Auch wenn Menschen sich nicht dessen bewusst sind: sie handeln im Alltag nach (Teil-)Theorien, die sie im Laufe ihres Lebens aufgebaut haben. Im Kleinkindalter werden beim Spielen z.B. physikalische Experimente durchgeführt, die ein schlussfolgerndes physikalisches Denken begründen. Weitere praktische Erfahrungen auch im sozialen und kulturellen Bereich schaffen den Raum für Erkenntnisse, die den Aufbau von persönlichen Alltagstheorien begünstigen. Der Grad der Kohärenz einer Theorie richtet sich nach dem Stand der Reflexion des "Theorieinhabers". So ist davon auszugehen, dass Kenntnisse in Psychologie und Soziologie eine größere Kohärenz beispielsweise bei Erziehungsmaßnahmen oder generell beim Umgang mit anderen Menschen sichern. Alltagstheorien sind in allen Lebensbereichen wirksam und beeinflussen z.B. das Wahlverhalten, die Haltung gegenüber Ausländern und gegenüber Minderheiten, die Freizeitgestaltung und die Art und Weise, wie man Werte in der Öffentlichkeit vertritt. Je umfassender der Referenzrahmen, desto stärker ist die Erklärungskraft von Alltagstheorien. Im Zuge der Globalisierung ist es günstig, wenn das Subjekt bei seinen Theorie-Konstruktionen fremde Wertesysteme und Kulturen in den Blick nimmt und gegebenenfalls integriert. Verdeckte Alltagstheorien bewusst zu machen und ihre Qualität zu erhöhen, ist eine Aufgabe des Bildungssystems.