Pädophilie

Paraphilie, die durch sexuelle Neigung zu vorpubertären Kindern gekennzeichnet ist
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Pädophilie (von griech. pais Knabe, Kind, und philia Freundschaft) nennt man die primäre erotische Neigung zu Personen vor oder in der Pubertät (also zu Kindern). Analog zu den Begriffen Homo- und Heterosexualität spricht man heute manchmal auch von Pädosexualität.

Eingeführt wurde der Begriff (als "Paedophilia erotica") 1896 durch den Wiener Psychiater Richard von Krafft-Ebing in dessen berühmter Psychopathia sexualis. Im wesentlichen ist es bei seiner Definition geblieben:

Danach ist Pädophilie eine sexuelle Orientierung - Krafft-Ebing spricht noch von »krankhafter Disposition« und »psycho-sexualer Perversion«. Das erotische Interesse muss dabei von einem »potenten« Pädophilen ausgehen und

  1. auf »unreife« [nicht geschlechtsreife] Personen vor oder in der Pubertät gerichtet und
  2. »ursprünglich« sein.
  3. Ferner müssen nach der Definition von Krafft-Ebing die sexuellen Handlungen gegenüber den Kindern "in bloßer unzüchtiger Betastung und Onanisirung der Opfer" bestehen. "Gleichwohl führen sie zur Befriedigung des Betreffenden, selbst wenn er dabei nicht zur Ejaculation gelangt."
  4. "Die Paedophilen sind unerregbar durch sexuale Reize des erwachsenen Individuums, an welchen der coitus nur faute de mieux und ohne seelische Befriedigung vollzogen wird."

Keine Pädophilie liegt demnach immer dann vor, wenn es nur deshalb zu sexuellen Handlungen mit Kindern kommt, weil der Erwachsene aus anderen Gründen (opportunistisch) ein Kind wählt oder weil er unter einer Störung leidet und die sexuelle Handlung nur ein Symptom dieser anderen Störung ist, z.B. in Fällen von Demenz. Diese beiden Gruppen, sie werden manchmal als »Pseudopädophilie« bezeichnet, machten für Krafft-Ebing die große Mehrheit aus. Entscheidend für den Gesetzgeber (und die Eltern eines betroffenen Kindes) ist, ob es zu (strafbaren) sexuellen Handlungen mit Kindern gekommen ist oder nicht.

In der Regel wird Pädophilie als eine Persönlichkeitsstörung (nämlich als eine Paraphilie) angesehen, doch ist dies umstritten. (Vgl. die Beiträge in den Archives of Sexual Behavior, Dez. 2002.)

Der Begriff "Pädophilie" fasst (wie bei den anderen sexuellen Orientierungen auch) eine große Vielfalt von Erscheinungen zusammen. Einen »stereotypischen Pädophilen« gibt es so wenig, wie es den "typischen" Heterosexuellen gibt. Für alle Pädophilen ist es charakteristisch, dass eine primäre psychosexuelle Fixierung auf vorpubertäre Mädchen oder Jungen zwischen fünf bis vierzehn Jahren besteht, wobei es zwei Gipfel in der Alterspräferenz gibt: der eine Gipfel liegt bei 5-6 Jahren, der andere bei 11-12 Jahren.

Alter des Kindes: Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch ist stets die »Pubertät« i.S. der Geschlechtreife (Gonadarche) die definitorische Grenze für die an sexuellen Handlungen beteiligten »Kinder«. Dieses Alter liegt heute fast überall unterhalb des gesetzlichen Schutzalters. (Als die einschlägigen Gesetze entstanden, war dies interessanterweise aber häufig umgekehrt.) Diese Grenzziehung ist aber nicht ohne Probleme:

  1. Vor allem in den USA ist es vielfach üblich, von Pädophilie schon zu reden, wenn das erotische Interesse sich auf nur überhaupt Minderjährige (unter achtzehn Jahren) richtet; manche verwenden den sonst ungebräuchlichen Begriff der »Ephebophilie« (oder »Hebephilie«) für ein erotisches Interesse an Personen zwischen Pubertät und Volljährigkeit.
  2. Die Pubertät erscheint als eine sichere Marke, das ist aber nur scheinbar so. Zwar kann man sie im Prinzip durch Augenschein feststellen, aber die Vorstellung, mit der Pubertät werde die Sexualität gleichsam im Kinde »eingeschaltet« oder wenigstens »umgeschaltet« scheint nicht haltbar zu sein. Vielmehr beginnt die Entwicklung bereits viel früher im sechsten bis achten Lebensjahr und führt bei großer Varianz im Durchschnitt bereits mit zehn Jahren zu einem stabilen erotischen Interesse.

Pädophilie wird nicht strafrechtlich verfolgt. Strafbar sind lediglich sexuelle Handlungen mit Kindern (Kindesmissbrauch). Der Anteil pädophiler Täter am Kindesmissbrauch wird zwischen 2 bis 10 Prozent eingeschätzt (Kinsey-Report, Lautmann, Brongersma, Grooth).

Strafrechtlicher Aspekt

In § 176 StGB geht es um den sexuellen Missbrauch von Kindern. Dort heißt es, dass derjenige, der "sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt", mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren zu rechnen hat. Etwas milder bestraft wird derjenige, der

  • ein Kind auffordert, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen,
  • sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt,
  • ein Kind sexuelle Handlungen an sich vornehmen lässt oder
  • einem Kind pornographische Abbildungen etc. zeigt.

Pädophile, die bei Kindern sexuell aktiv werden, laufen also Gefahr, im Sinne von § 176 bestraft zu werden.


Literatur

  • Special section on pedophilia in den Archives of Sexual Behavior, Vol. 31, No. 6 (Dec. 2002), S. 465-510 (mit Beiträgen insbes. von Green, Schmidt, Rind, u.a.)


Siehe auch: Päderastie -- Kindesmissbrauch -- Schutzalter -- Pubertät -- Sexualität -- Kinderprostitution -- Babystrich -- Strichjunge -- Homosexualität