heterochromatin auf, z.B. im Centromer. Sie besteht aus kurzen Basensequenzen, die mehrfach hintereinander wiederholt werden. (Beim Menschen 100000).
- In den Genen des MHC-Komplexes (Haupthistokompatibilitätskomplex) von Säugetieren wurden sich wiederholende (repetitive) Folgen von GT und GA in der DNA festgestellt, die eindeutig nicht für Eiweiße kodieren können. Gleichwohl sind sie funktional, denn sie binden Zellkern-Proteine und sind vermutlich über die DNA-Protein-Interaktion an der Genregulation beteiligt.
Weitere besondere DNA-Sequenzen
- Telomere: Bei Wirbeltieren befinden sich am Ende des 3’-Stranges der DNA 250 bis 15600 repetitive Sequenzen TTAGGG, da sonst die Replikation am anderen Strang vorzeitig abbrechen würde. Diese Abschnitten werden mit jeder Zelteilung kürzer. Sie schützen auch die Chromosomen vor dem Zusammenkleben oder vor Abbau. Bei Bruch der Chromosomen kann erkannt werden, welche Enden wieder zusammengefügt werden müssen.
- Der kurzer Arm von Chromosom 22 (HSA22p), enthält nur Heterochromatin, das praktisch nur aus repetitiver DNA bestehen.
- Fremdgene
- HERV (human endogene Retroviren) (9 % des Gesamtgenoms) sind Fremdgene, die von inaktiven Viren stammen, die in das Genom integriert sind.
- 1998 wurde eine Mutation entdeckt, die typisch für Menschenaffen ist und auch bei Menschen vorkommt: Eine Kopie eines Stücks des mitochondrialen Genoms (Kontrollregion) ist auf ungeklärte Weise in den Zellkern gelangt und dort auf Chromosom Nr. 9 zu finden (nachgewiesen bei Gibbon, Orang Utan, Gorilla, Schimpanse, Mensch).
- Bakterielle Sequenzen machen ungefähr 2 Promille des Gesamtgenoms aus.
- Die Untersuchung so genannter TIREs (transposable and interspersed repetitive elements) bei verschiedenen Insekten-Arten ergab ein in hohem Grad nicht zufälliges Muster, so dass auch hier eine - noch unbekannte - Funktion postuliert wird.
Sogenannte Junk-DNA
Mit dem heutigen Wissenstand ist es problematisch, Sequenzen als „bedeutungslos“ oder „junk“ zu bezeichnen. Für den Organismus tatsächlich bedeutungslose Sequenzen dürften im Laufe der Evolution sehr bald verloren gegangen sein. (Siehe die Evolution des Y-Chromosoms).
Repetitive Sequenzen erleichtern den Austausch zwischen homologen Chromsomen während der Meiose (crossing over) und erhöhen damit die genetische Variabilität.
Organisation von Genomen
Prokaryotengenome
Bei den Prokaryota (Bacteria und Archaea) besteht das Genom aus einem großen, in sich geschlossenen DNA-Molekül und mehreren kleineren, ebenfalls in sich geschlossenen, in ihrer Zahl variierenden DNA-Molekülen, den Plasmiden. Diese können sich unabhängig von der Haupt-DNA verdoppeln und an andere Bakterienzellen weitergegeben werden (siehe Konjugation). Sie enthalten in der Regel nur wenige Gene, die zum Beispiel Resistenzen gegen Antibiotika oder Fertilität (die Fähigkeit zur Konjugation) vermitteln. Manche Plasmide sind reversibel in die Haupt-DNA integriert und werden dann als Episome bezeichnet.
Eukaryotengenome
Bei den Eukaryota (im Wesentlichen Pflanzen, Pilze und Tiere) ist das Genom in mehrere strangförmige Chromosomen unterteilt, die nur im Zellkern vorkommen und deshalb als Karyom bezeichnet werden. Neben dem Karyom können Organellgenome vorhanden sein.
Organellengenome
In eukaryotischen Zellen können Organelle vorhanden sein, die ihrerseits eigene vererbbare DNA enthalten. Man spricht in solchen Fällen vom Kerngenom und den Organellgenomen. Das Kerngenom ist das eigentliche in Chromosomen organisierte Genom der Zelle, welches sich im Zellkern befindet. Ein Organellgenom ist die Gesamtheit der genetischen Information des entsprechenden Organell-Typs. Organelle, welche eigene Genome enthalten, stammen nach der Endosymbiontentheorie von Bakterien ab, die in sehr früher Zeit der Lebewesenentwicklung in andere prokaryotische Wirtszellen eingewandert sind, wodurch - zusammen mit anderen Vorgängen - Eukaryoten entstanden sind. Das trifft sowohl auf die Mitochondrien als auch auf die Plastiden (z. B. Chloroplasten) zu.
Da die Organelle von ihren Wirtszellen versorgt werden, müssen sie ihrerseits nur spezielle Funktionen übernehmen. Diese Funktionen sind bei den Mitochondrien auf die Atmung und bei den Chloroplasten auf die Photosynthese fokussiert. Die Genome sind entsprechend klein. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Organelle eigene genetische Codes besitzen und spezielle Nukleotide in den tRNAs aufweisen. Entsprechend ihrer Herkunft sind Organellgenome im Grunde Prokaryotengenome, wegen ihrer Größe werden sie eher als Plasmide bezeichnet.
Die Tatsache, dass die Mitochondrien nicht an der Rekombination durch die Meiose teilnehmen und bei Menschen (weitestgehend) durch die Eizelle nicht aber durch Spermien in die Zygote gelangen, führt dazu, dass bestimmte Bereiche in mitochondrialen Genomen als „evolutionäre Marker“ in der Humangenetik bzw. Populationsgenetik Anwendung finden.
Virusgenome
Die Genome von Viren besitzen einen geringen Umfang, da nur wenige Funktionen kodiert werden müssen. Eine Besonderheit stellen die RNA-Viren dar (z. B.Retroviren) dar, da sie RNA statt DNA als „Informationsbasis“ -also als Genom- nutzen. RNA-Viren besitzen Reverse Transkriptasen um das Genom in transkribierbare DNA-Moleküle zu verwandeln. Es gibt bei den Virengenomen alle denkbaren Kombinationen hinsichtlich der Art und Struktur der Nukleinsäure (siehe "Virus").
Anmerkungen
- Vorlage:Note Quelle: Internationales Humangenomprojekt (IHGSC) Zeitschrift Nature (Bd. 431, S. 931). Von den 3,08 Milliarden Basenpaaren sind zur Zeit 2,88 Milliarden bei dem öffentlichen Genomprojekt verfügbar.
Sequenzierte Genome im Internet
Die DNA von Genomen verschiedener Organismen, die entweder für die medizinisch-pharmazeutische oder anwendungsorientierte Forschung oder auch für die Grundlagenforschung relevant sind, wurde annähernd vollständig "sequenziert" (man spricht auch fälschlicherweise vom "Entschlüsseln"), das heißt ihre Basensequenz wurde ermittelt (DNA-Sequenzierung). Die Basensequenzen werden über das Internet vom NCBI bereitgestellt.
- Archaea - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genomes/static/a.html
- Bacteria - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genomes/static/eub.html
- Escherichia coli (Colibakterien) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=562
- Eukaryota - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genomes/static/euk.html
- Homo sapiens (Mensch) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=9606 und http://www.hapmap.org/
- Felis catus (Hauskatze) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=9685
- Mus musculus (Hausmaus) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=10090
- Drosophila melanogaster (Fruchtfliege) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=7227
- Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=3702
- Oryza sativa (Reis) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=4530
Siehe auch: Humangenomprojekt
Literatur
- Martin Mahner, Michael Kary: What Exactly Are Genomes, Genotypes and Phenotypes? And What About Phenomes? Journal of Theoretical Biology 186, 1997, 55-63.
- Ernst Peter Fischer: Das Genom. Fischer Taschenbuch Verlag, Oktober 2002, ISBN 3-596-15362-x
- W. Wayt Gibbs: Preziosen im DNA-Schrott. Spektrum der Wissenschaft, Februar 2004, S. 68 - 75, ISSN 0170-2971
- W. Wayt Gibbs: DNA ist nicht alles. Spektrum der Wissenschaft, März 2004, S. 68 - 75, ISSN 0170-2971