Scientology
Scientology (deutsch: die Lehre vom Wissen) ist eine sich selbst als neureligiös charakterisierende Organisation. In Deutschland hat das Bundesarbeitsgericht am 22. März 1995 (Aktenzeichen: 5 AZB 21/94) festgestellt, dass Scientology der Status einer Religionsgemeinschaft nicht zukommt.Die Scientology Lehre beruht auf einem Kamasutra Buch,"Die Finger sonstwo drin".
Scientology wurde in den 1950ern in den USA von L. Ron Hubbard gegründet. Nach dessen Tod übernahm David Miscavige den Vorsitz. Derzeit ist Heber Jentzsch "Präsident", aber David Miscavige, der als einziger den Rang des "Captain" hat und im Religious Technology Center (der die vielfältigen Marken- und Urheberrechte von Scientology verwaltet) den Vorsitz hat, ist die einflussreichste Person innerhalb der Scientology-Organisation. Anfang der 1970er Jahre begann Scientology ihre Tätigkeit in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im deutschsprachigen Raum gibt es "Kirchen" (Deutschland 8, Schweiz 5, Österreich 2) und "Missionen".
Scientology wird in Deutschland auf Bundesebene und teilweise auf Landesebene wegen Verdachts auf "Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" vom Verfassungsschutz beobachtet und regelmäßig in den entsprechenden Verfassungsschutzberichten erwähnt. Die Überwachung durch den saarländischen Verfassungsschutz wurde inzwischen vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes untersagt; mehrere andere Bundesländer haben die nachrichtendienstliche Überwachung in den vergangenen Jahren abgebrochen.
Die großen christlichen Kirchen Deutschlands sowie viele kirchliche, staatliche und unabhängige Beratungsstellen für Sektenmitglieder und -aussteiger stufen Scientology dagegen als gefährliche sogenannte "Psycho-Sekte" ein.
In den USA, in Italien, Spanien, Schweden, Ungarn, Portugal, Mexiko, Australien, Neuseeland und Taiwan hat Scientology - teilweise nach Prozessen bis zu den höchsten Gerichten - den Status einer religiösen und gemeinnützigen, von Steuern befreiten Organisation zuerkannt bekommen.
Laut unabhängigen Publikationen wird die Mitgliederzahl weltweit auf ca. 150.000 geschätzt. Scientology selbst spricht von über 8 Millionen Anhängern. In Deutschland sollen es zwischen fünf- und sechstausend sein, Scientology selbst wiederum verweist auf 12.000 aktive Mitglieder in Deutschland (Stand: 2005).
Lehre und Jargon
Laut der von dem ehemaligen Science-Fiction-Autor Lafayette Ronald Hubbard verfassten grundlegenden Lehre von Scientology besteht das physikalische Universum aus MEST, was als Abkürzung für Matter, Energy, Space und Time (dt.: Materie, Energie, Raum und Zeit) steht. Ein lebendiger Organismus setzt sich demnach aus Materie, Energie, Raum und Zeit zusammen und ist vom Thetan belebt. Theta ist ein griechischer Buchstabe (Majuskel Θ, Minuskel θ) und steht hier für Geist oder Gedanke, das liegende Theta „∞“ ist das Symbol für die Unendlichkeit. Der Thetan – und somit jeder Mensch – ist unsterblich, jedoch durch vieles negativ beeinflusst und in seiner Entfaltung gebremst. Der Mensch setzt sich laut Scientology aus drei Teilen zusammen:
- Thetan (unsterblicher Geist)
- Mind (Verstand)
- Body (sterblicher Körper)
Der Bestandteil Mind setzt sich nach Hubbard aus dem analytischen und dem reaktiven Teil zusammen. Der analytische Teil nimmt Erfahrungen wahr und behält sie, um Probleme zu lösen. Er denkt in Unterschieden und Ähnlichkeiten. Der reaktive Teil speichert körperliche bzw. emotionelle Schmerzen und versucht die Person einzig und alleine nach dem Reiz-Reaktions-Prinzip zu lenken. Er setzt alles gleich. Beispiel: Jemand hört die Sirene eines Rettungswagens. Diese Wahrnehmung wird gleichgesetzt mit dem eigenen Unfall=Schmerz=Verlust=Versagen=Angst=Einsam=Wut=das Leben ist schlimm=Schweißausbruch=wegrennen=u.s.w. L. Ron Hubbard beschreibt in seinem Buch "DIANETIK - die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit" eine Technik, genannt Auditing, um die Auswirkungen des reaktiven Teil des Minds aufzulösen. Es beschreibt die Theorie und Praxis von "Dianetik", der bis heute praktizierten Grundlage von Scientology, die sich speziell mit den negativen Einflüssen auf den menschlichen Geist befasst.
Scientology-Tech
Tech (Abkürzung für Technology), auch Scientology-Tech, bezeichnet bei der Scientology-Organisation spezielle Übungen, Techniken und Prozesse.
Auditing
Das sogenannte Auditing (von lateinisch audire, hören - unterscheide: Auditing) wird von Scientology als eine spezielle Form von Seelsorge angesehen. Dabei wird oft das E-Meter verwendet. Es handelt sich um eine besondere Form von Gespräch zwischen Auditor (Zuhörer) und dem sog. Preclear (die Person, welche auditiert wird), wobei der Auditor in der exakten Befolgung von Scientology-Tech Fragen stellt, die der Preclear beantwortet. Das Ziel ist nach Angaben von Scientology, "Geschehnisse" (emotionaler Schmerz) aufzufinden, welche den meisten psychischen Schwierigkeiten zu Grunde liegen sollen. Durch bestimmte Fragen oder Fragen-Sets (Scientology-Prozesse) und aufmerksames Zuhören und Beobachten der Anzeigen des E-Meters soll das Bewusstsein erforscht werden. Scientology-Auditoren werden speziell trainiert, zuzuhören und Antworten zu bestätigen, die gleiche Frage immer von neuem zu stellen, und prozessfremde Reaktionen in jedem Fall zum Prozess zurückzuführen. Unabhängige Psychologen sehen "Auditing" als eine psychologische Technik an, die mittel- und langfristig zu Abhängigkeit und Manipulierbarkeit führen kann (vgl. Gehirnwäsche).
E-Meter
Beim Auditing findet oft das E-Meter Anwendung. Dieses Gerät verfügt über eine Spannungsquelle, Elektroden und eine Messeinrichtung. Was das Gerät misst, wenn es Kontakt mit der Haut eines Menschen hat, kann etwa der Hautwiderstand, ein muskuläres oder neuronales Aktionspotential, die Größe der Kontaktfläche zur Haut, ein induktiv eingekoppelter Strom aus naheliegenden elektomagnetischen Feldern oder auch eine Summe dieser Quellen sein. Das Gerät wird von Scientology derzeit als Modell Mark Super VII zum Preis von ca. 4.000 USD verkauft. Da der Hautwiderstand nach Ansicht von Hubbard von geistigen Bildern und Emotionen beeinflusst werde, würden Gedanken also Reaktionen beim „E-Meter“ verursachen, so dass der „Auditor“, die das Gerät überwachende Person, mit Hilfe des Gerätes unbewussten und bewussten emotionalen Schmerz beim „Auditing“ eines Probanden aufspüren könne. Da es sich um eine Zweipunktmessung des Hautwiderstandes handele, sind Kritiker wie unabhängige Wissenschaftler allerdings der Ansicht, dass die Ergebnisse ohne Aussage seien. Ein Lügendetektor berücksichtigt neben der Änderung des Hautwiderstandes durch Schwitzen auch noch andere Parameter, wie Atemfrequenz, Puls und Blutdruck.
Der Thetan
Als Thetan (vom griechischen Buchstaben theta) wird in der Scientology-Organisation das unsterbliche Wesen eines Menschen bezeichnet.
Laut L. Ron Hubbard "existierten Thetane bereits vor jeder Schöpfung". Ein Thetan ist danach mindestens 350 Milliarden Jahre alt und war schon auf anderen Planeten. Laut Hubbard weilen Thetane auf unserer Erde, weil sie von Xenu, dem "Herrscher über eine Konföderation von 21 Sonnen und 76 Planeten", hierher verschleppt wurden. Xenu brachte sie vor 75 Millionen Jahren auf die Erde und stopfte sie in zwei Vulkane - einen in Las Palmas und einen auf Hawaii (die laut Geologen jedoch vor viel weniger Zeit als 75 Millionen Jahren entstanden sind). Dann brachte er darin zwei Wasserstoffbomben zur Explosion, worauf die Thetane in den Himmel geschleudert wurden. Anschließend wurden sie von einem Flugzeug wieder auf die Erde gebracht. Xenu wurde deshalb von den anderen Thetanen bestraft, indem er in einer elektrisch geladenen Kiste in Nordwestamerika versteckt wurde - dort soll er heute noch liegen.
Scientologen streben an, die geistigen Fähigkeiten eines Thetans wiederzuerlangen. Zu Beginn ist man ein so genannter Pre-Clear und kann, durch körperliche und geistige Reinigungsprozesse, letztendlich das Ziel erreichen, ein sogenannter Clear zu werden. In diesem anzustrebenden Zustand ist laut Scientology der Mensch von seinem eigenen reaktiven Verstand befreit, ist hierdurch insgesamt fähiger und vollzieht nicht mehr Dinge, "die man gar nicht tun wollte".
Nachdem ein Mitglied den Zustand Clear erreicht hat, geht es weiter auf der Brücke zur völligen Freiheit zu den acht Operating-Thetan-Stufen (kurz: OT-Stufen), auf das Ziel des frei operierenden Thetans zu, der nach der Scientology-Lehre nicht mehr an MEST gebunden ist – also nicht mehr an Materie, Energie, Raum und Zeit – und durch seine Fähigkeiten alle Probleme (mit Menschen und Dingen) überwinden können soll. Diese Stufe wurde jedoch bis heute von niemandem nachweislich erreicht.
Scientology-Feiertage
- 13. März (Geburtstag von L. Ron Hubbard)
- 9. Mai (Jahrestag der Herausgabe von Dianetik)
- 12. September (Tag des Auditors)
- 7. Oktober (Jahrestag der Gründung der internationalen Vereinigung von Scientologen)
Tätigkeit
Die Tätigkeit von Anhängern der Scientology besteht hauptsächlich darin, das Auditing durchzuführen und weitere Anhänger zu Auditoren auszubilden bzw. weitere Leute für Scientology zu begeistern und so auch, neue Geldquellen zur Verbreitung der Lehre und Ideologie zu erschließen.
Manche Scientologen sind in verschiedenen Scientology-Projekten im sozialen Bereich tätig (z.B. Narconon, Criminon, Psychiatriekritik), deren Zweck aber gemäß Kritikern ebenfalls hauptsächlich in der Verbreitung von Scientology liegt.
OCA-Test
Zur Mitgliederwerbung bieten Scientologen häufig in Fußgängerzonen einen kostenlosen Persönlichkeitstest, den OCA-Test oder auch Oxford Kapazitätsanalyse, an. Dieser Test umfasst 200 Fragen, welche nach Auswertung individuelle Schwächen und mögliche Probleme aufzeigen. Seine Auswertung dient als Grundlage für weitere Angebote an die jeweilige Person im Hinblick auf die Bereiche des Lebens, die nach Ergebnis des OCA-Tests am meisten Schwierigkeiten machen.
Ein Zusammenhang des Tests mit der Universität von Oxford, wie ihn der Name suggeriert, besteht nicht.
Der Test ermögliche den Mitarbeitern einen tiefen Einblick in die Persönlichkeit und zeige viele menschliche Schwächen, so dass eine Auswertung viel Wissen über die Testperson offenbart und Manipulation ermöglicht. Wenn der Test die Person als „schwach und hilfsbedürftig“ zeigt, bietet der Auswerter meist kostenpflichtige Kurse an oder gibt andere Hinweise, wie die Person sich verbessern kann.
Je nach Ausgang wird der Testperson ein Kurs von Scientology bzw. einer anhängigen Suborganisation als Hilfe angeboten, oder die Testperson wird als fast völlig OK charakterisiert, worauf das Angebot folgt, auch die letzte Schwäche noch wegzubekommen.
Scientology-Kritiker raten davon ab, an diesem Test teilzunehmen, der auch von unter anderem Namen operierenden Scientology-Organisationen angeboten wird.
Kosten
Nicht nur die Ausbildung zum Auditor sondern auch das Auditing, also der geistliche Fortschritt, wird zu fixen Preisen pro Kurs oder pro Stunde verkauft, wobei Anfängerkurse weniger, fortgeschrittene geistliche Stufen sehr viel Geld kosten. Auditing auf den unteren Stufen kostet ca. 400 EUR für 12½ Stunden, auf einer höheren Stufe kann es 5.000 EUR oder mehr kosten. Das Erreichen der Stufe "Clear" entspricht im Preis ca. dem Gegenwert eines Mittelklassewagens und die OT-Stufen dem eines Einfamilienhauses. Gemäß Scientology-Lehre sind diese Stufen nur in Scientology erreichbar und der einzige Weg zur geistigen Freiheit.
Von Anfang an wird erwartet, dass ein Mitglied seine Zeit intensiv für Scientology einsetzt (Optimalmaß für einen Kursbesuch sind 12 ½ Stunden pro Woche). Kritiker weisen darauf hin, dass dies ein übliches Vorgehen von Sekten sei, um Menschen von organisationsfremden Bezugspersonen zu entfernen und in die direkte Abhängigkeit einer Gruppe zu bringen.
Organisationsstruktur
Die Organisation von Scientology ist hierarchisch. An der Spitze steht das Internationale Management in Los Angeles, darunter kontinentale Organisationen (für den deutschen Sprachraum in Kopenhagen), darunter die lokalen Organisationen.
Ende 1966 kaufte die Hubbard Exploration Company mehrere Schiffe und L. Ron Hubbard verlegte sein Hauptquartier auf die offene See, wo der Name "Sea Organisation" (kurz: Sea Org) geprägt wurde. In den 1970er Jahren wurde das Hauptquartier nach Clearwater im US-Bundesstaat Florida verlegt, der Name Sea Org ist bis heute geblieben und bezeichnet die mehreren tausend Mitglieder. Alle Mitglieder haben einen Vertrag über eine Milliarde Jahre unterzeichnet und sind einer strengen Disziplin unterworfen.
Die höheren Managementebenen von kontinentalen Organisationen aufwärts sind ebenso wie die fortgeschrittenen Organisationen ausschließlich mit Sea Org Mitgliedern besetzt.
Die Leistung einer jeden Organisation wird in wöchentlichen Statistiken gemessen, die Statistiken jeder höheren Organisation bestehen aus der Summe der Statistiken der unterstellten Organisationen, was auf allen Ebenen zu einem sehr hohen Leistungsdruck für die Mitarbeiter führt.
Office of Special Affairs
Das Office of Special Affairs (OSA) bzw. seine deutsche Unterabteilung „Department of Special Affairs“ organisiert und koordiniert Aktionen gegen Scientology-Gegner. 1986 hat die Münchener Staatsanwaltschaft in einer Verfügung (Az.: 115 Js 4298/84) festgestellt, daß Scientology zur Abwehr ihrer inneren und äußeren Gegner auch geheimdienstliche Methoden anwende, im Grenzbereich zur Illegalität operiere und gegebenenfalls auch nicht vor kriminellen Aktionen zurückschrecke. (Der Geheimdienst der Scientology-Organisation, S.1). Teilnehmer auf Demonstrationen gegen Scientology werden regelmäßig fotografiert.
Weitere zugehörige Organisationen
Neben den Scientology-Organisationen gibt es auch weitere Gruppen (von Gegnern als Tarnorganisationen bezeichnet), die die Scientology-Technologie anwenden und mehrheitlich aus Scientologen bestehen, jedoch offiziell nicht Teil der Scientology-Organisation selbst sind. Dazu gehören:
- ZIEL (Zentrum für individuelles und effektives Lernen) und Applied Scholastics: richten Scientology-Schulen ein (Schweiz) und gibt Nachhilfestunden in Study Tech, der speziellen Scientology-Studiertechnologie.
- Narconon: führt Drogenrehabilitationszentren. Die Erfolgsstatistiken von Quellen innerhalb und außerhalb von Scientology sind extrem unterschiedlich.
- Criminon: soll Kriminellen bei der Resozialisierung helfen. Funktionäre von Criminon besuchen auch Gefängnisse.
- KVPM (Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte), englisch CCHR: bekämpft die Psychiatrie, die von Scientology als Erzfeind betrachtet wird.
- WISE (World Institute of Scientology Enterprises): Vereinigung von Scientology-Unternehmern, befasst sich besonders mit Management-Beratungen.
- Sag NEIN zu Drogen, sag JA zum Leben (steht allen Konfessionen offen)
- Jugend für Menschenrechte (steht allen Konfessionen offen)
Kontroversen und Kritik
Freie Zone
Anfang der 1980er Jahre kam es nach Richtungskämpfen im Management zur Gründung der Freien Zone, die aus unabhängigen Splittergruppen außerhalb der offiziellen Scientology-Organisation besteht. Diese Splittergruppen verwenden die gleiche Technologie wie Scientology, werden aber von Scientology als Feinde betrachtet, da sie falsche Technologie-Abänderungen vornähmen. Umgekehrt erklären Vertreter der Freien Zone, dass sie die ursprünglichen Materialien von Hubbard verwenden und werfen den offiziellen Scientology-Organisationen vor, diese nach seinem Tod geändert zu haben.
Scientology und andere geistliche Praktiken
Scientology bezeichnet sich als überkonfessionell und ist dies auch insofern, als dass Scientologen aus Sicht von Scientology problemlos nominelle Mitglieder ihrer angestammten Religion bleiben können. Allerdings wird klar erwartet, dass Verpflichtungen gegenüber Scientology den Vorrang haben und Scientologen sich die Weltanschauung von Scientology aneignen. Intensive geistliche Praktiken jeder Art außerhalb von Scientology (z. B. Meditation, Yoga, Seelsorge, Exerzitien, Beten) sind für Scientologen nicht gestattet. Da die Weltanschauung von Scientology mit der traditionellen Theologie von Christentum, Judentum und Islam nicht vereinbar ist, ist eine Doppelmitgliedschaft aus der Sicht mancher anderer Religionen und Konfessionen nicht möglich.
Scientology und Kinder
Für Geburt und Erziehung hat L. Ron Hubbard strenge Regeln aufgestellt. Während der Geburt sollte sich eine Mutter so ruhig wie möglich verhalten, Gespräche während des Geburtsprozesses können dem Kind „Schaden zufügen“. Laut Hubbard sollte man das Baby nach der Geburt nicht waschen, sondern in eine Decke gehüllt etwa einen Tag allein lassen. Es gibt auch Vorschriften für die Zusammensetzung von Babynahrung, die von vielen Medizinern jedoch sehr kritisch gesehen werden.
Kinder werden als kleine Erwachsene mit gleichen Rechten und Pflichten angesehen, die sich selbst zu helfen wüssten. Bei Fieber empfiehlt Scientology etwa, den Kindern als Teil eines Beistandes ("fever assist") „etwas in die Hand“ zu geben.
Verhältnis zu Aussteigern und Kritikern
Scientologen verstehen ihre Lehre als einzigen funktionierenden Weg zu „völliger Freiheit“. Gegner von Scientology werden mit rechtlichen und anderen Mitteln bekämpft, was zu zahlreichen Prozessen führte (siehe auch Scientology gegen das Internet). In den USA und Kanada wurden hochrangige Scientologen, darunter die Ehefrau des Gründers, wegen Infiltration von Regierungsstellen verurteilt. In Kanada wurde Scientology als juristische Person deshalb verurteilt.
Scientologen sollen aufgrund ihrer Lehre anders denkende Partner, Familienmitglieder und Freunde so handhaben, dass sie ihre Kritik an Scientology nicht äußern, oder den Kontakt mit ihnen abbrechen ("Disconnection") bzw. sich vom kritischen Partner trennen ("Separation Order"), da sonst in der Sicht von Scientology ihr geistlicher Fortschritt behindert wird.
Ehemalige Scientologen, die sich in Gruppen zusammenschließen oder sich öffentlich gegen Scientology äußern, verlieren jeden Kontakt mit Familienmitgliedern innerhalb von Scientology. Auch Kritiker der Organisation werden als feindliche Personen angesehen. Ein beliebtes Mittel, Kritiker zu bekämpfen, ist sie mit einer Flut von Prozessen einzudecken. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Klagen Aussicht auf Erfolg haben, sondern der schon 1955 von L. Ron Hubbard genannte Zweck ist „mehr um zu belästigen und entmutigen als um zu gewinnen“ (siehe auch Scientology gegen das Internet).
Aussteiger berichten, dass viele Mitglieder sich hoch verschuldet hätten, um die immer teurer werdenden Kurse zu bezahlen, und dass Scientology versuche, möglichst alles über ihre Mitglieder zu erfahren, um Manipulationen am Menschen vornehmen zu können. Als Grundlage hierfür werden in den von Scientology angebotenen Kursen zunächst die individuellen Schwächen der Mitglieder offengelegt, unter anderem durch den OCA-Test.
Vertreter von Scientology verweisen darauf, dass unzufriedene Mitglieder ihre Beiträge innerhalb von drei Monaten zurückfordern könnten. Nicht in Anspruch genommene zusätzliche Spendenbeiträge – mit Ausnahme der obligatorischen Mitgliedsbeiträge – könnten weiterhin ohne zeitliche Limitierung zurück gefordert werden. Eine solche Rückforderung betrifft jedoch nur die letzte Zahlung, und hat automatisch den Ausschluss aus Scientology zur Folge. Kritiker verweisen außerdem auf die Praxis: So sind auf einem Rückzahlungsantrag von 1978 insgesamt 27 verschiedene Schritte für eine Rückzahlung zu finden. Das Amtsgericht München bewertete dies als eine Reihe von Erschwernissen (Az: 9 C 836/77). Auch die Rückzahlung von nicht in Anspruch genommenen Vorauszahlungen gelang teilweise nur mit gerichtlicher Hilfe.
Scientology vor Gericht
Eine Klage von Scientology gegen die Beobachtung durch den Bundesverfassungsschutz wurde 2004 in erster Instanz abgewiesen, da unter anderem „tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor[lägen], dass die Kläger ernsthaft (aa) Bestrebungen verfolgen, die darauf gerichtet sind, die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (bb) und das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in allgemeiner und gleicher Wahl zu wählen (cc), zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.“ VerwG Köln 20 K 1882/03, S. 29. Im Saarland wurde 2005 eine ähnliche Klage aus Gründen der Verhältnismäßigkeit in zweiter Instanz stattgegeben, da Scientology dort weniger als 20 Anhänger habe; der Anfangsverdacht zum Zeitpunkt des Beginns der Beobachtung wurde jedoch vom Gericht bestätigt OVG Saarland, Az: 2 R 14/03 sowie Pressemitteilung des Gerichts. In Berlin wurde die Beobachtung eingestellt, nachdem dem Land 2001 gerichtlich verboten wurde, Scientology mit V-Leuten zu beobachten, und der Landesverfassungsschutz bereits vorher aufgelöst wurde, in Zusammenhang mit der falschen Beschuldigung gegen einen hochrangigen Polizeibeamten. Eine Klage gegen die Beobachtung wurde 2003 aus formalen Gründen abgewiesen.
Schwerer Ausstieg
Viele Aussteiger berichten von starkem Druck, der auf Ausstiegswillige ausgeübt werde. Ihnen zufolge verfolge Scientology Mitglieder, auch jene, deren Mitgliedschaft erst von kurzer Dauer sei. So wird berichtet, man lauere ihnen auf der Straße auf, suche sie in ihrer Wohnung auf und belästige sie durch ständige Anrufe, um sie mit Druck zu überreden, ihre Mitgliedschaft bei Scientology nicht aufzugeben. Vereinzelt soll die Verfolgung erst aufgehört haben, nachdem beträchliche Summen Geld an Scientology bezahlt wurden.
Spezialisierte Psychologen und Ehemalige berichten, dass es nach langjähriger Mitgliedschaft für die Betreffenden schwierig sein könne, wieder ein normales Leben zu führen, und dass es Jahre dauern könne, bis die Erfahrung wirklich verarbeitet sei.
Prominente Scientologen
Eine besonders beliebte Zielgruppe stellen Schauspieler und andere Personen des öffentlichen Lebens dar, die quasi als Repräsentanten der Organisation fungieren. Einige erwähnenswerte Beispiele:
- Tom Cruise (Schauspieler)
- Katie Holmes (Schauspielerin, Verlobte von Tom Cruise)
- John Travolta (Schauspieler)
- Kirstie Alley (Schauspielerin)
- Jennifer Aspen (Schauspielerin)
- Juliette Lewis (Schauspielerin und Musikerin)
- Lisa Marie Presley (Sängerin)
- Priscilla Presley (Schauspielerin)
- Leah Remini (Schauspielerin)
- Anne Archer (Schauspielerin)
- Beck (Musiker)
- Catherine Bell (Schauspielerin)
- Sonny Bono (Sänger, Schauspieler und Politiker)
- Brandy Norwood (Sängerin)
- Nancy Cartwright (englische Synchronstimme von Bart Simpson)
- Chick Corea (Musiker)
- Gottfried Helnwein (Maler)
- Jenna Elfman (Schauspielerin)
- Isaac Hayes (Musiker und Schauspieler)
- Cyprien Katsaris (Pianist)
- Jason Lee (Schauspieler)
- Corin Nemec (Schauspieler)
- Soleil Moon Frye (Schauspielerin, Regisseurin)
Im deutschsprachigen Raum bekennen sich fast keine Prominente zu Scientology, obwohl es einige prominente Scientology-Sympathisanten geben soll. Zuweilen werden namentliche Hinweise veröffentlicht, die aber von den Betroffenen regelmäßig bestritten werden.
Scientology betreibt für prominente Mitglieder so genannte "Celebrity Center". Diese unterscheiden sich von den anderen Organisationen nur in der Hinsicht, dass sie sich speziell um Künstler und Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, kümmern. Dies kommt daher, dass L. Ron Hubbard der Ansicht war, dass Künstler die Art von Menschen sind, und schon immer waren, die die Welt von Morgen maßgeblich beeinflussen.
Literatur
populär
- Liane von Billerbeck, Frank Nordhausen: Der Sektenkonzern – Scientology auf dem Vormarsch. Knaur-Verlag, 1994, ISBN 3426800519
- Martin Gardner: Fads & Fallacies in the Name of Science. Dover Publications, New York 1957, S. 267 (eng.) [1]
- Wilfried Handl: Scientology: Wahn und Wirklichkeit - 28 Jahre in einer Psychosekte, Verlag Mensch vs Scientology, Wien 2005, ISBN 3-200-00394-4
- Renate Hartwig: Scientology – Ich klage an. Heyne Verlag, 1994. ISBN 3453085213
- Eberhard Kleinmann: Psychokonzern Scientology. Geschichte – Organisation – Verbreitung. Bietigheim 2004, ISBN 3-93184-307-6
- Minhoff: Scientology. Irrgarten der Illusionen. 1998 (PDF)
- Kin, L.: Scientology - Mehr als ein Modetrend - Die Entwicklung zur monetären Heilslehre . Die Philosophie im Klartext, VAP-Verlag Wiesbaden, 1991, ISBN 3-922367-21-6
staatlich
- H. Küfner, N. Nedopil, H. Schöch: Gesundheitliche und rechtliche Risiken bei Scientology. Eine Untersuchung psychologischer Beeinflussungstechniken bei Scientology, Landmark und der Behandlung von Drogenabhängigen, Papst Science Publishers, 2002, ISBN 3936142408 (http://www.stmi.bayern.de/imperia/md/content/stmi/sicherheit/verfassungsschutz/scientology/4.pdf Auszug online)
wissenschaftlich
juristisch
- Diringer, Arnd: Scientology - Verbotsmöglichkeit einer verfassungsfeindlichen Bekenntnisgemeinschaft, Schriften zum Staatskirchenrecht Band 9, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-631-39806-9
soziologisch
- Stephen Kent: Gehirnwäsche im Rehabilitation Project Force (RPF)
- Gerald Willms: Scientology. Kulturbeobachtungen jenseits der Devianz. transcript verlag, Bielefeld 2005, ISBN 3-89942-330-5 (PDF)
politologisch
- Braun, Stefan: Scientology – Eine extremistische Religion. Vergleich der Auseinandersetzung mit einer umstrittenen Organisation in Deutschland und den USA. Nomos Verlag, Baden-Baden 2004, ISBN 3-8329-0764-5 (Bd. 10 der Reihe Extremismus und Demokratie)
- Jaschke, Hans-Gerd: * Auswirkungen der Anwendung scientologischen Gedankenguts auf eine pluralistische Gesellschaft oder Teile von ihr in einem freiheitlich demokratisch verfaßten Rechtsstaat
- Raik, Werner: Scientology im Spiegel des Rechts. Strukturen einer Subkulturellen Ordnung zwischen Konformität und Konflikt mit den staatlichen Normen. In: Neue kriminologische Studien. Band 24. Wilhelm-Fink-Verlag, München 2002, ISBN 3-7705-3781-5
(christlich) theologisch / kirchlich
- Werner Thiede: Scientology – Religion oder Geistesmagie? Friedrich-Bahn-Verlag, 1995, ISBN 3-7615-9103-9
- Georg Otto Schmid, Ist Scientology eine Religion?, 1998
pädagogisch
- Gollnick, Rüdiger: Studien zur Ethik und Pädagogik der Scientology, Academia Verlag, 1998, ISBN 3-89665-066-1
Weblinks
Offizielle Scientology Websites
Andere Websites von Scientologen
Behörden
Kritische Websites
- Tilman Hausherr: Die rabiate Reinigungsfirma Scientology
- Charlie's kritische Dianetik und Scientologyseiten: Scientology aus der Sicht eines ehemaligen Scientologen.
- Relinfo zu Scientology und Freie Zone e. V.
- Ingo Heinemann: Scientology-Kritik, u. a. Infos über Kinder bei Scientology
- Steven Goldner gegen Scientology
- Operation Clambake: The Fight Against Scientology On The Net (englisch)
- Bericht von Christiane F. über den Drogenentzug bei Narconon