Konrad Krafft von Dellmensingen

deutscher Militär, Gründervater der bayrischen Gebirgstruppen
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Konrad Krafft von Dellmensingen (* 24. November 1862 in Laufen; † 22. Februar 1953 in Seeshaupt) war ein General der bayerischen Armee und Ritter des Ordens Pour le mérite. Er gilt als Gründervater der deutschen Gebirgstruppe und war Kommandeur des Deutschen Alpenkorps während des Ersten Weltkriegs.

Krafft von Dellmensingen

Leben

Der Sohn eines Notars erhielt seine Ausbildung im Kadettenkorps und wurde 1881 Fähnrich bei der Feldartillerie. Danach war er Leutnant an der Bayerischen Kriegsakademie und wurde vorwiegend im Generalstab eingesetzt.

1908 wechselte er als Oberst in das bayerische Kriegsministerium, wo er Abteilungsleiter war. Im selben Jahr wurde sein Sohn Leopold Krafft von Dellmensingen geboren. 1911 wurde Krafft von Dellmensingen Kommandeur der 4. Feld-Artillerie-Brigade. 1912 stieg er zum Generalmajor und Chef des Generalstabs der bayerischen Armee sowie Inspektor der Militärbildungsanstalt auf.

Bei Kriegsausbruch 1914 wurde er Chef des Generalstabs der 6. Armee unter Kronprinz Rupprecht von Bayern. Von 1915 bis 1917 kommandierte er als Generalleutnant das Deutsche Alpenkorps. 1916 war das Alpenkorps in der Schlacht von Verdun eingesetzt, im Rumänienfeldzug 1916/17 stieß es durch Siebenbürgen vor. Eigentlich alpin wurde das Alpenkorps nur relativ kurze Zeit verwendet. Nach seiner Aufstellung war es - noch vor Bestehen des Kriegszustands mit Italien - bis Herbst 1915 in den Dolomiten (Travenanzes, Tre Sassi, Sief, Col di Lana, Monte Piano, Sexten) und am Karnischen Hauptkamm sowie Ende 1917 in der Zwölften Isonzoschlacht im Einsatz.

Nach elf italienischen Offensiven in den Isonzoschlachten gegen Österreich-Ungarn waren Hunderttausende von Toten zu beklagen. Krafft von Dellmensingen drängte bei einem Frontbesuch von General Ludendorff auf massive deutsche Hilfe für die bedrängten Österreicher.

Im Oktober 1917 gelang mit starker deutscher Unterstützung durch die 14. Armee der Durchbruch. Krafft hatte einen bisher ruhigen und vergleichsweise wenig stark besetzten Abschnitt am oberen Isonzo gefunden, der für einen Angriff geeignet war. Am 24. Oktober 1917 begann die Schlacht von Karfreit. 1.900 schwere Geschütze und Minenwerfer waren in Stellung gebracht, 1.000 Gasgranaten für den Einsatz vorbereitet. Die neuen Kampfstoffe Blaukreuz und das hochgiftige Grünkreuz sollten die italienischen Stellungen lahmlegen. General Krafft von Dellmensingen trug für den Einsatz von Giftgas bei der 12. Isonzo-Schlacht die truppendienstliche Verantwortung. Nach drei Tagen durchbrachen die deutschen und k.u.k.-Truppen die italienischen Stellungen bei Karfreit, Flitsch und Tolmein und stießen zum Fluss Tagliamento vor. Dieser Durchbruch ging als das Wunder von Karfreit in die Kriegsgeschichte ein. General von Dellmensingen wurde dafür mit dem Großkreuz des Militär-Max-Joseph-Ordens ausgezeichnet. Er avancierte zum Chef des Generalstabs der Heeresgruppe Herzog Albrecht, leitete den Generalstab der 14. Armee gegen Italien und seit Anfang 1918 den der 17. Armee in Frankreich. Im April 1918 wurde er kommandierender General des II. bayerischen Armeekorps.

Nach dem Krieg ging Krafft in den Ruhestand und war Anlaufstelle für republikfeindliche Kräfte in Bayern. Ab Januar 1920 wurde ein geheimer Verschwörerkreis aufgebaut; in der Bayerischen Königspartei (BKP) reiften Pläne für einen monarchistischen Umsturz heran. Es sollte eine Militärdiktatur errichtet werden; Krafft von Dellmensingen sollte die vollziehende Gewalt übernehmen. Diese Vorbereitungen zur Machtübernahme in der sogenannten Ordnungszelle Bayern wurden freilich jäh unterbrochen, als Kapp und Lüttwitz im März 1920 in Berlin putschten.

Traditionspflege

Im Frühjahr 1937 erhielt die neue Kaserne in Garmisch den Namen General-von-Dellmensingen-Kaserne. Am 25. Juni 1945 ordnete die US-Militärregierung in Bayern an, dass alle Straßen, Plätze und Gebäude mit nationalsozialistisch belasteten Namen umzubenennen seien. In Garmisch wurden u.a. die Namen Ritter-von-Epp-Kaserne und Krafft-von-Dellmensingen-Kaserne getilgt. Am 9. Juli 1975 erhielt diese Liegenschaft erneut den Namen Krafft-von-Dellmensingen-Kaserne. Am 30. März 1994 zog die 1. Gebirgsdivision der Bundeswehr von der Dellmensingen-Kaserne in Garmisch in die Bayern-Kaserne nach München um. Die Liegenschaft wurde aufgelöst und die Gebäude wurden von der US-Artillery Kaserne vereinnahmt. Dort sind heute Teile des deutsch-amerikanischen George C. Marshall Europäisches Zentrum für Sicherheitsstudien sowie das Bundeswehr-Gebirgsmusikkorps untergebracht.

Antisemitische und rassistische Aussagen

Konrad Krafft von Dellmensingen hat sich in seinen Aufzeichnungen mehrfach über Juden und andere Gruppen bzw. Völker geäußert. So hielt er, als er 1903 nach Belgrad reiste, fest "Rassefiguren und -köpfe in viel größerer Zahl als bei uns"[1] und serbische Bauern wiesen für ihn teilweise jüdischen „Rasseeinschlag" auf.[2] Kraffts Biograf Müller vermerkt ferner: "Vergleicht man Kraffts Bemerkungen über Juden in vor 1914/1918 niedergeschriebenen persönlichen Aufzeichnungen mit solchen, die danach (und bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg) erfolgten, findet sich auch in seinem Falle Hermann Rumschöttels Aussage bestätigt. 'Solch blühende Judenfeindschaft im Nachkriegs-Bayern hatte sich nur aus kräftigen Knospen der Vorkriegsjahre entwickeln können. Einer der Träger des Antisemitismus war das bayerische Offizierskorps.' - und Krafft einer seiner profiliertesten Vertreter!"[3] Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs war für Krafft der wahre Feind das sogenannte „Weltjudentum“, das jetzt „seinen großen Krieg gegen seine geschworenen Feinde“ hatte. Es war dies für ihn „der Krieg der Juden gegen Deutschland“, - „denn alle englischen Kriegstreiber sind Juden oder Judenstämmlinge".[4] Krafft gemäß war es nicht „zu vermeiden'“ gewesen, den erneuten „schweren Kampf'“, dessen „Ende (...) auch nicht abzusehen (ist), bevor nicht die Frage aller Fragen gelöst“ war, als den „Vernichtungskrieg gegen das Welt-Judentum zu führen."[5] Selbst noch nach Kriegsende, bestand für Krafft keine Ursache seine Sichtweise zu ändern, Müller zitiert ihn, der soeben befreiten Häftlingen aus dem Dachauer KZ begegnet war: "Am Morgen wurden die KZ-Sträflinge in hellen Haufen auf das Dorf losgelassen. Sie quartierten sich zum Teil auch in den Dachräumen ein, und wir hatten dort Menschen aller Länder (… vornehmlich Juden)".[6]Thomas Müller zufolge habe Krafft auch nach dem Krieg nationalsozialistisches Gedankengut vertreten: „Was die 'Judenfrage' überhaupt betrifft, vertrat er bis zu seinem Lebensende Ansichten, die auch jeder NS-Parteifunktionär ohne weiteres hätte äußern können. Den Holocaust begriff er in seiner ganzen Dimension niemals, bestenfalls verdrängte er ihn als etwas, was Deutsche nicht getan haben konnten aber eben dennoch getan hatten...“[7]

Ehrungen

Literatur

  • Konrad Krafft von Dellmensingen: Der Durchbruch am Isonzo. Teil 1: Die Schlacht von Tolmein und Flitsch. (24. bis 27. Oktober 1917). 2. Auflage. Stalling, Oldenburg u. a. 1928 (Schlachten des Weltkrieges. Bearbeitet und herausgegeben im Auftrag und unter Mitwirkung des Reichsarchivs. Bd. 12).
  • Konrad Krafft von Dellmensingen: Das Bayernbuch vom Weltkriege 1914–1918. Ein Volksbuch. 2 Bände. Belser Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1930.
  • Gunther Langes: Front in Fels und Eis. Der Weltkrieg im Hochgebirge. Mit einem Vorwort von Graf Viktor Dankl und einer Einleitung von Konrad Krafft von Dellmensingen. Bruckmann, München 1931 (recte: 1932).
  • Guido Burtscher: Das Deutsche Alpenkorps unter der Führung des Generals Konrad Krafft von Dellmensingen. Teutsch, Bregenz, 1939.
  • Vasja Klavora: Blaukreuz. Die Isonzofront - Flitsch/Bovec. 1915–1917. Verlag Hermagoras u. a., Klagenfurt u. a. 1993, ISBN 3-85013-287-0.
  • Thomas Müller: Konrad Krafft von Dellmensingen (1862–1953). Porträt eines bayerischen Offiziers. München ; Komm. für Bayer. Landesgeschichte 2002 ISBN 3-7696-0416-4 (Materialien zur bayerischen Landesgeschichte 16).
  • Ludwig Hammermayer: Ein bayerischer Soldat im Kaiserreich. Einige Überlegungen und Notizen zur Studie von Thomas Müller. In: Uta Lindgren (Hrsg.): Sine ira et studio. Militärhistorische Studien zur Erinnerung an Hans Schmidt. Lassleben, Kallmünz 2001, ISBN 3-7847-4207-6, S. 187–202 (Münchener historische Studien – Abteilung mittelalterliche Geschichte 7).

Einzelnachweise

  1. Thomas Müller: Konrad Krafft von Dellmensingen, 2002, S.211.
  2. Thomas Müller: Konrad Krafft von Dellmensingen, 2002, S.218f.
  3. Thomas Müller: Konrad Krafft von Dellmensingen, 2002, S.506f.
  4. Thomas Müller: Konrad Krafft von Dellmensingen, 2002, S.554.
  5. Thomas Müller: Konrad Krafft von Dellmensingen, 2002, S.556.
  6. Thomas Müller: Konrad Krafft von Dellmensingen, 2002, S.567.
  7. Thomas Müller: Konrad Krafft von Dellmensingen, 2002, S.574.
  8. Otto von Moser: Die Württemberger Im Weltkriege, Chr. Belser AG, Stuttgart 1928, S.109