Schachuhr

Zubehör im Schach
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Eine Schachuhr ist eine Uhr mit zwei Zeitanzeigen, die dazu dient, bei einer Schachpartie die Bedenkzeit der Spieler zu begrenzen. Beim Schachspiel mit der Uhr unterscheidet man je nach Bedenkzeit für eine Partie zwischen Blitzschach, Schnellschach und Turnierschach.

Geschichte

Die erste bekannte Vorrichtung zur Begrenzung der Bedenkzeit bei einer Schachpartie bestand aus zwei drehbaren Sanduhren. Nachdem ein Spieler seinen Zug ausgeführt hatte, drehte er seine Sanduhr in eine waagerechte Stellung und die Sanduhr des Gegners wurde in die senkrechte Position gebracht. War die Sanduhr eines Gegners abgelaufen, hatte er die Partie den Regeln nach verloren. Zur damaligen Zeit wurde eine Überschreitung der Bedenkzeit aber weniger streng gehandhabt als heute, vermutlich weil die Methode der Zeitmessung relativ ungenau war. Cecil De Vere etwa lehnte es 1870 beim Internationalen Schachturnier in Baden-Baden ab, eine Verluststellung durch Zeitüberschreitung seines Gegners Louis Paulsen zu gewinnen; die Partie wurde stattdessen in gegenseitigem Einvernehmen der Spieler wiederholt [1]. Die unpraktische Handhabung der Sanduhren machten die Vorrichtung nur bei wichtigen Turnieren praktikabel, zudem konnte mit den auf eine unveränderliche Zeitspanne genormten Uhren nur ein einziger Spielmodus gespielt werden.

1866, bei der ersten offiziellen Schachweltmeisterschaft in London, wurden erstmals vom Schiedsrichter bediente Stoppuhren eingesetzt, um die Bedenkzeit zu messen. Die Stoppuhren erhöhten die Messgenauigkeit und die Bedienung durch den Schiedsrichter verhinderte Manipulationen; der Verlust einer Partie durch Vergessen des Uhrendrückens war auf diese Weise nicht möglich. Die Spieler konnten zu diesem Zeitpunkt auf Wunsch noch die bisherigen Sanduhren verwenden [2].

Die erste rein mechanische Schachuhr wurde von dem Engländer Thomas Bright Wilson (1843-1915) erfunden. Wilson, der zu der Zeit Sekretär des Schachvereins Manchester war, baute sie nach einem Gespräch mit dem Schachgroßmeister Joseph Henry Blackburne. Sie bestand aus zwei Pendeluhren, die mit einem beweglichen Balken wechselseitig angehalten werden konnte. Diese Form der Uhr wurde erstmals 1883 beim Internationalen Turnier in London verwendet [3].

1899 schlug H. D. B. Mejer, damaliger Sekretär der Niederländischen Schachvereinigung, vor, das Ziffernblatt der Uhr mit einem Fallblättchen auszustatten, um exakt angeben zu können, wann ein Spieler seine Bedenkzeit überschritten hatte. Allerdings waren erst zwanzig Jahre später Schachuhren mit Fallblättchen die Regel [1].

In einer schrittweisen Entwicklung wurden die Pendeluhren durch feinmechanische Aufzieh-Uhrwerke und der Balken, der beide Uhrwerke miteinander verbindet, durch einen Schaukelhebel ersetzt. Diese Entwicklung gipfelte in den heute gebräuchlichen analogen Schachuhren, die präzise und zuverlässig arbeiten.

Vor einigen Jahren – der genaue Zeitpunkt konnte bisher nicht ermittelt werden – kam die erste digitale Schachuhr auf den Markt. Im Gegensatz zu den bisherigen analogen Schachuhren basiert sie auf elektronischen Schaltungen und wird daher mit einer Batterie betrieben. Obwohl sie bei hochklassigen Turnieren fast ausnahmslos eingesetzt werden, konnten sich die digitalen Schachuhren bis jetzt nicht umfassend durchsetzen. Während einige Schachspieler begrüßen, dass digitale Schachuhren im Gegensatz zu analogen keine Tickgeräusche von sich geben und neue Spielmodi bieten, lehnen andere die digitalen Uhren ab, weil sie teurer sind, nur mit Batterien laufen und etwas komplizierter einzustellen sind als analoge Uhren.

Die moderne analoge Schachuhr

 
Eine mechanische Schachuhr Marke „Garde“.

Eine moderne analoge Schachuhr besteht aus einem Gehäuse, in dem zwei prinzipiell getrennte Feder-Uhrwerke untergebracht sind. Die Uhrwerke werden über getrennte Aufziehmechanismen an der Rückseite der Uhr aufgezogen und können über ebenfalls getrennte Justierhebel an der Rückseite feinjustiert werden.

Jede Uhr wird durch einen Hebel auf der Oberseite der Schachuhr in Gang gesetzt. Ist der Hebel oben, so läuft die darunterliegende Uhr, ist er unten, so läuft die darunterliegende Uhr nicht. Wird der Hebel auf einer Seite hinuntergedrückt, so wird er durch einen Schaukelhebel auf der anderen Seite in die Höhe gedrückt. Somit kann ein Spieler nach Beendigung seines Zuges mit einem Hebeldruck auf seiner Seite gleichzeitig die eigene Uhr anhalten und die des Gegners in Gang setzen. Sind beide Hebel etwa auf halber Höhe, so sind beie Uhrwerke angehalten. Dies ist die Ruheposition der Uhr, in der sie sich vor Partiebeginn befindet.

Jede Uhr weist auf ihrem Ziffernblatt die vergangene Zeit aus. Das Fallblättchen ist oben in der Mitte des Ziffernblattes beweglich angebracht. Bewegt sich der Minutenzeiger auf die Zwölf zu, so hebt er dabei das Fallblättchen nach und nach immer mehr an, bis er es bei Überschreiten der Zwölf schließlich nicht mehr stützt und es geräuschlos zurück in die Ausgangslage fällt. Die Schachuhr wird vor einer Partie so gestellt, dass mit dem Fallen des Fallblättchens auch die Überschreitung der Bedenkzeit eines Spielers einhergeht. Eine Zeitüberschreitung kann so sehr genau festgestellt werden. Häufige Ausrufe zur Reklamation eines solchen Blättchenfalls sind aufgrund des Mechanismus „Blättchen!“ oder „Blatt!“.

Es kann die Situation auftreten, dass beide eine Zeitüberschreitung begehen. Dies ist genau dann der Fall, wenn zunächst bei einem Spieler das Blättchen fällt, sein Gegner dies aber nicht bemerkt. Fällt nun auch bei dem anderen Spieler das Blättchen, so ist eine besondere Situation eingetreten, die nach gängigem Regelwerk gelöst wird, indem die Partie Remis gegeben wird.

Blindenschachuhr

Eine Variante der analogen Schachuhr ist die Blindenschachuhr, die bei Partien zum Einsatz kommt, an denen mindestens ein sehbehinderter Spieler beteiligt ist. Eine solche Uhr hat im Gegensatz zu gewöhnlichen analogen Uhren ein größeres Ziffernblatt, das nicht von einer Glasscheibe bedeckt wird. Dadurch ist es dem sehbehinderten Spieler möglich, mit der Hand die Position der Zeiger zu ertasten und so die vergangene Zeit abzulesen. Ein Verstellen der Uhrzeit wird dabei durch die besonders robuste Zeigeraufhängung verhindert. Das Fallblättchen gibt bei diesem Uhrenmodell beim Herabfallen ein deutliche hörbares Geräusch von sich, das es dem sehbehinderten Spieler ermöglicht, sofort die Zeitüberschreitung zu reklamieren.

Die moderne digitale Schachuhr

 
Digitale Schachuhr Modell DGT.

Die digitale Schachuhr ist in ihrem Aufbau und ihren Funktionen der analogen Schachuhr nachempfunden. Die Unterschiede sind die folgenden:

Statt zweier Feder-Uhrwerke verwendet die digitale Schachuhr ein einzelnes digitales elektronisches Uhrwerk. Die Energieversorgung der Uhr erfolgt demnach auch nicht durch Spannen einer Uhrfeder über einen Aufziehmechanismus sondern durch eine Batterie. Die Anzeiger der vergangenen Zeit erfolgt auf einem LCD-Display. Die Hebel zum Ingangsetzen der beiden Zeitmesser entsprechen in Bedienung und Funktion genau denen der analogen Schachuhr. Für gewöhnlich wird eine digitale Schachuhr allerdings durch einen zusätzlichen Knopf in den Ruhezustand versetzt anstatt durch Gleichstellen der Hebel. Ein Fallblättchen gibt es bei einer digitalen Schachuhr nicht. Eine Zeitüberschreitung wird durch ein zusätzliches Symbol – bei dem hier abgebildeten Modell ist es ein blinkendes Minuszeichen vor der Uhrzeit – auf dem Display angezeigt.

Im Gegensatz zur analogen Schachuhr zeigt eine digitale Schachuhr die Zeitüberschreitung nur bei dem Spieler an, der zuerst seine Bedenkzeit überschritten hat. Ein Sonderfall, wie er bei der analogen Schachuhr eintreten kann, wenn beide Blättchen gefallen sind, muss hier also nicht berücksichtigt werden.

Digitale Schachuhren bieten gegenüber analogen Schachuhren zusätzliche Spielmodi. So etwa der Spielmodus Fischer-Blitz, bei dem jeder Spieler zunächst 3 Minuten Bedenkzeit hat und nach jedem Zug 2 Sekunden Bedenkzeit hinzugewinnt. Solche und ähnliche Spielmodi wären mit einer analogen Schachuhr nicht realisierbar.

Aktuelle Regeln zum Gebrauch der Schachuhren

Die Regeln zum Einsatz einer Schachuhr bei einer Schachpartie werden von der Fédération Internationale des Échecs (FIDE) im Artikel 6 des internationalen Regelwerks festgelegt. Demnach gelten folgende Richtlinien:

  • Die Schachuhr ist ein Instrument des Schiedsrichters. Der Schiedsrichter hat demnach für die korrekte Funktionsweise der Uhr zu sorgen und muss Zeitkontrollen durchführen.
  • Die Uhren werden so gestellt, dass mit dem Fallen des Blättchens auch eine Zeitüberschreitung einhergeht. Für gewöhnlich werden sie so gestellt, dass die Zeitüberschreitung bei der angezeigten Uhrzeit 6 Uhr – nicht 12 Uhr – stattfindet; dadurch können der Stunden- und der Minutenzeiger in der Zeitnotphase besser unterschieden werden.
  • Die Position der Schachuhr wird vom Schiedsrichter vor Beginn der Partie festgelegt. In der Regel haben Rechtshänder einen geringen Vorteil, wenn die Schachuhr rechts steht und Linkshänder wenn sie links steht, die Möglichkeit, die Uhrenposition zu bestimmen kann also insbesondere bei Blitzpartien von Vorteil sein. Der Schiedsrichter darf die Wahl der Position auch den Spielern überlassen. Bei weniger bedeutsamen Partien wird die Uhrenwahl für gewöhnlich dem Spieler der schwarzen Steine überlassen, da der weiße Spieler im Gegenzug den Anzugsvorteil hat.
  • Die Uhr muss mit derselben Hand gedrückt werden, mit der auch der Zug ausgeführt wurde. Dadurch wird verhindert, dass Spieler zum Drücken eine Hand ständig auf der Uhr liegen lassen.
  • Nach jedem Zug muss die Uhr beider Spieler kurz laufen. Insbesondere bei Blitzpartien kann es vorkommen, dass ein Spieler einen Zug ausführt und sein Gegner diesen sofort mit einem Gegenzug beantwortet, ohne abzuwarten, dass die Uhr gedrückt wurde. In diesem Fall muss das beiderseitige Drücken der Uhr nachgeholt werden. Das stellt sicher, dass ein Spieler nicht völlig auf die Bedenkzeit des Gegners spielt.
  • Ein Spieler darf ein Remisangebot immer nur dann abgeben, wenn er einen Zug ausgeführ hat und die Uhr noch nicht gedrückt hat.
  • Ein Überschreiten der Bedenkzeit hat normalerweise den Verlust der Partie zur Folge. Ausgenommen von dieser Regel sind nur solche Stellungen, in denen der Gegner auch gegen schwächstes Spiel keinesfalls mehr gewinnen kann. In derartigen Stellungen (etwa wenn eine Partei nur noch einen König hat und der Gegner die Zeit überschreitet) wird die Partie nach der Zeitüberschreitung remis gegeben.
  • Sind beide Blättchen gefallen und hat keiner der Spieler zuerst reklamiert, so wird die Partie ebenfalls remis gegeben. In wichtigen Partien darf ein solcher Fall nicht vorkommen, da hier der Schiedsrichter für die Zeitkontrolle verantwortlich ist und die Zeitüberschreitung reklamieren muss.
  • Schiedsrichter dürfen bei Verstößen der Spieler gegen die Spielregeln Zeitstrafen erteilen. Eine Zeitstrafe kann sowohl bedeuten, dass die Uhr des bestraften Spielers vorgestellt wird, er also Bedenkzeit verliert, als auch dass die Uhr des Gegners zurückgestellt wird, dieser also Bedenkzeit hinzugewinnt. Beispiele für Auslöser solcher Zeitstrafen sind unmögliche Züge oder unsportliches Verhalten eines Spielers.

Quellen