Neglect

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Mit Neglect bezeichnet man in der Neurologie eine generelle Wahrnehmungsstörung einer Körperseite. Es leitet sich her vom lateinischen Wort neglegere (nicht wissen).

Tritt eine Schädigung einer Gehirnhälfte auf, etwa nach einem Schlaganfall oder einem Unfall mit Schädel-Hirn-Trauma, zieht dies häufig eine dauerhafte Störung im Spüren (Sensorik) und Bewegen (Motorik) der gegenseitigen Körperhälfte nach sich. Sind diese Ausfälle sehr schwer wiegend, kommt es zu einem Neglect-Syndrom.

Da der betroffene Patient eine Körperhälfte weder spürt, noch bewegen kann, erscheint sie ihm als gänzlich fremd. Zwar kann er sie noch als "Arm" und "Bein" erkennen, nimmt sie aber nicht mehr als zu sich selbst gehörend wahr, siehe auch Somatosensibler Neglect.

Häufig ist der Betroffene auch im Sehen (Visueller Neglect) und Hören (Auditorischer Neglect) beeinträchtigt. Er ist einseitig "blind" und "taub". Sein Kopf wendet sich meist zur "gesunden" Seite. Erstmals erfolgreich behandelt werden konnte der Neglect im Universitätsklinikum Tübingen durch Hans-Otto Karnath.

Ganz wesentlich für das Verständnis des Neglect, aber gleichzeitig auch sehr schwierig nachzuvollziehen, ist die Tatsache, dass es sich beim Neglect um eine Störung der Aufmerksamkeit handelt. Das heißt, der betroffene Patient könnte durchaus ganz normal sehen oder hören, wenn denn die Aufmerksamkeit vollständig erhalten geblieben wäre. Durch die Gehirnverletzung (meist nach rechtsseitigen Schädigungen) "wandert" aber offenbar die Aufmerksamkeit vollständig auf die rechte Seite. Mit der Folge, dass optische oder akustische Reize, die sich der linken Seite des Patienten befinden, nicht mehr verarbeitet werden.

Die Behandlung des Neglects ist meist eine kaum lösbare Aufgabe. Denn meist wird der Neglect von einer zweiten neuropsychologischen Symptomatik begleitet, der Anosognosie - der Patient ist nicht in der Lage, seine schwerwiegende Symptomatik selber zu erkennen. Daraus ergibt sich auch die Therapieresistenz: Erkennt man das Problem nicht, sieht man auch keine Veranlassung, an dem Problem zu arbeiten. Neglect-Patienten fühlen sich in der Tat häufig relativ gut, klagen kaum, auch nicht über schwerste Lähmungen, die ebenfalls meistens mit dem Neglect einhergehen.

Ist der Geruchssinn betroffen spricht man vom Olfaktorischen Neglect.