Gift

Stoff, der Lebewesen über ihre Stoffwechselvorgänge Schaden zufügt
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Als das Gift (althochdeutsch Gabe) oder das Toxin (griechisch τοξίνη, toxíne - die giftige [Substanz]) bezeichnet man einen Stoff, der Lebewesen über ihre Stoffwechselvorgänge Schaden zufügen kann.

Das Piktogramm- Schädel und gekreuzte Knochen- wird traditionell als Zeichen für Gift verwendet.

Insbesondere von anderen Lebewesen ausgeschiedene Schadstoffe oder Abfallprodukte werden als Toxine bezeichnet.

Die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Erforschung von Giften, ihrer Wirkung und deren Behandlung beschäftigt, ist die Toxikologie. Die Toxikologie befasst sich mit giftigen Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen.

Der durch ein Gift angerichtete Schaden kann in vorübergehender Beeinträchtigung, dauerhafter Beeinträchtigung oder Tod bestehen.

Nicht als Gifte werden Viren und Bakterien angesehen, die als Krankheitserreger bezeichnet werden. Ebenso gelten Substanzen oder Gegenstände, die ein Lebewesen ausschließlich mechanisch oder über Strahlung schädigen, nicht als Gift.

In Landwirtschaft und Industrie werden Gifte als Pestizide zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt, insbesondere pflanzenschädigende Substanzen als Herbizide, auch Pflanzengifte genannt, sowie Fungizide gegen Pilze.

Giftigkeit

Grundsätzlich können alle dem Organismus zugeführten Stoffe oberhalb einer gewissen Dosis Schaden anrichten. Dies gilt sogar für unverzichtbare Substanzen wie Vitamine, Salz, Nährstoffe und Wasser. Paracelsus prägte den Satz „Alle Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist." Die Toxizität, also das Ausmaß der Giftwirkung in Abhängigkeit von der Dosis, wird von vielen Faktoren bestimmt. Dazu gehören

  • die Galenik ("Zubereitung") des Toxins, eventuell die Mischung mit anderen Toxinen
  • die Form der Verabreichung
  • die Löslichkeit in Körperflüssigkeiten (insbesondere bei oraler Aufnahme)
  • der zeitliche Verlauf der Aufnahme (akut, subakut, chronisch)
  • Eigenschaften des Probanden, wie
  • die Umgebungstemperatur
  • die Absicht hinter der Zufuhr der Substanz

Beispiele:

  • Gift-"Cocktails", wie sie manchmal mit Mord- oder Suizidabsicht zusammengestellt werden, sind meist "giftiger" als die Summe der Einzelsubstanzen.
  • Metallisches Quecksilber ist beim Verschlucken weniger giftig als bei der Inhalation der Dämpfe.
  • Eine Dosis Ethanol, die im Laufe eines Abends (also subakut) in Form von Bier eingenommen und vertragen wird, kann bei akuter Zufuhr als Schnaps zu ausgeprägteren und eventuell gefährlichen Vergiftungserscheinungen führen.
  • Die Einnahme von 10 Litern Wasser auf einmal (destilliert oder nicht) kann für einen Erwachsenen tödlich sein. Es kommt zur Hyponatriämie.
  • Reine Sauerstoffatmosphäre kann für Neugeborene tödlich sein.
  • Ein zum Beispiel durch Krankheit vorgeschädigter Organismus reagiert empfindlicher als der eines Gesunden.
  • Eine Dosis Digitoxin, die bei einem Erwachsenen therapeutisch wirkt, kann für ein Kind oder einen älteren Menschen tödlich sein.
  • Wiederholte Giftzufuhr führt bei vielen Substanzen zur Toleranzentwicklung. So gab es früher "Arsenikesser", die zum Teil das Mehrfache einer gewöhnlich akut tödlichen Dosis von Arsenik (As2O3) ohne (akute) Beeinträchtigung zu sich nahmen. Ein näherliegendes Beispiel ist Heroin (ein Opioid), gegen das der Mensch ausgeprägt Toleranz entwickelt.
  • Vergiftungen mit Schlafmitteln führen zum Teil über Störungen der Temperaturregulation mit Auskühlen des Organismus zum Tod. Wenn der Auskühlung entgegengewirkt wird (Bettdecke, Heizung), wird eine Überdosis unter Umständen vertragen, die im Freien tödlich gewesen wäre.
  • Bei ansonsten gleichen Bedingungen wird eine Giftdosis, die in Suizidabsicht eingenommen wurde, eher zum Tod führen, als eine, die versehentlich oder in Mordabsicht zugeführt wird.

Um dennoch die Giftigkeit (Toxizität) von Toxinen miteinander vergleichen zu können, müssen Tierversuche herangezogen werden. Die häufig angegebene LD50 zum Beispiel gibt an, welche Stoffmenge, bezogen auf das Körpergewicht, bei der Hälfte einer Versuchstierpopulation zum Tod führt. Dabei steht LD für letale Dosis.

Das tödlichste bekannte Gift ist das Botulinumtoxin, welches unter anderem in verdorbenen Fleisch- und Wurstkonserven vorkommen kann.

Giftigkeit ausgewählter Substanzen

Substanz Herkunft Tödliche Mindestdosis in Milligramm pro Mensch (70 kg)
Botulinumtoxin bact. 0,0000021
Tetanustoxin bact. 0,000007
Ricin pflanzl. 0,0014
Diphtherietoxin bact. 0,021
Dioxin, TCDD chem. 0,07
Tetrodotoxin Fisch 0,7
Saxitoxin Muschel 1,4
Strychnin (Rattengift) Alkaloid 10 - 300
Bufotoxin Frosch 27,3
Curarin pflanzl. 35
Heroin halbsynth. 50
Sarin (Kriegsgift) chem. 53
Nicotin pflanzl. 70
Atropin (Tollkirsche) pflanzl. 100
Fentanyl synth. 217
Cyankali chem. 250
Morphin Alkaloid 300
Kokain Alkaloid 1.000 - 2.000 (entspricht 1 - 2 Gramm)
Phenobarbital med. 7.000
Ethanol (Alkohol) biosynth. 179.900

Arten der Vergiftung

Je nach der Absicht der Giftzufuhr spricht man von akzidentellen (versehentlichen), suizidalen (Selbsttötung), homizidalen (Mord) und iatrogenen (im Rahmen einer Therapie mit Medikamenten aufgetretenen) Vergiftungen. du kannst 10 kilo alkohol,wenn du viel isst,ich persönlich hab mal 200 gramm ms

Giftwirkung

Gifte greifen an unterschiedlichen Rezeptoren im Organismus an. Häufig betroffene Organe bei akuten Vergiftungen sind die Leber (Hepatotoxine, zum Beispiel durch Paracetamol), die Niere (Nephrotoxine) und Gehirn und Nerven (Neurotoxine, zum Beispiel Senfgas und andere Kampfstoffe (VX, Sarin, Agent Red). Viele Gifte greifen in die innere Atmung ein, so zum Beispiel Nitrate und Kohlenstoffmonoxid, die das Hämoglobin blockieren, oder Kaliumcyanid (Cyankali), das die Sauerstoffabgabe im Gewebe behindert.

Siehe auch: Antidot, Vergiftung

Einteilung von Giften

  1. Medikamente
    1. Psychopharmaka
    2. Hypnotika
    3. Analgetika/Schmerzmittel
  2. Chemikalien
    1. Lösungsmittel/Flüssigkeitsgifte
    2. Säuren, Laugen
    3. Mineralölprodukte
    4. Blutgifte
  3. Publikumsprodukte
    1. Insektizide
    2. Reinigungsmittel
    3. Kosmetika
  4. Gase
    1. Kohlenmonoxid
    2. Kohlendioxid
    3. Reizgase
  5. Drogen
    1. Alkohol
    2. Nikotin
    3. Koffein
    4. Opiate, Heroin
    5. Kokain
    6. Amphetamine
  6. Nahrungsmittel
    1. Bakterien
    2. Giftpflanzen
    3. Giftpilze
  7. Atemgifte

Einzelne Gifte


Juristische Definition

Das Beibringen von Gift wird nach § 224 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StGB als gefährliche Körperverletzung bestraft. Nach herrschender Ansicht ist ein Gift jeder organische oder anorganische Stoff, der nach seiner Art, der beigebrachten Menge, der Form der Beibringung und der Körperbeschaffenheit des Opfers durch chemische oder chemisch-physikalische Wirkung die Gesundheit zu beschädigen geeignet ist. Beigebracht ist ein Gift dann, wenn eine Körper-Stoff-Beziehung hergestellt wurde.

Berühmte Vergiftungsfälle

  • Sokrates starb durch einen Becher Schierlingskraut.
  • Kleopatra ließ sich der Sage zufolge zwecks Selbsttötung von einer Kobra beißen, um der Gefangennahme durch Octavian zu entgehen.
  • Der bulgarische Journalist und Dissident Georgi Markov wurde 1978 in London vermutlich von Geheimdienstagenten auf offener Straße mit einem Regenschirm angegriffen und in den Oberschenkel gestochen. Durch die Spitze des Schirms wurde eine Platin/Iridium-Kugel (Durchmesser 2mm), die mit Rizin präpariert worden war, durch einen Federmechanismus in den Oberschenkel "geschossen". Markov starb einige Tage später im Krankenhaus an den Folgen des Giftes.
  • Wie mehrere Medien berichteten, konnte mittlerweile nachgewiesen werden, dass Wiktor Juschtschenko, der seit September 2004 an einer lebensgefährlichen Krankheit leidet, mit einem Dioxin vergiftet wurde.

Siehe auch

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Literatur

  • Weilemann / Kelbel / Reinecke / Ritter-Weilemann: Giftberatung Pflanzen. 2000 ISBN 3-7741-0812-9
  • Oliver Sauer, Sacha Weilemann: Drogen – Eigenschaften, Wirkungen, Intoxikationen. ISBN 3-87706-601-1
  • L.S. Weilemann, H.J. Reinecke: Notfallmanual Vergiftungen. 1996 ISBN 3-13-102591-3
  • Thomas Börner: Die Toxine der Cyanobakterien: Neue bioaktive Verbindungen. Biologie in unserer Zeit 31(2), S. 108 - 115 (2001), ISSN 0045-205X