Vorlage:Doppeleintrag Euthanasie -- Hafenbar 22:21, 29. Apr 2004 (CEST)
Sterbehilfe (auch Euthanasie) ist die Verkürzung der Sterbephase eines unheilbar Kranken durch Maßnahmen anderer Personen.
In den Niederlanden, Belgien, Australien und der Schweiz ist die Sterbehilfe unter gewissen Voraussetzungen erlaubt. Die aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. Sterbehilfe wird von vielen christlichen Strömungen abgelehnt.
Arten
Passive Sterbehilfe
Unter passiver Sterbehilfe wird das Unterlassen lebensverlängernder Maßnahmen verstanden. Darunter fällt:
- keine Beatmung
- keine Dialyse
- keine Ernährung
- keine Flüssigkeitszufuhr
- keine Medikamente mehr, außer Schmerzmittel und Beruhigungsmittel
Aktive (direkte) Sterbehilfe
Unter aktiver Sterbehilfe wird das aktive Herbeiführen des Todes eines unheilbar kranken Menschen verstanden. Darunter fällt:
- Überdosis an Schmerz- und Beruhigungsmittel
- Überdosis an Narkosemittel
- Kaliuminjektion
Indirekte Sterbehilfe
Im Gegensatz zur direkten (aktiven) und passiven StH wird unter der indirekten StH nicht die gewollte oder gezielte Tötung eines Patienten verstanden, sondern die Inkaufnahme des vorzeitigen Todes zugunsten einer besseren und stärkeren Schmerzbehandlung. Es geht also um die "innere Einstellung" und um die Würde und Selbstbestimmung des Sterbenden bei der Verabreichung von Medikamenten. Dies hat nach den Regeln der ärztlichen KUNST zu erfolgen, muß nachvollziehbar sein und dokumentiert werden. (Die Nichtverabreichung notwendiger starker Schmerzmittel mit der Begründung, keinen vorzeitigen Tod herbeizuführen, ist unärztlich und kann sogar wegen der nicht ausreichend behandelten Schmerzen als Körperverletzung geahndet werden).
Probleme der Sterbehilfe
Die Sterbehilfe steht im Spannungsfeld zwischen Recht u. Autonomie, zwischen Gesetz u. Selbstbestimmung, zwischen staatlichem Anspruch u. individuellen Persönlichkeitsrechten, zwischen Strafrecht u. Notwehr bzw. Nothilfe, zwischen Medizin u. Behandlungsabbruch. Die Abgrenzung von aktiver zur passiven StH oder auch der indirekten StH ist im Einzelfall schwierig, wobei beachtlich ist, daß die indirekte StH fast nie, die passive StH manchmal und die aktive StH fast immer (zumindest in Deutschland) strafbar ist. Auch ist die Abgrenzung der Hilfe beim Suizid zur StH schwierig, wobei die Frage der "Handlungsvollmacht" und "Handlungsherrschaft" bei Entschluß, Beschaffung von Mitteln und der Art der Ausführung u. ggf. der persönlichen Anwesenheit eines Sterbebegleiters wichtig sind. Oft findet eine Verwechselung mit ähnlichen Begriffen wie "Sterbebeistand", "Sterbebegleitung" oder "Hilfe b e i m Sterben" (im Gegensatz zur Hilfe z u m Sterben) oder der "Beihilfe zum Freitod" statt. Die Sterbehilfe-Frage befindet sich zudem im ständigen politischen u. ethischen Wandel und muß immer wieder einmal neu diskutiert und von einem verantwortlichen ärztlichen Handeln abgegrenzt werden... - Wer Vorsorge treffen will, sollte beizeiten eine "Patientenverfügung" aufsetzen und in Zweitfassungen bei geeigneten Stellen hinterlegen, damit der "mutmaßliche Wille" nicht ausgedeutet oder interpretiert werden muß, sondern in konkreten Worten und zweifelsfreien "letztwilligen" Verfügungen jedem Verantwortlichen vorgelegt werden kann - im Ernstfall!
- Wer definiert den Begriff unheilbar krank?
- Wer kontrolliert den Missbrauch der Sterbehilfe?
- Wer darf sich anmaßen, ob Schwerstleidende länger leiden oder früher sterben dürfen/sollen? Wer traut sich im Ernstfall eine richtige Entscheidung zu?
- Wer will oder soll verantwortlich sein bei einer Sterbehilfe?
Euthanasie im Dritten Reich
Das Dritte Reich tarnte mit dem Begriff Euthanasie die "Vernichtung lebensunwerten Lebens". Vor allem Geisteskranke, Altersdemente, Epileptiker, Mißgebildete u.a. "Ballastexistenzen" wurden ab 1940 in bestimmten Anstalten zusammengezogen und durch Injektionen oder Vergasung getötet. Mehr als 100.000 Menschen fielen diesen Mordaktionen zum Opfer. So wurden z.B. in Grafeneck bei Marbach auf der Schwäbischen Alb ca. 10.000 Menschen Opfer des NS-Euthanasieprogramms. Dass die öffentliche Meinung selbst in der NS-Diktatur nicht ohne Einfluss war, ergibt sich aus dem offiziellen Abbruch des Euthanasieprogramms im Jahre 1941 wegen des kirchlichen Widerstands, insbesondere der Predigten des Bischofs Clemens August Graf von Galen. Allerdings wurde die Tötung von Behinderten und Geisteskranken durchaus mit Unterstützung der staatlichen Stellen als sogenannte "wilde Euthanasie" bis zum Kriegsende fortgeführt. Viele Pflegeheimbewohner wurden z.B. durch systematischen Nahrungsentzug und Gabe von sedierenden Medikamenten getötet.
Siehe auch: Aktion T4, Eugenik, Rassenhygiene, Nationalsozialismus, Zeit des Nationalsozialismus, Gedenkstätte Hadamar, Tod, Tötung, Selbsttötung, Pflegefall, Palliativmedizin, Hospizbewegung, Patientenverfügung
Literatur
- Sterbehilfe: Handeln oder Unterlassen?.
- Hrsg. v. Franz J. Illhardt, Hermann W. Heiß u. Martin Dornberg. 1998. 168 S.
- ISBN 3-7945-1839-X, KNO-NR: 06 57 39 98 -SCHATTAUER- 29.95 EUR
- Textsammlung Sterbehilfe:
- Hrsg. v. Gabriele Wolfslast u. Christoph Conrads. 2001. XI, 251 S. 20,5 cm.
- ISBN 3-540-67835-2, KNO-NR: 09 27 42 75 -SPRINGER, BERLIN- 49.95 EUR
- Euthanasie im NS- Staat. Die Vernichtung lebensunwerten Lebens.
- Hrsg. v. Ernst Klee. 1999.
- ISBN 3596243262, Fischer, Frankfurt- 12,90 EUR
- Selbsterlösung durch Medikamente.
- Hrsg. durch DGHS, Gelka-Verlag
- Humanes Sterben: Mitleidstötung als Patientenrecht und Arztpflicht
- Hackethal, Julius, Herbig-Verlag 1988, 375 S.
Weblinks
- Übersicht zum Thema Sterbehilfe
- Unterrichtsmaterialen zum Thema Sterbehilfe
- Aktuelle Artikel aus der "Ärzte Zeitung" zum Thema Sterbehilfe
- Diskussion über Sterbehilfe in der Politik-Community dol2day
- NS-Gedenkstätten
- Übersicht der Tötungsanstalten: http://www.deathcamps.org/t4/index_d.html
- "Der Tod ist keine Lösung" (Artikel im NOVO-Magazin)
- Verfassungsrechtliche Stellungnahme zur Sterbehilfe der Humanistischen Union