Archimedisches Axiom

mathematisches Axiom
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Das sogenannte archimedische Axiom ist nach dem antiken Mathematiker Archimedes benannt, es ist aber älter und wurde schon von Eudoxos von Knidos in seiner Größenlehre formuliert.[1] In moderner Präzisierung lautet es folgendermaßen:

Zu je zwei Größen existiert eine natürliche Zahl mit .

Geometrisch lässt sich das Axiom derart interpretieren: Hat man zwei Strecken auf einer Geraden, so kann man die größere von beiden übertreffen, wenn man die kleinere nur oft genug abträgt.

Eine (an)geordnete Gruppe oder ein (an)geordneter Körper, in welchem das Archimedische Axiom gilt, heißt archimedisch (an)geordnet.

Für den Körper der reellen Zahlen wird es manchmal axiomatisch eingeführt. Man kann allerdings mit den Axiomen eines geordneten Körpers und dem Supremumsaxiom (Jede nach oben beschränkte Teilmenge des Körpers besitzt ein Supremum) beweisen, dass die reellen Zahlen archimedisch geordnet sind.

zur geometrischen Interpretation

Beweis aus dem Supremumsaxiom für einen geordneten Körper

Es sei  

Behauptung: Für jedes   gibt es eine natürliche Zahl  , so dass   gilt.

Gegenannahme: Es gibt ein  , so dass   für alle natürlichen Zahlen  

Aus der Gegenannahme folgt, dass   für alle natürlichen Zahlen   eine obere Schranke für   ist. Mit dem Supremumsaxiom folgt daraus die Existenz einer kleinsten oberen Schranke  . Gilt aber   für alle natürlichen Zahlen  , so gilt auch   und somit auch   für alle natürliche Zahlen  . Dann ist aber auch   eine obere Schranke für   . Wegen  , ist also   keine kleinste obere Schranke, was im Widerspruch zur Definition von   steht. Somit muss die Gegenannahme falsch sein und die Behauptung ist bewiesen.

Folgerungen aus dem archimedischen Axiom

Zu jeder Zahl   gibt es  , so dass   und  . Daraus folgt: Zu jedem   gibt es eine eindeutig bestimmte Zahl   mit

 

Dabei wird   mit   oder   bezeichnet. Ebenso existiert eine eindeutig bestimmte Zahl   mit

 

welche mit   oder   bezeichnet wird. Damit gilt auch: für alle   existiert ein   mit   und daher umgekehrt  . In der Analysis ist dieser Zusammenhang nützlich, um beispielsweise die Konvergenz oder Divergenz von Folgen nachzuweisen.

Weiterhin folgt aus dem archimedischen Axiom, dass es für zwei reelle Zahlen   immer eine rationale Zahl   mit   gibt.

Satz von Hölder

Jede archimedisch geordnete Gruppe G ist kommutativ und isomorph zu einer additiv geordneten Untergruppe von  .[2]

Dabei ist für ein   mit e > 0 und additiv geschriebener Gruppenverknüpfung die Abbildung

 

ein Isomorphismus von G in eine additive geordnete Untergruppe von  , wobei   für   und   und   für   und  .[3]

Das Element e kann dabei als Einheit verwendet werden, mit dem jedes Gruppenelement x "gemessen" werden kann. Das bedeutet: Für jedes Element x der Gruppe existiert ein r so, dass  .

Beispiel: Die Intervalle in der Musiktheorie bilden eine archimedisch geordnete kommutative Gruppe und können alle mit der Einheit Oktave oder Cent gemessen werden. Siehe: Tonstruktur (mathematische Beschreibung).

Klassifizierung: Entweder ist eine archimedisch geordnete Gruppe G von der Form G = {0} oder G = {..., −3a, −2a, −a, 0, a, 2a, 3a, ...} (isomorph zu der additiven Gruppe der ganzen Zahlen) oder es gibt kein kleinstes Element, was im Folgenden präzisiert wird.

Zu jedem Element a>0 gibt es ein b mit 0 < 2b < a. (Gibt es nämlich kein minimales positives a, dann gibt es zu jedem a > 0 sicher ein c mit 0 < c < a. Falls 2c < a kann man b = c wählen. Falls 2c = a gibt es ein b mit 0 < 2b < 2c =a und falls 2c > a gilt für b = a − c die Ungleichung 0 < 2b = 2a − 2c < 2a − a = a.)

Nichtarchimedisch angeordnete Körper

Ein Beispiel für einen angeordneten Körper, in dem das Axiom des Archimedes nicht gilt, ist der in der Nichtstandardanalysis studierte Körper der hyperreellen Zahlen.

Ein einfacheres Beispiel besteht aus den rationalen Funktionen R(x) über dem rationalen (oder dem reellen) Zahlenkörper, die so geordnet werden, dass x größer ist als alle Zahlen (das geht auf eindeutige Weise).

Referenzen

  1. überliefert in: Euklid, Elemente V, Definition 4: Dass sie ein Verhältnis zueinander haben, sagt man von Größen, die vervielfältigt einander übertreffen.
  2. Otto Hölder Die Axiome der Quantität und die Lehre vom Mass, Ber. Verh. Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften Leipzig, Math. Phys. Klasse, Band 53, 1901, S. 1-64
  3. Alexander Gennadjewitsch Kurosch Vorlesungen über Allgemeine Algebra. Harri Deutsch, Zürich 1964.