Flucht nach Berlin ist ein deutsches Filmdrama von Will Tremper aus dem Jahre 1960 über eine Flucht von der DDR über die damals, vor dem Mauerbau, noch grüne Grenze in den Westen.
Film | |
Titel | Flucht nach Berlin |
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Produktionsland | Deutschland |
Originalsprache | Deutsch Englisch Russisch |
Erscheinungsjahr | 1961 |
Länge | 103 Minuten |
Altersfreigabe |
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Stab | |
Regie | Will Tremper |
Drehbuch | Will Tremper nach seiner eigenen Vorlage Komm mit nach Berlin (ein Stern-Roman) |
Produktion | Will Tremper Michael E. Schwabacher für die Will-Tremper-Filmproduktion der Stun[1] |
Musik | Peter Thomas |
Kamera | Günter Haase Gerd von Bonin |
Schnitt | Will Tremper |
Besetzung | |
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Handlung
Deutschland 1960, ein Jahr vor dem Mauerbau:
Der ostdeutsche Bauer Hermann Güden hat die Nase voll von den staatlich angeordneten Schikanen der SED-Oberen. Er ist nicht länger bereit, sich der Zwangskollektivierung daheim in seinem sachsen-anhaltinischen Dorf zu unterwerfen, da dieser Zustand ihm keine Perspektive mehr bietet. Und so plant er von langer Hand die Flucht in den Westen. Güden schickt zunächst Frau und Kind in den Westen Berlins und will so schnell es geht nachkommen. Doch die SED-Apparatschiks bekommen Wind von der Sache. Im Eifer des Gefechts verprügelt Güden den Parteigenossen Baade und flieht anschließend.
Auf einem ostdeutschen Autobahnrastplatz lernt er die Schweizer Modejournalistin Doris Lange kennen. Es gelingt ihm, sie zu überreden, ihn in ihrem Sportflitzer Marke Alfa Romeo ein Stück mitzunehmen. Als das Fahrzeug einen Unfallort passiert, wo ein Volkspolizist die Stopp-Kelle hebt, verliert Güden aus Angst, bei einer Dokumentenkontrolle verhaftet zu werden, die Nerven, greift der Schweizerin ins Lenkrad und gibt Vollgas. Damit hat er erst richtig auf sich aufmerksam gemacht. Nun kleben die motorisierten Vopos an dem Wagen seiner schockierten Fahrerin. Im Angesicht nackter Panik halten Doris und Hermann den Wagen an, springen aus ihm heraus und versuchen, sich in einem angrenzenden Wald zu verstecken.
Währenddessen ist dem SED-Mann Baade in Sachsen-Anhalt weiteres Missgeschick widerfahren. Um die von der Kollektivierung betroffenen Bauern zu beruhigen, hat ihn die Partei zum Sündenbock erkoren und kurzerhand aus der SED ausgestoßen. Baade, ganz überzeugter Kommunist, will sich daraufhin auch nach Berlin aufmachen, aber in den Ostsektor, um sich, wie er sagt, "bei Ulbricht persönlich" für die schreiende Ungerechtigkeit zu beschweren und um Rehabilitierung nachzusuchen. Doch nun gilt er plötzlich unter den eigenen Leuten als verdächtigt, Republikflucht zu planen. So bleibt ihm keine andere Lösung mehr, als ebenfalls den Weg Hermann Güdens einzuschlagen, und sich auf den Weg in den Westen Berlins zu begeben.
Produktionsnotizen
Flucht nach Berlin entstand ab Ende September 1960. Die Dreharbeiten fanden in Berlin-Wannsee (Pfaueninsel) sowie auf Autobahnabschnitten rund um Bad Hersfeld statt. Die Uraufführung war am 17. März 1961. Zweieinhalb Jahre später, am 12. August 1963, wurde der Film aus Anlass des zweiten Jahrestags des Mauerbaus im ZDF zum ersten Mal im Fernsehen gezeigt.
Flucht nach Berlin war nach Postlagernd Turteltaube, Weg ohne Umkehr und Himmel ohne Sterne erst der dritte bundesdeutsche Film, der sich des brisanten Themas der deutsch-deutschen Teilung annahm.
Der gebürtige Bulgare Narziss Sokatscheff, der den flüchtigen Bauern Güden spielt, gab hier sein Debüt vor der Kamera.
Auszeichnungen
Das Filmband in Gold ging am 25. Juni 1961 an Christian Doermer als bester Nachwuchsschauspieler und an Peter Thomas für die beste Filmmusik.
Kritiken
Der Spiegel schrieb in seiner Kritik vom 29. März 1961 auf Seite 90: „Will Tremper, Drehbuchautor ("Nasser Asphalt") und Skandalchronist ("Deutschland, deine Sternchen"), versucht sich als Regie-Debütant am Thema DDR. Die Exposition – ein Dorf im Zeichen des Bauernlegens – ist ihm vorzüglich geglückt, und auch später verraten kurze Momente die intime Kenntnis des Produzenten, Autors und Regisseurs von Zonenzuständen und -mentalität. Die Grundzüge der Handlung aber, die Flucht eines Bauern und eines SED-Funktionärs, sind nach schlimmsten Kintopp-Vorbildern gemodelt, so daß in dem billig gefertigten Film schließlich bloße Reißer-Effekte vorherrschen.“[2]
Filme 1959/61, das Handbuch VI der Katholischen Filmkritik, meinte: „Der 1960 gedrehte Film ist ein Zeitdokument von atmosphärischer Dichte. Obschon nicht frei von Verzeichnungen und einer wertmindernden reißerischen Abenteuerlichkeit darf er – im ersten Teil – als sehenswert gelten.“[3]
Das Lexikon des Internationalen Films befand: „Das im Kino selten behandelte Thema „Zonenflucht“, bildwirksam und aufregend dargestellt an Situationen und Einzelschicksalen in der DDR, die sich zwangsläufig miteinander verknüpfen. Ein interessantes Zeitdokument.“[4]
Einzelnachweise
- ↑ Laut einem Spiegel-Bericht vom 5. Oktober 1960 soll der deutschstämmige Emigrant und Wahlamerikaner Schwabacher, der Finanzier des Films, vorgeschlagen habe, den Film unter dem Produktionsdach einer neu zu gründenden Firma namens „Nuts“ (engl. für „verrückt“, „irre“) herzustellen. Als Tremper dagegen rebellierte – laut Spiegel: „das geht doch nicht, das ist doch albern“ – soll Schwabacher vorgeschlagen haben: „Na dann von hinten, also ‘Stun‘ “.
- ↑ Flucht nach Berlin auf spiegel.de
- ↑ Filme 1959/61, Düsseldorf 1962, S. 50
- ↑ Klaus Brüne (Red.): Lexikon des Internationalen Films, Band 2, S. 1045. Reinbek bei Hamburg 1987