Displaced Person
Als Displaced Person (DP; engl. für entheimatete Person) bezeichnet man eine Zivilperson, die sich aufgrund von Kriegsfolgen zwangsweise außerhalb ihres Heimatstaates aufhält.
In Deutschland wurde der Begriff "Displaced Persons" vor allem für die Zwangsarbeiter und Zwangsverschleppten der nationalsozialistischen Herrschaft verwendet, die vornehmlich aus osteuropäischen Staaten stammten und sich nach 1945 in Deutschland aufhielten. Insbesondere werden Menschen so bezeichnet, die von den Nationalsozialisten interniert oder verschleppt wurden und nach dem Zweiten Weltkrieg aus Konzentrationslagern, Kriegsgefangenschaft oder Zwangsarbeit befreit wurden, beziehungsweise sich selbst befreit hatten. In den späteren westlichen Besatzungszonen befanden sich zum Ende des 2. Weltkrieges etwa 6,5 Millionen DPs. Die später in Deutschland verbliebenen ehemaligen DPs wurden zuletzt als so genannte Heimatlose Ausländer ein Problem der Sozialpolitik der Bundesrepublik Deutschland.
Die Bezeichnung steht allgemein für Menschen, die infolge von Krieg, Verfolgung oder auch Katastrophen ihr Herkunftsgebiet verlassen mussten und aufgrund der Situation nicht dorthin zurückkehren können.
Die Britische Administration in Deutschland führte den Begriff für Menschen ein, die "nicht da sind, wo sie hingehören". Angesichts der Kriegswirren ist die genaue Zahl ungeklärt, sie wird mit zwischen 6,5 und 12 Millionen beziffert, wobei ein großer Teil dieser Menschen relativ schnell auswanderte oder von den Alliierten zurückgeführt ("repatriiert") wurde. In den Fällen von Angehörigen der westlichen Alliierten stellte die Repatriierung ein geringes Problem dar. Auch die Rückkehr von Zwangsarbeitern aus Nord-, West- und Südeuropa verlief den Umständen entsprechend zügig. Nur die Heimführung von Fremdarbeitern aus Osteuropa dauerte unverhältnismäßig lange. Dies hatte vor allem zwei Gründe. So konnten die ehemaligen Zwangsarbeiter aus Polen erst Ende 1945 aus Ludwigshafen heimkehren, da die Sowjetunion erst auf die Zurückführung aller sowjetischen Bürger bestand, bevor sie den Weg durch ihre Besatzungszone auch anderen DPs erlaubte. Auch kam es vor, dass sich polnische Zwangsarbeiter der Rückführung widersetzten, da sie in eine freie und nicht in eine kommunistische, von der Sowjetunion fremdregierte Heimat zurück kehren wollten und häufig wurde sie gegen den erklärten Willen der Zwangs-Repatriierten durchgeführt. Unter den sowjetischen Zwangsarbeitern herrschte oft die Furcht, in Stalins Sowjetunion für ihre Zwangsarbeit bei dem deutschen Gegner nach ihrer Heimkehr bestraft zu werden. Diese Sorge war nicht unbegründet, fast alle hatten das unter dem Stalin-Regime später schwer zu bereuen, da von den repatriierten Sowjetbürgern 157 000 wegen des Verdachts auf Kollaboration hingerichtet wurden. Ende 1945 befanden sich noch über 6 Millionen von ihnen in den westlichen Besatzungszonen in Deutschland, ein Jahr später waren es noch über 1 Million.
Für die verbleibenden Displaced Persons, vor allem Juden sowie Sinti und Roma, die im Verständnis der Verwaltung keinem Staat zuzuordnen waren, blieben teilweise jahrelang in Lagern (dp-camps), wo sie von der UNO oder jüdischen Organisationen betreut wurden. Die Situation in den Lagern war häufig menschenunwürdig; teilweise handelte es sich um ehemalige Zwangsarbeiter- oder Konzentrationslager (z. B. Bergen-Belsen), in denen die Befreiten nun leben sollten. Zudem wurden sie von der deutschen Bevölkerung und auch der Administration stark diskriminiert. Aufgrund der ungeklärten Perspektive wurden in einigen größeren Lagern Bildungseinrichtungen wie Kindergärten und Lehrerseminare eingerichtet.
Unter anderem die Auswanderung von Juden nach Palästina führte 1948 zur Gründung des Staates Israel (vgl. Exodus (Schiff). Die in der Bundesrepublik verbliebenen Displaced Persons erhielten die Rechtsstellung "heimatlose Ausländer" und einige von ihnen sind bis heute staatenlos.
Literatur
- Wolfgang Jacobmeyer, Vom Zwangsarbeiter zum Heimatlosen Ausländer. Die Displaced Persons in Westdeutschland 1945-1951, Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen 1985, ISBN 3-525-35724-9.
- Angelika Königseder, Juliane Wetzel, Lebensmut im Wartesaal. Die jüdischen DPs (Displaced Persons) im Nachkriegsdeutschland, Fischer Taschenbuch Verlag: Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-596-10761-X.