Henry Spira

belgisch-amerikanischer Tierrechtsaktivist
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Henry Spira (* 19. Juni 1927 in Antwerpen, Belgien; † 12. September 1998 in New York, USA) war ein belgisch-amerikanischer Tierrechtsaktivist.

Leben

Die Anfänge

Henry Spira wuchs als erstes Kind einer jüdischen Familie mit seiner fünf Jahre jüngeren Schwester Renée im belgischen Antwerpen auf. Während sein Vater Maurice 1937 nach Mittelamerika auswanderte, um seine Familie später nachzuholen, zog seine Mutter Margit mit Henry und seiner Schwester nach Hamburg. Kurz nach der Reichskristallnacht im November 1938 folgten sie dem Vater nach Panama. 1940 siedelte die Familie nach New York über.

1944 wurde Henry Spira Mitglied der Socialist Workers Party (SWP), für die er mit einem Freund erfolgreich Veranstaltungen organisiert und Mitglieder anwarb. Ein Jahr später heuerte er bei der amerikanischen Handelsmarine an, wo er sich schnell in der Gewerkschaft engagierte. Zwischendurch ging er immer wieder für mehrere Monate an Land, beendete an der Washington Irving Evening High School seine Schulausbildung, begann ein geisteswissenschaftliches Studium am Brooklyn College und verdiente sich mit verschiedenen Jobs seinen Lebensunterhalt, unter anderem bei General Motors. 1958, nachdem er sein Studium abgeschlossen hatte, verließ er die Marine und bezog eine Wohnung im New Yorker Stadtteil Manhattan. Am Bellevue Hospital arbeitete er als Assistent in einem Forschungsprojekt für frühgeborene Kinder und wechselte dann auf eine Stelle im New Yorker Sozialamt. Danach fuhr er wieder zur See.

Gleichzeitig intensivierte Spira seine Arbeit für die SWP, zu der er immer die Verbindung aufrecht erhalten hatte, und schrieb für deren Wochenzeitung The Militant. Besonders bemühte er sich, die Gewerkschaftsbewegung zu einer breiteren Unterstützung des Kampfes gegen die Rassentrennung zu ermöglichen. Da das FBI Rassisten bei der Verweigerung von Rechten für die Schwarzen unterstützt hatte, sammelt er monatelang Material für eine kritische Serie über das FBI, deren erster Teil am 8. Dezember 1958 unter der Überschrift: J. Edgar Hoover, der Chef der Gedankenpolizei erschien.[1] Die Serie in The Militant umfasste zwölf Teile – vieles davon wurde von der New York Post aufgegriffen. Was zur Folge hatte, dass das FBI Henry Spira zeitweise überwachte und ein umfangreiches Dossier über ihn angelegte. Auch über die US-amerikanische Außenpolitik gebenüber Kuba verfasste Spira zahlreiche kritische Artikel.

Ab 1965 arbeitete Spira auf dem Lazarettschiff Hope, das im Hafen von Conakry vor Anker lag, der Hauptstadt von Guinea. Dort lernte er mehrere amerikanische und europäische Lehrer kennen und fand ihre Kultur und Lebensweise so inspirierend, dass er beschloss, ebenfalls Lehrer zu werden. Da in New York 1966 Lehrermangel herrschte musste er seinen Studienabschluss nur um einen Intensivkurs erweitern. An der Haaren High School, einer öffentlichen Schule in Manhattan, lehrte er Englisch und Literatur.

Tierbefreiung

„Ich sagte mir, die Befreiung der Tiere sei die logische Erweiterung dessen, worum es mir im Leben stets ging – mich auf die Seite der Machtlosen und Verwundbaren zu stellen, der Opfer, auf denen herumgetrampelt wird.“

Henry Spira[2]

1973 las Henry Spira in der Zeitung The Guardian unter der Überschrift Befreiung der Tiere einen Artikel, in dem der Journalist Irwin Silber das Buch Animals, Men and Morals von Peter Singer besprach, das 1971 in England erschienen war. Spira war fasziniert von dem Thema und meldete sich 1974 zu einem sechsteiligen Abendkurs der New York University an, den Singer leitete. Die beiden freundeten sich im Laufe des Kurses an. Dies war der Auftakt zur 25 Jahre währenden Tierrechtsaktivität von Henry Spira, in der er gezielt auf seine jahrzehntelangen Erfahrungen mit Menschenrechtskampagnen baute und mehrere Erfolge gegen die Intensivtierhaltung und insbesondere gegen Tierversuche erzielte, die Maßstäbe in der Tierrechtsbewegung setzten und teilweise zu gesetzlichen Änderungen zugunsten der Tiere führten. So leitete er 1976 eine Kampagne gegen das American Museum of Natural History, das im Zuge der Erforschung des Sexualverhaltens von Katzen Kastrationen und weitere Eingriffe an Katzen vornahm. Die Kampagne war erfolgreich und gilt als weltweit erster Erfolg im Kampf gegen Tierversuche[3]. 1979 leitete er eine Kampagne gegen die Kosmetikindustrie, die erfolgreich die Anwendung des Draize-Tests zur Bestimmung der toxischen Wirkung von Kosmetika unterband[3].

Henry Spira starb 1998 an Speiseröhrenkrebs.

Schriften

  • Leonard Rack, Henry Spira: Animal Rights and Modern Toxicology. In: Toxicology and Industrial Health. 5. Jahrgang, Nr. 1, 1. Januar 1989, ISSN 0748-2337, 1477-0393(?!), S. 133–143, doi:10.1177/074823378900500110.
  • Henry Spira: Animal Rights and Toxicology: A Quiet but Profound Revolution. In: Food, Drug, Cosmetic Law Journal. 46. Jahrgang, 1991, S. 89.
  • Henry Spira: Do animal protection laws dupe the public? In: AWI quarterly. 44. Jahrgang, 1995.
  • Peter Singer, Henry Spira: In Defense of Animals: The Second Wave. 1. Auflage. Wiley-Blackwell, 2005, ISBN 1-4051-1941-1, Ten Points for Activists, S. 214–224.

Literatur

  • G. L Francione: Rain without thunder: The ideology of the animal rights movement. Temple University Press, 1996, ISBN 1-56639-461-9, The Philosophical and Historical Origins of New Welfarism, S. 47–77.
  • Lyle Munro: The Animal Activism of Henry Spira (1927-1998). In: Society and Animals. 10. Jahrgang, Nr. 2, 2002, S. 173–192 (springerlink.com [PDF]).
  • M. A. Mehlman: Henry Spira (1921-1998) an Advocate for Animal Rights: A 20th Century Man of La Mancha. In: Toxicology & Industrial Health. 14. Jahrgang, Nr. 6, November 1998, ISSN 0748-2337, S. 783–787.
  • Peter Singer: Henry Spira und die Tierrechtsbewegung. Fischer, Erlangen 2001, ISBN 3-89131-404-3.

Einzelnachweise

  1. Peter Singer: Henry Spira und die Tierrechtsbewegung. Harald Fischer Verlag GmbH, Erlangen 1998, ISBN 3-89131-404-3, S. 36.
  2. Peter Singer: Henry Spira und die Tierrechtsbewegung. Harald Fischer Verlag GmbH, Erlangen 1998, ISBN 3-89131-404-3, S. 59–60.
  3. a b New York Times vom 15. September 1998